Dieser Artikel gehört zu meiner Serie “Tatort-Wissenschaft”. Wer damit nichts anfangen kann findet hier eine Erklärung. Es geht in diesem Artikel nicht um eine wissenschaftliche Erklärung der Tatort-Handlung sondern darum zu zeigen, dass Wissenschaft tatsächlich überall ist. Egal was wir (oder die Tatort-Kommissare) machen, es steckt Wissenschaft dahinter. Wir erleben die Welt aber meistens getrennt. Da gibt es “Wissenschaft” – und dann gibt es “alles andere”. Zum Beispiel Krimis wie den Tatort. Es mag konstruiert erscheinen, den Tatort mit wissenschaftlichen Phänomenen und Erklärungen in Verbindung zu bringen. Die Wissenschaft war aber schon die ganze Zeit da. Unsere gedankliche Trennung zwischen Krimi und Wissenschaft ist konstruiert. Ach ja, und wenn ihr nicht wissen wollt, wer der Mörder war, dann lest am besten nicht bis zum Ende…
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Tatort-Folge Nummer 788 spielt in Konstanz. Es geht um Astronomie und Eifersucht. Es geht um Silikonbrüste und Gold. Und es geht um die Frage, wo die Dinge her kommen.

Dieser Tatort beginnt zur Abwechslung ganz astronomisch. Eine Frau betritt das Planetarium in Kreuzlingen. Sie sieht sich eine interessant Show über den Andromedanebel an. Die kann sie aber leider nicht wirklich genießen, weil sie umgebracht wird. Wenig überraschend ist sie Schweizerin, lebt aber in Konstanz und darum können die Kommissare Klara Blum und Reto Flückiger wieder mal gemeinsam und grenzübergreifend ermitteln (Sehr überraschend ist aber, dass es einen Tatort in Konstanz gibt! Ernsthaft, wenn jetzt schon jedes Bodenseedorf einen eigenen Tatort kriegt, dann möchte ich auch einen in meiner Heimatstadt Jena haben!).

Die Leiche landet also in der Gerichtsmedizin und dort stellt sich heraus, dass man der toten Frau einen Goldfisch in den Mund gesteckt hat. Das ist natürlich gar nicht nett und vor allem dann nicht, wenn man eigentlich einen schönen Nachmittag im Planetarium verbringen wollte! Dort kann man sich nämlich nicht nur wunderbar unterhalten, sondern auch noch jede Menge lernen. Zum Beispiel, wo die Dinge herkommen. Alles muss ja irgendwo her kommen und am Ende kommt immer alles aus dem Weltall. Der Goldfisch ist natürlich auf der Erde entstanden (ein Angriff von Killer-Goldfischen aus dem Weltraum ist wahrscheinlich sogar für die Tatort-Schreiber ein klein wenig zu absurd). Aber all die Atome aus denen er besteht haben sich vor langer Zeit und weit entfernt gebildet. Echtes Gold wird man in einem Goldfisch aber vermutlich wenig finden und auch sonst ist Gold eher selten. Und das liegt an der Art und Weise, wie es entstanden ist.

Astronomisch wertvoll: Der Goldfisch!

Astronomisch wertvoll: Der Goldfisch!

Vor 13,8 Milliarden Jahren, direkt nach dem Urknall, gab es nur 2 chemische Elemente im Universum: Wasserstoff und Helium. Es sind die beiden simpelsten Elemente und man braucht nur wenige Bausteine braucht um sie zu bauen. Ein Wasserstoffatom besteht nur aus einem einzigen elektrisch positiv geladenen Proton als Kern und einem negativ geladenen Elektron in der Hülle um den Kern. Helium hat einen Kern, der aus zwei Protonen und zwei elektrisch neutralen Neutronen besteht. Das nächst-komlexere Element wäre dann Lithium mit drei Protonen im Kern; dann kommt Beryllium mit vier Protonen und so weiter. Die Zahl der Protonen im Kern bestimmt, um welches chemische Element es sich handelt und die Zahl der zusätzlichen Neutronen im Kern bestimmt welche Variante des Elements, also welches “Isotop” es ist. In den ersten Minuten nach der Entstehung des Universums gab es es nur jede Menge frei herumfliegende Protonen und Neutronen, die sich erst zu richtigen Atomkernen zusammenfinden mussten. Freie Neutronen sind allerdings nicht stabil und zerfallen nach wenigen Minuten. Es blieb also nicht viel Zeit, um Elemente zu basteln und für die komplizierten Elemente mit großen Atomkernen war gar keine Zeit übrig. Gerade mal ein bisschen Helium konnte entstehen, dann waren die Neutronen auch schon wieder zerfallen. Es blieb ein Universum das zu drei Viertel Protonen enthielt, also die Atomkerne des Wasserstoffs und einem Viertel Helium. Alles andere – unter anderem Gold – konnte erst später entstehen.

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Kommentare (16)

  1. #1 Keppla
    6. August 2013

    Die Erde war ja früher ein glutflüssiger Ball aus Metall und Gestein und die schweren Dinge sinken eben nach unten

    Ich meine gelesen zu haben, dass der Erdkern heute, wegen des Drucks, fest wäre. War das also bei der damaligen Erde noch nicht der Fall?

    Und, auf die Gefahr hin, dass das etwas zu sehr nach piratengeschichte klingt: heist das, das in der Mitte der Erde nun ein kleiner Kern aus dem Gold (und Uran, und wasweisich) was nicht an der Oberfläche hängengeblieben ist, ist? Oder war das “sinken” doch zu Chaotisch?

  2. #2 Florian Freistetter
    6. August 2013

    @Keppla: 2Und, auf die Gefahr hin, dass das etwas zu sehr nach piratengeschichte klingt: heist das, das in der Mitte der Erde nun ein kleiner Kern aus dem Gold (und Uran, und wasweisich) was nicht an der Oberfläche hängengeblieben ist, ist?”

    Der Kern der Erde ist ne Kugel aus Eisen, so groß wie der Mond! Und Gold, Uran und der ganze andere Kram ist auch da unten…

  3. #3 rolak
    6. August 2013

    wenn jetzt schon jedes Bodenseedorf einen eigenen Tatort kriegt

    a) Konstanz (Standort Blum) ist mitnichten ein Dorf
    b) Luzern (Standort Flückiger) ist mitnichten ein Dorf und liegt zwar an einem See, der jedoch weniger Boden-, mehr Vierwaldstätter, dort speziell jedoch auch – wer hätte es gedacht – Luzerner heißt
    c) welcher Tatort-Ermittler residiert denn noch außer Eva Mattes am Bodensee? In #788 hat Flückiger ja nur die Funktion eine Amtshilfe in Person, wie sie in vielen Krimireihen gerne zur Auflockerung eingestreut werden.
    d) es bekommen keine Ortschaften Tatorte, sondern die werden stattdessen an die einzelnen Sendeanstalten vom ARD+Rest-Tatortclub verteilt. Falls ‘Dein’ Sender also der MDR sein sollte, müßtest Du dort um Versetzung der Leipziger Kommisare bitten.

    “Astronomie, Astrologie – alles was mit Sternen zu tun hat!”

    Diesen Satz fand ich damals ziemlich gut, ist es doch die allgemein übliche Vermatschung der Inhalte. Schlecht fand ich zwar die fehlende Korrektur eines der Beteiligten – doch auch dieses Ausbleiben ist leider allgemeinüblich. Da bist Du glaube ich in der Hamlet-Falle (weißt schon, ‘zwischen Himmel und Erde…’) gelandet, es ist nicht etwa so, daß die Gleichsetzung gültig und unangreifbar konstatiert wird, sondern daß eine fiktive Person in einer ebenso fiktiven Handlung Blödsinn verzapft.
    Kurz gesagt: Gemessen am Normalzustand ist dies Detail imho völlig korrekt wiedergegeben.

  4. #4 Florian Freistetter
    6. August 2013

    @rolak: ” Konstanz (Standort Blum) ist mitnichten ein Dorf”
    ” es bekommen keine Ortschaften Tatorte, sondern die werden stattdessen an die einzelnen Sendeanstalten vom ARD+Rest-Tatortclub verteilt”

    Das Prozedere ist mir schon bewusst und auch, dass es in Deutschland so gut wie keine Dörfer gibt, weil hier – im Gegensatz übrigens zu Österreich – so gut wie alles “Stadt” heißt. Der Kommentar war nicht unbedingt als ernsthafte Beschwerde gemeint, wenn dann eher als Hinweis, dass man durchaus auch mal im Osten nach neuen Drehorten suchen könnte… Jena war mal als Tatortstandort in Diskussion; dann hat man sich aber doch wieder für Erfurt entschieden. Ich wollte eigentlich nur darauf hinaus, dass Konstanz auch nicht “prominenter” ist als – was weiß ich – Görlitz, Neubrandenburg, Cottbus oder Gera und genau so ein guter/schlechter Ort für nen Tatort wie zB Jena.

    “Da bist Du glaube ich in der Hamlet-Falle (weißt schon, ‘zwischen Himmel und Erde…’) gelandet, es ist nicht etwa so, daß die Gleichsetzung gültig und unangreifbar konstatiert wird, sondern daß eine fiktive Person in einer ebenso fiktiven Handlung Blödsinn verzapft.”

    Kann gut sein – aber wenn dann später bei der Passwortsuche wieder die Sternzeichen auftauchen, dann klingt das doch eher so, als sei man bei den Tatortschreibern tatsächlich der Meinung, “alles was mit Sternen zu tun hat” sei eh irgendwie das selbe.

  5. #5 rolak
    6. August 2013

    in Deutschland so gut wie keine Dörfer gibt

    Also bitte, ich bin in einem Dorf geboren, ist zwar mittlerweile nach räuberischer Eingemeindung (da wollte die nahe Stadt die 100.000er Grenze überschreiten) Stadtteil geworden und hat seitdem kein eigenes Rathaus mehr, doch trotz allem ists noch immer ein Dorf und auch stolz auf sich.
    Selbst hier in K lebt es sich in jedem Veedel wie in einem eigenen Dorf.

    Erfurt

    ..statt Leipzig. Da siehste mal, wie schlecht es um mein Wissen bei den Aktualitäten bestellt ist, beim ersten Gros Folgen bräuchte ich wohl kaum die Handlung nachschlagen…

    als sei man bei den Tatortschreibern tatsächlich der Meinung, “alles was mit Sternen zu tun hat” sei eh irgendwie das selbe.

    Selbstverständlich kann das so sein, doch um den Hamlet-Effekt zu verdeutlichen: Als optimistischer Pragmatiker tendiere ich mehr zu

    als sei man bei den Tatortschreibern tatsächlich der Meinung, die Meinung «“alles was mit Sternen zu tun hat” ist eh irgendwie das selbe» sie derart verbreitet, daß sie einem Protagonisten zugeschrieben werden könne.

  6. #6 Florian Freistetter
    6. August 2013

    @rolak: “Selbst hier in K lebt es sich in jedem Veedel wie in einem eigenen Dorf.”

    Das bezog sich mehr auf die Bezeichnung. Das ist zumindest mein Gefühl – hier in Deutschland heißt jede Ansiedlung von ein paar tausend Menschen “Stadt”. In Österreich wäre sowas eine “Marktgemeinde”…

  7. #7 Alderamin
    6. August 2013

    @Florian

    Ich dachte immer, “Stadt” darf sich nur nennen, wer mal Stadtrechte (was u.a. berechtigte, Zölle zu erheben) bekommen hat. Und da war man vielleicht in D freigiebiger in der Verteilung als in A (obwohl das alles damals Sacrum Romanum Imperium war). Falls es sich nicht um selektive Wahrnehmung handelt…

  8. #8 rolak
    6. August 2013

    Marktgemeinde

    Ist das ein offizieller Titel, also so wie Bad Salzuflen? Sonst, als Bezeichnung an sich, scheint es im Deutschsprachigen nur ein leichtes Übergewicht für ‘Stadt’ zu geben, wobei allerdings ‘Flecken’, ‘Weiler’ etc außen vor blieben und typischerweise Städte größer, damit bekannter und damit häufiger genannt sein dürften. Mal ganz abgesehen davon, daß ‘Dorf’ immer (also mein Leben lang) schon mit einer negativen Konnotation zu kämpfen hat, á la ‘das Beste an <Dorf> ist der Bus nach <Stadt>’.
    Doch das hat ja nun gar nichts mehr mit dem eigentlichen Thema des schönen posts zu tun…

  9. #9 Florian Freistetter
    6. August 2013

    @rolak: Ist ne Variation von “Gemeinde”: https://de.wikipedia.org/wiki/Gemeinde_%28%C3%96sterreich%29 Es gibt Städte, Marktgemeinden und sonstige Gemeinden.

  10. #10 Liebenswürdiges Scheusal
    6. August 2013

    Marktgemeinden sind Gemeinden, die das Recht zugesprochen bekamen einen Wochenmarkt auszurichten oder zu veranstalten. Waren immer so ca. einen tagesmarsch auseinander (5 Std. hin, 5 Std. zurück und dann noch zwei Stunden zum einkaufen).

  11. #11 PDP10
    7. August 2013

    @Florian:

    Sehr schön launiger Artikel!

    Ich war ja Anfangs etwas skeptisch was diese Serie angeht – aber wenn das so weitergeht 🙂

    Eins zu mäkeln hätte ich aber schon noch:

    Bitte schreib nicht einfach so Sätze wie:

    “Bis dahin wurde bei der Fusion neuer Elemente immer Energie freigesetzt. Will man aus Eisenatomen neue Elemente zu machen muss man aber Energie hineinstecken.”

    Und lass sie dann einfach so rumhängen …

    Ich hatte diffus im Hinerkopf, dass das so ist, aber nicht mehr wieso.
    Mit ein oder zwei Sätzen zur Erklärung hättest du den Artikel nicht wesentlich verlängert und dem diffusen Ziehen in meinem HInterkopf ein Ende bereitet.

    Ich kann nur wiederholen, was ich neulich schon mal sinngemäss geschrieben habe, als es um das Video zur Grösse des Sonnensystems ging:

    Keine Angst vor “zuviel” Genauigkeit.

  12. #12 PDP10
    7. August 2013

    Ach so:

    Was das “Stadtrecht” angeht …
    In Deutschland bedeutet das heutzutage gar nichts mehr.

    Das kann von der jeweiligen Landesregierung verliehen werden und heisst nur, dass sich das jeweilige Dorf dann “Stadt” nennen darf. Sonst genau gar nichts.

    Privilegien (oder erweiterte Pflichten) von Kommunen werden heutzutage nach Einwohnerzahl bestimmt.

    Und da gibt es nunmal Dörfer wie das Dorf an der Düssel mit ca. 500.000 Einwohnern und Neustadt (Dosse) mit 3400 Einwohnern, die sich da kommunalrechtlich wie im Namen sehr, sehr unterscheiden 🙂

  13. #13 Alderamin
    7. August 2013

    @PDP10

    Klar, heute bedeutet das Stadtrecht nicht mehr viel, es kommt auch nicht mehr so häufig vor, dass Stadtrechte verliehen werden (dem 4000-Seelen-Dörfchen Heimbach in unserem Kreis wurden sie immerhin noch 1959 verliehen). Die meisten Städte erhielten ihr Stadtrecht im Mittelalter.

  14. #14 Florian Freistetter
    7. August 2013

    @PDP10: “Mit ein oder zwei Sätzen zur Erklärung hättest du den Artikel nicht wesentlich verlängert und dem diffusen Ziehen in meinem HInterkopf ein Ende bereitet.”

    Naja, nur das sich das halt nicht mit ein oder zwei Sätzen erklären lässt. Ich hätte schreiben können “Eisen hat die höchste Bindungsenergie aller Elemente” (was äquvivalent zur ersten Aussage ist). Aber hätte das geholfen oder hättest du dich dann gefragt: Warum gerade Eisen? Und dann steckt man mitten in der Kernphysik…

    “Keine Angst vor “zuviel” Genauigkeit.”

    Doch, besonders bei diesem Format: https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2013/03/02/die-tyrannei-der-prazession-behindert-die-wissenschaftskommunikation/

  15. #15 nastes
    7. August 2013

    @Alderamin, @PDP10
    Böse Zungen behaupten das viele Stadterhebungen nur deshalb statt finden weil Stadtrat wichtiger klingt als Gemeinderat… 😀

    Schönen Tag noch,
    bastes

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