Ein Pulsar ist ein toter Stern. Aber trotzdem sein Leben als Stern eigentlich schon vorbei ist, gibt es dort noch jede Menge Action. Ein ganz besonderes Exemplar wurde nun von einem internationalen Astronomenteam entdeckt. Er trägt den schönen Namen IGR J18245-2452 und bringt die erste Bestätigung einer Theorie über das Verhalten dieser seltsamen Himmelskörper.

Wenn ein großer Stern am Ende seines Lebens keinen Brennstoff mehr übrig hat und die Kernfusion einstellt, dann explodiert er in einer gewaltigen Supernova und schleudert seine Bestandteile weit ins All hinaus. Übrig bleibt nur ein wenige Kilometer großer und enorm dichter Kern. Dieser Neutronenstern rotiert extrem schnell und schafft mehrere Umdrehungen pro Sekunde. Sein ebenfalls sehr starkes Magnetfeld kanalisiert die Radiostrahlung die von ihm ausgeht in zwei “Lichtkegel”. Mit diesen Radiolichtstrahlen durchstreicht der rotierende Neutronenstern das Weltall und wenn wir ihn von der Erde aus beobachten sehen wir eine blinkende Radioquelle: einen Pulsar. Jedesmal wenn der Strahl gerade in unsere Richtung zeigt erreicht uns ein Radiopuls. Diese Signale sind enorm regelmäßig (und bei ihrer Entdeckung dachte man sogar kurz es handle sich um die Signale von Außerirdischen), können sich aber langfristig verändern.

Das passiert zum Beispiel dann, wenn der Pulsar Teil eines Doppelsternsystems ist. Ist der Abstand zwischen Pulsar und seinem Partnerstern gering, dann Gas vom Stern zum Pulsar gelangen wodurch sich dessen Masse, dessen Dichte und damit auch dessen Rotationsgeschwindigkeit erhöht. Am Ende, wenn der Stern verschwunden ist, ist aus dem Pulsar ein sogenannter Millisekundenpulsar geworden, der sich ein paar hundert Mal pro Sekunde um seine Achse dreht. Die Astronomen hatten schon lange Hypothesen darüber aufgestellt, wie diese Übergangsphase aussehen könnte und die Beobachtung von IGR J18245-2452 konnte diese Thesen nun bestätigen. Die Beobachtungen wurden mit dem im Weltraum stationierten Röntgenteleskop Chandra durchgeführt und in einer kürzlich veröffentlichten Facharbeit beschrieben (“Swinging between rotation and accretion power in a millisecond binary pulsar”).

So sehen die Beobachtungen aus:

Bild: NASA/CXC/ICE/A.Papitto et al

Bild: NASA/CXC/ICE/A.Papitto et al

Zwei Aufnahmen der gleichen Himmelsregion im Röntgenlicht zeigen den Unterschied zwischen dem Jahr 2006 und dem Jahr 2013. Man erkennt deutlich die Helligkeitsänderung des Pulsars. Während er 2006 noch sehr wenig Röntgenstrahlung aussandte, ist er 2013 enorm hell im Röntgenlicht zu sehen. Gleichzeitig zeigten Radiobeobachtungen, dass der Pulsar im Jahr 2006 viel mehr Radiostrahlung ins All schickte als 2013. Der Mechanismus der dieses Verhalten verursacht, sieht folgendermaßen aus:

Der Pulsar teilt sich sein System mit einem kleinen Stern der ungefähr ein fünftel der Sonnenmasse hat. Von diesem Stern gelangt Material zum Pulsar. Dieses Material sammelt sich einer Scheibe um den Pulsar bevor es auf ihn fällt. Dabei sendet es starke Röntgenstrahlung aus. Gleichzeitig dämpft das Sternenmaterial die Radiostrahlung des Pulsars. Irgendwann ist aber alles auf den Pulsar gefallen; es wird kaum noch Röntgenstrahlung erzeugt und die Radiopulse dringen wieder hinaus ins All. Der Pulsar ist im Röntgenlicht wieder dunkel und wird erst hell, wenn erneut Material vom Stern auf ihn fällt.

Dieses Video zeigt den Prozess schematisch:

Der Pulsar dreht sich immer langsamer, je älter er wird. Wenn Material vom Partnerstern auf ihn trifft, wird seine Rotation wieder schneller. Gleichzeitig sendet er nun starke Röntgenstrahlung (weiß) aus und die Radiostrahlung (pink) wird schwächer. Er wechselt zwischen den beiden Phasen hin und her, bis der Prozess nach einigen Milliarden Jahren abgeschlossen und der Pulsar ein echter Millisekundenpulsar geworden ist. Der Übergang zwischen der Röntgen- bzw. der Radiophase kann dagegen aber sehr schnell und innerhalb weniger Wochen erfolgen, wie die neuen Beobachtungen zeigen.

Aus rein überlebenstechnischer Sicht ist es zwar gut, das wir keinen Pulsar in der Nähe der Erde haben, denn die Supernova die ihm voraus ging wäre für uns unter Umständen ein wenig unangenehm geworden. Aber ich finde es doch schade, dass wir so etwas nie aus der Nähe betrachten können. Ich bin sicher, dass dieser Pulsar mit den beiden Gesichtern ein ziemlich cooler Anblick wäre…

Kommentare (6)

  1. #1 j!
    30. September 2013

    Ich frage mich gerade, wie so ein Nachbar eine Supernova überlebt. Wird da nicht einiges an Masse ‘weggeblasen’?

  2. #2 Florian Freistetter
    30. September 2013

    @j! Doch, sicherlich. Aber es kann auch sein, dass die Sterne früher weiter auseinander waren und sich erst später angenähert haben.

  3. #3 5yF0Rc3
    30. September 2013

    “Aber ich finde es doch schade, dass wir so etwas nie aus der Nähe betrachten können. Ich bin sicher, dass dieser Pulsar mit den beiden Gesichtern ein ziemlich cooler Anblick wäre…”

    Ach, was du brauchts ist ne T.A.R.D.I.S. ^^

  4. #4 Hans
    1. Oktober 2013

    Genau, oder ‘ne Enterprize bzw. Voyager oder ‘ne Destiny… 😉

  5. #5 marc
    2. Oktober 2013

    Der Pulsar dreht sich immer langsamer, je älter er wird. Wenn Material vom Partnerstern auf ihn trifft, wird seine Rotation wieder schneller.

    > Bedeutet dies, dass nur wenn die Rotation abnimmt, auch das Material “angezogen” werden kann, trotz der enomen Dichte?

  6. #6 Alderamin
    2. Oktober 2013

    @marc

    Nein, der Pulsar wird langsamer, weil er durch die Ausstrahlung von Radiowellen Energie verliert (er wälzt ja sein Magnetfeld im Kreis, das erzeugt die Radiowellen).

    Er wird wieder schneller, wenn ihn Material von seinem Begleitstern trifft, weil es tangential, also flach zur Oberfläche, auftrifft und dem Stern Drehimpuls mitgibt. so als ob Du einen schwimmenden Ball an der Kante mit einer Wasserpistole anschießt, dann beginnt der auch, sich zu drehen.