Wenn ihr heute eine halbe Stunde Zeit übrig habt, dann nutzt sie und schaut euch die letzte “Science Talk“-Sendung des Österreichischen Rundfunks an. Man kann sie hier in der Mediathek abrufen. In dieser Folge plaudert der Physiker Werner Gruber über Neurophysik, Forschungspolitik und wissenschaftliche Öffentlichkeitsarbeit. Gruber werden viele von seiner Arbeit bei den Science Busters kennen über die ich hier im Blog schon sehr oft geschrieben habe (zum Beispiel hier oder hier). Er ist aber auch immer noch als Physiker an der Universität Wien tätig und der Direktor der Wiener Planetarien. Im kurzen Gespräch mit Barbara Stöckl sagt Werner Gruber einige wichtige Dinge über wissenschaftliche Öffentlichkeitsarbeit, die es sich lohnt zu hören!
Besonders interessant ist aber auch das, was Werner Gruber zur Wissenschaftspolitik zu sagen hat. Er kritisiert, dass man in der Forschung heutzutage nur noch wenig Gelegenheit hat, wirklich in Ruhe zu forschen, ohne sich ständig um neue Verträge, Forschungsförderung etc kümmern zu müssen. Dass die sehr kurz befristeten Arbeitsverträge in der Wissenschaft äußerst demotivierend sind ist nichts Neues; aber Werner Gruber spricht auch noch die österreichische (wie es in Deutschland ist weiß ich gar nicht) Unsitte an, junge Wissenschaftler die direkt über die Universität finanziert werden, nach 6 Jahren rauszuwerfen. Da geht natürlich jede Menge Know-How verloren und von der ganzen Ausbildung, die die Universität in die Studenten und Mitarbeiter investiert hat, profitieren andere.
Werner Gruber hat dazu einen originellen Vorschlag: Warum nicht einfach die Forscher in ein “Kloster” stecken:
“Drei warme Mahlzeiten, eine Jahresnetzkarte, einen Internetanschluss und 200 Euro Taschengeld und sozial versichert: [DIe Wissenschaftler] würden zwei/drei Jahre tadellos weiterforschen und es würde was weiter gehen!”
Der Vorschlag, den Wissenschaftlern irgendwo Kost, Logis und ein bisschen Taschengeld zur Verfügung zu stellen und sie ansonsten in Ruhe forschen zu lassen, würde vermutlich sogar tatsächlich funktionieren. Wissenschaft ist für viele nicht einfach nur irgendein ein Job sondern “Berufung” und ein Traumjob und es geht den Leuten selten darum, reich zu werden sondern einfach nur darum, forschen zu können.
In der Praxis läuft das heute ja auch schon ein wenig so. Als ich noch an der Sternwarte in Wien gearbeitet habe, war es durchaus üblich, dass Doktoranden nicht durch Universität oder Projektgelder finanziert werden, sondern Sozialhilfe vom Staat bezogen. Aus Sicht des Doktoranden bzw. des betreuenden Professors spielt es keine Rolle, wo das Geld her kommt oder wie viel es ist. Der Doktorand arbeitet sowieso die ganze Zeit. Es spielt ja auch keine Rolle, ob jemand eine halbe oder eine volle Stelle bekommt – am Ende sitzt jeder Wissenschaftler sowieso immer (deutlich) mehr als 40 Stunden pro Woche im Büro, denn genau das wird von allen erwartet. Natürlich wird man als Sozialhilfeempfänger immer wieder vom Arbeitsamt genervt; muss komische Kurse machen, und so weiter – aber ich kannte viele Leute, die bereit waren, das zu akzeptieren um doch noch irgendwie ihre Doktorarbeit beenden zu können.
Das Potential zur Selbstausbeutung bei Wissenschaftlern – vor allem bei jungen Wissenschaftlern – ist sehr groß und deswegen würde so eine “Klosterlösung” wohl wirklich funktionieren. Zu wissen, dass die Grundbedürfnisse gesichert sind und man ansonsten einfach ein paar Jahre in Ruhe arbeiten kann, wäre für viele Wissenschaftler wahrscheinlich sogar eine sehr verlockende Vorstellung. Ich hätte mich damals während oder nach meiner Doktorarbeit vermutlich auch darauf eingelassen.
Aber ich bin skeptisch, ob sich das Konzept so wirklich umsetzen lassen würde. Es würde wahrscheinlich jede Menge Kritik von Seiten der restlichen Bevölkerung geben, die sich beschwert, dass die Forscher da einfach tun und lassen können was sie wollen und sich nicht um ihren Lebensunterhalt kümmern müssen. Dass der finanzielle Lebensstandard hier wesentlich niedriger als bei anderen Jobs wäre, ist da vermutlich schwer zu vermitteln und so ein Projekt könnte sehr schnell ein Imageproblem haben. Und dann kann man das natürlich auch nicht ewig machen. Wissenschaftler sollen ja nicht tatsächlich Mönche werden, die ihr Leben ohne Besitz und vor allem ohne Familie verbringen. Irgendwann brauchen sie einen echten Job. Und ob es moralisch in Ordnung ist, die Liebe der Wissenschaftler zu ihrem Beruf so auszubeuten ist auch eine Frage, die sich schwer beantworten lässt.
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