Es geht weiter mit dem Astrodicticum-Simplex-Buchclub. Wir lesen gemeinsam ein Buch und zwar “Die Vermessung des Universums” von Lisa Randall (Hinweis: Das hier ist keine komplette Rezension des Buches. Ich erwähne hier nur ein paar interessante Themen und gebe keinen vollständigen Überblick. Ich gehe davon aus, dass jeder der am Buchklub-Projekt mitmacht, das Buch auch selbst gelesen hat und über den Inhalt Bescheid weiß). Im ersten Teil haben wir über Sinn und Unsinn von langen Einleitungen diskutiert und über Randalls Erklärung der wissenschaftlichen Methodik. Im zweiten Teil haben wir gelesen, wie Randall Wissenschaft gegenüber Kunst und Religion abgrenzt. Im dritten Teil gab es eine Einführung in die Grundlagen der Teilchenphysik und die Funktionsweise eines Teilchenbeschleunigers und in Teil 4 hat Randall erzählt, was man mit so einem Beschleuniger alles entdecken kann und wie die Technik dahinter aussieht. Teil 5 handelte von der spannenden Konstruktionsgeschichte des LHC und den angeblichen Gefahren, die von ihm ausgehen. In Teil 6 wurde die Risikoabschätzung vertieft und erklärt, wie man in der Physik eigentlich exakte Messungen anstellen kann. In Kapitel 13 und 14 wird es jetzt konkret und wir erfahren, WIE der LHC Messungen anstellt und wie man sie korrekt interpretiert.
Nach den eher wissenschaftsphilosophischen Erörterungen über Risikoabschätzungen und Messprinzipien in den letzten beiden Kapitel wird es in Kapitel 13 (“The CMS and ATLAS Experiments”) jetzt wieder sehr technisch. Randall erklärt im Detail, wie CMS und ATLAS, die beiden großen Detektoren des Teilchenbeschleunigers, funktionieren und weist zu Beginn des Kapitels auch noch extra darauf hin, dass man es durchaus auch überspringen kann, wenn man an der ganzen Technik nicht so sehr interessiert ist. Ich war zwischendrin kurz versucht, auch genau das zu tun, denn manchmal wird man von den vielen Details ein wenig erschlagen. Meiner Meinung nach muss man nicht unbedingt jedes Bauteil der Detektoren mit seinen exakten Abmessungen aufführen – da wäre es vielleicht besser gewesen, das Kapitel in einen Anhang auszulagern. Ich habe es aber dann doch gelesen und ein paar sehr interessante Aspekte der Detektoren gefunden, die mir so bis jetzt noch nicht bewusst waren.
Zum Beispiel der Vergleich zwischen Detektoren und Weltraumteleskopen. Randall erklärt, dass ein Detektor, wenn er einmal gebaut ist, nur noch schwer zugänglich ist. Die ganze Technik ist innen drin und kann nicht so einfach rausgeholt werden und schon gar nicht im laufenden Betrieb des Beschleunigers. Im Wesentlichen müssen die Dinger jahrelang ohne Wartung funktionieren können – genau so wie es auch bei Weltraumteleskopen der Fall ist. Ein weiterer wichtiger Punkt ist auch die Trennung zwischen CMS und ATLAS. Die beiden Detektoren sind beide für allgemeine Aufgaben gedacht; können also im Prinzip alles messen, was es zu messen gibt. Und das ist auch wichtig, denn nur so kann es ein Mindestmaß an Kontrolle geben. Bei der Suche nach dem Higgs-Teilchen haben CMS und ATLAS und die jeweils 3000 Wissenschaftler die an beiden Experimenten arbeiten, unabhängig voneinander geforscht und Daten ausgewertet. Hätte ein Detektor Hinweise auf das Teilchen gefunden und der andere nicht, dann wäre an der Sache irgendwas faul gewesen. Aber da beide das Higgs-Teilchen detektiert haben, kann man sich sicher sein, dass es wirklich da ist. Oder vielleicht doch nicht? Ich selbst bin zwar davon überzeugt, dass die Daten tatsächlich ausreichen, um eine Entdeckung zu bestätigen. Aber man könnte vielleicht trotzdem darüber diskutieren:
Muss eine unabhängige Bestätigung der Entdeckung nicht nur von verschiedenen Detektoren kommen, sondern von verschiedenen Teilchenbeschleunigern? Oder macht das keinen Unterschied?
Interessant fand ich auch den Hinweis, dass die Magnete des CMS-Detektors mehr Eisen enthalten, als der gesamte Eiffelturm. Das zeigt wieder mal, was für außergewöhnliche Maschinen das sind… Und auch, dass das Kupfer für die Endstücke der Detektoren aus russischen Artilleriehülsen stammt, war mir neu. Genau so wie die wahnsinnig exakte Planung der Techniker, die zum Beispiel die Magnete ein wenig verformt konstruieren mussten, weil sich die schweren Dinger später noch unter ihrem eigenen Gewicht verformen und erst dann so aussehen, wie sie aussehen sollen.
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