So wie die meisten anderen finde auch ich die diversen Missionen zu unserem Nachbarplaneten Mars enorm interessant. Eigentlich mehr als nur “enorm” interessant. Es ist zutiefst faszinierend und beeindruckend, dass wir heute in der Lage sind, ferngesteuerte Fahrzeuge auf einem anderen Planeten herumfahren zu lassen um dort Daten zu sammeln und Bilder zur Erde zu schicken. Die Marsrover und -sonden haben uns in den letzten Jahren viele wichtige Ergebnisse geliefert und werden das auch in Zukunft tun. Der Mars ist wichtig, um verstehen zu können, wie sich Planeten im Laufe der Zeit entwickeln und er ist noch wichtiger, wenn es um die Suche nach außerirdischem Leben geht. Aber bei all der beeindruckenden Marsforschung dürfen wir nicht vergessen, dass die Erde auch einen zweiten Nachbarn hat: Die Venus! Und im Gegensatz zum roten Planeten ist die Venus dramatisch untererforscht. Immerhin gab es dort während der letzten fast 10 Jahre die Raumsonde Venus Express der Europäischen Weltraumagentur ESA die Daten über die Atmosphäre des Planeten gesammelt hat. Jetzt aber steht die Mission vor dem Ende. Es ist nur noch eine Frage von Tagen, bevor Venus Express in der dichten Gashülle unseres Nachbarplaneten verglüht.

Ich habe schon letztes Jahr im Sommer über das bevorstehende Ende von Venus Express berichtet. Nach mehreren Verlängerungen der eigentlich nur bis 2007 geplanten Venus-Mission, stand die Sonde 2014 endgültig vor dem Aus. Zum Abschluss wollte man die Atmosphäre des Planeten aber nicht mehr nur aus der Ferne betrachten, sondern auch direkt vor Ort untersuchen. Eine Reihe von Manövern brachte Venus Express immer tiefer in die dichte Gashülle, in der sie nun demnächst ihr definitives Ende finden wird.

Venus Express in der Atmosphäre unseres Nachbarplaneten (Künstlerische Darstellung: ESA–C. Carreau)

Venus Express in der Atmosphäre unseres Nachbarplaneten (Künstlerische Darstellung: ESA–C. Carreau)

Venus Express war – zumindest medial – nicht so spektakulär wie die diversen Marsmissionen. Aber nichtsdestotrotz enorm erfolgreich! Einer der wissenschaftliche Höhepunkte der Mission war die Detektion von Anzeichen geologischer Aktivität. Man hat Lavaflüsse auf der Oberfläche entdeckt, die höchstens 2,5 Millionen Jahre alt sind – also nach geologischen Maßstäben quasi erst gestern entstanden sind. Und man hat immer wieder große Veränderungen im Schwefeldioxid-Gehalt der Atmosphäre gemessen: Ein Hinweis darauf, dass dort auch aktuell noch Vulkanismus stattfindet. Über potentiellen Vulkanismus auf der Venus habe ich früher schon detailliert berichtet (siehe hier und hier). Und wenn die geologische Aktivität konkret nachgewiesen werden könnte, wäre das tatsächlich eine faszinierende Entdeckung.

Der Mars ist in vieler Hinsicht der Erde recht ähnlich: Die Temperaturen sind dort zwar deutlich kälter, aber bewegen sich oft zumindest in der gleichen Größenordnung wie auf unserem Planeten. Auf dem Mars gibt es Wasser(eis) und Dünenlandschaften, die man so auch auf der Erde finden könnte. In vielen Bereichen unterscheidet sich der Mars aber auch massiv von unserem Planeten: Seine Atmosphäre ist extrem dünn und sein Magnetfeld kaum vorhanden. Beides sind Konsequenzen der geologischen Inaktivität des Mars. Da er so klein ist, ist sein Inneres im Laufe der Zeit schneller und früher abgekühlt. Ohne flüssigen Kern kann ein Planet aber keinen Dynamoeffekt erzeugen und kein Magnetfeld hervorbringen. Ohne Magnetfeld kann er seine Atmosphäre nicht vor dem Sonnenwind schützen. Und ohne die Ströme aus Magma unter der Oberfläche gibt es auch keine Tektonik und keinen Vulkanismus, die eine wichtige Rolle bei der Regulation des Kohlenstoffdioxid-Gehalts der Atmosphäre spielen.

Sollte die Venus tatsächlich noch geologisch aktiv sein, dann würde sich dort eine einmalige Gelegenheit bieten, zu untersuchen, wie diese Phänomene auf einem anderen Planeten ablaufen. Auf der Venus sind die Dinge früher ganz anders abgelaufen als bei uns. Durch die größere Nähe zur Sonne ist mehr ihres ursprünglichen Wassers in die Atmosphäre verdampft und hat dort einen extremen Treibhauseffekt in Gang gesetzt, der den Planeten heute auf etwa 470 Grad aufgeheizt hat, obwohl dort eigentlich nur knapp 50 Grad herrschen sollten.

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Kommentare (8)

  1. #1 Florian S.
    20. Januar 2015

    Laut Wikipedia wurden bei den Venera-Landern Vorkühlung und endotherme chemische Reaktionen verwendet, die zumindest für knapp 2h halfen.
    Was gibt es denn sonst noch für Konzepte, um der Temperatur auf der Venus (auch langfristiger) zu trotzen?

    Wie sieht es denn mit Kompressionskältemaschinen aus? Warum werden die nicht verwendet? Wenn die Temperaturen zu extrem sind, wo liegen dann die technischen Grenzen dieser Maschinen?

  2. #2 Uli
    20. Januar 2015

    Tja, man müsste eine Art Kühlschrank haben, der das Innere unter 50 Grad Celsius halten kann, damit die Elektronik nicht abraucht.

    Schwierig und energieintensiv, weil 400 Grad Temperaturdifferenz gehalten werden müssen.

    Die Instrumente müssen dagegen mit 500 Grad klarkommen, denn im Innern des Kühlschranks nutzen sie ja nicht so viel.

    Dazu kommt noch der enorme Luftdruck.

    Wäre ich Forschungsminister, dann könnte ich auf die Idee kommen, einen Forschungswettbewerb ins Leben zu rufen, der sich diese Probleme mal näher ansieht.
    Vielleicht würde so eine Veranstaltung neben einer absolut geilen Venus-Sonde den einen oder anderen gut qualifizierten Luft- und Raumfahrtingenieur hervorbringen, man weiß ja nie.

    Hach, man wird ja noch träumen dürfen…

  3. #3 meregalli
    20. Januar 2015

    Die Venus ist zweifelsohne interessant. ( Und dass die ESA-Sonde bis 2007 konzipiert noch heute funktioniert ist eigentlich eine Sensation- nur nicht vermarktet).
    Frage zur Venus: Soweit mir bekannt, laufen alle Theorien zur Erklärung der rechtswalzerischen Eigenrotation der Venus auf ein Impaktereignis hin. Andererseits ist sie ein Planet, der kaum eine Neigung zur Ekliptik aufweist. Ist das nicht ein Widerspruch? Ein Körper, der meinetwegen zufällig an der Äquatorebene in Gegenrotation versetzt wird und dann gaanz langsam so rotiert müsste doch eher torkeln?

  4. #4 Till
    21. Januar 2015

    @meregalli: Ein Körper, der meinetwegen zufällig an der Äquatorebene in Gegenrotation versetzt wird und dann gaanz langsam so rotiert müsste doch eher torkeln?

    Ich bin zwar kein Experte auf dem Gebiet, aber ich denke man darf sich das nicht wie bei einem Kreisel vorstellen, den man entgegen der Rotationsrichtung anschnipst. Ich denke eher, dass ein Impaktereignis, dass genug Drehimpuls mitbringt um die Rotation eines Planeten umzukehren den Planeten zunächst einmal nahezu vollständig zerstört. Der Planet wird sich erst danach wieder aus den Trümmern zusammen setzen, ähnlich wie man sich das für unseren Mond vorstellt. Dabei kann ich mir schon vorstellen, dass so eine langsame Rotation ohne Torkeln entsteht.

  5. #5 krypto
    21. Januar 2015

    Der Vergleich mit einem Kreisel ist ja auch schwierig, weil bei diesem Luft- und Bodenreibung sowie ein labiles Gleichgewicht und Unwuchten entscheidende Rollen spielen.
    Außerdem verhindern Plattentektonik und Atmosphäre Einflüsse wie gebundene Rotation.

  6. #6 meregalli
    21. Januar 2015

    @Till
    Danke! Das leuchtet mir ein.
    Und erklärt auch die recht geringe Rotationsneigung.
    Bin befriedigt!

  7. #7 Zorro
    21. Januar 2015

    @Uli / #2

    Für eine effiziente Kühlung braucht man leider sehr viel Energie und vor allem braucht man z.B. solche ungewöhnlichen Denker. 🙂

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