Ich lese gerne Bücher über die Geschichte der Astronomie. Und da stößt man natürlich sehr oft auf diverse Astronomen, über die man mehr erfahren will. Meistens findet sich dann auch irgendwo eine Biografie mit weiterführenden Informationen. Es sei denn, der Astronom ist eine Astronomin. Denn auch die findet man in der Wissenschaftsgeschichte immer wieder und sie sind leider lange nicht so prominent wie ihre männlichen Kollegen. Ich hatte eigentlich vor, das Jahr 2015 für eine monatliche Serie über Astronominnen zu nutzen und wollte eigentlich für jeden Monat eine entsprechende Biografie auswählen und vorstellen. Aber leider habe ich feststellen müssen, dass es auf dem Buchmarkt sehr wenige biografische Bücher über Astronominnen gibt. Ich wollte mich ursprünglich auf deutschsprachige Ausgaben, die im normalen Handel erhältlich sind beschränken – aber nach ein wenig Recherche war ich froh, wenn ich überhaupt Bücher gefunden habe! Ich hoffe, es reicht am Ende für eine monatliche Serie; ein paar Bücher konnte ich dann doch noch auftreiben. Aber wenn ihr noch entsprechende Vorschläge habt, dann sagt bitte Bescheid!

In der letzten Folge dieser Serie habe ich über das Leben der Astronomin Annie Jump Cannon geschrieben. Sie war eine der führenden Astronominnen ihrer Zeit und ihre Arbeit über die Klassifizierung der Sterne hat der modernen Astronomie den Weg bereitet. Als eine der wenigen Frauen im wissenschaftlichen Betrieb des 19. Jahrhunderts hatte sie es mit Sicherheit nicht leicht. Aber dass sie überhaupt in der Wissenschaft arbeiten konnte, hatte sie unter anderen der Frau zu verdanken, über die ich heute berichten möchte: Maria Mitchell.

Maria_Mitchell

Maria Mitchell, 1851 (public domain)

Maria Mitchell wurde am 1. August 1818 auf der Insel Nantucket in den USA geboren. Ihr Leben ist ein wunderbares Beispiel für den Einfluss, den das jeweilige Umfeld auf die Herausbildung einer wissenschaftlichen Karriere hat. Marias Eltern waren Angehörige der Quäker-Religion. Diese christliche Gruppe kennt kaum Hierarchien und Bildung ist für alle erstrebenswert, egal ob männlich oder weiblich. Maria bekommt also schon von Anfang eine gute Ausbildung und wird von ihrem Vater – selbst ein begeisterter Amateurastronom – entsprechend gefördert. Hinzu kommt, dass Nantucket damals ein Zentrum der Walfangindustrie war. Seefahrt war allgegenwärtig und mit ihr das Bedürfnis, sich an den Sternen orientieren zu müssen. Sextanten und andere astronomische Instrumente gab es in jedem Haushalt und es war völlig normal, den Himmel zu beobachten und sich für das zu interessieren, was dort vor sich ging. Und da die Männer der Insel oft lange Zeit auf See waren, war es ebenso normal, dass die Frauen in ihrer Abwesenheit sich um alles kümmerten. Mitchell wuchs also in einer Umwelt auf, in der es für die damalige Zeit vergleichsweise problemlos war, sich als Frau für Astronomie zu interessieren.

Und das tat sie! Mit ihrem Vater beobachtete sie den Himmel. Sie lernte aber auch die Grundlagen aus den Büchern und wollte zum Beispiel die mathematischen Gleichungen zur Positionsberechnung nicht einfach nur benutzen, sondern auch verstehen. Ihr Vater war auch dafür zuständig, die Uhren der Seeleute zu eichen und anhand astronomischer Beobachtungen und Berechnungen genau auf den Längengrad von Greenwich einzustellen, damit damit auf See die Position bestimmt werden kann. Maria half dabei und war darin so gut, dass sie den Job schon als 14jährige allein erledigen konnte und das Vertrauen der Seeleute bei dieser wichtigen Aufgabe besaß.

Sie lernte aber nicht nur selbst, sondern kümmerte sich auch um die Bildung anderer. Zuerst arbeitete sie als Assistentin in der lokalen Schule, bevor sie als 17jährige ihre eigene Schule für Mädchen gründete. Dort scherte sie sich auch nicht um die rassistische Segregation und unterrichtete Jugendliche aller Hautfarben und sozialer Schichten. Ihr Unterrichtsstil war für die damalige Zeit außergewöhnlich; Mitchell unternahm mit ihren Schülerinnen immer wieder Ausflüge in die Natur um direkt vor Ort Wissen und Faszination zu vermitteln. Später bekam sie eine Stelle als Bibliothekarin und konnte sich jetzt auch finanziell abgesichert ihren eigenen astronomischen Beobachtungen widmen. Und am 1. Oktober 1847 entdeckte sie dabei mit ihrem Teleskop einen Kometen.

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Kommentare (8)

  1. #1 PDP10
    8. März 2015

    Interessanter Artikel über eine interessante Frau.
    Die Serie gefällt mir immer besser!

    Da hat sich allerdings irgendwo eine kleine Datumsverwirrung eingeschlichen:

    Die Unterschrift unter dem 2. Bild lautet “Maria Mitchel, 1899”. Weiter unten schreibst du: “Mitchell starb im Jahr 1889”.
    Eins von beden kann nicht stimmen … 🙂

  2. #2 Radio Eriwan
    8. März 2015

    Ach ja, das waren noch Zeiten… Obwohl es diese Frauen nicht leicht hatten gegen das Establishment anzukommen. Hut Ab!

    Heute zu Tage ist das sehr selten geworden. Da geht es denn eher in die Richtung Astrologie und Gleichstellung, und den anderen Gender Mist…..

    Aber mein Doc meinte ich soll micht nicht so aufregen.

    Also in diesem Sinne, vielen Dank für den Zuwachs an Wissen.
    so long and thanks for all the fish

  3. #3 Bellis
    11. März 2015

    Als Buchtipps kann ich noch “Die Sternjägerin” von Eric Walz vorschlagen. Hier geht es um die Astronomin Elisabeth Hevelius (1647 – 1693)

  4. #4 Florian Freistetter
    11. März 2015

    @Bellis: Danke – aber das ist ja eher ein Roman, keine Biografie.

  5. #5 Higgs-Teilchen
    Im Standardmodell oben rechts
    11. März 2015

    Man könnte auch selbst eine Biografie schreiben. Über Lisa Randall oder Lisa Kaltenegger. 🙂

  6. #6 IO
    13. März 2015

    Interessanter Artikel, danke

  7. […] dieser Serie habe ich schon über zwei wichtige Astronominnen aus dem 19. Jahrhundert geschrieben: Maria Mitchell und Annie Jump Cannon. Henrietta Swan Leavitt, um die es heute gehen soll, hat ihre wichtigste […]

  8. […] und ihre Lebensgeschichte”* gewidmet, das ich auch schon in meiner Besprechung zu Maria Mitchells Biografie erwähnt habe. Es ist kurz, aber sehr aufschlussreich und wer sich für Cunitz interessiert, sollte […]