Dieser Artikel ist Teil der blogübergreifenden Serie “Running Research – Denken beim Laufen”, bei der es um die Verbindung von Laufen und Wissenschaft geht. Alle Artikel der Serie findet ihr auf dieser Übersichtseite
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Am Samstag bin ich 42 Kilometer durch Sachsen-Anhalt gelaufen und die Temperatur hat dabei eine wichtige Rolle gespielt. Es war 80 Grad heiß! Oder waren es nur 21 Grad? Vielleicht auch nur 9 Grad? Oder gar 540 Grad? Es kommt eben ganz darauf an, welche Temperaturskala man verwendet und von denen gibt es überraschend viele. Das liegt unter anderem auch daran, dass es gar nicht so einfach war, eine vernünftige Methode zur Definition unterschiedlicher Temperaturen zu finden…

Sehr einfach war es dagegen, mich für den 4. HimmelswegeLauf anzumelden. Dabei hatte ich eigentlich gar nicht vor, einen Marathon zu laufen – immerhin hatte ich ja gerade erst zwei Wochen zuvor 100 Kilometer absolviert. Im Internet bin ich dann aber zufällig auf diese Laufveranstaltung gestoßen. Das Ziel des HimmeslwegeLaufs liegt direkt an der Arche Nebra, also dem Museum das sich ganz der berühmten Himmelsscheibe von Nebra widmet und sich nicht weit vom Fundort dieses archäologischen Prachtstücks befindet (ich habe hier ausführlich über einen früheren Besuch geschrieben). Das allein würde die Veranstaltung für mich schon attraktiv machen – aber als ich dann gesehen habe, dass jeder der es ins Ziel schafft, auch eine Medaille in Form der Himmelsscheibe bekommt, war mir klar, dass ich so ein Ding unbedingt haben muss! Ich bin also am Freitag kurz mit dem Zug von Jena nach Nebra gefahren, habe mich dort für den Marathon nachgemeldet und stand am Samstag Vormittag pünktlich zum Start um 9.40 am Marktplatz in Naumburg.

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Kann man einen Marathon “einfach so” und ganz spontan laufen? Kommt drauf an – ich war eigentlich ganz optimistisch. Immerhin stand ich ja auch nicht “einfach so” am Start. Ich bin 2015 insgesamt schon knapp 1800 Kilometer gelaufen und da war eigentlich fast jedes Wochenende ein längerer Lauf von 30 bis 35 Kilometer dabei. Ich war also gut trainiert – nur eben nicht so gut ausgeruht, wie man es vor einem Marathon sein sollte. Und die zu erwartende Temperatur dürfte ein wenig unangenehm werden. Es war schon früh morgens am Start in Naumburg recht warm und vor allem schwül. Und ich nach einer kurzen Aufwärmrunde um den Platz durchgeschwitzt.

Es war definitiv wärmer als “die Wärme der Luft im Frühling” und auch wenn es erst Mitte Juni war, fühlte es sich auch wärmer an als “die Wärme an einem Mittag im Juli”. Die beiden Beschreibungen stammen von einer Temperaturskala, die kein anderer als Isaac Newton im Jahr 1701 aufgestellt hat. Er war einer der ersten, der sich Gedanken über eine allgemeingültige Einteilung von Temperaturen gemacht hat und die Phänomene, auf denen er seine Einteilung basierte, klingen auf den ersten Blick ein klein wenig unwissenschaftlich. Da gibt es zum Beispiel “die Temperatur von Wasser, in das man seine Hand gerade noch eintauchen kann, wenn man sie dabei hin und her bewegt” oder “die Temperatur, bei der Wasser heftig brodelt”. Aber was sollte man sonst machen? Irgendwo musste man ja anfangen und Newton probierte, Phänomene zu identifizieren, die sich überall reproduzieren lassen. Das allein reicht aber noch nicht, man braucht eine Methode, um die Temperatur zu messen! Dazu benutzte Newton ein Thermometer, das mit Leinsamenöl gefüllt war und beobachtete, wie stark sich das Öl bei steigender Temperatur ausdehnt. Irgendwann beginnt es aber zu kochen und dann ist es als Messgerät nicht mehr brauchbar. Deswegen verwendete Newton eine zweite Methode: Er erhitzte einen großen Eisenblock (die Farbe des glühenden Metalls erlaubte es ihm, dabei immer ungefähr die gleiche Temperatur zu erreichen, auch wenn er sie – noch – nicht messen konnte) und legte verschiedene andere Metalle und Legierungen darauf. Dann maß er, wie lange es dauert, bis diese schmelzen und wieder fest werden. Mit diesen Daten konnte er dann nicht nur seine Temperaturskala über die mit dem Leinsamenölthermometer erreichbaren Werten hinaus verlängern, sondern entdeckte auch die Naturgesetze, die der Wärmeleitfähigkeit zugrunde liegen. Er fand das, was auch heute noch “Newtons Abkühlungsgesetz” heißt.

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Kommentare (29)

  1. #1 Ilse
    17. Juni 2015

    Gratulierte zu deiner tollen Laufleistung! Und Dank dafür, dass du beim Laufen auch noch die Kraft und Konzentration hast, über so viele interessante Dinge nachzudenken :-).

  2. #2 norbert
    17. Juni 2015

    Gratulation! Wirklich Respekt!

    Ich laufe seit ca. 9 Monaten (Seither von 100kg auf 88kg runter). Aber maximal 25 km die Woche. Und eine Pace von 5 min/km ist für mich noch vollkommen undenkbar.

    Auf meiner “langen” Strecke (9km) schaffe ich gerade mal (das ist mein Rekord) 6 min/km.

    Daher: Hut ab und Respekt.

  3. #3 cassandra
    17. Juni 2015

    Gratuliere- Du bist großartig

  4. #4 Henning
    17. Juni 2015

    Glückwunsch!
    Das nächste Mal kannst Du ja darüber schreiben, ob es sinnvoll ist, eine Marathon-Zeit auf eine tausendstel Sekunde genau zu messen 🙂

  5. #5 Jan Rosenneck
    BS
    17. Juni 2015

    Danke für den interessanten Bericht und Gratulation zur sehr guten Leistung. Eine Marathon-Pace von unter 5 Min/km ist für einen Hobbyläufer schon stark. Ich wünsche weiterhin viel Spaß beim Laufen und Bloggen.

  6. #6 Crazee
    17. Juni 2015

    Vielen Dank für den interessanten Artikel und Glückwünsche zur Platzierung und Medaille.

  7. #7 Higgs-Teilchen
    Im Standardmodell oben rechts
    17. Juni 2015

    Glückwunsch! So schnell war ich im Marathon auch noch nie.

    Frage an die Allgemeinheit:
    Finde nur ich das oder ist die Medaille mal echt cool?!?!? 😉

  8. #8 Axel
    17. Juni 2015

    Auch von mir Glückwunsch.

    ich selbst bin ja eher ein Mannschaftssportler und laufen ist da (zumindst bei mir) eher notwendiges Übel in der Saisonvorbereitung. Ich finde das selbst mit Musik auf den Ohren schrecklich laaangweilig.
    Aber so eine Medallie wäre echt ein Grund diese Eistellung mal zu überdenken…
    Das ist echt mal was besonderes.

  9. #9 ali
    17. Juni 2015

    Glückwunsch zur guten Zeit und der Platzierung! Auch mit etwas Neid, da bei mir der Fortschritt im Moment viel zu langsam und leider nicht einmal ein Halbmarathon zur Zeit eine Option ist.

    Die Lust zu Laufen ist aber nicht kleiner geworden. Das merke ich zB wenn ich deine Beiträge lese.

    Der nächste Eintrag in der Serie von mir kommt auch bald. Sobald ich wieder einen Blogrhythmus finde.

  10. #10 Florian Freistetter
    17. Juni 2015

    @Ali: “Der nächste Eintrag in der Serie von mir kommt auch bald.”

    Keinen Stress. Mir sind laufhindernde Verletzungen ja zum Glück bis jetzt erspart geblieben…

  11. #11 Franz
    17. Juni 2015

    Yep, die Medaille ist cool, ich würde aber trotzdem einen Herzinfarkt bei dem Tempo und der Distanz bekommen 🙂

    Echt reife Leistung in der kurzen Zeit. Ein Ex-Arbeitskollege trainierte jahrelang speziell auf Marathon um unter 3:00 zu kommen und ein anderer freute sich am Ziel, nach 4:50 Std. noch am Leben zu sein.

    Die Tausendstel Sekunden find ich auch lieb, worauf bezieht sich das, Nasenspitze ohne Beugungseffekt ?

  12. #12 Florian Freistetter
    17. Juni 2015

    @Franz: “Die Tausendstel Sekunden find ich auch lieb”

    Vielleicht haben sie dort mit einem wirklich knappen Einlauf gerechnet 😉

  13. #13 Tina_HH
    17. Juni 2015

    Glückwunsch! Sehr coole Medaille. Ein ehemaliger Kollege von mir trainierte jahrelang und wollte gerne unter 4 Stunden kommen. Hat er zwar nie geschafft, war aber trotzdem sehr begeisterter Läufer. Irgendein Talent zum Marathonlaufen (bzw. zum Langstreckenlaufen) scheint es wohl zu geben, wie bei anderen Sportarten ja auch.
    Für mich sind Langstrecken ja eher nichts. War auch schon früher in den sportlichsten Zeiten nur in den Sprintdisziplinen gut.

  14. #14 Till
    17. Juni 2015

    Glückwunsch!
    Du hast Dich ja echt zu einem super Läufer trainiert – Respekt!

  15. #15 JW
    17. Juni 2015

    Oh man, bei den tollen Laufbeschreibungen werde ich immer etwad sentimental. Aber weder Zeit noch die alten Knochen und der geringere Ehrgeiz lassen solche Leistungen. Ich bin froh im Frühjahr immerhin so etwas ähnliches wie ein Halbmarathontraining hinbekommen habe. Allerdings bin ich damit Marathon gelaufen. Bescheuert, aber schön.
    Ansonsten habe ich das Gefühl, das die Anzahl der Marathonläufe in den letzten 20 Jahren deutlich zugenommen hat, die Anzahl der semi-professionellen Läufer aber deutlich abgenommen. Die fangen bei mir aber eher erst bei 2:45 an.
    Nochmal Glückwunsch

  16. #16 Ludger
    17. Juni 2015

    Glückwunsch!
    Anekdote am Rande: Zu mir kam vor Jahren mal eine Amerikanerin mit ihrem Kleinkind, das hatte in der Nacht zuvor 100 Grad Fieber gehabt!

  17. #17 Gabriel
    Wien
    17. Juni 2015

    Hast du schonmal einen Artikel darüber geschrieben wie du angefangen hast zu laufen?
    Der würde mich wirklich interessieren. Was war der Ausganspunkt. Was waren die Hürden?
    Gratuliere dir jedenfalls zum dritten Platz und freue mich über mehr solcher Berichte.Vielleicht gibt’s ja mal einen Marathon zum Teide oder zum Mauna Kea? Oder zum Schöpfl 😉

  18. #18 partikel
    Freiburg
    17. Juni 2015

    In Allerstedt bin ich gross geworden und in Wohlmirstedt zur Schule gegangen.In jeder Ortschaft gab es alte Burgruinen und Brunnen, man fand als Kind immer wieder Pfeilspitzen und Broschen.In Memleben hab ich dann später geearbeitet und auch teilweise Ausbildung gehabt. In Wangen sind wir immer zur Disco. Sehr Markant ist in der Gegend der Kaliberg von Rossleben und das alte Wendelstein im Fels.Vermutlich seid ihr durch das Unstrut-Tal gelaufen.

  19. #19 Florian Freistetter
    17. Juni 2015

    @Gabriel: “Hast du schonmal einen Artikel darüber geschrieben wie du angefangen hast zu laufen?”

    In der ersten Folge dieser Serie steht was darüber: https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2014/12/31/running-research-denken-beim-laufen-folge-00-moose-flechten-und-die-grosse-sauerstoffkatastrophe/

    “Vielleicht gibt’s ja mal einen Marathon zum Teide”

    Nur die Anreise ist ein bisschen weit: https://www.marathon4you.de/laufberichte/special-event/vom-meer-bis-zum-himmel-der-bluetrail-auf-teneriffa/1456

  20. #20 Karla Kolumna
    17. Juni 2015

    Irgendein Talent zum Marathonlaufen (bzw. zum Langstreckenlaufen) scheint es wohl zu geben, wie bei anderen Sportarten ja auch.

    Klar Talent braucht man bei jeder Sportart um über ein gewisses Maß hinaus zu kommen.
    Aber, ich hoffe ich bin da keinem Schmuh aufgesessen, es scheint eine unterschiedliche Veranlagung zu bestimmten Variationen des Muskelfaseranteils von “Langstrecke” vs. “Sprint”
    Mal abgesehen von der individuellen Biomechanik, die dem einen Topergebnisse im Sprint liefert, die der andere einfach nicht auf die Bahn bringen kann.
    Armlänge, Beinlänge, Verhältnis von Ober- zu Unterschenkel, Schuhgröße, Ballen- oder Fersenläufer, Ausprägung der Faszien…

  21. #21 Florian Freistetter
    17. Juni 2015

    @partikel: “Vermutlich seid ihr durch das Unstrut-Tal gelaufen.”

    Genau – ging fast immer am Fluss entlang.

  22. #22 bruno
    17. Juni 2015

    glückwunsch & respekt!!

    @#4,11,12 Henning/Franz/FF
    Als ich die Urkunde sah, musste ich auch lachen 🙂
    Hast du nicht sogar schon mal einen Artikel über unsinnige Nachkommastellen geschrieben??
    lg

  23. #23 Rudolf Uebbing
    17. Juni 2015

    Den Anblck im Lauf-/’Marathon’-Tor finde ich sehr sympathisch!
    Mit bestem Gruß R.U.

  24. #24 Florian Freistetter
    17. Juni 2015

    Das einzige was mich an der Sache ein (ganz kleines) bisschen ärgert: Da stehe ich endlich mal auf dem Siegertreppchen einer Sportveranstaltung und dann gibt es nirgends ein Foto davon! Fotografen waren zwar vor Ort, aber was die mit den Bildern gemacht haben, weiß ich nicht. Veröffentlicht habe ich sie noch nirgends gesehen. Na ja – für was hat man Erinnerungen 😉

  25. #25 Steffmann
    17. Juni 2015

    Angeber 😉

  26. #26 Steffmann
    17. Juni 2015

    Ich freu mich immer, wenn ich bei 120 Watt 30 min auf’m Crosstrainer die 6 km schaffe. Gut, für meinen Lebensstil auch nicht schlecht. Immerhin rauche ich seit 34 Jahren, arbeite wieder Schicht (mittlerweile) und trinke zuviel (und das gerne). Und ich liebe es trotzdem, alt, klapprig und eigenartig lustig zu werden, denn das habe ich mir irgendwie auch verdient.

    Aber zugegeben, neidisch das mich macht *Yoda*

  27. #27 Stefan
    17. Juni 2015

    Eine Himmelsscheibenmedaille und eine Unterschrift von Waldemar Cierpinski! Neid. Hat er dir bei der Siegerehrung womöglich sogar die Hand geschüttelt?

  28. #28 Florian Freistetter
    17. Juni 2015

    @Stefan: “Neid. Hat er dir bei der Siegerehrung womöglich sogar die Hand geschüttelt?”

    Ne, aber er hat am Start ne kurze Rede gehalten. Und seine Söhne und Neffen haben (bis auf den Marathon) alle anderen Bewerbe gewonnen; ich hab sie also bei der Siegerehrung gesehen.

  29. #29 Beate
    Leipzig
    18. Juni 2015

    Meinen allerherzlichsten Glückwunsch zu dieser Leistung!!! Und DANKE für den, wie immer, interessanten Beitrag!