Gestern wurde in Deutschland im fränkischen Kitzingen eine Temperatur von 40,3 Grad Celsius erreicht. Damit ist der kaum einen Monat alte Hitzerekord schon wieder eingestellt. Zweimal in diesem Jahr war es in Deutschland also schon heißer als es jemals seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881 war. Natürlich darf man den Unterschied zwischen “Wetter” und “Klima” nicht ignorieren, aber wenn sich das Klima verändert, dann bekommt man irgendwann auch anderes – und extremeres – Wetter. Und wenn man sich die Wetterdaten der letzten Jahre so ansieht, dann kommt man nicht umhin, die Auswirkungen des veränderten Klimas zu bemerken. Von den diversen Pseudowissenschaftlern mal abgesehen gibt es ja mittlerweile keinen Zweifel daran, dass wir durch unsere Aktivitäten das Klima der Erde in den letzten Jahrzehnten verändert haben und weiterhin verändern. Trotz aller politischen Beteuerungen steigt der Ausstoß von Kohlendioxid immer weiter an. Den Klimawandel selbst aufzuhalten scheint in der Zwischenzeit illusorisch geworden zu sein. Wir werden vermutlich so weiter machen wie jetzt – bis wir die Folgen irgendwann so massiv spüren, dass die Bevölkerung einen echten Druck auf die Politik ausübt, der nicht mehr ignoriert werden kann. Dann wird man aber wohl nur noch Maßnahmen ergreifen können, um die Auswirkungen des veränderten Klimas auf die Menschheit abzuschwächen…
Wenn wir aber jetzt schon nicht einmal in der Lage sind, vergleichsweise einfach durchführbare Vorkehrungen zu treffen – zum Beispiel den Verzicht auf fossile Energieträger – dann erscheint es utopisch, über so etwas wie “Geoengineering” nachzudenken. Damit sind großräumige und vorsätzliche Eingriffe in das Klimasystem der Erde gemeint, also zum Beispiel die Veränderung der sogenannten “planetaren Albedo”. Das Sonnenlicht, das auf die Erde trifft, wird zu einem Teil absorbiert und zu einem Teil wieder reflektiert. Momentan beträgt die Albedo etwa 0,3: Das heißt das 30 Prozent des Sonnenlichts reflektiert werden. Ganz vereinfacht gesagt: Wird mehr Licht reflektiert, dann wird es auf unserem Planeten kühler. Wird weniger Licht reflektiert (und mehr absorbiert) dann wird es wärmer. Man könnte nun zum Beispiel Partikel in der Atmosphäre der Erde ausbringen, die Sonnenlicht reflektieren und so die Albedo vergrößern. Oder man installiert große Spiegel im Weltall, die das gleiche tun. Damit würde sich der Planet abkühlen lassen.
Bis jetzt sind solche Projekte noch nicht umgesetzt worden (auch wenn diverse Chemtrail-Verschwörungstheoretiker anderes behaupten) und das aus gutem Grund! Das Klima der Erde ist ein äußerst komplexes System und ein globales noch dazu! Bevor man in dieses System eingreift, sollte man ganz genau wissen, was man tut und vor allem sollten alle an den entsprechenden Entscheidungen beteiligt sein. Und “alle” meint hier wirklich die ganze Erde, denn eine Klimaänderung kann durchaus in bestimmten Regionen des Planeten positive Auswirkungen haben während gleichzeitig anderswo schlimmste Katastrophen resultieren. Solange wir nicht in der Lage sind, globale und langfristige Entscheidungen zu treffen werden wir auch nicht in der Lage sein, Geoengineering zu betreiben.
Aber man kann auf jeden Fall mal darüber nachdenken. Das hat der Meteorologe und Astrobiologe Jacob Haqq-Misra getan. In einer kürzlich veröffentlichten Arbeit (“Should we geoengineer larger ice caps?”) hat er überlegt, ob es sich lohnen würde, die Polkappen der Erde zu vergrößern. Eis ist – wenig überraschend – sehr gut darin, Sonnenlicht zu reflektieren. Je größer die Eiskappen, desto mehr Licht wird reflektiert, desto kühler die Erde. Abgesehen davon sind verschwindende Eiskappen ja auch gerade eines der Phänomene, die den Klimawandel so gefährlich machen. Wenn das Eis der Antarktis und in der Arktis schmilzt, dann steigt der Meeresspiegel und überschwemmt die (meist besiedelten) Küstenregionen der Kontinente. Das Süßwasser des Eis vermischt sich mit dem Salzwasser und verändert die Meereströmungen und die Wettermuster. Und so weiter. Momentan sind wir in einer Phase, in der die Eiskappen der Erde vergleichsweise klein sind und die Chance groß ist, dass sie in Zukunft ganz verschwinden. Dann würde es deutlich wärmer werden und es wäre sehr schwierig dafür zu sorgen, dass wieder neue Eiskappen entstehen. Es wäre andererseits auch nicht wünschenswert, das die Eiskappen zu groß werden. Irgendwann sind sie so groß und reflektieren so viel Licht, dass ein sich selbst verstärkender Effekt eintritt und die ganze Erde vergletschert. So etwas ist in der Vergangenheit der Erde mindestens einmal passiert und auch hier dauert es lange, bis sich der Prozess wieder umkehrt. In beiden Fällen wäre die Erde für uns Menschen kein sehr angenehmer Wohnort. Aber, so Haqq-Misra, es gibt dazwischen durchaus Konfigurationen, bei denen das Klima wesentlich weniger anfällig für Veränderungen ist als jetzt. Polkappen, die ein bisschen größer sind als heute aber eben nicht zu groß, würden das Klima stabilisieren und Klimaänderungen würden sich nicht so schnell und nicht so extrem auswirken.
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