Nach etwas längerer Pause habe ich endlich wieder Zeit, ein paar Fragen zur Astronomie zu beantworten. Und es geht gleich mit einer sehr interessanten Frage weiter: Wie groß können Teleskope werden? Gibt es da irgendwelche technischen oder physikalischen Grenzen? Die Antwort ist in dem Fall nicht ganz so einfach und lautet: Ja und Nein.

Das erste Fernrohr, das zur Beobachtung des Himmels genutzt worden ist, war jenes, das Galileo Galilei zu Beginn des 17. Jahrhunderts gebaut hat. Es war ein Linsenfernrohr, ein sogenannten Refraktor. Die Optik bestand aus einer Glaslinse, die das Licht einsammelte. Es war klein und die Linse hatte einen Durchmesser von wenigen Zentimetern. Aber die nachfolgenden Geräte wurden schnell größer. Der Zweck eines astronomisches Teleskops ist übrigens nicht die Vergrößerung der Himmelskörper. Das funktioniert vielleicht noch bei erdnahen Objekten wie dem Mond oder den Planeten. Alles andere ist zu weit weg, als das eine Vergrößerung irgendwas am Erscheinungsbild ändern würde. Man braucht die Teleskope nicht, um die Dinge größer zu sehen, sondern um mehr Dinge sehen zu können. Dazu muss man mehr Licht sammeln und dazu braucht man größere “Augen”. Je größer die Fläche ist, auf die Licht treffen kann, desto schwächere und fernere Objekte können am Himmel ausgemacht werden. Und da fangen auch die technischen Probleme an.

Yerkes-Teleskop (Bild: Public Domain)

Yerkes-Teleskop (Bild: Public Domain)

Bei einem Linsenteleskop muss das Licht durch die Linse hindurch gehen und wird dabei ein wenig abgeschwächt. Je dicker die Linse, desto weniger Licht hat man am Ende zur Analyse. Und je größer man die Linse macht, desto dicker muss sie auch sein – ansonsten würde sie unter ihrem eigenen Gewicht zerbrechen. Irgendwann macht es dann keinen Sinn mehr, noch größere Linsen zu bauen, da der positive Effekt der Größe auf die Lichtsammelleistung durch den negativen Effekt der Abschwächung in der dicken Linsen wieder zerstört wird. Die größten Linsen die je gebaut wurde, hatten einen Durchmesser der nur wenig größer als ein Meter war. Zum Beispiel der große Refraktor der Yerkes-Sternwarte in Wisconsin mit 102 Zentimetern; der große Refraktor der Sternwarte in Potsdam mit 80 Zentimetern Durchmesser oder der große Refraktor der Sternwarten Wien mit einem Durchmesser von 69 Zentimetern, der bei seinem Bau im Jahr 1880 das größte Linsenteleskop der Welt war.

Die Zeit der großen Linsenteleskope endete im 19. Jahrhundert, danach ging man dazu über, hauptsächlich Spiegelteleskope zu bauen. Die waren auch schon seit dem 17. Jahrhundert bekannt: Anstatt Licht durch eine Linse aus Glas zu schicken, nutzt man hier einen Spiegel an dem es reflektiert wird. Dieser Spiegel kann von hinten abgestützt werden und daher auch größer und stabiler gebaut werden als eine Linse. Das Hale-Teleskop der kalifornischen Palomar-Sternwarte wurde im Jahr 1948 gebaut und hat einen Spiegel mit einem Durchmesser von 5,08 Metern. Damit war es das größte seiner Zeit und man ging davon aus, dass das noch lange so bleiben würde. Denn wenn man Spiegel baut, die noch größer sind, stößt man auch hier auf Probleme: Das Licht wird zwar nicht abgeschwächt so wie bei zu großen Linsen. Aber der Spiegel beginnt sich unter seinem eigenen Gewicht zu verformen und liefert schlechte Bilder, wie man 1975 beim Bau des 6-Meter-Bolshoi-Teleskops in der Sowjetunion merkte.

Die nächste Generation der Teleskope musste daher ein anderes Konzept nutzen: Keine großen Einzelspiegel mehr, sondern viele kleinen Spiegelelemente, die zu einem großen Ganzen zusammengesetzt werden. Auf diese Art wurde 1993 aus 36 Stücken das Keck-Teleskop in Hawaii mit seinem 10-Meter-Spiegel gebaut, das heute immer noch zu den größten Teleskopen der Welt gehört und nur vom 10,4 Meter durchmessenden Gran Telescopio Canarias übertroffen wird. Die großen segmentierten Spiegel waren stabil, aber auch wenn die Technik keine Probleme macht, stieß man hier auf physikalische Grenzen. Von der Erde aus blickt man durch die Atmosphäre ins All und die immer vorhandenen Luftunruhen verursachen unscharfe Bilder. Irgendwann macht es dann keinen Sinn mehr, noch größere Spiegel zu bauen, da die Details die man damit eigentlich sehen könnte wegen dieser Störungen nicht mehr sichtbar sind.

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Kommentare (38)

  1. #1 Alderamin
    12. Oktober 2015

    @Florian

    Hmm, ein paar Anmerkungen dazu:

    Der Zweck eines astronomisches Teleskops ist übrigens nicht die Vergrößerung der Himmelskörper. Das funktioniert vielleicht noch bei erdnahen Objekten wie dem Mond oder den Planeten. Alles andere ist zu weit weg, als das eine Vergrößerung irgendwas am Erscheinungsbild ändern würde.

    Würde ich so pauschal nicht unterschreiben. Natürlich braucht man auch Vergrößerung, um Doppelsterne zu trennen, Galaxien in Einzelsterne aufzulösen, die Entwicklung des Supernovarests von 1987 zu beobachten etc., und Ziel der adaptiven Optik ist ja auch, die Auflösung des Teleskops in die Höhe zu treiben. Diese ist aber einerseits von der Öffnung (und der Luftunruhe) begrenzt, verteilt das Licht aber andererseits auch auf eine größere Sensorfläche. Deswegen braucht hohe Vergrößerung große Teleskope. Was man eigentlich will, ist eine lange Brennweite mit großer Blende; wer eine Spiegelreflexkamera sein eigen nennt, weiß sofort, warum.

    Aber der Spiegel beginnt sich unter seinem eigenen Gewicht zu verformen und liefert schlechte Bilder, wie man 1975 beim Bau des 6-Meter-Bolshoi-Teleskops in der Sowjetunion merkte.

    Die nächste Generation der Teleskope musste daher ein anderes Konzept nutzen: Keine großen Einzelspiegel mehr, sondern viele kleinen Spiegelelemente, die zu einem großen Ganzen zusammengesetzt werden.

    Das Problem der sich verformenden Spiegel ist man bei der ESO zunächst anders angegangen und hat am New Technology Telescope 1989 getestet, wie man einen eigentlich viel zu dünnen Spiegel durch Aktuatoren so unterstützen kann, dass er seine Form behält. Auf diesem Prinzip beruhen das VLT und die anderen großen Spiegelteleskope mit monolithischem Spiegel. Die Funktion der adaptiven Optik zum Ausgleich der Luftunruhe wird heute m.W.n. üblicherweise auf einen separaten, kleineren Spiegel im Strahlengang ausgelagert, der gezielter und rascher verformt werden kann, während der Hauptspiegel im Wesentlichen nur seine Form beibehalten muss.

    Rein prinzipiell würde uns nichts davon abhalten, Teleskope zu bauen, die selbst das EELT an Größe noch übertreffen.

    Oben im letzten Bild sieht man noch als kompletten Umriss enthalten den Spiegel des Overwhelmingly Large Telescope (OWL), das aber nur eine Studie war (“cancelled” im Schaubild ist daher übertrieben). Es macht allerdings Sinn, sich in der Größe langsam nach oben zu arbeiten, um Erfahrung zu sammeln, wie man damit klar kommt. Das Teleskop will ja nicht nur geschliffen und montiert werden, man muss es ja auch bewegen und unterbringen Beim VLT gab es, wenn ich mit recht entsinne, anfangs unerwartete Probleme mit der Entlüftung der großen Hallen, die sich tagsüber aufheizen und beim nächtlichen Öffnen dann Turbulenzen verursachen. Der Schritt von 10 m auf 39 m beim EELT ist ja schon gewaltig. Irgendwann wird man dies aber sicher auch wieder toppen.

  2. #2 Zhar
    12. Oktober 2015

    hm.. was mir dabei gerade auffällt: Das ist es dann wohl, was einen Wissenschaftsblog so wissenschaftlich macht und damit den gängigen Medien überlegen; ein Blog steht ständig im dynamischen Umfeld aus Überprüfung und Ergänzung, was den Inhalt absichert und damit Aufwertet, einer Zeitung muss man glauben, einene Blog kann man vertrauen. Also einfach mal zwischendrin ein Dankeschön an Autor(und Moderator) und Kommentatoren.
    Hach, schön hier zu lesen 🙂

  3. #3 Tino
    12. Oktober 2015

    Wie ist das denn, wenn man mit so einem irdischen Teleskop mal länger auf einen Punkt am Himmel gucken muss? Der Planet dreht sich ja unpraktischerweise.

    Hubble kann sich da ja glaube ich mitdrehen, aber so ein 36-Meter-Spiegel, der sich zudem noch dynamisch verformen lässt, klingt so nach Bauchgefühl viel zu fragil, um dazu noch wild rumzuschwenken.

  4. #4 Alderamin
    12. Oktober 2015

    @Tino

    Dann dreht man das Teleskop in die Gegenrichtung. Nicht wild, sondern allmählich. Teleskope bis 5m dreht man üblicherweise um eine Achse parallel zur Erdachse, wie man z.B. an der Lagerung des Hale-Telescopes auf dem Mount Palomar erkennen kann (diese Grafik verdeutlicht es noch besser als ein Foto des Geräts). Die Richtung der Erdachse wäre hier von links unten nach rechts oben (etwa in Richtung des Polarsterns, den das Teleskop anvisieren würde, wenn man es in die hufeisenförmige Lücke des Ringes rechts versenkte; diese Montierung nennt sich übrigens genau deswegen auch “Hufeisenmontierung”). Man braucht das Teleskop dann nur um diese Achse zu schwenken und hält das anvisierte Himmelsobjekt auf diese Weise immer im Blickfeld.

    Man sieht hier jedoch schon, wieviel Stahl da verbaut ist, und daher ist es bei noch größeren Teleskopen üblich, sie “Alt-Azimutal” zu montieren, man bewegt sie in zwei Achsen, eine senkrecht zum Erdboden, um die das Teleskop wie ein Karussell geschwenkt wird (na ja, etwas langsamer…) und eine Achse parallel zum Erdboden, um die es in der Senkrechten geneigt wird, das ist eine viel einfachere Konstruktion, die sich leichter umsetzen lässt. Ganz wie beim Fotostativ. Diese Montierung hat den Nachteil, dass die Geschwindigkeit, mit der sich das Objekt in der Senk- und Waagerechten bewegt, mit der Höhe des Objekts variiert und dass sich das Bildfeld dreht (wir sprachen hier des öfteren schon davon, dass der Mond seine Richtung von Auf- zum Untergang zu ändern scheint, das ist genau diese Bildfelddrehung, die alle Objekte des Himmels betrifft). Mit der heutigen Computertechnik ist es jedoch kein Problem, die Achsen richtig anzusteuern und die am Teleskop befestigten Messgeräte über eine drehbare Lagerung am Teleskopende der Bildfeldrehung entgegen zu drehen, damit man bei langen Belichtungen keine Strichspuren erhält.

  5. #5 wage
    12. Oktober 2015
  6. #6 Tino
    12. Oktober 2015

    Danke für die Erläuterung und für das Foto.

    Im Artikel klang das so filigran, à la „Alufolie in der größe eines Fußballfelds mit etwas Klingeldraht zusammengehalten“. Das zeigt mir mal wieder, dass „leicht“ für Ingenieure dann doch was anderes heißen kann, als meine „Könnte ich im Rucksack tragen“-Skala. 🙂

  7. #7 Florian Freistetter
    12. Oktober 2015

    @wage: Wenn du jetzt so anfängst, dann kann ich auch sagen: Ein Teleskop kann so groß wie mehrere Galaxien sein. Die gibts sogar und mit solchen Gravitationslinsen beobachten Astronomen sogar heute schon.

  8. #8 johnny
    12. Oktober 2015

    Viel wichtiger wäre doch die Frage, wann der ESA die Superlative zur Benennung ihrer Teleskope ausgehen.

    Erinnert mich immer ein bisschen an die Beschreibung für Dagobert Ducks Vermögen.

  9. #9 Alderamin
    12. Oktober 2015

    @johnny

    Oh, da geht noch was.

    Weitere kreative Vorschläge finden sich hier (nach “demonstrably”suchen, ff.)

    (ESO übrigens, nicht ESA).

  10. #10 johnny
    12. Oktober 2015

    @Alderamin
    Sehr schöne Ideen, obwohls zum schluss etwas nach Lovecraft klingt.

    Hast natürlich recht mit den Abkürzungen.
    “Extreme Southern Observatory” passt auch viel besser.

  11. #11 Till
    12. Oktober 2015

    Wie sieht es eigentlich bei optischen Teleskopen mit Interferometrie aus? Bei Radioteleskopen kann man ja so die Auflösung (nicht die Empfindlichkeit) fast beliebig erhöhen. Man denke nur an Weltraumteleskope in L1, L4,L5 und auf der Erde, die dann quasi einen “Spiegeldurchmesser” von 1 AU hätten.

  12. #12 Alderamin
    12. Oktober 2015

    @Till

    Das geht auch optisch, aber es gibt einen wichtigen Unterschied: bei Radiosignalen ist man längst in der Lage, die empfangenen Radiowellen an getrennten Orten mit hinreichend genauen Zeitmarken aufzuzeichnen und dann später im Rechner numerisch interferieren zu lassen.

    Bei der viel kürzeren Wellenlänge des Lichts geht das nicht (die Zeitauflösung reicht nicht, die Datenmenge ist zu groß, und man kann das Signal auch nicht annähernd schnell genug aufzeichnen, um daraus die Original-Wellenzüge zu rekonstruieren), sondern man muss das Licht mehrerer Teleskope an Ort und Stelle optisch zur Interferenz bringen. Dazu wird das Licht der Teleskope auf Ausgleichsstrecken zur Angleichung der Weglängen (auf Bruchteile der Wellenlänge genau!) geschickt und dann an einem Sensor zusammengeführt, wo man das entstehende Interferenzmuster aufnimmt und für wechselnde Basislinien (Positionen der Teleskope) interpretiert. Das ist so kompliziert, dass das Interferometer des Keck-Teleskops nie zum routinemäßigen Einsatz kam, sondern stillschweigend eingestampft wurde, während dasjenige am Very Large Teleskop hin- und wieder verwendet wird.

    Die auf diese Weise angestellten Beobachtungen liefern dann aber auch (wie die verlinkten Papers zeigen) keine direkten Bilder, sondern Messkurven, anhand derer man Abbildungen rekonstruieren kann, und zwar für einen winzigen Bildausschnitt. Das ist dann schon etwas deutlich anderes als die bildliche Abbildung eines Teleskops mit ausreichend Fläche und Öffnung und wird diese wohl nie ersetzen.

  13. #13 BreitSide
    Beim Deich
    12. Oktober 2015

    Kolossal… 🙂

  14. #14 Till
    12. Oktober 2015

    @Alderamin Das [Interferometrie] ist dann schon etwas deutlich anderes als die bildliche Abbildung eines Teleskops mit ausreichend Fläche und Öffnung und wird diese wohl nie ersetzen.

    Vielleicht nicht komplett ersetzen, aber doch stark vorantreiben. In der Mikroskopie hat man ja auch lange gedacht, dass die Auflösung durch die numerische Aperatur theoretisch begrenzt ist (auf ca 200 nm). Inzwischen kann man mit Hilfe von optischen/chemischen Tricks in Kombination mit Computeralgorithmen deutlich bessere Auflösungen erreichen (bis hinunter zu ~10 nm, meist auf Kosten der zeitlichen Auflösung). Da werden inzwischen aus vielen (teilweise tausenden) Einzelaufnahmen die kompletten Bilder im Computer rekonstruiert. Dafür gabs ja auch letztes Jahr den Nobelpreis.

  15. #15 Mirko
    Terra X
    12. Oktober 2015

    Der Lösch sprach gestern Abend davon, dass man tatsächlich schon bis ans Ende des Universums geblickt hat. Im zeitlichen Sinne, weil kein Licht von vor dem Urknall (bzw kurz danach) je bei uns ankommen kann.
    Unter dieser Voraussetzung lohnen sich größere Fernrohre dann doch gar nicht mehr- wenn man nur noch tiefer, aber nie vergrößert schauen kann?

  16. #16 Krypto
    12. Oktober 2015

    Erwähnenswert ist evt. noch, dass das E-ELT ursprünglich als 100m-Teleskop geplant war und dann -gottseidank- nicht komplett gestrichen, sondern nur verkleinert wurde.

  17. #17 Krypto
    12. Oktober 2015

    Hier gibt´s ne aktuelle Meldung zu einer der E-ELT-Cams:
    https://www.pro-physik.de/details/news/8455561/Scharfer_Blick_ins_fruehe_All.html

  18. #18 Alderamin
    12. Oktober 2015

    @Mirko

    Der Lösch sprach gestern Abend davon, dass man tatsächlich schon bis ans Ende des Universums geblickt hat. Im zeitlichen Sinne, weil kein Licht von vor dem Urknall (bzw kurz danach) je bei uns ankommen kann.

    Was man als fernstes “sehen” kann ist die kosmische Hintergrundstrahlung, die aber durch die Raumexpansion schon zu Radiowellen auseinander gezogen ist. Zwischen dieser und den fernsten bisher aufgenommenen Galaxien klafft aber noch eine Lücke, in der die Entstehung vieler lichtschwacher Galaxien statt findet, die man bisher noch nicht sehen kann. Mit größeren Teleskopen wird man den Horizont in diese Lücke erweitern können.

    Unter dieser Voraussetzung lohnen sich größere Fernrohre dann doch gar nicht mehr- wenn man nur noch tiefer, aber nie vergrößert schauen kann?

    Natürlich vergrößert ein Teleskop, auch viel nähere Objekte. Zum Beispiel wird man mit dem EELT-Teleskop hoffentlich ein paar Planeten um unsere nächsten Nachbarsterne so gut aufnehmen können, dass man ihre Atmosphäre untersuchen kann (so, wie man das schon lange bei Fixsternen kann – Zerlegung des Lichts in seine einzelnen Farben und Identifizierung der dunklen Linien darin, die chemische Elemente erkennen lassen). Vielleicht lassen sich so sogar Spuren von Leben nachweisen.

    Es geht also gar nicht immer um die Entfernung, sondern meistens um mehr Details. Auch die nächsten Sterne sind so klein und so weit weg, dass sie auch im größten Fernrohr nur als Lichtpunkte erscheinen. Da ist noch viel Luft für Vergrößerung nach oben. Wahrscheinlich werden wir niemals einen Planeten außerhalb des Sonnensystems so groß sehen können, wie der Planet Jupiter in einem einfachen Fernglas erscheint.

  19. #19 Mirko
    12. Oktober 2015

    Eben, für die 3K braucht man kein Fernrohr. Ich hab es ja aber nu mit Absicht so provokativ gesagt, natürlich machen die Fernrohre Sinn.
    Aber laut Lösch (der nicht mehr so oberlehrerhaft wie früher daherkommt), hat man tatsächlich schon Fleckchen entdeckt, bei denen auch eine weitere Vergrößerung keine neuen Sterne/Systeme mehr erwarten lässt, weil halt kei Licht länger als die 13Mrd Jahre unterwegs sein kann. Und das war in der Geschichte der Fernrohre bisher immer der Fall – also besseres Gerät = am selben Himmelsfleck mehr Sterne entdecken können.

  20. #20 Alderamin
    12. Oktober 2015

    @Mirko

    Und das war in der Geschichte der Fernrohre bisher immer der Fall – also besseres Gerät = am selben Himmelsfleck mehr Sterne entdecken können.

    Das ist auch immer noch so. Es sind ja nicht alle Objekte gleich hell. Beispiel: Du kannst mit bloßen Augen die Andromeda-Galaxie in 2,5 Millionen Lichtjahren Entfernung sehen. Was Du nicht mit bloßen Augen sehen kannst, ist Proxima Centauri, der nächste Fixstern in knapp 4,3 Lichtjahren. Dazu braucht es schon ein kleines Amateurfernrohr (der wäre dann aber auch nur am Südhimmel sichtbar, aber für den ähnlich lichtschwachen Barnards Stern am Nordhimmel, der auch nur gute 6 Lichtjahre entfernt ist und in der Entfernung gleich nach Alpha Centauri folgt, gilt dasselbe).

    Man ist immer noch dabei, in der Umgebung der Milchstraße neue Galaxien zu entdecken, nur ein paar hunderttausend Lichtjahre weit entfernt. Selbstverständlich wird man umso mehr Galaxien am Rande des Universums finden, je größere Teleskope man verwendet, zumal die ersten Galaxien viel kleiner und damit lichtschwächer als die großen heutigen waren. Und was man von den fernsten Galaxien bisher gesehen hat, sind strukturlose Fleckchen, weil die Bildschärfe nicht reicht. Auch da wird man mit größeren Teleskopen mehr herausholen können. (Und wer hat die verlinkte Galaxie entdeckt? Keck, das bis vor kurzem noch größte Teleskop der Welt, kein Zufall!)

    Vielleicht findet man irgendwann das fernste Objekt, hinter dem man keine ferneren/älteren mehr finden kann (wir haben diese Grenze mit Sicherheit noch nicht erreicht, egal was Lesch behauptet; im verlinkten Artikels steht nicht umsonst “bisher am weitesten entfernte”). Das heißt aber nicht, dass ein größeres Teleskop nicht trotzdem mehr zeigen wird. Mehr Objekte (auch in geringerer Entfernung) und mehr Details bei den bereits gefundenen.

  21. #21 Krypto
    12. Oktober 2015

    @Mirko:
    Lesch ist ein wenig lasch in Sachen exakter Wissensvermittlung.
    So strotzte die Sendung gestern vor Fehlern.
    Prinzipiell erreicht uns “Licht” mit einer maximalen Lichtlaufzeit von ca. 13,8 Mrd Jahren; also Urknallzeitpunkt plus 380tsd Jahre. Das sind die 800 Mio Jahre Lücke, die Alderamin meint.
    Bisher hat man nur wenig Objekte in diesem Bereich entdeckt auf Deep Field-Aufnahmen. Sie sind extrem leuchtstark und werden zusätzlich erst durch ein kosmisches Vergrößerungsglas(Gravitationslinse) für uns sichtbar.
    Mit besseren Teleskopen werden wir da deutlich mehr Objekte des jungen Kosmos entdecken.

  22. #22 Friedhelm
    12. Oktober 2015

    “Irgendwann macht es dann keinen Sinn mehr, noch größere Linsen zu bauen, da der positive Effekt der Größe auf die Lichtsammelleistung durch den negativen Effekt der Abschwächung in der dicken Linsen wieder zerstört wird.”

    Naja, das stimmt so aber nicht. Die paar Prozent mehr Absorption kratzen doch keinen. Das Limit sind Verformungen, die durch das Eigengewicht der Linse verursacht werden, und die zudem noch Zeitabhängig (Positionsabhängig) sind. Heute denkt man druchaus wieder über große Linsenteleskope nach, da es für einige Anwendungen doch große Vorteile gibt (potentiell geringeres Streulicht). Mit Heliumfüllung oder einem gezielten Schliff, der gegen die Verformung wirkt, kommt man dann schon deutlich weiter als einen Meter.

    Adaptive Optik: eine AO kann nur ein sehr kleines Gesichtsfeld beugungsbegrenzt korrigieren, ein paar Bogensekunden vielleicht, und außerhalb dieses isoplanaren Feldes wird die Bildunruhe wieder stärker. Für einzelne (Doppel-) Sterne oder kleinere Objekte also OK, nicht für ausgedehnte Objekte.

  23. #23 Alderamin
    13. Oktober 2015

    @Friedhelm

    Das Problem bei großen Linsenfernrohren ist auch die Fertigung eines so großen Stück Glases ohne Inhomogenitäten und Lufteinschlüsse, was mit der Dicke des Glases zunehmend schwieriger wird. Man muss ja durch die Linse hindurch schauen. Bei einem Spiegel muss nur die Oberfläche perfekt sein.

    Außerdem hat man beim Spiegel nur eine Oberfläche anzufertigen, bei Glasobjektiven aber 4 bis 6. Dazu kommt die chromatische Aberration, die bei Linsenfernrohren Öffnungsverhältnisse von f/7.5 bis f/15 verlangt, damit die Fehler nicht zu auffällig werden, was die Teleskope langsam (lange Belichtungszeit) und lang macht. Spiegel sind frei von chromatischer Aberration und können ohne weiteres bis f/1.5 gefertigt werden, eine enorme Lichtstärke bei kompakter Bauweise.

  24. #24 Nordlicht_70
    13. Oktober 2015

    Ich stelle mir vor, dass es irgendwann gigantische “Kinder” und “Enkel” von Hubble geben wird, da solche Probleme wie Verformung durch Eigenmasse, Lagerung, Drehung in der Schwerlosigkeit vermutlich gut händelbar sind. Ob so etwas realistisch ist?

    Eine Frage zu Linsenfernrohren. Im Gegensatz zu Reflektoren, wo alle Wellenlängen des Lichts gleich reflektiert werden, wird bei Refraktoren das Licht unterschiedlicher Wellenlänge doch auch unterschiedlich stark gebrochen. Zwar kann man das wohl durch Auswahl der verschiedenen verwendeten Glassorten korrigieren – aber bleibt dieser Nachteil letztlich nicht doch immer bestehen? Wenn ich nicht 100%ig alle Wellenlängen des Lichts in den Brennpunkt kriege, ist das Bild doch immer irgendwo “unscharf”?

  25. #25 Alderamin
    13. Oktober 2015

    @Nordlich_70

    Das Problem bei Weltraumteleskopen ist, ihren Spiegel irgendwie in eine Rakete hineinzubekommen. Deswegen hat das nächste große Weltraumteleskop, das James-Webb-Teleskop, einen entfaltbaren Segmentspiegel. Segmentspiegel sind auf der Erde ja schon gebräuchlich, aber das Entfalten eines solchen Konstrukts im All, das auf mindestens 1/4 (besser 1/10) Wellenlänge genau die Idealform des Gesamtspiegels erreichen muss, ist schon eine komplexe Aufgabe, die mit zunehmender Segmentzahl immer komplizierter wird. Das kann man sicher nicht beliebig hoch treiben.

    Was Du zur unterschiedlichen Lichtbrechung je Farbe gesagt hast, fällt unter das Fachwort “chromatische Aberration”, die ich in #23 bereits als Problem der Linsenfernrohre erwähnte. Mit zwei Linsen unterschiedlicher Glassorten kann man diese für zwei Wellenlängen genau aufheben (dazwischen und jenseits davon muss es dann ungefähr passen), mit drei Linsen kann man es für drei Wellenlängen. Dreilinser (Apochromaten) sind im Bereich der Hobbyastronomie (Massenfertigung) schon ziemlich teuer (ein paar Tausend Euro gegenüber ein paar Hundert für Zweilinser von 4 bis 5 Zoll). So was mit mehr als 1 m Durchmesser (40 Zoll) zu fertigen, wäre ein echtes Projekt für eine Optikfirma…

  26. #26 Uli
    13. Oktober 2015

    Ich fände es sehr schade, wenn wir für Hubble keinen Nachfolger hochschicken würden.

    Erstens wäre dieser Nachfolger noch besser als Hubble und zweitens gehe ich mal davon aus, daß selbst in all den Jahren, die Hubble jetzt schon da oben ist, noch nicht der gesamte Himmel detailliert kartografiert wurde.

    Da gibt es also immer noch eine Menge zu entdecken!

  27. #27 Alderamin
    13. Oktober 2015

    @Uli

    Ich fände es sehr schade, wenn wir für Hubble keinen Nachfolger hochschicken würden.

    Der Nachfolger für Hubble ist doch schon im Bau:
    https://de.wikipedia.org/wiki/James_Webb_Space_Telescope

    Start soll 2018 sein.

    Zwar wird das Teleskop nur im Infraroten beobachten, aber das ist gerade ein Bereich, der auf der Erde durch die Atmosphäre blockiert wird. Was Hubble im Optischen konnte, können moderne Großteleskope dank adaptiver Optik größtenteils heute auch von der Erde aus.

    gehe ich mal davon aus, daß selbst in all den Jahren, die Hubble jetzt schon da oben ist, noch nicht der gesamte Himmel detailliert kartografiert wurde.

    Das hatte Hubble nei vor (und James Webb auch nicht); dieses sind Teleskope, mit denen man gezielt einzelne Objekte beobachtet. Ihr Blickfeld ist ziemlich klein. Eine optische Himmelsdurchmusterung führt hingegegen gerade der Astrometrie-Satellit GAIA durch, der ein paar Milliarden Sterne vermessen wird. Der gesamte Himmel ist auch schon zigmal von der Erde aus aufgenommen worden. GAIA liefert aber zusätzlich genaue Entfernungsmessungen, wie sie von der Erde aus nicht möglich sind.

  28. #28 Captain E.
    13. Oktober 2015

    Die erdgestützten Teleskope sind ja inzwischen besser geworden, und Infrarot- Ultraviolett-, Röntgen- und Gammateleskope wird man auch in Zukunft im Weltall stationieren müssen.

    Andererseits hat die NASA zwei nicht mehr benötigte Aufklärungssatelliten der Keyhole-Baureihe geschenkt bekommen. Im Prinzip sind das Cousins von Hubble, müssten aber wohl noch etwas aufgearbeitet und vor allem gestartet werden – das kostet natürlich etwas.

  29. #29 Frank
    13. Oktober 2015

    Danke Florian, für die Beantwortung meiner Frage und für deine Mühe.

  30. #30 Friedhelm
    13. Oktober 2015

    @Aldermarin, Nordlicht

    Chromatische Abberation ist bei professionellen Instrumenten oft kein Problem (auch ohne Achromaten), da die auch für bildgebende Beobachtungen typischerweise mit Schmalband- oder zumindest Farb-filtern arbeiten. Und bei einem Filterwechsel (Schmalband) muss man idR eh refokusieren, auch mit Spiegeln.

    Ansonsten: für Coronographen kommt man an Linsen kaum vorbei. Das Argument mit den vielen Oberflächen ist nicht ganz richtig, da z.B. Staub auf einem Spiegel zweifach beleuchtet wird (vor und nach der Reflekktion), auf einer Linse nur einfach. Und typischerweise verwendet man die Linse gleich als Eintrittsfenster in ein Vakuumtank, so dass nur eine Seite Anfällg ist.

  31. #31 Alderamin
    13. Oktober 2015

    @Friedhelm

    Chromatische Aberration: d’accord.
    Koronographen auch.

    Aber was die Oberflächen betrifft: Staub ist nicht das Problem, der macht nur den Hintergrund ein wenig heller und kann auch gelegentlich mal entfernt werden. Aber einen vollkommen homogenen Glasklotz, durch den man hindurch schauen kann, anzufertigen, ist eine größere Aufgabe, als einen lediglich als Trägerfläche für eine Silberschicht zu gießen, den man nachher noch mit Aktuatoren in Form drücken kann. Und es sind auf jeden Fall beim Refraktor mehr Flächen zu schleifen. Refkratoren sind immer anspruchsvoller als Reflektoren der gleichen Öffnung. Und daher auch immer teuerer.

    Aber sie haben natürlich auch ihre Anwendungen. Amateure schwören auf sie als Geräte zur Planetenbeobachtung, weil kein Fangspiegel die Bildschärfe beeinträchtigt (gemeinerweise kann man dies aber durch mehr Öffnung des Reflektors kompensieren und ist dann oft trotzdem günstiger und auf jeden Fall lichtstärker unterwegs). Inwiefern das im Profibereich auch noch gilt, weiß ich nicht (guckt jemand mit dem GranTeCan auf Jupiter? Vermutlich ist die Teleskopzeit zu teuer dafür; irgendwo habe ich mal Aufnahmen vom Pic du Midi mit dem 1m-Spiegel(?) und lucky imaging gesehen, die waren von Voyager-Aufnahmen nicht mehr zu unterscheiden).

    Koronographen, klar, die brauchen auch nicht so viel Öffnung, die Sonne und Korona sind hell genug und die Atmosphäre macht eh’ am Tag so viel Seeing, dass man schon mit einem 10-Zöller nicht beugungsbegrenzt beobachten kann.

  32. #32 Friedhelm
    13. Oktober 2015

    Die Diskussion driftet ab. Im Artikel wurde behauptet, man könnte Linsen deswegen nicht deutlich größer bauen als einen Meter, weil sie dann zuviel Licht absorobieren würden, und die größere Fläche dann keinen Vorteil mehr bringt.

    Das ist nunmal schlicht falsch.

    Der eigentliche Grund ist die Durchbiegung. Seit Jahrzenten galt ein kanonisches Limit von ca 1 Meter. Heute kann man größere Linsen bauen, wenn man will. Es gibt Anwendungen, wo man auf Linsen angewiesen ist, z.B. Coronographen. Und es gibt Leute, die wollen große Coronographen bauen. Mit Spiegeln geht das nicht.

    Aber man kann mit Spiegeln natürlich viel größere Teleskope als mit Linsen bauen, ja.

  33. #33 Friedhelm
    13. Oktober 2015

    Der Vollständigkeit halber: “Macht den Hintergrund etwas heller” ist genau das Problem. Und die Oberflächengenauigkeit. Thema Streulicht. Aber Linsen kann man exakter polieren als man Spiegel beschichten kann. Ja, das ist teuer. Aber für manche Anwendungen notwendig.

  34. #34 Florian Freistetter
    14. Oktober 2015

    @Friedhelm: “Das ist nunmal schlicht falsch.”

    Also “absorobieren” große Linsen nicht mehr Licht als kleine Linsen?

  35. #35 Friedhelm
    14. Oktober 2015

    @FF
    Ja, natürlich absorbieren dickere (“große”) Linsen mehr als dünnere (“kleine”), was anderes habe ich ja nie behauptet. Nur: Das ist nunmal nicht der limitierende Effekt, sondern es ist (es war bisher) die Verformung unter Eigengewicht. Und da kann man Heutzutage etwas gegensteuern und durchaus größer fertigen als der Kanonische 1 Meter (Kompensierender Schliff, Helium oder Stickstofffüllung).

    Ein Aluminiumspiegel reflektiert, je nach alter, auch nur 90-95% im Sichtbaren. Eine unvergütete Linse reflektiert ca 5%, aber der Absorptionskoeffizient von Silikatglas oder BK7 ist so gering, da muss man schon ziemlich dicke Optiken bauen bis Absorption nennenswert beiträgt. Das ist eigentlich alles, was ich gesagt habe.

  36. #36 UMa
    14. Oktober 2015

    @Florian: Mir ist das auch im Artikel aufgefallen. Ja, dickere Linsen absorbieren mehr Licht als dünne. Aber, die Absorption bei großen Linsen ist nicht das Problem, sondern die Durchbiegung unter dem Eigengewicht. Die Oberfläche muss auf Bruchteile einer Wellenlänge präzise sein und irgendwann verformt sich die Linse zu stark. Bei Spiegeln tritt das auch auf, aber da man Linsen nur am Rand festhalten kann, Spiegel aber auf der gesamten Rückseite, kann man größere (massive/passive) Spiegel als Linsen bauen.
    Inzwischen gibt es auch Dinge wie aktive Optik, bei der die Verformung des, dann viel dünneren, Spiegel ausgeglichen werden kann. Das Radioteleskop in Effelsberg hat man so konstruiert, dass es trotz Verformung eine Parabolantenne bleibt.

  37. #37 Florian Freistetter
    14. Oktober 2015

    @UMa: Ich hab ja auch nirgends behauptet, das sich Linsen NICHT verformen. Aber da ich das Problem der Verformung bei großen optischen Systeme eh schon bei den Spiegeln erwähnt habe, habe ich es bei den Linsen nicht auch noch extra angeführt.

  38. #38 Moss the Ex-Augenoptiker
    Ladenburg
    17. Oktober 2015

    Florian, Du driftest ab. Gib einfach zu, dass die Absorption in dicken Linsen (Fresnellinsen kamen ja noch nicht zur Sprache – die haben dann auch wieder andere Probleme) nicht das begrenzende Element beim Bau größerer Refraktoren ist, und wir bleiben Freunde. 😉

    Übrigens kamen auch die typischen dickenabhängigen Abbildungsfehler von Linsen noch nicht zur Sprache.