Unsere Sonne erzeugt Energie durch Kernfusion in ihrem Inneren. So viel ist klar und so viel habe ich auch schon in der letzten Folge erklärt. Aber wie kommt die Energie aus dem Kern wieder heraus und bis zu Erde? Das klingt einfacher als es ist – in so einem Stern ist ziemlich viel los und der ganze Trubel steht der Energie im Weg!

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Sternengeschichten-Cover

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Transkription

Sternengeschichten Folge 169: Die Energie im Inneren der Sonne – Teil II

In der letzten Folge der Sternengeschichten habe ich erklärt, wie die Sonne in ihrem Inneren aus der Fusion von Wasserstoff zu Helium Energie produziert. Das passiert nur in ihrem innersten Kern, dort wo die Temperaturen ausreichend hoch sind. Und nur dort wird auch die Energie freigesetzt. Da muss sie irgendwie raus und das ist gar nicht so einfach. Bis all die Energie auf der Erde landen kann um uns dort zur Verfügung zu stehen, muss einiges geschehen.

Es gibt zwei Möglichkeiten, wie Energie im Inneren eines Sterns transportiert werden kann. Einmal den Transport durch Strahlung und dann den Transport durch Konvektion.

Bei den Kernreaktionen wird die Energie in Form von hochenergetischen Photonen frei. Diese Art des Lichts nennt man “Gammastrahlung” und es hat eine sehr geringe Wellenlänge; zu gering als das wir es mit unseren Augen sehen könnten. Normalerweise könnte sich Gammastrahlung genau so ausbreiten wie die anderen Arten des Lichts bzw. der elektromagnetischen Strahlung. Im Kern der Sonne ist dafür aber kein Platz. Dort ist die Dichte enorm hoch und wenn die Photonen sich auf den Weg nach draußen machen, kommen sie nicht weit. Schon nach kurzer Zeit treffen sie auf die vielen dort herumsausenden Elektronen. Sie werden absorbiert und kurz danach vom Elektron wieder abgestrahlt. Die Richtung wechselt dabei komplett zufällig und es ist daher ebenso dem Zufall überlassen, wie schnell die Photonen bei ihrem Weg aus der Sonne hinaus voran kommen.

Struktur der Sonne (Bild: NASA)

Struktur der Sonne (Bild: NASA)

Was im Inneren eines Sternes vor sich geht, hat im Jahr 1926 der britische Astronom Arthur Stanley Eddington besonders schön und poetisch beschrieben. So schön, dass ich es gerne direkt zitieren möchte, auch wenn viele Details der Energieproduktion im Inneren der Sonne damals natürlich noch nicht bekannt waren. In seinem Buch “The Internal Constitution of the Stars” schreibt er:

“Das Innere eines Sterns ist ein Durcheinander von Atomen, Elektronen und Photonen. Nur mit Hilfe der neuesten Entdeckungen der Atomphysik können wir den Feinheiten dieses Tanzes folgen. Wir haben damit begonnen, das Innere eines Sterns zu erforschen und finden uns plötzlich bei der Erforschung des Inneren eines Atoms wieder. Versucht euch den Aufruhr vorzustellen! Zerzauste Atome sausen mit 80 Kilometern pro Sekunde herum und ihre kunstvollen Hüllen aus Elektronen werden im Getümmel in Fetzen gerissen. Die verlorenen Elektronen bewegen sich hundert Mal schneller um einen neuen Ruheplatz zu finden.
Passt auf! Es gab fast eine Kollision zwischen einem sich nähernden Elektron und einem Atomkern. Aber das Elektron beschleunigt und saust in einer engen Kurve um den Kern herum. Ein paar tausend solcher Beinahe-Kollision übersteht das Elektron in 10-10 Sekunden aber manchmal kommt es in der Kurve ins Schleudern und seine Energie wird erhöht oder vermindert. Aber dann schleudert es stärker als sonst und wird ganz vom Atom gefangen und festgehalten. Sein Leben in Freiheit ist zu Ende. Aber nur für einen kurzen Moment. Kaum dass das Atom diesen neuen Skalp an seinem Gürtel befestigt hat, trifft es auf ein Lichtteilchen. In einer großen Explosion macht sich das Elektron wieder auf den Weg zu neuen Abenteuern. Anderswo kollidieren zwei Atom frontal und prallen voneinander ab, mit desaströsen Folgen für ihr spärliches Gewand.”

Durch dieses Gewusel aus Teilchen muss sich die Energie ihren Weg bahnen. Der Bereich im Inneren der Sonne, in dem so ausgesprochen wild zugeht umfasst etwa 70 Prozent ihres Radius, also vom Zentrum aus gemessen knapp 487.000 Kilometer. Den Weg, den die Photonen aber tatsächlich zurück legen ist dank der vielen Begegnungen mit den Elektronen viel, viel länger und macht ein paar zehntausend Lichtjahre aus!

Erst weiter außen in der Sonne wird es ein wenig ruhiger. Hier beginnt nun die sogenannte “Konvektionszone”. Die Temperaturen sind nun so weit gesunken, dass die Atome nicht mehr alle ihre Elektronen aus der Hülle verloren haben. Die dichte des Sonnenplasmas ist nun gering genug, dass sich Strömungen ausbilden können. Plasma an der Grenze zu den heißeren, inneren Bereichen wärmt sich auf, verringert seine Dichte und kann dadurch aufsteigen. Weiter oben kühlt es ab, die Dichte wird wieder größer und es sinkt zurück in das heiße Innere der Sonne. So entsteht ein Kreislauf aus auf- und absteigendem Material, durch den die Energie das letzte Stück bis an die Sonnenoberfläche transportiert wird.

Im Durchschnitt dauert es so ungefährt 100.000 Jahre bis die im Kern der Sonne erzeugte Energie an ihre Oberfläche gelangt. Durch die vielen Kollisionen mit den Elektronen ist aus der hochenergetischen Gammastrahlung nun größtenteils normales, sichtbares Licht geworden. An der Oberfläche ist die Sonne deswegen auch nur noch knapp 6000 Grad heiß und keine 15 Millionen Grad mehr wie im Kern.

Die restliche Reise von 150 Millionen Kilometer bis zur Erde legt die Strahlung recht fix zurück. Im nun leeren Weltraum steht ihr nichts mehr im Weg und nach 8 Minuten ist sie bei uns angekommen. Natürlich nicht alles. Abgesehen davon, dass – wie gesagt – schon einiges unterwegs beim Strahlungstransport verloren gegangen ist, strahlt die Sonne ja auch nicht exklusiv in Richtung der Erde. Sie gibt ihre Energie in alle Richtungen ab und wir kriegen nur einen kleinen Teil davon. Im Durchschnitt sind das 1367 Watt pro Quadratmeter; allerdings auch nur außerhalb der Atmosphäre. Vieles davon wird noch an Wolken, Schnee und dem restlichen Material der Erdoberfläche reflektiert. Ist der Himmel klar, erreichen uns noch etwa 1050 Watt pro Quadratmeter. Wenn wir all diese Energie auch tatsächlich nutzen würde, wäre das aber trotzdem noch ziemlich viel…

Das läuft so seit etwa 4,5 Milliarden Jahren und es wird noch für 5 bis 6 Milliarden Jahre weiterhin so laufen. Auch wenn die Sonne 4 Millionen Tonnen ihrer Masse pro Sekunde verliert, hat sie doch noch ausreichend viel Wasserstoff übrig, um bis in die ferne Zukunft Energie zu produzieren.

Noch besser wäre es, wenn sie ein wenig kleiner wäre. Dann wäre sie zwar auch kühler, aber sie könnte viel, viel länger leuchten. In kleinen Sternen, den sogenannten roten Zwergen, wird ebenfalls Wasserstoff in Helium umgewandelt. Da die Temperaturen dort aber geringer sind, ist auch die Konvektionszone viel größer. Bei den Mini-Sternen reicht sie bis fast an den Kern selbst heran. Das bedeutet, dass hier der gesamte Stern regelmässig durchgemischt wird. Die Konvektionsströme bringen ständig frischen Wasserstoff tief in den Kern hinunter, wo er die Kernfusion am Laufen hält.

Bei der Sonne ist das anders. Hier kann nur der Wasserstoff für die Fusion verwendet werden, der sich im Kern befindet. Im Laufe der Zeit wird er verbraucht und immer mehr Helium sammelt sich an. Wie sich das auswirkt, habe ich in Folge 35 der Sternengeschichten ausführlich erklärt. Um Helium zu neuen Elementen zu fusionieren reichen die Temperaturen im Kern der Sonne nicht aus; erst wenn die Wasserstofffusion mangels Nachschub fast komplett zusammenbricht und die Sonne nun unter ihrem eigenen Gewicht kollabiert, wird auch das Helium stark genug aufgeheizt um fusionieren zu können. Diese Phase dauert aber – verglichen mit der gesamten Lebensdauer der Sonne – nicht allzu lange. Sie beendet ihr Leben als normaler Stern und wird zu einem roten Riesen und einem weißen Zwerg.

Kleinere Sterne können ihren Wasserstoff viel gründlicher und effektiver verbrauchen und tun das wegen der geringen Temperaturen auch noch langsamer. Darum können sie einige Billionen Jahre lang überleben; also hunderte Male länger als die bisherige Lebensdauer des gesamten Universum! Größer ist also nicht immer besser; das gilt auch für Sterne. Aber trotzdem will man vielleicht nicht unbedingt in der Nähe eines roten Zwergs leben. Und man müsste ihnen schon recht nahe kommen; da sie so schwach leuchten müsste ein Planet ihnen viel näher sein als die Erde der Sonne um ausreichend Energie für lebensfreundliche Temperaturen abzukommen. Das kann aber Probleme schaffen, denn rote Zwerge neigen zu enorm starken Aktivitätsausbrüchen. Die Bewegung des Plasmas beeinflusst auch die Stärke der Magnetfelder der Sterne und weil sich das Plasma bei roten Zwergen durch den ganzen Stern bewegt und nicht nur in einer schmalen Zone wie bei der Sonne können die Felder dort auch viel stärker werden. Es kann dort viel größere Sternflecken, Portuberanzen und Sternstürme geben und sie können ihre Helligkeit sehr schnell sehr stark ändern. Das mag zwar aus sicherer Entfernung recht nett aussehen; dort leben will man aber vielleicht nicht unbedingt.

Unsere Sonne ist also trotz ihrer vergleichsweise recht kurzen Lebensdauer ein recht angenehmer Stern der nicht nur so nett ist, schon seit Milliarden Jahren Energie für uns bereit zu stellen sondern das auch noch ein paar Milliarden Jahre lang tut ohne zwischendurch großartig Ärger zu machen. Und wenn wir irgendwann mal lernen, diese Energie auch vernünftig zu nutzen, steht uns vielleicht auch eine ebenso lange Zukunft bevor…

Kommentare (39)

  1. #1 Captain E.
    19. Februar 2016

    Energie für ein paar weitere Milliarden Jahre ohne Ärger? Schön wär’s ja, aber sollte uns unsere liebe, gute Sonne nicht “schon” in einer Milliarde Jahren dermaßen großzügig mit Energie beschenken, dass das Leben auf der Erde unmöglich werden wird?

  2. #2 SonnenKlar
    19. Februar 2016

    Wie groß ist denn die Konvektionszone in so hellen/heißen Sternen, wie zB Sirius A?

  3. #3 PDP10
    19. Februar 2016

    Schöne Serie zu den Grundlagen, die man gerne mal als Referenz weitergibt, aber:

    Zwei Sachen beim Transkript:

    “Ein paar tausend solcher Beinahe-Kollision übersteht das Elektron in 10-10 Sekunden [..]”

    Da sollte wohl ein 10hoch minus 10 stehen und

    “Es kann dort viel größere Sternflecken, Portuberanzen [..]”

    Ich dachte das heisst Protuberanzen. (Kommt noch an einer anderen Stelle im Text vor).

    Oder ist “Portuberanzen” Österreichisch für dasselbe? :-).

  4. #4 Klaus
    20. Februar 2016

    Die Sonne bestrahlt die Erde laut Beitrag um “1367 Watt pro Quadratmeter”.

    Was bedeutet das? Entspricht das knapp 14 herkömmlichen 100-Watt-Glühbirnen? Oder sind es knapp 46 30-Watt-Energiesparbirnen, also ein in der Summe ein viel helleres Licht?

    Wenn ich mir im Internet Vergleiche zwischen verschiedenen Leuchtmitteln ansehen, dann wird die Lichtleistung in Lumen angegeben, die Umrechnung in Watt ist je nach Art des Leuchtmittels völlig unterschiedlich.

    Warum wird bei der Sonne die Lichtleistung in Watt angegeben und nicht in Lumen? Was bedeuten 1367 Watt?

  5. #5 Alderamin
    20. Februar 2016

    @Klaus

    Die Sonne strahlt Schwarzkörperstrahlung aus und Glühlampen auch. Allerdings mit einer niedrigeren Temperatur. Halogen kommt noch am nächsten dran, aber so heiße Glühdrähte wie die Sonnenoberfläche gibt’s nicht. Daher endet bei Glühlampen mehr Anteil der Leistungen als unsichtbare Wärmestrahlung.

    Energiesparlampen strahlen Linienlicht ohne Infrarotanteil aus, das ist ganz anderes Licht. Die Glühbirne ist der bessere Vergleich zur Sonne.

  6. #6 Alderamin
    20. Februar 2016

    @Klaus

    Warum wird bei der Sonne die Lichtleistung in Watt angegeben und nicht in Lumen?

    Eben wegen der unsichtbaren Anteile Infrarot und UV, die bei der Leistung mitzählen, beim Lichtstrom nicht. Die Größe “Lumen pro Watt” gibt z.B. bei Lampen an, wieviel Strom als Licht endet und nicht als Wärme vergeudet wird. Da sind Energiesparlampen und LEDs ganz vorne.

    Was bedeuten 1367 Watt?

    Das ist die Gesamtleistung aller Strahlung, von Radiowellen bis Röntgenstrahlung, auf den Quadratmeter. Wenn man alles auffängt, erhält man pro Sekunde 1367 Joules an Energie. Joules pro Sekunde sind Watt.

  7. #7 Klaus
    20. Februar 2016

    Eben wegen der unsichtbaren Anteile Infrarot und UV, die bei der Leistung mitzählen, beim Lichtstrom nicht.

    Ich habe mir auch den Wikipedia-Artikel “Lumen” durchgelesen, aber ich verstehe ihn nicht. Erst wird das “Lumen” als SI-Einheit bezeichnet, danach wird aber über die Lichtempfindlichkeit des Menschen geschrieben. Das klingt für mich weniger nach einer wissenschaftlichen Einheit als vielmehr nach einer medizinischen Diagnose.

    Und Du unterscheidest jetzt auch zwischen sichtbaren und unsichtbaren Anteilen. Welche Frequenzen sichtbar sind und welche nicht, ist aber doch nicht Bestandteil der physikalischen Realität, sondern individuelle Eigenschaft von Lebewesen. Wie kann man daraus eine SI-Einheit definieren?

    Wir hatten früher Einheiten wie “Pferdestärke” (die Leistung, die zufällig mal ein für den Menschen als Arbeitstier wichtiges Lebenwesen erbracht hat) oder “Kilopond” (basierend auf der Anziehungskraft des Planeten, auf dem der Mensch zufällig lebt). Diese Einheiten sind zu Recht keine SI-Einheiten, denn sie beziehen sich auf spezifische Umstände des Lebewesens “Mensch”. In SI-Einheiten beschreiben wir die Realität, nicht die Wahrnehmung eines zufällig ausgewählten Beobachters.

    Ich habe auch andere Webseiten über das Lumen ergoogelt, zum teil wird da einfach nur mit festen Faktoren zwischen Watt und Lumen umgerechnet, manchmal werden irgendwelche normierten Kerzen genannt. Das klingt alles total unwissenschaftlich.

    Wie passt das “Lumen” in das Prinzip der SI-Einheiten?

    Oder gelten für einen Farbenblinden andere Lumen-Werte? Oder für eine Honigbiene?

  8. #8 Alderamin
    20. Februar 2016

    @Klaus

    Na ja, wenn man ein Maß dafür haben will, wie hell etwas erscheint, muss man zwangsläufig die spektrale Empfindlichkeit des menschlichen Auges (und nicht desjenigen der Honigbiene) zugrunde legen, es gibt ja physikalisch keinen Unterschied zwischen Licht und anderer elektromagnetischer Strahlung. Da hat man sich halt auf bestimmte Filterkurven geeinigt, die das Auge einigermaßen gut nachbilden und das ist dann die SI-Definition (des Candela).

    Das ist bei den Bel für die Lautstärke oder den Größenklassen für die Helligkeit von Sternen genau so. Oder bei Einheiten der biologischen Strahlenbelastung wie Sievert oder früher rem (“roentgen equivalent in man”). Weil man eben den Effekt auf den Menschen messen will.

  9. #9 TSK
    20. Februar 2016

    Welche Frequenzen sichtbar sind und welche nicht, ist aber doch nicht Bestandteil der physikalischen Realität, sondern individuelle Eigenschaft von Lebewesen. Wie kann man daraus eine SI-Einheit definieren?

    Zum einen ist die völlige Trennung einer “physikalischen Realität” nicht durchziehbar, denn das “außen” kann nur durch die Sinne wahrgenommen und durch das Gehirn interpretiert werden, es bleibt also *immer* eine menschliche Komponente.Was Du “physikalische Realität” nennst, sind immer geistige Konstruktionen von uns, mit denen wir die wahrgenommene Welt um uns (idealerweise so gut wie möglich) modellieren können.

    Diese Einheiten sind zu Recht keine SI-Einheiten, denn sie beziehen sich auf spezifische Umstände des Lebewesens “Mensch”.

    Was ist mit den anderen SI-Einheiten ? Meter ist der zigmillionste Teil des Erdumfangs, jetzt der 299 792 458. Teil des Weges von Licht in 1s. Wieso dieser komische Faktor ? *Weil* man ein für Menschen bequemes Maß haben wollte. Wieso ist Sekunde soundsoviel Milliarden Schwingungen eines Atoms ? Weil es am besten zu der babylonischen Einteilung 24*60*60 einer Erdumdrehung paßt. Alles SI-Einheiten.

    Die Kritik, das es sich um Einheiten der Sinneswahrnehmung handelt und damit keine intrinsischen Größen wurde tatsächlich öfters bemängelt. Ändert aber nichts daran, dass diese Einheiten wirklich gebraucht werden.

    Wenn Feinarbeiten ausgeführt werden sollen und der Chef meint, die 30 Watt Funzel reiche aus, weil ja genügend Watt/m^2 ausgestrahlt werden, dann braucht man eine klare Definition mit Lumen, was erlaubt ist. Genausowenig will der Pilot und das Kabinenpersonal übermäßiger Strahlung ausgesetzt werden und deshalb benutzt man das Sievert mit komischen Strahlungsfaktoren. Nicht zu vergessen das Dezibel, um den Nachbar mit der Stereoanlage freundlich daran zu erinnern, dass er zu laut ist.

    Übrigens gibt es “natürliche Einheiten”, die genau diese Konstanten vermeiden wollen, also Lichtgeschwindigkeit & Ladung & Wirkungsquantum als 1 definieren und Größen als Bruchteile angeben.

  10. #10 Klaus
    21. Februar 2016

    Ist denn das Energiesparen mit Energiesparlampen ein reines Hirngespinst? Ist das bloß eine optische Täuschung, basierend auf der mangelhaften Wahrnehmung des menschlichen Auges?

    Wenn ich eine herkömmliche Glühbirne ausschalte, dann ist sie immer noch heiß. Die Glühbirne hat also nicht sämtliche Energie in Strahlung umgesetzt. Wenn ich eine LED ausschalte, ist sie sofort kalt. Die hat also wirklich alle Energie in Strahlung umgesetzt. Das ist doch völlig unabhängig davon, ob ich diese Strahlung sehen kann oder nicht. Ich habe bisher gedacht, darum ginge es bei der Lichtmenge in Lumen: Um das, was die Birne tatsächlich an Strahlung abgibt im Gegensatz zu der Wärmeenergie, die die Glühbirne aufheizt und auch nach Ausschalten noch zurückbleibt.

    Wenn es bloß um die Wahrnehmung des Menschen geht, ist das dann nicht vergleichbar mit der Astrologie? Der Mond ist zwar immer da, aber wenn die von der Erde sichbare Seite von der Sonne beschienen wird, dann sehen wir Menschen ihn als Vollmond. Aufgrund unserer Wahrnehmung hat er dann einen Einfluß auf unser Leben. Darauf basieren Horoskope. Es geht nicht darum, was wirklich Realität ist, sondern darum, was wir Menschen wahrnehmen. Nach meinem bisherigen Kenntnisstand ist das unwissenschaftlich.

    So ähnlich, wie TSK es schreibt, habe ich bislang angenommen, daß unterschiedliche physikalische Einheiten nur noch historisch bedingt sind. Wenn wir erst mal das Rätsel, das wir “Feinabstimmung der Naturkonstanten” nennen, gelöst haben, dann reicht eine einzige Einheit, aus der wir dann alles andere ableiten können. Wir könnten die Planck-Einheiten verwenden und alle Naturkonstanten zu Eins definieren.

    Aber wenn wir in unseren Einheiten biologische oder medizinische Eigenarten des Lebewesens “Mensch” einfließen lassen, dann kann das doch niemals funktionieren, oder? Dann werden wir ewig um das Rätsel “Feinabstimmung” herumeiern und niemals zu einer Lösung kommen?

    Es passt nicht zusammen zu dem, was ich bisher über Wissenschaft und wissenschaftliche Methoden denke. Wie bekomme ich das wieder zusammen?

  11. #11 PDP10
    21. Februar 2016

    @Klaus:

    Wenn wir erst mal das Rätsel, das wir “Feinabstimmung der Naturkonstanten” nennen, gelöst haben, dann reicht eine einzige Einheit, aus der wir dann alles andere ableiten können.

    Ähm … nein.

    Es passt nicht zusammen zu dem, was ich bisher über Wissenschaft und wissenschaftliche Methoden denke. Wie bekomme ich das wieder zusammen?

    Indem du dich mal ein bischen schlau machst?

    ZB. was der Unterschied zwischen den Begriffen “physikalische Größe”, “Größenart”, “Dimension” und “Einheit” ist (interessanterweise hatte ich diese Diskussion neulich mit Alderamin …).

    Hier wird das alles sehr kompakt sehr gut erklärt:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Physikalische_Gr%C3%B6%C3%9Fe#Gr.C3.B6.C3.9Fenart

    Übrigens haben auch die Naturkonstanten ihre jeweilige Dimension (im physikalischen Sinne – der Begriff aus der Mathematik meint was anderes. Na ja, nicht komplett anders …).

    Das wird sich auch nicht ändern, wenn wir das Rätsel um die Feinabstimmung jemals lösen können.

    Das Menschengemachte an den physikalischen Grössen ist ihr jeweiliger Grössenwert.

    Das lässt sich auch nicht ändern weil das physikalische Grössen in Bezug zu unserer Alltagswahrnehmung, Tradtionen, Konventionen etc. setzt.

    Platt gesagt müssen wir uns halt irgendwie darüber verständigen, was wir meinen, wenn wir sagen “zum Martplatz sind es nur noch 500 Meter in die Richtung, dauert 15 Minuten bis dahin.”

    Hier sind zwei physikalische Grössen involviert mit den Dimensionen Länge und Zeit.
    Welchen Zahlenwert (sprich physikalischen Größenwert) man ihnen zuordnet ist reine Konvention.

    Das könnten im obigen Beispiel auch eine 1/3 Meile und ein Achtel Glasen sein.

  12. #12 PDP10
    21. Februar 2016

    Äh … Schei… Der Link auf den Wikipedia-Artikel sollte der hier sein:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Physikalische_Gr%C3%B6%C3%9Fe

  13. #13 Alderamin
    21. Februar 2016

    @Klaus

    Ist denn das Energiesparen mit Energiesparlampen ein reines Hirngespinst? Ist das bloß eine optische Täuschung, basierend auf der mangelhaften Wahrnehmung des menschlichen Auges?

    Nein! Es ist doch gerade der Witz, dass Energiesparlampen mehr Lumen pro Watt produzieren. Eine Glühlampe mit 20W und eine Energiesparlampe mit 20W brauchen genau den gleichen Strom, aber die Glühlampe strahlt einen Großteil davon als unsichtbare Wärmestrahlung ab, während die Energiesparlampe fast alles als sichtbares Licht abstrahlt und somit viel heller erscheint. Sie ersetzt damit eine 100 W Glühlampe.

    Wenn ich eine herkömmliche Glühbirne ausschalte, dann ist sie immer noch heiß. Die Glühbirne hat also nicht sämtliche Energie in Strahlung umgesetzt. Wenn ich eine LED ausschalte, ist sie sofort kalt. Die hat also wirklich alle Energie in Strahlung umgesetzt.

    Auch Wärme ist Strahlung, beide Lampen setzen alle Energie in Strahlung um, die Glühlampe nur eben nicht alles in sichtbares Licht. Die LED bleibt kalt, weil sie alle Energie in sichtbares Licht umsetzt, ein paar Linien im Roten, Grünen und Blauen. Die Glühlampe hat ein Schwarzkörperspektrum, davon ist das sichtbare Licht nur ein kleiner Ausschnitt.

    Wenn es bloß um die Wahrnehmung des Menschen geht, ist das dann nicht vergleichbar mit der Astrologie?

    Hallo? Mit Lumen misst man die Helligkeit des sichtbaren Lichts, und sag’ mir mal, wie man “sichtbar” definieren soll, ohne die spektrale Empfindlichkeit des Auges zugrunde zu legen. Die hohen Lumen pro Watt der Energiesparlampe zeigen doch gerade, dass die Angabe Watt völlig ungeeignet ist, die Helligkeit der Lampe anzugeben. Nur für den Stromverbrauch ist sie wichtig.

    Aber wenn wir in unseren Einheiten biologische oder medizinische Eigenarten des Lebewesens “Mensch” einfließen lassen, dann kann das doch niemals funktionieren, oder? Dann werden wir ewig um das Rätsel “Feinabstimmung” herumeiern und niemals zu einer Lösung kommen?

    Was soll nicht funktionieren? Man definiert die Einheiten nicht auf der Grundlage einzelner Personen, sondern man einigt sich einfach auf eine Transmissionskurve, die der Wahrnehmung des Auges ungefähr entspricht. Diese Kurve wird dann zur Eichung festgeschrieben und das wars. Das ist völlig eindeutig.

    Es passt nicht zusammen zu dem, was ich bisher über Wissenschaft und wissenschaftliche Methoden denke. Wie bekomme ich das wieder zusammen?

    Nachdenken, fragen und lernen.

  14. #14 PDP10
    21. Februar 2016

    @Klaus, Alderamin:

    Die hohen Lumen pro Watt der Energiesparlampe zeigen doch gerade, dass die Angabe Watt völlig ungeeignet ist, die Helligkeit der Lampe anzugeben. Nur für den Stromverbrauch ist sie wichtig.

    Ich musste grade kurz hintereinander zwei Deckenlampen in meiner Wohnung neue Birnen spendieren weil die Glühlampen die da verschraubt waren innert zwei Tagen beide puuuf gemacht hatten.

    Ich bin dann losgedackelt und hab mir einen Doppelpack LED Lampen gekauft mit der passenden E27 Fassung.
    Auf der Packung stand: Leistung 9 Watt, Lumen: 800 (was in etwa der Helligkeit einer 60 bis 70 Watt Glühbirne entspricht), Farbtemperatur 2700 K°.

    Wenn die Daten auf der Packung halbwegs korrekt sind, habe ich also die gleiche Helligkeit wie bei einer Glühbirne bei 1/6 bis 1/7 des Stromverbrauchs (in erster Näherung I = P / U).

    Das nur als kleines Rechenbeispiel aus der Praxis …

    PS: Ich muss sagen, bei der LED Technik hat sich in wenigen Jahren wirklich viel getan! Das Licht ist in der Farbe bei den beiden Teilen fast nicht von einer Glühbirne zu unterscheiden und die Dinger sind wirklich schön hell, bleiben Kalt und wenn die Leistungsangabe wirklich stimmt, stinkt dagegen alles ab, was wir früher als “Energiesparlampe” bezeichnet haben …

  15. #15 Klaus
    21. Februar 2016

    Ich glaube, ich habe das jetzt verstanden. Der Knackpunkt waren aber nicht der Unterschied zwischen Dimensionen und Einheiten, wie von PDP10 geschrieben. Daß Meter und Sekunde recht willkürlich definiert sind, das war klar. Das meinte ich ja auch, als ich vorhin schrieb, daß wir alle Naturkonstanten zu Eins definieren könnten und dann damit rechnen würden. Wenn wir die Einheit Meter zugunsten der Sekunde aufgeben würden, dann wären es zum Marktplatz nicht 500 Meter, sondern 1,5 Mikrosekunden (ein Meter sind ungefähr 3 Nanosekunden). Man könnte auch noch die Sekunde zugunsten der Planck-Zeit aufgeben.

    Mein Verständnisproblem war in der Abhängigkeit von Lebewesen. Das ist bei Meter und Sekunde nicht der Fall. Ein Meter und eine Sekunde sind unabhängig von unserer Wahrnehmung. Wir definieren den Meter nicht neu, weil die Menschen jetzt größer sind als noch vor 200 Jahren. Oder weil wir den Erdumfang jetzt genauer messen können. Diese Einheiten sind unabhängig von Lebewesen und ihrer Wahrnehmung.

    Der Groschen ist bei mir gefallen bei dem Satz von Alderamin “Man einigt sich einfach auf eine Transmissionskurve”. In der Definition des Lumen steckt also gar keine Biologie mehr drin, sondern bloß noch eine abstrakte Kurve. Wenn der Mensch in Zukunft (durch irgendeine Genmutation) ein erweitertes Farbspektrum wahrnehmen könnte, würden die Lumen-Werte sich nicht ändern. Denn sie basieren auf der abstrakten Kurve und nicht auf der Wahrnehmung der jeweils lebenden Menschen.

    So passt das dann wieder zu meinem Verständnis über Wissenschaft und wissenschaftlichen Methoden.

  16. #16 Klaus
    21. Februar 2016

    Ich habe in dieser Diskussion auch etwas über Energiesparlampen gelernt. Eigentlich geht es doch um eine optische Täuschung, allerdings eine, die für den Menschen sinnvoll ist.

    Alderamin schrieb “Die LED bleibt kalt, weil sie alle Energie in sichtbares Licht umsetzt, ein paar Linien im Roten, Grünen und Blauen.”

    Eine LED-Lampe bedient mich also mit genau den Frequenzen, auf denen mein Auge seine Hauptempfindlichkeiten hat. Kann es dann sein, daß mein Wohnzimmer für mich als Mensch total hell ist, und mein Hund hockt in Dunkelheit? Oder irgendein anderes Tier?

  17. #17 Alderamin
    22. Februar 2016

    @Klaus

    Ich kenne mich mit dem Gesichtssinn der Hunde nicht so gut aus, aber sie sehen, glaube ich, keine Farben und haben Augen, die im Dunklen besser sehen als unsere. Wir haben ja zweierlei Lichtrezeptoren im Auge, lichtempfindliche Stäbchen, die nur schwarz-weiß sehen, und farbempfindliche Zapfen. Vielleicht hat der Hund nur Stäbchen. Die spektrale Helligkeitsempfindung ist bei den Zellarten etwas verschieden, also würde es auch eine passende Lumen-Definition sein.

    Völlig verschieden wird der Gesichtssinn nicht sein, erstens, weil alle Säugetiere untereinander verwandt sind, und zweitens, weil sich die Augen an das verfügbare Sonnenlicht und die Durchlässigkeit der Atmosphäre angepasst haben.

    Schlangen können, glaube ich, etwas Infrarot sehen und Vögel etwas Uktraviolett, die haben sogar Zapfen für 4 Grundfarben. Aber ihre Spektralbereiche überlappen sich mit unseren.

  18. #18 Kyllyeti
    22. Februar 2016

    Hunde können Farben sehen, haben allerdings nur zwei Typen von Zapfen (‘blau’ / ‘grün’) – wie die meisten Säugetiere.
    Der Mensch und verwandte Primaten haben drei Arten von Zapfen (zus. ‘rot’).
    Bei den meisten anderen Wirbeltieren sind aber vier Typen der Standard – die sind also besser ausgestattet als wir Affen.

  19. #19 Alderamin
    22. Februar 2016

    @Kyllyeti

    Danke!

  20. #20 Ingo
    22. Februar 2016

    > Auch Wärme ist Strahlung, beide Lampen setzen alle Energie in
    > Strahlung um, die Glühlampe nur eben nicht alles in sichtbares Licht

    Gibt es nicht neben der Strahlungswaerme auch die Konvektionswaerme (=Bewegung der Molekuele), die zwar ueber kurz oder lang in Form von EM-Wellen (meistens Infrarot) abgestrahlt wird,- aber zunaechst einmal da ist?
    Bei der Gluehbirne muesste ein wesentlicher Teil der Energie auch ueber Konvektion direkt abgefuehrt werden,- und so nur indirekt der Strahlung zugeordnet werden koennen.
    Deswegen ist die Gluehbirne einfach noch sehr heiss, wenn sie ausgeschaltet wird. Es dauert einfach bis die Konvektionswaerme abgestrahlt, oder an die Luft weitergegeben wurde.

    (Aber klar: Die LED produziert ihr Licht “gezielt” fuer das menschliche Auge, und laesst UV und IR-Strahlung einfach weg)

  21. #21 Alderamin
    22. Februar 2016

    @Ingo

    Gibt es nicht neben der Strahlungswaerme auch die Konvektionswaerme (=Bewegung der Molekuele), die zwar ueber kurz oder lang in Form von EM-Wellen (meistens Infrarot) abgestrahlt wird,- aber zunaechst einmal da ist?

    Das mag sein. In den Glühlampen ist Schutzgas, das Wärme vom Draht abführt und ein Teil der Strahlung bleibt im Glas der Birne stecken (Glas ist für IR weniger durchlässig als für Licht, so funktionieren ja auch Treibhäuser) und der wird dann über Konvektion und Abstrahlung in anderen Frequenzen abgeführt, bis ein Temperaturgleichgewicht erreicht ist (einkommende Strahlungsleistung = abfließende).

    Ich habe allerdings keine Ahnung, ob wir da von 0,1%, 1% oder 10% der Gesamtleistung reden.

  22. #22 Matthias Wolf
    28. Februar 2016

    Bitte um Entschuldigung für den Cross Post (ich habe das bei SG168 auch eingestellt, aber nachdem schon die Fortsetzung da ist, wird das ev. nicht gelesen)

    Ich muss nämlich wieder einmal Widerspruch anmelden. Natürlich nicht bei der Fusion als solcher, aber bei ihrer Darstellung als stellare Energiequelle.

    Denn Fusion kommt ja, ganz wie Florian beschreibt, nur zustande, weil so enorme Drücke und Temperaturen im Kern herrschen, und die sind das Endresultat des Kollaps einer Gaswolke unter der eigenen Gravitation (›Fahrradpumpe‹). Ohne sie würde der Stern einfach immer weiter kollabieren, Druck und Temperatur würden einfach weiter steigen, das Gas würde immer stärker glühen und die umgewandelte potenzielle Energie abstrahlen. Kurz gesagt: der Stern würde immer kleiner und heißer. Gäbe es keine Fusion, würde die Gaswolke ohne Umweg über die Hauptreihe im HR-Diagramm direkt zum weißen Zwerg zusammenfallen (im wahrsten Wortsinn).

    Dass Fusion einsetzt, /bremst/ diesen Vorgang lediglich, indem abgestrahlte Energie auf einmal durch umgewandelte Masse ersetzt wird. So betrachtet verhindert die Fusion die schnellere Kontraktion und die damit verbundene Aufheizung; überspitzt könnte man sagen, sie /kühlt/ den Stern.

    Aber die eigentliche Energiequelle ist der Gravitationskollaps der Sternmasse, nicht die Fusion in seinem Inneren.

  23. #23 Captain E.
    29. Februar 2016

    Na, wenn das nicht mal wieder eine ganz , ganz steile These ist! Aber Butter bei die Fische: Wie viel Energieabstrahlung eines Sternes stammt von der im Innern ablaufenden Kernfusion und wie viel von der vom Gravitationskollaps? Es geht dabei um die Größenordnungen, und da dürfte die Fusion weit vorne liegen.

  24. #24 Matthias Wolf
    1. März 2016

    Nein, Captain E, das ist keine ›ganz, ganz steile These‹, das ist Lehrbuch-Astrophysik.

    Und das kannst Du Dir auch ganz einfach klar machen, ohne Mathematik (aber auch die hält): wer hält den Druck für die Fusion aufrecht?

  25. #25 Alderamin
    1. März 2016

    @Matthias Wolf

    Aber die eigentliche Energiequelle ist der Gravitationskollaps der Sternmasse, nicht die Fusion in seinem Inneren.

    So betrachtet könnte man auch sagen, die eigentliche Energiequelle im Motor ist der Zylinder, nicht das Benzin. Denn ohne Zylinder würde die Verbrennung keinen Druck aufbauen und das Auto nicht antreiben können.

    So besehen: ja. Aber eigentlich nicht. Die Energiequelle im Stern ist die Umwandlung von Materie in Energie, denn die Fusionsprodukte sind leichter als die Ausgangsstoffe, darin steckt ein Vielfaches der kinetischen Energie aus der Kontraktion. Der Gravitationskollaps sorgt selbstverständlich für den nötigen Druck und die Zündtemperatur der Fusion; wenn diese nicht zündet, kommt nur ein lichtschwacher Brauner Zwerg heraus (die speisen sich nämlich wirklich nur aus der Kontraktion, bis auf ein wenig Deuteriumfusion). Zündet sie, dann baut sie eine Temperatur und einen Strahlungsdruck auf, die den Stern so lange stabil halten, wie die verschiedenen Fusionsketten unter den geeigneten Temperaturen und Drücken noch einen dem Gewichtsdruck der Sternhülle entsprechenden Strahlungsdruck aufbauen können. Dazu kontrahiert der Stern im Inneren gegebenenfalls (langsam und zunehmend bei der Wasserstoffusion, rasch beim Zünden des Heliums und anderer Fusionsarten), wenn die vorhergehende Fusionskette nachlässt und höhere Temperaturen für die nächste erforderlich sind. Es stellt sich stets ein Gleichgewicht aus Strahlungsdruck und Gewichtsdruck ein, und der Stern ist so vorübergehend stabilisiert.

    Am Ende kontrahiert entweder der Kern und die Atmosphäre wird weggeblasen (weißer Zwerg), oder der Kern kollabiert und die Hülle wird gezündet (Supernova).

  26. #26 Joker
    1. März 2016

    @ Matthias Wolf

    Muss ich aus ihren Aussagen schließen, dass in einer Gaswolke aus Wasserstoffatomen oder – molekülen eine wesentlich höhere potenzielle Energie steckt, als in einer mit ähnlicher Masseverteilung, aber aus schwereren Elementen bestehenden Wolke?

    Wenn ich Sie richtig verstehe, würden oder könnten ja beide Wolken in einem ähnlichen Zustand enden, einem weißen Zwerg. Im ersten Fall, der Wasserstoffwolke, würde aber zwischenzeitlich (mehrere Jahrmilliarden) noch einiges, laut Ihnen: aus der potenziellen Energie, in Strahlungsenergie umgewandelt.

  27. #27 Matthias Wolf
    1. März 2016

    Alderamin, Joker: Das sind ganz richtige Einwände!

    Ich argumentiere weiter bei SG 168 (https://bit.ly/1Rj6lOu), aber ich glaube, unterm Strich sind wir einig.

  28. #28 Captain E.
    1. März 2016

    Sind wir das tatsächlich? Du gibst also zu, dass die “Lehrbuch-Astrophysik” der Kernfusion den entscheidenden Anteil am Energieausstoß eines Sterns zuweist?

  29. #29 Matthias Wolf
    1. März 2016

    Am über die Lebensdauer kumulierten, ja.

    Aber die Frage, um die es genauso geht ist: ›wie wurde der Stern überhaupt so heiß?‹, und dafür ist ›meine‹ (ist natürlich nicht meine) Betrachtungsweise die richtige. Das wird aber selten getrennt, und so entsteht das unzutreffende Bild ›der Stern ist heiß, weil Fusion drin stattfindet‹.

    Bitte weiter auf SG 168: https://bit.ly/1Rj6lOu

  30. #30 Krypto
    1. März 2016

    @Matthias Wolf:
    Es ist ganz leicht, zu sagen:
    “danke für die Info, da lag ich wohl daneben”.
    Du liegst nämlich mit Deiner Ansicht falsch. 😉

  31. #31 Matthias Wolf
    1. März 2016

    Ryan, S.G., Norton, A.J. ›Stellar Evolution and Nucleosynthesis‹, Cambridge University Press, 2010, ISBN 978-0-521-13320-3, https://www.cambridge.org/9780521133203

    Ch. 2.6 Why are Stars hot? Putting fusion in its place:

    »Stars are hot because they have collapsed from large diffuse cloud, and gravitational potential energy has been converted to kinetic energy. That is why stars are hot. The role of nuclear fusion is to delay the collapse for long enough that planets, human life and astrophysics courses could develop.«

    Deine Quelle?

    Überhaupt, Krypto: hättest Du vor Deiner sarkastischen Häme bei SG168 weiter gelesen, wie ich bereits 2x hingewiesen habe,hättest Du Dir glatt eine Blamage ersparen können. Beim Tennis heißt so etwas unforced error.

    Service, extra für dich, hier zum 3.mal der Link zu SG168: https://bit.ly/1Rj6lOu

  32. #32 Krypto
    1. März 2016

    @Matthias Wolf:
    Deine Antwort und Wortwahl belegen meine Vermutung recht deutlich.
    Schlag ruhig weiter um Dich, ich bin raus aus der Diskussion.

  33. #33 Matthias Wolf
    1. März 2016

    ›Um mich schlagen‹? Wortwahl? Geht’s noch? (*kopfschüttel*)

    Danke für’s Rausgehen.

  34. #34 Captain E.
    2. März 2016

    Matthias Wolf, mit derselben Argumentation könntest du behaupten, dass bei einer Wasserstoffbombe die Energie aus der Kernspaltung des enthaltenen Plutoniums stammt und der fusionierende Wasserstoff die Bombe kühlen würde. Das wäre aber genau so falsch.

  35. #35 Matthias Wolf
    Wien
    2. März 2016

    Captain: Wenn man die abgegebene Energie über die Zeit kumuliert, ist die fast ausschließliche Quelle die Fusion, das habe ich schon längst zugestanden und klargestellt (sogar mehrfach).

    Aber: dass der Stern überhaupt so heiß wird, dass Fusion einsetzt, dafür ist die Kontraktion verantwortlich (das ist nicht wie bei der chemischen Verbrennung, wo die Zündtemperatur unter der Brenntemperatur liegt.) Die Fusion hält dann ›nur‹ die Temperatur aufrecht (in dem Sinn, dass sie weitere /Erhitzung/ hinaus zögert).

    Also ist die Energiequelle der A̲u̲f̲h̲e̲i̲z̲u̲n̲g̲ die Kontraktion und die damit verbundene Freisetzung der potentiellen Energie der Gaswolke (siehe nochmal #31). Die beiden sollte man auseinander halten, wenn man von ›der Energiequelle‹ pricht (was ich anfangs auch nicht getan habe, woraus das Missverständnis sich ergab. Du vermischst das anscheinend immer noch.)

    Der Vergleich mit der Wasserstoffbombe hinkt etwas in zweierlei Hinsicht: erstens entspricht meine Aussage in dem Bild der Tatsache, dass mit der Kernspaltung die Zündtemperatur erreicht wird (und das ist richtig) und nicht der, dass die Gesamtenergie aus der Spaltung kommt. Und zweitens, aber das nur am Rande, ist eine Wasserstoffbombe so weit entfernt vom hydrostatischen Equilibrium, wie ein gebautes Gerät nur sein kann – im Gegensatz zu einem Hauptreihenstern (der sich praktisch darin befindet, bis er die Hauptreihe verlässt).

  36. #36 Captain E.
    2. März 2016

    Werden wir jetzt persönlich, Matthias? Oder warum wirfst du mir vor, ich würde da anscheinend etwas vermischen?

    Halten wir doch mal eines fest: Eine unter dem Einfluss ihrer eigenen Masse kontrahierende Gaswolke heizt sich auf, bis immer mehr Wasserstoffatome (bei teilweise Umwandlung der Protonen in Neutronen) zu Helium fusionieren. Das ist aber eine wohlbekannte Tatsache, und daher verstehe ich wirklich nicht, wieso du darauf herumreitest. Und wie ich im anderen Beitrag kommentiert habe, hast du dabei noch die Auswirkung des Drucks vernachlässigt.

    Also, genauer: Eine unter dem Einfluss ihrer eigenen Masse kontrahierende Gaswolke heizt sich auf und erzeugt im Inneren einen immer höheren Druck, bis immer mehr Wasserstoffatome zu Helium fusionieren. Durch den Massedefekt bei dieser Verschmelzung werden erhebliche Energiemengen freigesetzt, die sich über Jahrtausende durch das Innere der entstandenen Sonne ausbreiten, bis sie die Oberfläche erreichen und mit Lichtgeschwindigkeit abgestrahlt werden. Zugleich wirkt der so entstehende Strahlungsdruck der Gravitation entgegen und verhindert eine Zeitlang (bis der Wasserstoff im Kern der Sonne zur Neige geht) eine weitere Kontraktion. So weit alles klar? Ich gehe davon aus, dass die meisten regelmäßigen Leser dieses Blogs das alles aber schon lange gewusst haben.

  37. #37 Matthias Wolf
    2. März 2016

    Also, die Feststellung, dass Du etwas vermischst ist, kein Vorwurf. Ich mache darauf aufmerksam.

    »Also, genauer: Eine unter dem Einfluss ihrer eigenen Masse kontrahierende Gaswolke heizt sich auf und erzeugt im Inneren einen immer höheren Druck, bis immer mehr Wasserstoffatome zu Helium fusionieren«

    Nein, das ist nicht ganz so: die Fusion setzt schlagartig ein, wenn der kritische Druck erreicht ist, und dann bleiben Druck und Fusionsrate konstant. (Der Stern ist im hydrostatischen Equilibrium.)

    Dann ›erklärst‹ Du mir ein weiteres mal, was ich schon längst außer Streit gestellt habe – wozu?

    Nicht ich reite auf etwas herum, sondern Du: nämlich auf der *Gesamtenergiemenge* (die längst unstrittig ist) – wieder: wozu? Dabei machst Du genau die Vermischung, auf die ich Dich aufmerksam mache: ›die Energiequelle‹ ist unklar: Energiequelle der abgestrahlten Gesamtmenge oder Energiequelle der Aufheizung? Genau das ist die Vermischung.

    Ich bezweifle stark, dass den meisten Lesern der Zusammenhang explizit bekannt war, dass die Fusion eine Aufheizung /verhindert/, und ich finde, das ist ein erwähnenswerter Aspekt. (Wenigstens ein Posting hat das ja auch bestätigt.)

  38. #38 Matthias Wolf
    2. März 2016

    @Alderamin: die Gleichung für das Hydrostatische Gleichgewicht ist:

    Tc ∝ Mµ/R

    Tc … Kerntemperatur
    M … Masse
    µ … Metallizität
    R … Radius

    Sonst geht da nichts ein. Der Gedankengang: wir wissen, dass der Hauptreihenstern *sehr*, sehr nahe beim h.E. arbeitet. Wir wissen auch, dass der Protostern sehr nahe am h.E. zusammenfällt. Das Eine geht ins andere über, und der Stern ist geboren (Beim Übergang wird’s schon ein paar Oszillationen geben, aber der gezündete Stern leuchtet nicht auf, oder? Das müsste er aber.)

  39. #39 Matthias Wolf
    2. März 2016

    (Schon wieder ein Irrläufer, ‘tschuldigung bitte. Das gehört zu SG168.)