“am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel”, heißt es im Apostolischen Glaubensbekenntnis der römisch-katholischen Kirche. Auferstanden und aufgefahren soll natürlich Jesus Christus höchst selbst sein und stattgefunden hat die Fahrt in den Himmel 40 Tage nach Ostern; also heute (bzw. genau genommen heute, aber früher (bzw. ganz genau genommen gar nicht)), weswegen der gerade stattfindende Feiertag ja auch Christi Himmelsfahrt heißt. Wie ihr den freien Tag nutzt weiß ich nicht – hier in Thüringen spaziert man jedenfalls traditionell durch die Wälder und betrinkt sich dabei (vermutlich ganz ohne theologische Rechtfertigung). Da ich morgen aber arbeiten muss, setze ich beim Freiluftbesäufnis diesmal aus und schreibe lieber einen kurzen Text über die eigentliche Bedeutung der Ascensio, wie die Himmelfahrt in der Sprache der Kirche ja offiziell heißt.
Mich interessiert aber nicht irgendeine Aszension, sondern die “rechte”. Es geht um die Rektaszension, die allen schon mal begegnet ist, die sich mit der Beobachtung des Himmels beschäftigt haben. Wie man die Position von Objekten am Himmel angibt, habe ich früher schon recht ausführlich erklärt. Es gibt jede Menge mögliche Koordinatensysteme für die verschiedensten Anwendungen. Am häufigsten ist aber dasjenige, bei dem jedem Himmelskörper zwei Zahlen zugewiesen werden: Rektaszension und Deklination. Die spielen im wesentlichen die Rolle, die die geografische Länge und Breite auf der Erde spielen. Während Länge und Breite den Abstand zum Nullmeridian in Greenwich und zum Äquator messen, müssen wir uns bei der Rektaszension auf den Himmelsäquator konzentrieren.
Der Himmelsäquator ist der auf den Himmel projizierte Äquator der Erde. Stellen wir uns vor, wir befinden uns in der brasilianischen Stadt Macapá. Nachdem wir uns die Citadelle – offensichtlich eine von zwei lokalen Sehenswürdigkeiten – angesehen haben, können wir zur zweiten Sehenswürdigkeit spazieren: Dem Zero-Monument, das die Position des Äquators markiert, der genau durch die Stadt verläuft. Sollten wir eine Stelle mit freiem Blick auf den Horizont finden, dann würden wir feststellen, dass er den Himmelsäquator genau im rechten Winkel schneidet. Und nachdem wir das festgestellt haben, können wir die Sterne betrachten die in der – hoffentlich – klaren Nacht aufgehen und sich über den Himmel bewegen. Am Äquator tun sie das in einer geraden Linie, direkt vom Horizont nach oben über unseren Kopf hinweg und dann wieder zurück bis zum Untergang. Das ist nicht überraschend: Die Sterne bewegen sich ja nicht wirklich; es ist die Drehung der Erde um ihre Achse die die scheinbare Bewegung der Himmelskörper verursacht.
Stünden wir genau am Nord- oder Südpol, würden wir sehen können, wie sich die Sterne alle parallel zum Horizont bewegen und weder auf- noch untergehen. Zum Glück sind wir aber im warmen Brasilien und sehen hier am Äquator jeden Stern auf- und untergehen und zwar in rechtem Winkel zum Horizont. Der Aufstieg der Gestirne erfolgt also gerade. Oder wie man früher gesagt hat: Es handelt sich um eine ascension recta. Eben die Rektaszension.
In der modernen Astronomie bezeichnet die Rektaszension einen Winkel der vom Frühlingspunkt aus entlang des Himmelsäquators bis zum Fusspunkt unter dem Sterns gemessen wird. Der Frühlingspunkt ist der Nullpunkt des Koordinatensystems; es handelt sich um den Schnittpunkt zwischen Himmelsäquator und der Ekliptik, also der scheinbaren Bahn der Sonne um die Erde (die der realen Bahn der Erde um die Sonne entspricht). Vereinfacht gesagt: Wenn man einen Stern betrachtet, dann ist des Höhe über dem Himmelsäquator seine Deklination. Zieht man vom Stern einen Kreisbogen nach unten der im rechten Winkel auf dem Himmelsäquator trifft und misst den Abstand von diesem Punkt zum Frühlingspunkt, erhält man die Rektaszension.
Alles ganz einfach, oder? Auf jeden Fall viel einfacher als die christliche Theologie mit den lebenden Toten die zwischen Himmel und Erde herum sausen ohne vorab vernünftige Koordinatensystem zu entwickeln!
Kommentare (22)