40 Lichtjahre von der Erde entfernt befindet sich der Planet LHS 1140b. Er ist etwa 1,4 Mal so groß wie die Erde und sieben Mal schwerer, also eine “Supererde”. Er befindet sich in der habitablen Zone um seinen Stern, also dem Bereich in dem theoretisch flüssiges Wasser existieren könnte. Er ist “Der beste Kandidat für die Suche nach Leben”, wie Eurpäische Südsternwarte anlässlich der Entdeckung behauptet. Es ist der “spannendste Planet, der mir in den vergangenen Jahrzehnten untergekommen ist”, sagt Astronom Jason Dittmann der an der Entdeckung beteiligt war (Fachartikel (pdf)). Das klingt alles beeindruckend – aber wie das (derzeit noch) immer bei den Entdeckungen extrasolarer Planeten ist, haben wir keine Ahnung, wie die Bedingungen dort wirklich sind.

"Künstlerische Darstellung: ESO/spaceenginge.org

“Künstlerische Darstellung: ESO/spaceenginge.org

LHS 1140b umkreist einen roten Zwerg, also einen kühlen Zwergstern. Diese Art von Sternen stellt die überwiegende Mehrheit der Sterne im Universum; es sind aber auch Sterne, die nicht unbedingt lebensfreundliche Bedingungen bieten. Unter anderem deswegen, weil diese Sterne zwar kühl sind, aber eine sehr starke Aktivität aufweisen. Es gibt stärkere und größere Protuberanzen als zum Beispiel bei unserer Sonne und sie sind viel häufiger. Die Planeten selbst müssen einem roten Zwerg auch viel näher sein als die Erde der Sonne um halbwegs angenehme Temperaturen auf ihrer Oberfläche aufweisen zu können und sind dieser stärkeren Aktivität daher auch stärker ausgesetzt.

Von LHS 1140b sind die Astronomen deswegen so begeistert, weil der zugehörige rote Zwerg sich langsamer dreht als solche Sterne es normalerweise tun. Deswegen ist auch seine Aktivität geringer. Wenn der Planet eine Atmosphäre hat und wenn es die richtige Art von Atmosphäre ist und wenn es dort Wasser gibt und wenn noch ein ganzer Haufen anderer Bedingungen erfüllt sind über die wir jetzt noch absolut nichts sagen können: Dann könnte die geringe Sternaktivität vielleicht die Entstehung von Leben begünstigen oder zumindest nicht aktiv verhindern.

Die Wissenschaftler vergleichen LHS 1140b mit anderen, ähnlichen Entdeckungen: “Um in Zukunft Planeten in der habitablen Zone zu analysieren, könnte sich das System LHS 1140 als ein noch wichtigeres Ziel erweisen als Proxima b oder TRAPPIST-1.” Erst vor wenigen Wochen gab es ja die Entdeckung der sieben Planeten von TRAPPIST-1 die die Spekulationen bei der Suche nach außerirdischem Leben angeheizt haben. Aber – weil eben auch diese Planeten einen roten Zwerg umkreisen – das Problem der kosmischen Strahlung bleibt. Die Erde ist durch ihren Abstand von der Sonne, ihre Atmosphäre, ihr Magnetfeld und die relativ geringer Aktivität der Sonne halbwegs gut geschützt. Wir kriegen zwar einiges von der kosmischen Strahlung ab, aber nicht so viel als dass Leben auf dem Planeten unmöglich wäre.

Sieben fremde Welten bei TRAPPIST-1... Credit: NASA/R. Hurt/T. Pyle

Sieben fremde Welten bei TRAPPIST-1… Credit: NASA/R. Hurt/T. Pyle

Damit sind wir wesentlich besser dran als die Planeten von TRAPPIST-1 und auch besser als der letztes Jahr entdeckte Planet des sonnennächsten Sterns Proxima Centauri b. Der befindet sich zwar auch in der habitablen Zone, leidet aber ebenfalls unter der Aktivität seines roten Zwergsterns. Wie stark, das haben russische Wissenschaftler kürzlich untersucht (“Cosmic Rays near Proxima Centauri b”). Alexei Struminsky und seine Kollegen haben die Aktivität von Proxima Centauri modelliert und mit der der Sonne verglichen. Dabei haben sie festgestellt, dass die kosmische Strahlung die von anderen Sternen zu Proxima b kommt, fast keine Rolle spielt. Eben weil der Planet seinem Stern so nahe ist, wird er durch dessen Sternwind von der galaktischen kosmischen Strahlung quasi abgeschirmt. Die kosmische Strahlung die von Proxima Centauri kommt kann dagegen 3 bis 4 mal größer sein als im Sonnensystem.

Kurz gesagt: Der Weltraum ist ein hartes Pflaster. Es reicht nicht, einfach nur einen “erdähnlichen” Planeten zu entdecken. Die Bedingungen können trotzdem ganz anders und viel lebensfeindlicher sein als wir uns vorstellen. Wir müssen in jedem Fall auch immer die Sterne untersuchen. Und das ist knifflig: Die Aktivität unserer Sonne können wir recht gut beobachten, weil wir die Protuberanzen und die von der Aktivität verursachten Sonnenflecken auf ihrer Oberfläche direkt sehen können. Bei anderen Sternen ist das schwierig: Wir sehen sie nur als Lichtpunkte. Es gibt natürlich Methoden, wie man trotzdem auf die Aktivität schließen kann. Aber es wird noch einige Zeit dauern, bis wir ein wirklich umfassendes Bild der Planeten UND ihrer Sterne haben. Wirklich verlässliche Aussagen über die Lebensfreundlichkeit anderer Planeten werden wir erst dann haben, wenn wir nicht nur andere Planeten sondern andere Sonnensysteme entdecken. Wir müssen alles kennen, was sich dort erforschen lässt: Alle Planeten die einen anderen Stern umkreisen, all die Asteroiden und Kometen, die Monde der Exoplaneten, den Stern und sein Magnetfeld, die Magnetfelder der Planeten, und so weiter. Planeten sind keine isolierten Objekte sondern Teil eines komplexen Systems. Und erst wenn wir diese Komplexität auch anderswo erforschen können, werden wir wirklich wissen, ob wir anderswo auch mit Leben rechnen können.

Kommentare (15)

  1. #1 Konni Scheller
    Forchheim, Ort des guten Bieres
    24. April 2017

    Das Universum ist eben eine Scheißgegend.

  2. #2 RPGNo1
    24. April 2017

    Sehr viele “wenns”. Trotzdem bleibt die Suche nach erdähnlichen, eventuell bewohnbaren Exoplaneten spannend. Was man in den letzten paar Jahren diesbezüglich herausgefunden hat, konnte sich man in meiner Kindheit- und Jugendzeit nur schwerlich vorstellen.

  3. #3 Wizzy
    24. April 2017

    Wenn es nur um Leben geht und nicht um höheres Leben: Die reine kosmische Strahlung (bei lebensfreundlicher Temperatur) praktisch egal welcher Sonne ist Deinococcus radiodurans mal so was von egal. Das hat eine 50%-Überlebensrate von 10000 Gray Strahlungsdosis und einzelne D.R.-Individuen überleben 17500 Gray, während die Mehrheit der Menschen bei 10 Gray mausetot ist. Und das auf der Erde, wo so ein Viech evolutiv eigentlich gar nicht die Probe aufs (extreme) Strahlungs-Exempel machen kann.

  4. #4 loffti61
    Kingscross
    24. April 2017

    Wie unglaublich schön ist die Vorstellung, dass es bewohnbare Planeten , in, nach heutigen Gesichtspunkten, niemals erreichbaren Sonnensystemen gibt. Das ist und bleibt das Problem der Menschheit. Wir entdecken etwas und versuchen unsere Probleme in die Richtung zu verschieben, wo es anscheinend Hoffnung gibt. Wir werden niemals unser Sonnensystem verlassen können und schon gar nicht 40 Lichtjahre überbrücken können. Leute, kümmert euch um unseren kleinen, zarten, blauen Felsbrocken. Und alles andere ist relativ egal.

  5. #5 Polymerase
    24. April 2017

    Und es geht wieder los.

    1. Vor 200 Jahren hat wahrscheinlich niemand im Traum daran gedacht, dass es irgendwann irgendwie möglich ist, in einem kleinen Gefährt über die Dünen des Mondes zu fahren oder mit einer Verzögerung von einigen Millisekunden mit jemandem zu kommunizieren, der sich auf der anderen Seite der Erdkugel befindet.
    2. Man kann sich um unseren zarten blauen Felsbrocken kümmern und nebenbei trotzdem noch andere Sachen entdecken. Mehr Wissen hat in den seltensten Fällen geschadet….

  6. #6 Florian Freistetter
    24. April 2017

    @loffti61: “Leute, kümmert euch um unseren kleinen, zarten, blauen Felsbrocken.”

    Wieso denkst du, wir könnten uns nicht darum kümmern, wenn wir Astronomie betreiben? Denkst du, die Welt wäre besser dran, wenn alle Astronomen plötzlich aufhören zu forschen und stattdessen – ja, was? Müll auf der Wiese einsammeln? Die Tatsache, dass Astronomen ihrer Arbeit nachgehen bedeutet nicht, dass die Probleme der Welt ignoriert werden. Du scheinst zu denken, der einzige Zweck der Erforschung des Universums bestünde darin, irgendeinen Ort zu finden an den man flüchten kann? Das ist allerdings großer Unsinn. Wir erforschen das Universum, weil wir es besser verstehen wollen. Und – ein netter Nebeneffekt – je besser wir das Universum verstehen, desto besser verstehen wir auch unserer “zarten blauen Felsbrocken”. Und die Probleme, die es dort gibt. Wenig überraschend ist auch: Je mehr wir wissen, desto besser sind wir in der Lage, Probleme zu lösen: https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2017/03/20/muessen-wir-zuerst-die-probleme-auf-der-erde-loesen-bevor-wir-uns-auf-den-weg-in-den-weltraum-machen/

    “Und alles andere ist relativ egal.”

    Ja. Mit der Einstellung kommen wir genau gar nicht weiter. Aber das ist ein altes Problem/Vorurteil… Du setzt mit dieser Einstellung nämlich voraus, es gäbe eine objektive, nach “Wichtigkeit” gereihte Liste an Problemen, die man der Reihenfolge nach abarbeiten müsste.

    Wem “alles andere” egal ist hat so einen Tunnelblick auf die Welt, dass man damit keine einzige Lösung für irgendein relevantes Problem finden kann.

  7. #7 knorke
    24. April 2017

    @Wizzy
    Ich glaube ab einem bestimmten Grad an Strahlung ist erstmal schon das Entstehen von Aminosäuren schwierig. Dass ein bereits existierender Organismus dann seine Stoffwechselprozesse darauf anpassen kann, heißt ja nicht, dass er überhaupt hätte entstehen können. Es ist was anderes, ob sich irgendwelche Molekülketten in einem Teich oder einer Pfütze zusammenreagieren müssen oder ob ein Organismus zufällig so geschützt ist, dass in seinem Inneren genau diese Molekülketten entstehen können. Ich will nicht sagen, dass es unmöglich ist, es ist wahrscheinlich nur nicht ganz so einfach mit dem optimistisch sein.

  8. #8 Till
    Germany
    24. April 2017

    Wem “alles andere” egal ist hat so einen Tunnelblick auf die Welt, dass man damit keine einzige Lösung für irgendein relevantes Problem finden kann.

    Das unterschreibe ich jetzt mal ganz deutlich!

    Ausserdem finde ich die Einstellung “Es ist alles so schlimm und wir rotten uns bald selbst aus” auch nicht gerade hilfreich.

    Nüchtern betrachtet ist heute ALLES besser als vor 50 Jahren. Wir haben weniger Kriegstote, weniger Armut, eine geringere Geburtenrate, ein kleineres Ozonloch, sauberere Flüsse etc.

    Natürlich stehen wir mit dem Klimawandel, der Überfischung der Meere, der zwar langsamer aber immer noch wachsenden Weltbevölgerung nach wie vor großen Herausforderungen. Aber es spricht eigentlich alles dafür, dass wir diese Probleme in den Griff bekommen werden. Wir dürfen uns nur nicht von irgendwelchen Populisten einreden lassen, dass jedes Land für sich diese Probleme aussitzen kann, indem es sich vom Rest der Welt abschottet.

  9. #9 Chemiker
    24. April 2017

    @knorke

    Ich glaube ab einem bestimmten Grad an Strah­lung ist erstmal schon das Ent­stehen von Amino­säuren schwierig. Dass ein bereits existie­ren­der Orga­nis­mus dann seine Stoff­wechsel­prozes­se darauf an­passen kann, heißt ja nicht, dass er über­haupt hät­te ent­stehen können.

    Das sollte überhaupt keine Rolle spielen, wenn sich das Leben (wie heute wieder mehr ver­mutet wird) in der Tief­see gebildet hat, an Black Smokers die von der Platten­tektonik ge­powert werden. Na­tür­lich weiß ich weder, ob dieses Modell für unsere Erde zu­trifft, noch ob Super­erden über­haupt eine ähnliche Tektonik mit Mittel­ozeani­schen Rücken haben.

  10. #10 Alderamin
    25. April 2017

    @Chemiker

    Es gibt aber auch Leute, die bezweifeln, dass Leben an Tiefseequellen entstehen kann, sondern dass Tide Pools oder austrocknende Hydrothermalquellen nötig sind, in denen sich die Stoffe konzentrieren können.

    Kommentator Hoffmann hat mal dieses hier verlinkt:
    https://www.mdpi.com/2075-1729/5/1/872/htm#fig_body_display_life-05-00872-f008

    Man weiß es halt nicht. Wenn wir Spuren von Leben auf Europa finden würden, wären wir schlauer. Neulich wurde wieder nachgewiesen, dass Wasser an einer Stelle der Oberfläche hoch in den Weltraum geblasen wird, da wird wohl die Europa Clipper Mission demnächst mal hindurch fliegen, vielleicht lernt man da was bei (wenn die Sonde auch kein Leben direkt nachweisen kann).

  11. #11 knorke
    25. April 2017

    @Chemiker
    Ja, aber so sicher ist man sich dabei ja nun auch nicht. Nicht falsch verstehen: Ich habe gar nichts gegen diese These. Es kann aber auch ganz anders gewesen sein. Mir ging es nur darum, dass Leben auf so einem Planeten nicht zwingend wahrscheinlicher werden muss, bloß weil wir hier Leben finden, dass dieser Strahlung prinzipiell standhalten kann.

    Beispielsweise klingt es für mich gar nicht mal so unwahrscheinlich, dass, wenn die ersten Einzeller Chemosynthese betrieben haben, die sich vielleicht bei solchen Black Smokers gut entwickelt haben. Ich bin aber gar nicht so komplett sicher, ob die Aminosäuren dort entstanden sind. Ich bin kein Experte, aber ich habe mal gehört, dass ein gewisses Maß an Strahlung damals sogar nötiggewesen sein könnte, da so immer komplexer werdende Molekülketten wieder aufgespalten wurden und so andere organische Verbindungen erst ermöglicht haben und deshalb vielleicht doch dieser erste Schritt nahe der Oberfläche hat stattfinden müssen. Wie das dann mit wesentlich mehr Strahlung ausgesehen hätte steht auf einem anderen Blatt – wahrscheinlich wäre sie dann aber kontraproduktiv.

  12. #12 Wizzy
    25. April 2017

    @knorke Nun kommen mir aber die von Florian vorgestellten Zahlen nicht wirklich hoch vor. Vielleicht ist Proxima Centauri ja kein repräsentatives Beispiel, aber er spricht von 3-4 mal mehr Strahlung als im Sonnensystem. Auf dem Mond gibt es keine schützende Atmosphäre und praktisch kein Magnetfeld, wiewohl ein habitabler Planet nach Auffassung vieler Astrobiologen aus anderen Gründen eine (auch vor Strahlung teilweise schützende) Atmosphäre aufweisen sollte. “The annual exposure caused by GCR [galactic cosmic rays] CR on the lunar surface is roughly 380 mSv (solar minimum) and 110 mSv (solar maximum).” – Quelle: Reitz et al., Radiation exposure in the moon environment (2012)
    Nehmen wir das mal 4, kommen wir auf 1,5 Sv pro Jahr. Diese Strahlendosis halten quasi jegliche primitiven Organismen auf der Erde relativ spielend aus. Also im Moment sehe ich nicht, wie die Strahlung (allein, ohne zusätzlichen Unterdruck und Trockenheit) ein Problem sein kann. Es gibt mehrere Paper, die konstatieren, dass Trockenheit und Unterdruck für irdische Mikroorganismen wesentlich größere Probleme darstellen als vergleichsweise hohe Strahlendosen. Dass bei der Entstehung des Lebens die Strahlung wichtiger ist, ist durchaus möglich, aber meines Erachtens ziemlich spekulativ. Etwas anderes ist es, falls die Strahlungsdosen kurzfristig noch wesentlich höhere Werte erreichen sollten, als von mir oben abgeschätzt. Vielleicht kann jemand dazu genauere Informationen liefern.

  13. #13 Frantischek
    25. April 2017

    Er ist “Der beste Kandidat für die Suche nach Leben”, wie Eurpäische Südsternwarte anlässlich der Entdeckung behauptet.

    Naja.
    So steht das aber nicht im ESO Artikel. Ich finde das “könnte” macht da schon einen großen Unterschied aus.
    Außerdem hab ich den Eindruck dass es dabei nicht (nur) um die Zustände im entdeckten System geht, sondern vielmehr um die gute Beobachtbarkeit, die Bahnneigung sollte es für die nächste Generation von Teleskopen relativ einfach machen eine evtl. vorhandene Atmosphäre zu untersuchen.

  14. #14 Yeti
    26. April 2017

    Eine Frage habe ich alter Pedant:
    Was bedeutet “sieben Mal schwerer”? Wenn damit das Gleiche wie “sieben Mal so schwer” gemeint ist, warum schreibst Du das nicht so?

    x-mal schwerer heißt für mich m’=m+x*m
    wohingegen x Mal so schwer m’ = x*m bedeutet, das wäre dann m’=m+(x-1)*m.

    Ich weiß, es ist “Umgangssprache”, aber doch bitte nicht in einem Wissenschaftsblog … 😉

  15. #15 Bullet
    26. April 2017

    Warum nicht?