SG_LogoDas ist die Transkription einer Folge meines Sternengeschichten-Podcasts. Die Folge gibt es auch als MP3-Download und YouTube-Video.

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Sternengeschichten Folge 331: Halbmond, Neuvenus und Vollerde: Die Phasen der Himmelskörper

Die Phasen des Mondes kennen alle. Immerhin ist der Mond in der Nacht das mit Abstand hellste Objekt am Himmel und kaum zu übersehen. Ebensowenig zu übersehen ist die Art und Weise wie er sich verändert. Obwohl er sich natürlich nicht wirklich verändert. Der Mond bleibt immer der gleiche Mond. Das was sich ändert ist das, was in der Astronomie “Elongation” genannt wird. Wenn der Mond sich um die Erde bewegt, dann ändert sich der Winkel zwischen der Verbindingslinie von Erde und Mond und der Verbindlungslinie von Erde und Sonne. Dieser Winkel ist die Elongation. Oder etwas einfacher formuliert. Mal steht der Mond zwischen Erde und Sonne und mal steht die Erde zwischen Sonne und Mond. In diesen Fällen ist der Elongationswinkel gleich 0 beziehungsweise 180 Grad. Dazwischen bilden die Linien einen rechten Winkel und die Elongation hat einen Wert von 90 Grad oder 270 Grad.

Mondphasen. Kennt man (Bild: NASA)

Beim Mond reden wir aber normalerweise nicht von Elongation, zumindest nicht im Alltag. Wenn der Mond zwischen Erde und Sonne steht, dann nennen wir das “Neumond”. Denn dann beleuchtet die Sonne nur die von der Erde abgewandte Seite und von der Erde aus sehen wir nur die dunkle Seite des Mondes beziehungsweise wir sehen gar nichts, weil die dunkle Seite eben nicht von selbst leuchtet. Steht die Erde dagegen zwischen Mond und Sonne, dann können wir von der Erde aus die beleuchtete Seite des Mondes komplett sehen. Dann ist “Vollmond”; es sei denn die Erde steht wirklich exakt auf der Verbindungslinie von Sonne und Mond. Dann blockiert sie das Sonnenlicht, das ansonsten auf den Mond fallen würde und wir kriegen eine Mondfinsternis. Das ist aber nicht immer der Fall, da die Mondbahn gegenüber der Erdbahn ein wenig geneigt ist und die Erde meist eine wenig über oder unter der Verbindungslinie steht. Wenn der Mond zwischen Neu- und Vollmond eine halbe Runde um die Erde zurück legt, dann sehen wir einen zunehmenden Mond. Zuerst eine schmale Sichel und dann einen Halbmond, wenn die Elongation des Mondes genau 90 Grad beträgt. Die beleuchtete Hälfte des Mondes können wir dann nur zur Hälfte sehen. Es ist also eigentlich ein “Viertelmond”, den wir beobachten… aber das würde jetzt nur noch mehr verwirren, da der Zeitraum zwischen Neumond und zunehmenden Halbmond offiziell “erstes Viertel” genannt wird. Und der Halbmond heißt Halbmond, weil wir nur die Hälfte dessen sehen können, was prinzipiell möglich ist. Nach dem ersten Viertel kommt das zweite Viertel und wir können einen Mond beobachten, der immer weiter zunimmt, bis er ein kompletter Vollmond geworden ist.

Und es ist wenig überraschend wie es weiter geht. Es folgt das “dritte Viertel” und der abnehmende Mond. Er wird immer dünner, bis bei einer Elongation von 270 Grad der abnehmende Halbmond erreicht und das dritte Viertel beendet ist. Und wo drei Viertel sind, muss auch noch ein viertes sein. Das beginnt mit dem abnehmenden Halbmond und endet, wenn aus der immer dünner werdenden Mondsichel wieder ein Neumond geworden ist.

Vollmond und Neumond sind leicht zu erkennen und der Halbmond auch. Aber woher weiß man, ob der Mond gerade zu- oder abnimmt? Entweder man hat den Kalender im Kopf und weiß, in welcher Phase sich der Mond gerade befindet. Oder man benutzt eine der vielen Eselsbrücken. Die Sichel eines abnehmenden Mondes sieht wie “a” aus und die des zunehmenden Mondes wie ein “z”. Das allerdings stimmt nur, wenn man eine Art von Schreibschrift verwendet, die schon länger nicht mehr in den Schulen unterrichtet wird. Wer Latein kann, kann auch die Regel “luna mentitur” verwenden. Das bedeutet “Der Mond lügt”, was er natürlich nicht wirklich tut. Aber das “c” des Wortes “crescens”, was lateinisch für “zunehmen” ist, sieht aus wie die Mondsichel eines abnehmenden Mondes während das “d” von “decrescens”, also “abnehmen” wie die Sichel eines zunehmenden Mondes aussieht. Aber das ist fast noch verwirrender als die Mondphasen selbst… Am einfachsten ist vielleicht die Regel mit den Klammern. Der Bogen den man schreibt, wenn man eine Klammer öffnet, sie aus wie die Sichel des abnehmenden Mondes; die schließende Klammer wie die des zunehmenden Mondes. “A” für “abnehmend” und “Klammer auf”; “z” für “zunehmend” und “Klammer zu”.

Oder man schaut einfach auf die Uhr. Wenn man sich die Position von Erde und Mond im Laufe eines kompletten Zyklus der Mondphasen ansieht und berücksichtigt, dass ja auch die Erde immer nur zur Hälfte von der Sonne erleuchtet ist, dann sieht man, dass der zunehmende Mond im ersten Viertel nur in der ersten Nachthälfte zu sehen sein kann; der abnehmende Mond im letzten Viertel immer in der zweiten Hälfte der Nacht. Eine Mondsichel die man Abends oder vor Mitternacht sehen kann, ist also ein zunehmender Mond; wer den Mond am Morgenhimmel sieht, betrachtet einen abnehmenden Mond. Das alles gilt übrigens nur für die nördliche Hemissphäre der Erde, auf der Südhalbkugel muss man sich alles genau umgekehrt denken.

Venusphasen. Kennt man nicht so gut. (Bild: Statis Kalyvas – VT-2004 programme)

Phasen zeigt uns allerdings nicht nur der Mond. Es gibt sie auch bei anderen Himmelskörpern. Nehmen wir zum Beispiel die Venus. Sie umkreist die Sonne innerhalb der Erdbahn. Je nachdem wie Erde und Venus im Verhältnis zur Sonne stehen, kann es auch hier unterschiedliche Situationen geben. Stehen Erde, Venus und Sonne genau in dieser Reihenfolge in einer Linie, nennt man das “untere Konjunktion”. Erde und Venus haben ihre geringste Distanz zu einander. Die Venus müsste also eigentlich gut zu sehen sein. Ist sie aber nicht, weil wir – so wie beim Neumond – von der Erde aus nur auf die von der Sonne unbeleuchtete Seite der Venus blicken. Es herrscht also “Neuvenus” und so wie der Neumond nimmt auch die Venus im Laufe der Zeit zu. Von der Erde aus gesehen wächst nun der Abstand, der Venus und Sonne am Himmel voneinander trennt. Wir sehen immer mehr von ihrer beleuchteten Hälfte bis wir im Punkt der sogenannten “größten westlichen Elongation” angelangt sind. Der Winkel zwischen der Verbindungslinie von Sonne und Venus und der Linie zwischen Venus und Erde beträgt nun 90 Grad und von uns aus gesehen können wir nun genau die Hälfte der beleuchteten Seite der Venus sehen, eine Halbvenus. Dann wandert die Venus immer weiter auf ihrer Bahn um die Sonne und wenn sie von aus gesehen genau auf der anderen Seite in der “oberen Konjunktion” steht, herrscht “Vollvenus” (und das wir das sehen können liegt wieder daran, dass Erd- und Venusbahn nicht exakt in der gleichen Ebene liegen). Danach wird die beleuchtete Fläche von uns aus gesehen wieder kleiner und über die “größte östliche Elongation” wird der Kreislauf bis zur Neuvenus wieder geschlossen. Das ganze dauert insgesamt 584 Tage und im Gegensatz zum Mond ist die Venus bei “Vollvenus” nicht am hellsten. Dann ist sie zwar von uns aus gesehen komplett beleuchtet, aber eben auch sehr weit weg, weil sie ja auf der anderen Seite der Sonne ist. Und sie steht eben in unmittelbarer Nähe der Sonne, wo man alles was nicht die Sonne ist generell sehr schlecht sehen kann… Tatsächlich liegt der Punkt ihrer größten Helligkeit zwischen unterer Konjunktion und der größten westlichen bzw. östlichen Elongation.

Die Venusphasen haben in der Geschichte der Astronomie übrigens eine wichtige Rolle gespielt. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts stritt man ja immer noch darüber, ob sich nun die Erde um die Sonne oder die Sonne um die Erde dreht. Im alten, geozentrischen System müsste sich dann aber nicht nur die Sonne sondern auch die Venus (und alle anderen Planeten) um die Erde bewegen. In diesem Modell befindet sich die Venusbahn um die Erde innerhalb der Bahn, der die Sonne um die Erde folgen sollte. Das bedeutet aber auch, dass die Venus von der Erde aus gesehen NIE hinter der Sonne stehen kann. Man sollte also auch nie eine Vollvenus beobachten können. Im heliozentrischen System mit der Sonne im Mittelpunkt wäre das aber möglich. Ohne Teleskop ist es aber fast unmöglich die Venusphasen zu beobachten. Aber 1610 richtete Galileo Galilei als erster ein Teleskop zum Himmel und sah nicht nur die Venusphase, sondern auch eine Vollvenus. Das geozentrische System war damit also widerlegt!

Im Prinzip können auch andere Planeten Phasen zeigen. Merkur, ebenfalls noch innerhalb der Erdbahn, würde auch das ganze Programm an Phasen aufweisen, wäre er nicht so winzig und so schwer zu beobachten. Die von uns aus gesehen außen liegenden Planeten zeigen auch Phasen, aber nicht alle. Weil sie sich immer außerhalb der Erdbahn befinden, gibt es hier nur die zunehmende und abnehmende Phase, aber keine Neu- oder Vollplaneten. Aber da die Planeten so weit weg sind, ist der Unterschied sowieso sehr gering.

Und was ist mit der Erde selbst? Wenn wir von der Erde aus einen Vollmond beobachten, gibt es dann auch eine Vollerde vom Mond aus? Natürlich – und auch Neuerde, zunehmende Erde und abnehmende Erde. Das läuft am Mond allerdings ein wenig anders. Erstens kann man die Erde vom Mond aus sowieso immer nur von einer Seite aus sehen. Von der Rückseite des Mondes, über die ich in Folge 319 der Sternengeschichten gesprochen habe, ist die Erde nie zu sehen. Vom Mond aus gesehen würden wir die Erde auch nicht auf- und untergehen sehen. Das tut der Mond ja vor allem nur deswegen, weil die Erde sich in 24 Stunden um ihre Achse dreht. Der Mond dreht sich aber viel langsamer und synchron mit seiner Bewegung um die Erde. Vom Mond aus gesehen scheint die Erde also immer an der gleichen Stelle des Himmels zu stehen. Aber sie würde ihr Aussehen trotzdem verändern. Wenn wir am Himmel einen Vollmond sehen, sieht man vom Mond aus allerdings keine Vollerde sondern eine Neuerde. Denn bei Vollmond steht die Erde zwischen Sonne und Mond und vom Mond aus zeigt die Erde uns ihre Nachthälfte. Herrscht auf der Erde allerdings Neumond, dann sieht man am Mond die von der Sonne beleuchtete Taghälfte der Erde. Und auch die zu- und abnehmenden Phasen sind genau umgekehrt.

Ob eine Vollerde aber genau so schön und romantisch wie ein Vollmond wirkt, muss sich erst zeigen. Dazu müssten wir erst einmal wieder zum Mond fliegen…

Kommentare (6)

  1. #1 Captain E.
    29. März 2019

    Was ist mit den Teilen der Mondoberfläche, an denen die Erde am Horizont liegt. Geht sie da nicht (teilweise) auf und unter?

  2. #2 Peter Paul
    29. März 2019

    Weil sie sich immer außerhalb der Erdbahn befinden, gibt es hier nur die zunehmende und abnehmende Phase, aber keine Neu- oder Vollplaneten.

    “Keine Neuphase” verstehe ich, aber “keine Vollphase” scheint mir falsch zu sein. Die Erde steht manchmal zwischen der Sonne und einem Außenbahn Planet, wie z.B. dem Jupiter. Man nennt das Opposition. Dann schauen wir auf die volle,beleuchtete Seite des Jupiter.

  3. #3 Bullet
    29. März 2019

    Ob eine Vollerde aber genau so schön und romantisch wie ein Vollmond wirkt, muss sich erst zeigen.

    Größer, blauer und weißer (die Bayern dürfen jetzt bitte Ruhe bewahren und sitzen bleiben), krasserer Anblick. Beeindruckend auf jeden Fall, aber ohne Druckkuppel wirds schwierig, so auf einem Kraterrand sitzend und den Menschen neben sich nur durch zwei Lagen Raumanzug zu fassen zu bekommend das noch romantisch zu finden.
    Noch härter dürfte aber der Feuerring der Neuerde wirken, wenn auf der Erde gerade Mondfinsternis ist (und daher auf dem Mond Sonnenfinsternis). DAS Spektakel könnte sogar die irdischen Sonnenfinsternisse in den – haha – Schatten stellen.

  4. #4 pane
    29. März 2019

    Wieso soll es im geozentrischen System keine Vollvenus geben können? Sie braucht nur in Opposition zur Sonne zu stehen. Das allerdings kann sie nicht im helozentrischen System. Das die Venus nie in Opposition zur Sonne steht, ist im geozentrischen System erklärungsbedürftig. Und das sie es tatsächlich nicht tut, dafür braucht es keine Teleskope, das wusste man auch schon früher.

  5. #5 Florian Freistetter
    29. März 2019

    “Sie braucht nur in Opposition zur Sonne zu stehen.”

    Ist halt ein bisschen schwierig wenn die Venus immer näher an der Erde ist als die Sonne. Und alles sich auf Kreisbahnen in einer Ebene abspielt. An eine durchsichtige Erde hat nämlich auch damals niemand geglaubt.

  6. #6 kereng
    Hamburg
    9. April 2019

    Mir ist gerade noch eine Regel für die Mondphasen eingefallen. Wenn der Mond zunimmt, hat er dieselbe Ausrichtung wie das Zeichen „größer als“ >, und wenn er kleiner wird wie „kleiner als“ <.

    Im Text steht: "… wer den Mond am Morgenhimmel sieht, betrachtet einen abnehmenden Mond. Das alles gilt übrigens nur für die nördliche Hemissphäre der Erde, auf der Südhalbkugel muss man sich alles genau umgekehrt denken."
    Die links-rechts-Sachen muss man im Süden umdrehen, aber die Morgen-Abend-Sachen nicht.