In meinem 50tägigen Countdown zum 50. Jubiläum der Mondlandung habe ich vor kurzem ein wenig über Verschwörungstheorien zu den Apollo-Missionen geschrieben. Ja, wir sind am 21. Juli 1969 wirklich auf dem Mond gelandet, das war kein Hoax… Darüber will ich aber gar nicht nochmal schreiben; darüber wird schon so viel gesprochen. Aber es gibt noch jede Menge andere Weltraumverschöwrungen. Das liegt ja in der Natur der Verschwörungstheorien: Alles hängt immer mit allem anderen zusammen. Alles ist ein Hinweis auf irgendwas; ein Beleg für die großen geheimen Machenschaften. Eine gute Verschwörungstheorie ist in der Lage, jegliche reale Information in ein irreales Gesamtkonzept einzubauen.

Haigneré auf der ISS (Bild: NASA, gemeinfrei)

Und deswegen hat es auch Claudie Haigneré zu verschwörungstheoretischen Ehren gebracht. Die Französin wurde 1957 geboren, studierte Medizin und arbeitete als Ärztin in Paris. 1985 wählte dann die französische Raumfahrtbehörde CNES sieben Menschen aus, die eine Chance auf einen Flug ins All bekommen sollten und Haigneré war darunter die einzige Frau. Zuerst war sie dafür zuständig die Experimente der russisch-französischen Mir-Antares-Mission zu leiten. Da ging es zum Beispiel um die Frage, wie sich Urin und Speichel während eines Raumflugs verändern; wie sich die Sinnesorgane an die Bedingungen im All anpassen oder welche Auswirkungen die Schwerelosigkeit auf das Immunsystem des Körpers hat. Die Experimente wurden 1992 an Bord der Raumstation Mir durchgeführt; Haigneré aber leitete vorerst alles vom Boden aus. Erst 1994 wurde sie ausgewählt um bei der Mir-Cassiopée-Mission ins All zu fliegen. Sie startete am 17. August 1996, bleib von 19. August bis 2. September auf der Raumstation und kehrte danach wieder zurück zur Erde. Ihren zweiten Raumflug absolvierte sie im Oktober 2001, wo sie – jetzt zum Astronautenkorps der ESA gehörend – zur ISS flog.

Haigneré war die erste Französin im All und die erste ESA-Astronautin. Nach ihrer erfolgreichen Karriere als Medizinerin und Raumfahrerin ging sie in die Politik. Sie war Ministerin für Forschung und neue Technologien; danach Europaministerin. Sie arbeitete als Beraterin für die ESA, sie forschte weiter. Im Jahr 2008 wurde sie nach einer von ihr offenbar absichtlich herbeigeführten Überdosis Medikamente ins Krankenhaus eingeliefert. Seit 2009 ist sie Präsidenten des Pariser Wissenschaftsmuseums Cité des sciences et de l’industrie.

Claudie Haigneré im Jahr 2014 bei ihrer Arbeit im Museum (Bild: Pierre-Yves Beaudouin, CC-BY-SA 4.0)

So weit die Fakten. Jetzt kommen die Dinge, für diesen keinen Beleg gibt; die aber in den Kreisen der Verschwörungstheoretiker sehr populär sind. Denn dort wird behauptet, Haigneré hätte nach ihrer Rückkehr aus dem All an “Menschlicher/Außerirdischer DNA” geforscht. Was das genau sein soll, erfährt man dann iA nicht; aber dafür, dass nicht nur ihr Labor abgebrannt ist in dem sie diese Forschung durchgeführt hat, sondern dass sie bei ihrer Einlieferung ins Krankenhaus “Die Erde muss gewarnt werden!” geschrien hätte. In den entsprechenden YouTube-Videos und Foreneinträgen wird das alles natürlich maximal ausgeschmückt und mit verschwörungstheoretischem Drama aufgeladen. Aber wie gesagt: Für all das gibt es keine Belege. Aber falls ihr irgendwo bei all den vielen Raumfahrtgeschichten die im Zuge des Mondlandungsjubiläums zu lesen sind, irgendwo auf die Story der Astronautin deren Warnung an die Menschen der Erde vertuscht wird stoßen solltet, wisst ihr nun, was ihr davon halten könnt…

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Der komplette Countdown: 50 | 49 | 48 | 47 | 46 | 45 | 44 | 43 | 42 | 41 | 40 | 39 | 38 | 37 | 36 | 35 | 34 | 33 | 32 | 31 | 30 | 29 | 28 | 27 | 26 | 25 | 24 | 23 | 22 | 21 | 20 |19 | 18 | 17 | 16 | 15 | 14 | 13 | 12 | 11 | 10 | 09 | 08 | 07 | 06 | 05 | 04 | 03 | 02 | 01 | 0

Kommentare (10)

  1. #1 RPGNo1
    10. Juni 2019

    Verstehe ich das richtig? Claudie Haigneré hatte eine Überdosis Medikamente geschluckt und de­li­rie­rte womöglich, als sie ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Und aus diesen Worten entwickelt sich eine Verschwörungstherorie?
    Was für ein Irrsinn.

  2. #2 schlappohr
    11. Juni 2019

    Man könnte Mme Haigneré natürlich einfach auch fragen, was den da los war und woran sie geforscht hat… aber bestimmt steht sie unter dem Einfluss von IHNEN und würde uns daher niemals die Wahrheit sagen…

  3. #3 Bullet
    11. Juni 2019

    Was das genau sein soll, erfährt man dann iA nicht; aber dafür, dass nicht nur ihr Labor abgebrannt ist in dem sie diese Forschung durchgeführt hat, sondern dass sie bei ihrer Einlieferung ins Krankenhaus “Die Erde muss gewarnt werden!” geschrien hätte.

    Genau. Die Erde muß gewarnt werden, aber ich bring mich mal vorher um. Häää?

    Mich nervt es schon, wenn irgendwelche Deppen ständig von “außerirdischer DNA” sprechen. Das klngt in etwa so sachlich wie “außerirdische Windows 95-Version”.

  4. #4 rolak
    11. Juni 2019

    außerirdische Windows 95-Version

    Genau: völlig unsachlich.

    Sämtliche Versionen von W95 waren doch eindeutig unterirdisch.
    [WfW3.11→W98]

  5. #5 Bullet
    13. Juni 2019

    @rolak:
    Das kann ja sein. Der Punkt (jetzt mal ohne Witzelei) ist aber der, daß DNA eine zutiefst irdische, naja, “Erfindung” ist, so daß es einigermaßen irre ist, auch nur anzunehmen, daß es so etwas wie “außerirdische” DNA überhaupt geben könnte. Kohlenstoffchemie ist derart mächtig, daß man nicht einmal abschätzen kann, wie viele verschiedene Wege es geben könnte, mittels Molekülen Erbinformationen zu verbreiten.

    Leute vergessen sehr gern, daß sich auf der Erde Nukleinsäuren in Verbindung mit Ribose als Datenträger durchgesetzt haben – das bedeutet aber nicht, daß das die einzige (oder gar die beste) Methode ist, mit der Vererbung zu spielen. Ersetzt man beispielsweise Ribose durch Arabinose, einem der anderen Pentosen, ist der simple Umstand, daß sich die beiden Zucker nur duch die räumliche Ausrichtung einer OH-Gruppe im Raum unterscheiden, der völlige Tod für die Idee, daß DNA (also Desoxy-arabinonukleinsäure) irgendwas mit Vererbung zu tun haben könnte. Und kompatibel zu dem auf der Erde verwendeten System ist das schon mal gar nicht. (“Nicht kompatibel” ist übrigens in diesem Zusammenhang meistens ein Synonym zu “hochgiftig”. Aber das nur am Rande.)

    Da natürlich hier nicht nur Chemiker oder andere Leute aus dieser Fachbereichsecke herumlaufen, ist eine Übersetzung in Computerkram geeignet, den Irrsinn hinter dieser einfach erscheinenden Behauptung auch weniger chemisch interessierten Zeitgenossen offenzulegen: Windows (erst recht die Version 95) ist eben bei weitem nicht die einzige Möglichkeit, eine Betriebssystemumgebung mit Benutzeroberfläche bereitzustellen. Wenn ein außerirdischer Computer irgendein OS am Laufen hat, dann ist es schlichtweg unmöglich, daß es zu Win95 kompatibel ist.

  6. #6 Till
    18. Juni 2019

    @Bullet

    Kohlenstoffchemie ist derart mächtig, daß man nicht einmal abschätzen kann, wie viele verschiedene Wege es geben könnte, mittels Molekülen Erbinformationen zu verbreiten.

    Da hast Du sicher recht, es würde mich aber andererseits auch nicht überraschen, wenn auch außerirdisches Leben DNA oder sehr ähnliche Moleküle verwenden würde.
    Die vielfältigen Eigenschaften von DNA und RNA, die sie perfekt für die Speicherung und weitergabe von Informationen und gleichzeitig für die Katalyse von Reaktionen (Ribozyme) machen kennen wir bei keinem anderen Molekül. Ausserdem finden wir die Vorläufer von RNA und DNA auf Asteroiden und in Gaswolken im All.

    Ich würde also nicht kategorisch ausschließen, dass auch Aliens DNA besitzen.

  7. #7 Till
    18. Juni 2019

    @Bullet

    DNA (also Desoxy-arabinonukleinsäure)

    Ich finde dass man eine Desoxyribonukleinsäure (oder auch ein verwandtes Molekül wie RNA oder didesoxyribonukleinsäure), die in einem Außerirdischen Organismus die Erbinformation speichert durchaus zu recht als alien DNA bezeichnen könnte (wenn man sie denn tatsächlich irgendwann entdeckt). Ob die jetzt kompatibel zu unserer DNA ist sei mal dahingestellt.

  8. #8 Uli Schoppe
    20. Juni 2019

    Till, weil wir kein anderes Chemieprodukt kennen das so geschickt Information speichert ergibt sich nicht das es keins gibt 🙂

  9. #9 Bullet
    20. Juni 2019

    So isset. Und es mag Welten geben, auf denen die Umweltbedingungen genau das wenige anders sind, daß unsere DNA, die wir auf der Erde haben, dort einen gewissen Stabilitäts-oder Funktionsfähigkeitsnachteil hätte.

    @Till:

    Ich finde dass man eine Desoxyribonukleinsäure (oder auch ein verwandtes Molekül wie RNA oder didesoxyribonukleinsäure), die in einem Außerirdischen Organismus die Erbinformation speichert durchaus zu recht als alien DNA bezeichnen könnte

    Ähm … hast du das mitgeschnitten? Natürlich darf man eine extraterrestische DNA als “Alien-DNA” bezeichnen. Leider ist Desoxy-arabinonukleinsäure kein Ribose-Derivat. Arabinose ist ein anderes Molekül und damit nicht “Bestandteil der DNA”. Und wenn es irgendwelche chemischen Systeme gäbe, die in anderen Biosphären Erbinformationen speichern, die aber vollkommen auf Zucker-Aminosäure-Gebimsel verzichten, dann NEIN!, kann man sie nicht als “Alien-DNA” bezeichnen. Selbst DNA und RNA sind so unterschiedliche Moleküle, daß du sie unter keinen Umständen verwechseln darfst. Und “DNA” bezeichnet nicht das Funktionsprinzip eines USB-Sticks, sondern bezeichnet eine sehr spezifische Stoffklasse, ähnlich “Hydrogensulfat”, “Alkandiol” oder “Alkalihalogenide”.

    Du darfst auch nicht einfach Ammoniumisocyanat mit Harnstoff gleichsetzen, nur weil beide die gleiche Summenformel haben und du aus NH4OCN Harnstoff herstellen kannst.

  10. #10 Bullet
    21. Juni 2019

    Hm. Da ist wohl seit gestern noch ein Kommentar inner mod…