Credit: James Tuttle Keane/Caltech

Acht Planeten gibt es in unserem Sonnensystem: Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun. Aber es gab in der Vergangenheit immer wieder Hinweise auf die Existenz eines weiteren großen Himmelskörpers weit weg von der Sonne und spätestens seit 2016 sind diese Hinweise wirklich überzeugend geworden. Ich habe damals eine lange Artikelserie (Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4) über die Suche nach diesem “Planet 9” (oder “Planet X” wie er auch oft genannt wird) geschrieben. Wie gesagt: Es gibt gute Hinweise auf die Existenz so eines Planeten. Aber entdeckt, das heißt auch wirklich gesehen, haben wir ihn noch nicht.

Vorschläge wie man Planet 9 endlich finden könnte gibt es immer wieder. Astronomen aus den USA und Ungarn haben nun auf einen weiteren sehr vielversprechend Weg hingewiesen (“A TESS Search for Distant Solar System Planets: A Feasibility Study”). Es geht um den Transiting Exoplanet Survey Satellite bzw. TESS, ein Weltraumteleskop der NASA, das seit April 2018 durchs All fliegt und auf der Suche nach den Planeten anderer Sterne ist. Dafür muss TESS sehr viele Sterne sehr genau beobachten und hat dabei zwangsläufig einen großen Teil des Himmels im Blick. 94 Prozent des Himmels werden es sein wenn die Mission abgeschlossen ist. Dabei kriegt TESS natürlich auch all das zu sehen, was da sonst noch so rumfliegt; theoretisch zumindest. Die Frage, der sich Matthew Holman, Matthew Payne und András Pál in ihrer Arbeit nun gestellt haben war: Kann man aus den gesammelten Beobachtungsdaten von TESS auch praktisch Informationen über noch unentdeckte Himmelskörper des äußeren Sonnensystems rausholen?

Wenn man weiß, was man sucht, ist es einfach. Kennt man die Umlaufbahn eines Himmelskörpers, dann kann man vorhersagen wann er wo ist und in welchen Bildern von TESS er auftauchen sollte. Diese Bilder kann man dann digital kombinieren und so Objekte sichtbar machen die ansonsten zu schwach leuchten würden um aufzufallen. Holman und seine Kollegen haben das mit den Asteroiden Sedna, 2015 BP519 und 2015 BM518 demonstriert die sich alle in den äußeren Bereichen des Sonnensystems, also weit hinter der Bahn des Neptun befinden. Diese schwach leuchtenden Objekte konnte man in den Bildern von TESS deutlich sichtbar machen:

Die drei Asteroiden in den Daten von TESS (Bild: Holman et al, 2019

Etwas zu entdecken von dem man weiß wo es ist, ist keine große Leistung. Bei Planet 9 geht es ja gerade darum das wir nicht wissen wo es ist. Aber, und das ist der Punkt auf den es ankommt, wir haben zumindest eine sehr grobe Ahnung. Die Hinweise auf die Existenz von Planet 9 stammen ja aus der Beobachtung von Asteroiden des äußeren Sonnensystems. Da ist eigentlich davon auszugehen das deren Umlaufbahnen zufällig um die Sonne herum orientiert sind. Man hat aber gesehen, dass sie alle eine bevorzugte Ausrichtung zeigen – was ein Hinweis darauf ist, dass sie dem gravitativen Einfluss eines größeren Himmelskörpers ausgesetzt sind. Die Unregelmäßigkeiten in den Bahnen der Asteroiden schränken die möglichen Bahnen dieses “Planet Neun” genannten Objekts ein wenig ein. Holman und seine Kollegen schlagen nun also vor, dass man alle möglichen Bahnen von Planet Neun simuliert und damit dann in den TESS-Daten auf die Suche geht. Aus den Daten der Asteroidenbahnen kann man auch Grenzen zur Masse von Planet Neun ableiten, die irgendwo in der Gegend der fünffachen Erdmasse liegen muss. Daraus kann man grobe Grenzen zur erwartbaren Helligkeit von Planet Neun finden. Und der Machbarkeitsstudie von Holman und seinen Kollegen zufolge sollte die Beobachtungsgenauigkeit des Weltraumteleskops eigentlich ausreichen, um ein Objekt wie Planet Neun zu finden.

Asteroidenbahnen im äußeren Sonnensystem und mögliche Bahn von Planet 9 (Credit: James Tuttle Keane/Caltech )

Natürlich kann es sein, dass TESS keinen Erfolg hat. Vielleicht treibt sich der Planet genau in den 6 Prozent des Himmels herum die TESS nicht beobachtet. Vielleicht leuchtet der Planet doch ein wenig schwächer als angenommen. Vielleicht gibt es ihn auch gar nicht und die Asteroidenbahnen weisen aus einem anderen Grund Unregelmäßigkeiten auf. Aber wenn er da ist, dann stehen die Chancen nicht schlecht, dass wir ihn in absehbarer Zukunft finden und dem Sonnensystem einen weiteren Planeten hinzufügen können!

Kommentare (19)

  1. #1 Fluffy
    18. November 2019

    Es gibt schon seit 1930 9 Planeten. Ist also Planet X (sic!) der vielleicht 10. Planet?

  2. #2 Florian Freistetter
    18. November 2019

    @Fluffy: 1) Steht das “X” in “Planet X” nicht für “10” sondern hat immer nur einen “unbekannten” Planeten bezeichnet (so wie das x in der Mathematik die Unbekannte bezeichnet). Und 2) gab es zwar ab 1930 neun Planeten. Aber seit 2006 nicht mehr, weil man da den Fehler korrigiert hat den man damals bei der Entdeckung Plutos gemacht hatte. Und im 19. Jahrhundert hat man zeitweilig bis zu 20 Objekte des Sonnensystems als “Planet” bezeichnet, bevor man auch das wieder korrigiert hatte. “Planet 9” trägt deswegen diese Bezeichnung, weil wir acht Planeten kennen. Jeder weitere neue Planet wäre der neunte Planet (und wird dann auch einen “normalen” Namen bekommen wenn wir entdeckt haben).

    Und bitte NICHT wieder die “Pluto soll aber ein Planet sein”-Diskussion anfangen. Die ist so alt und mühsam. Und wenn, dann sollte sie woanders stattfinden; hier zB: https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2019/08/27/nasa-chef-erklaert-pluto-wieder-zu-einem-planeten-ist-aber-trotzdem-keiner/

  3. #3 Christian Meesters
    18. November 2019

    DIE Diskussion ist immer wieder gut für ein wenig Comedy (https://www.youtube.com/watch?v=PcsSTcXMolw ) für mehr aber nicht.

  4. #4 Captain E.
    18. November 2019

    Das kann man gar nicht deutlich genug sagen! Macht man einen Ex-Planeten wieder zum “richtigen” Planeten, dann muss man alle hochstufen. Und das sind eine Menge…

  5. #5 FS
    18. November 2019

    Die Frage, ob nun Planet oder nicht ist doch, ob das gesuchte Objekt am Ende die Kriterien der IAU für einen regulären Planeten erfüllen wird, oder nicht?

  6. #6 noch'n Flo
    Schoggiland
    18. November 2019

    @ FF:

    Da gab es doch kürzlich auch eine Diskussion, ob “Planet 9” nicht auch ein (wenn auch sehr kleines) primordiales Schwarzes Loch sein könnte. Was meinst Du dazu?

  7. #7 Florian Freistetter
    18. November 2019

    @nnF: “Da gab es doch kürzlich auch eine Diskussion, ob “Planet 9” nicht auch ein (wenn auch sehr kleines) primordiales Schwarzes Loch sein könnte. Was meinst Du dazu?”

    Vielleicht ist es auch ne sehr große Raumstation? Oder es ist ein EXTREM fettes ALien? Spekulieren kann man viel. Wir wissen, dass ein Objekt mit einer bestimmten Masse in einem bestimmten Abstand zur Sonne die Beobachtungsdaten der Asteroiden erklären kann. WAS für ein Objekt ist, ist da – vorerst – egal, zumindest theoretisch. Aber wir wissen halt auch, dass bei der Entstehung des Sonnensystems jede Menge Planeten in die äußersten Bereiche geschleudert worden sind. Insofern ist es sehr wahrscheinlich und vernünftig davon auszugehen dass das Objekt ein Planet ist. Wohingehen es keinen offensichtlichen Mechanismus gibt der dafür sorgen würde, dass sich in den Außenbereichen von Sonnensystemen primordiale schwarze Löcher rumtreiben. Oder fette Aliens.

  8. #8 Ein_ALIEN
    18. November 2019

    @FF

    Wohingehen es keinen offensichtlichen Mechanismus gibt der dafür sorgen würde, dass sich in den Außenbereichen von Sonnensystemen primordiale schwarze Löcher rumtreiben. Oder fette Aliens.

    hmm …
    Die Aliens umrunden ja wie beim Marathon weite Strecken. Warum glaubst du, dass die Aliens fett sein müssen? Und falls sie wirklich fett sind, kannst du ihnen diesbezüglich Tipps geben?

  9. #9 pane
    18. November 2019

    Was ist mit Gaia? Könnte Gaia nichts entdeckt haben?

  10. #10 felix
    Niederbayern
    19. November 2019

    Hallo
    Gaia ist zwar sehr genau hat aber keine besonders große Reichweite.
    Und die braucht man hier weil es sich um sehr schwache Objekte handelt.
    Also der Extremfall sehr schwache Objekte mit höchtstmöglicher Genauigkeit über möglichst lange Zeiträume beobachten um möglichst lange Bahnabschnitte mit der nötigen Präzision zu vermessen.
    Die Objekte (im Kuipergürtel) kann man dann als gravimetrische Sonden benutzen und damit das Schwerefeld da draußen vermessen. Es ist wohl eine Frage der Zeit.
    Gruß Felix

  11. #11 ***
    19. November 2019

    und ER bewegt sich doch

  12. #12 Gerhard
    Frankreich
    20. November 2019

    Und wenn es doch ein kleines schwarzes Loch ist? Das dürfte TESS wohl nicht sehen.

  13. #13 Florian Freistetter
    20. November 2019

    @Gerhard: Siehe die Kommentare weiter oben. Das ist ENORM unwahrscheinlich.

  14. #14 Flandry
    20. November 2019

    Was mich an der “schwares Loch”-Theorie stört:

    Angenommen Planet 9 wäre ein primordiales schwarzes Loch mit ~5facher Erdmasse, so hätte es bereits vor der Entstehung des Sonnensystem existieren müssen. Die gängige Theorie zur Entstehung von Sonnensystemen geht (grob vereinfacht) davon aus, dass es eine Gaswolke gibt, die sich zusammenballt, bis es im Zentrum zur Entstehung des Sterns und der Planeten kommt.
    Sobald sich ein (kleines) schwarzes Loch im Bereich der Gaswolke befindet, müsste dieses in meinen Augen das Massezentrum bilden, und es würde sich kein neuer Stern bilden können.
    Alternativ bliebe die Möglichkeit, dass es kurz nach der Entstehung des Sonnensystems eingefangen wurde, was mir noch unwahrscheinlicher erscheint.

  15. #15 Captain E.
    20. November 2019

    @Flandry:

    Vielleicht gab es ja mehrere solcher primordialen Schwarzen Löcher, und dieses steckt nun als einziges nicht in der Sonne.

    Ja, Science Fiction!

  16. #16 Jonas
    20. November 2019

    @Flandry:
    Hätte ein so leichtes Schwarzes Loch tatsächlich einen so großen Einfluss auf die Entstehung des Sonnensystems? Die Anziehungskraft eines Schwarzen Lochs mit 5facher Masse der Erde ist die selbe wie die eines gleich weit entfernten Planeten mit 5facher Masse der Erde; jedenfalls so lange man sich außerhalb des Planeten befindet.

    Und es scheint mir ziemlich unplausibel, dass ein vergleichsweise kleiner Planet einen so großen Einfluss auf die riesige (sowohl was Masse als auch Ausdehnung angeht) Gas- und Staubwolke hat, aus der das Sonnensystem entstanden ist.

  17. #17 Thorsten
    20. November 2019

    Bei der Nummer mit dem Schwarzen Loch hat mich mal wieder schön die Vorstellungskraft gepackt und sich dann im Kreis gedreht. Mal abgesehen ob wahrscheinlich oder nicht, alleine daran zu denken dass da so weit weg ein 10cm Objekt rumfliegt und solche Auswirkungen hätte… Faszinierend

  18. #18 Till
    22. November 2019

    Das mit dem schwarzen Loch halte ich für unwahrscheinlich. Das Loch selbst könnte man zwar nicht sehen, aber seine Akkretionsscheibe sollte eigentlich genug Gamma und Röntgenstrahlung abgeben um aufzufallen.

  19. #19 PDP10
    22. November 2019

    @Till:

    aber seine Akkretionsscheibe sollte eigentlich genug Gamma und Röntgenstrahlung abgeben um aufzufallen.

    Nur, wenn da wo das schwarze Loch seine Kreise zieht noch genug Materie vorhanden wäre die eine Akkretionsscheibe bilden könnte.
    Wenn das Teil aber da kreist, wo keine ist ..
    Dann nicht.