Ich entschuldige mich für die Überschrift zu diesem Artikel der NICHTS mit der aktuellen Covid-19-Pandemie zu tun hat. Aber es geht tatsächlich um Corona und es geht um die Venus. Vor allem geht es um die enorm spannende Frage, ob unser Nachbarplanet immer noch geologisch aktiv ist. Die meisten anderen Himmelskörper im Sonnensystem sind geologisch mehr oder weniger “tot”, zumindest verglichen mit unserer Erde. Hier gibt es jede Menge aktiven Vulkanismus, hier gibt es Erdbeben, Plattentektonik und alles andere, was ein ordentlich aktiver Planet so braucht. Wir kennen den einen oder anderen Himmelskörper auf dem Eisvulkanismus herrscht; der Jupitermond Io zeigt sogar “echten” Vulkanismus. Aber ein ganzer Planet der so aktiv ist wie die Erde – den haben wir noch nicht gefunden. Merkur und Mars sind wenig vielversprechend; dort tut sich nix. Aber die Venus stellt sich immer mehr als guter Kandidat für einen aktiven Planeten heraus!

Anzeichen dafür gab es früher schon. Aber jetzt haben Anna Gülcher von der ETH Zürich und ihre Kollegen quasi nachgewiesen, dass die Venus immer noch aktiv ist. Und zwar durch die Untersuchung von Corona (“Corona structures driven by plume–lithosphere interactions and evidence for ongoing plume activity on Venus”, hier im kostenlosen Volltext als pdf verfügbar)

Oder korrekt gesagt: Durch die Untersuchung von “Coronae”. Denn so nennt man in der Planetologie eine ganz bestimmte Art von Oberflächenstruktur auf der Venus die 1983 erstmals entdeckt und in den 1990er Jahren ausführlich untersucht worden sind. Die Bezeichnung “Corona” in der Planetologie hat nichts mit dem Virus zu tun (der seinen Namen ja selbst von einem astronomischen Phänomen bekommen hat). Sondern vom lateinischen Begriff für “Kranz” oder “Krone”. Und genau so sieht eine Corona auf der Venus auch aus:

Fotla Corona auf der Venus, Durchmesser etwa 200 km (Bild: NASA/JPL)

Coronae sind kreisförmige Strukturen, die oft von Ringwällen umgeben sind, “pfannkuchen”förmige Erhebungen in der Mitte haben können und ein wenig “zersplittert” aussehen. Zuerst dachte man, es könnten vielleicht Einschlagskrater sein. Sind es aber nicht. Es handelt sich um das Resultat eines “Mantel-Plumes”; vereinfacht gesagt heißes Material das aus dem Inneren des Planeten aufsteigt, von unten gegen die Kruste drückt, sie ein wenig aufwölbt und wenn dann später alles abkühlt fällt es in sich zusammen und eine Corona entsteht.

Das ist, wie gesagt, das simple Bild. Wie das etwas kompliziertere Bild aussieht, haben Gülcher und ihre Kollegen in ihrer Arbeit untersucht. Mit komplexen Computersimulationen die genau berücksichtigen was wann wie lange und wo unter welchen Bedingungen aufsteigt, und so weiter. Ziel war es, die Vielfalt der beobachteten Coronae auch im Modell zu reproduzieren um besser zu verstehen, was in der Venus abgegangen ist als die Dinger entstanden sind. Das hat sehr gut geklappt. Was Gülcher et al damit auch herausfinden konnten, war das Alter der Coronae. Und stellten fest: Einige davon sind quasi gar nicht “alt” sondern könnten noch aktiv sein. Nicht “aktiv” im Sinne von “gleich spritzt Lava oben raus”. Aber aktiv wie ein schlafender Vulkan hier auf der Erde aktiv ist. Der tut zwar auf den ersten Blick auch nix, im Erdinneren darunter geht aber immer noch einiges ab.

Manche der Coronae auf der Venus sind also immer noch in Entstehung begriffen. Das ist schon für sich ein sehr beeindruckendes Resultat. Es könnte aber auch erklären, warum die Venus so ausschaut, wie sie ausschaut. Sehr jung nämlich! Auf der Erde finden wir Bereiche der Oberfläche die Milliarden Jahre alt. Mond, Mars, Merkur, etc zeigen Oberflächen die ebenso alt oder noch älter sind. Die Oberfläche der Venus ist aber höchstens ein paar hundert Millionen Jahre alt. Was man unter anderem daran erkennt, dass dort kaum Einschlagskrater zu finden sind. Es muss also Prozesse geben, die regelmäßig für eine komplette Umgestaltung der Venusoberfläche sorgen (landläufig auch “Weltuntergang” genannt). Vielleicht passiert das aber gar nicht global und auf einmal. Sondern quasi stückweise, immer entlang der gerade aktiven Mantelplumes und der resultierenden Coronae.

Es ist wie so oft in der Wissenschaft und gerade der Astronomie: Wir werden erst dann mehr wissen, wenn wir uns die Sache genauer anschauen können. Was wir bei der Venus noch nicht sehr ausführlich getan haben. Von 2006 bis 2014 war “Venus Express” in einer Umlaufbahn; seitdem gab es keine spezielle Venusmission mehr. Und gelandet ist auf der Venus seit 1985 keine Raumsonde mehr (und das was bis dorthin gelandet ist, hat meistens nicht lange überlebt – immerhin hat es dort fast 500 Grad Celsius). Es ist also längst an der Zeit, auch unserem anderen Nachbarplaneten wieder einen Besuch abzustatten. Die Venus ist schwerer zu erforschen als der Mars. Aber es lohnt sich!

Kommentare (2)

  1. #1 Fluffy
    12. August 2020

    Sieht aus wie Fossi Bär

  2. #2 Jens
    12. August 2020

    Also ist der R-Faktor sehr niedrig?