Als ich vor vier Jahren meine erste Serie über Klimamythen geschrieben habe, hat sie mit genau diesem “Argument” geendet: Es ist schon von viel zu spät, etwas gegen den Klimawandel zu tun. Und damit endet auch die aktuelle Serie über die neuen Klimamythen. Denn diese Behauptung war damals falsch und ist es heute immer noch.

Über eines müssen wir uns im Klaren sein: Irgendwann wird es zu spät sein. Es ist auf jeden Fall schon zu spät, die Klimakrise komplett zu verhindern. Das hätten wir vielleicht noch schaffen können, wenn wir uns nach der ersten Weltklimakonferenz im Jahr 1979 zusammengerissen hätten. Oder nach dem Bericht “Die Grenzen des Wachstums” des Club of Rome aus dem Jahr 1972. Das haben wir aber nicht. Deswegen stecken wir nun eben auch mitten in einer in der Geschichte der Erde bisher beispiellosen schnellen und heftigen Veränderung des Klimas. Einer Veränderung, die negative Folgen auf unser Leben auf dem Planeten haben wird. Das können wir nicht verhindern. Wir KÖNNEN aber verhindern, dass diese Folgen katastrophal werden. Wir können das beim Pariser Abkommen beschlossene Ziel, die Erwärmung der Erde gegenüber der vorindustriellen Zeit auf 1,5 Grad zu beschränken, noch erreichen. Und damit zum Beispiel unsere Chancen erhöhen, dass nicht zu viele Kippelemente im Klimasystem ausgelöst werden. Was wir dringend verhindern sollten!

Ich bin nur einer. Kann ich was tun oder nicht?

Mittlerweile ist es nicht mehr einfach, dieses Ziel zu erreichen. Aber es ist nicht unmöglich. Wir müssen halt JETZT SOFORT anfangen, etwas zu tun. Aber, höre ich da schon den einen oder die andere sagen, wie soll das denn gehen? Ich, als einzelner Mensch, kann doch nichts tun, was irgendeinen Einfluss hat. Und die Politik tut halt nix, was soll man da machen?

Diese fatalistische Einstellung ist nicht völlig ohne Grundlage. Aber sie ist auch nicht angebracht. Denn auch als einzelner Mensch hat man Einfluss! Es ist ein bisschen so wie beim vorherigen Artikel dieser Serie: Ein Land wie Deutschland oder Österreich hat zwar nur einen geringen Anteil an den globalen CO2-Emissionen. Aber daraus folgt nicht, dass sich so ein Land komplett aus der Angelegenheit raushalten kann. Für uns einzelne Menschen gilt das genau so. Ja, es stimmt schon: Ob ich persönlich jetzt mit dem Fahrrad durch die Gegend fahre oder mit einem SUV, interessiert das Weltklima genau gar nicht. Aber es geht ja nicht nur um mich, es geht um mich und alle anderen Menschen auf dieser Welt. Wir haben das CO2 ja auch alle gemeinsam in die Atmosphäre gebracht. Mit jeder Autofahrt, die wir als Individuen in den letzten Jahrzehnten unternommen haben, mit jedem Flugzeug das wir bestiegen haben. Mit den Produkten die wir gekauft haben, mit der Nahrung, die zu kaufen und zu essen wir uns entschieden haben. Mit den politischen Parteien, die wir gewählt haben. Und so weiter: Unzählige einzelne Entscheidungen, über Jahrhunderte hinweg, haben uns in die Situation gebracht, in der wir jetzt sind. Und wir müssen auch alle gemeinsam wieder einen Weg dort raus finden.

Man muss allerdings aufpassen: Die Klimakrise ist ein so umfassendes und gewaltiges Problem, dass eine Lösung ohne maßgebliche Eingriffe von “der Politik”, “der Wirtschaft”, usw nicht erreicht werden kann. Aber das sind ja keine un/übermenschlichen Wesenheiten. Wir alle sind – zum Teil – “die Politik” und “die Wirtschaft”. Wenn wir in ausreichender Zahl darauf bestehen, bestimmte Produkte nicht mehr zu kaufen und dafür andere schon, dann hat das Auswirkungen auf das, was “die Wirtschaft” produziert. Wenn wir in ausreichender Menge die eine Partei wählen und die andere nicht, ändern wir “die Politik”. Und so weiter. Es ist absolut nicht zulässig, wenn diejenigen, die in der Lage sind entsprechend globale Entscheidungen zu treffen, die Verantwortung auf die einzelnen Menschen abzuwälzen. Die Politik muss mehr tun, als schicke Kampagnen zu entwerfen, die Menschen davon überzeugen soll, die Kühlschranktür nicht offen zu lassen oder weniger Essen wegzuwerfen (oder was auch immer da für entsprechende Kampagnen existieren). Die Politik und die anderen entscheidenden Gremien der Welt müssen handeln. Woraus aber ebenso wenig folgt, dass wir als Individuen das nicht tun müssen und vor allem nicht folgt, dass wir diese Handlungen nicht einfordern können.

Bleiben wir zuerst noch einmal bei dem, was man tatsächlich als einzelner Mensch tun kann und/oder soll. Dazu gibt es eine nette Forschungsarbeit von Seth Wynes und Kimberly Nicholas von der Uni Lund in Schweden. In “The climate mitigation gap: education and government recommendations miss the most effective individual actions” haben sie sich angesehen, welche Auswirkungen auf das Klima verschiedene individuelle Aktionen haben und wie das mit den diversen Empfehlungen offizieller Stellen zusammen passt. Sieht man sich die Liste an, dann steht an erster Stelle der effektiven Maßnahmen der Verzicht auf ein Auto. Das spart pro Jahr und Person im Schnitt 2,5 Tonnen CO2-Emissionen. Das ist ein durchaus relevanter Anteil an den circa 9,5 Tonnen CO2, die pro Kopf in Deutschland in jedem Jahr emittiert werden (und ein noch größere Anteil an den circa 8 Tonnen pro Kopf und Jahr in Österreich). Fast ebenso effektiv ist der Verzicht auf einen transatlantischen Flug (~1,5 Tonnen CO2). Ebenfalls unter die Maßnahmen mit “großen Auswirkungen” einsortiert wurden Aktivitäten wie der Wechsel auf grüne Energie und auf eine vegane Ernährung. Eher weniger individuelle Aktionen sind Dinge wie der Verzicht auf Wäschetrockne oder der Einsatz effektiverer Glühbirnen.

Bild: Wynes & Nicholas (2017))

(Kurzer Einschub: Eigentlich steht auf Nummer 1 der Liste: “Have one fewer child”. Das habe ich ausgeklammert; das ist wieder eine völlig andere Diskussion, die zum Teil auch hier geführt wurde, zum Teil auch sehr komplex ist: Denn auch die Zukunft braucht Menschen; vor allem Menschen, die sich ums Klima kümmern.)

Wir können nicht erwarten, dass sich irgendetwas ändert, wenn wir selbst uns nicht ändern. Würden wir alle auf unsere Autos verzichten, würden wir alle die unnötigen Flugreisen sein lassen, und so weiter: Dann hätte das einen relevanten Einfluss auf das Klima. Wenn wir aber nur darauf warten, dass die anderen was tun, bevor wir selbst etwas tun, dann wird aber genau gar nichts passieren. Und keine Sorge: Ich bin nicht so naiv, zu glauben, dass mit ein paar schönen und dramatischen Worten alle Menschen auf einmal zu radfahrenden Veganerinnen und Veganern werden. Es wird – wie weiter oben gesagt – auch politische Entscheidungen brauchen. Aber, und auch das ist wissenschaftlich untersucht: Wir Menschen orientieren uns an anderen Menschen. Dort wo eine Person ein klimafreundliches Leben führt, sind andere eher bereit, sich auch so zu verhalten. “Sei ein Vorbild!” ist also nicht nur eine pathetische Forderung, sondern tatsächlich eine Strategie, die man verfolgen kann.

Auch mit dem Fahrrad kommt man vorwärts

Die Klimakrise ist ein globales, umfassendes und komplexes Problem, das alle Menschen in allen Lebensbereichen trifft. Es ist daher nicht überraschend, dass es nicht die eine Lösung gibt. Wir müssen die Krise mit jeder Menge großen und kleinen Strategien angehen; es braucht den Willen aller einzelnen Menschen und viele individuelle Veränderungen in unserem Alltag. Und es braucht die großen, politischen Entscheidungen. Und genau die können wir auch als Individuen mit beeinflussen. Greta Thunberg ist das beste Beispiel dafür: Eine Schülerin, die alleine vor dem Parlament in Stockholm zu demonstrieren begonnen hat, hat mittlerweile eine globale Klimaschutzbewegung ausgelöst, die mit ihren jetzt sehr vielen beteiligten Menschen, durchaus auch Einfluss auf die politischen Entscheidungen hat.

Die Klimakrise ist noch nicht durch. Es ist tatsächlich noch nicht zu spät. Wer sagt, es gäbe keine Hoffnung mehr, hat entweder keine Ahnung oder will nur von den Maßnahmen ablenken, die wir ergreifen müssen. Wir müssen sie aber auch ergreifen! Besser heute als morgen. Verzichtet doch mal auf das Auto. Lasst mal das Fleisch beim Essen weg. Und wenn ihr jetzt denkt: Ja, aber der öffentliche Verkehr bei mir ist so mies. Oder: Ich kann mir die teuren veganen Sachen nicht leisten. – ja, dann kann man überlegen, sich dafür einzusetzen, dass zu ändern! Es ist ja kein Naturgesetz, dass Zug und Bahn unpünktlich und überfüllt sein müssen. Es ist nicht gottgegeben, dass überall Straßen für Autos existieren, aber keine brauchbaren Radwege und Bahnlinien. Das sind politische Entscheidungen und die kann man beeinflussen! Man kann sich engagieren, man kann demonstrieren und man kann protestieren. Es gibt genug Menschen, die genau das tun, und die man unterstützen kann.

Es gibt natürlich Fridays for Future, in Österreich, in Deutschland und der Schweiz. Es gibt Scientists for Future, Parents for Future, Entrepreneurs for Future und jede Menge andere Unterstützergruppen. Es gibt Extinction Rebellion, Germanwatch, den BUND und unzählige globale, regionale und lokale Gruppen und Organisationen. Da findet sich sicher irgendwo eine, die zu euch passt. Oder geht direkt in die “etablierten” Partien: Sie sind es ja, die derzeit die Politik machen. Und dort kann man die Politik auch direkt mitgestalten. Je mehr Leute in die Parteien eintreten, denen Klimaschutz wichtig ist, desto eher wird dieses Thema mehr Aufmerksamkeit bekommen. Das muss jetzt übrigens nicht heißen, dass alle bei den Grünen eintreten sollen! Geht in die SPD, die CDU oder die FDP. Geht zur ÖVP, zur SPÖ oder zu den NEOS (bei den rechtsextremen Parteien ist es wohl eher aussichtslos). Oder welche Parteien in euren Ländern halt eben existieren und wo ihr euch ideologisch zu Hause fühlt. Klimaschutz muss ein parteiübergreifendes Interesse sein; wir werden nur dann vorwärts kommen, wenn allen politischen Strömungen bewusst ist, dass hier etwas getan werden muss. Wenn ihr keine Zeit dafür habt, dann spendet den Organisationen Geld. Wenn ihr kein Geld habt, dann fragt, wie ihr ansonsten helfen könnt. Es gibt mehr als genug Möglichkeiten, etwas zu tun. Wir haben noch eine Chance. Wir dürfen allerdings nicht mehr warten. Wenn wir etwas tun wollen, dann müssen wir es jetzt tun!

Die komplette Serie

Kommentare (24)

  1. #1 Mr. Horn
    28. Juli 2021

    “Avoid ONE transatlantic flight” ist fast 3/4 von “Live Car Free”? Ich wusste schon das Fliegen eine Sauerei ist, aber das es eine DERMASSEN gewaltige Sauerei ist, habe ich bis jetzt noch in keiner Grafik gesehen.

    Heißt: Wenn ich nach New York UND ZURÜCK fliege verbrauche ich schon mehr CO2 als ich jemals in meinem Leben mit meinem Auto zusammenfahren könnte…? Im Prinzip sollte man daraus ziehen, dass man das Fliegen am besten komplett einstellen sollte oder entsprechend besteuert, dass halt ein Flug gleich 40.000 EUR kostet.
    Das wäre einer der logischen und sehr notwendigen Schritte, die nötig wären, um die Klimawende herbeizuführen. Jeder Politiker, der sowas jemals vorschlagen würde, kann sich auf eine sehr kurze Karriere einstellen.

    Ich gebe zu: Ich bin vom Fatalismus befallen. Klar kann ich ab sofort aufhören zu fliegen. Klar kann das ein paar Menschen beeinflussen. Aber (um beim Beispiel zu bleiben) werden wir jemals soweit kommen, das ganze Nationen auf das Fliegen verzichten? Freiwillig? Ohne dass dann die neuen Rechten kommen und den Deppen wählen der schreit “gebt uns unsere Freiheit zurück”? Ich denke nicht – viele Menschen wollen einfach ihre “Freiheit” und nehmen Umweltzerstörung dafür gerne in Kauf. Und das ist soooo deprimierend.

  2. #2 hto
    28. Juli 2021

    @Mr. Horn

    Den Menschen müsste mehr Zeit und kürzere Wege gegeben werden können, dann hätten wir eine Chance. Aber darüber darf und kann hier nicht kommunizieren werden!?

  3. #3 libertador
    28. Juli 2021

    @ Mr. Horn
    Am Rand der Graphik steht “per year”. Es ist ein transatlantischer Flug pro Jahr gemeint.

  4. #4 Michelle
    28. Juli 2021

    Ich habe letztens in einem interessanten Essay die Argumentation gelesen, dass “die Politik” aktuell kaum effektiv handeln kann – selbst dort, wo sie die Notwendigkeit der Veränderung erkannt hat. Weil jedes Handeln, das für den Klimaschutz wirklich einen Unterschied machen würde, letzten Endes eine große Veränderung bewirken wird und muss. Und Veränderungen erzeugen bei der Mehrheit Angst und Ablehnung. Man sieht das, wenn man Diskussionen zum Thema “Autoverkehr verringern”, “Flugsteuer”, “fleischloser Tag in der Kantine”, “Fast Fashion” etc verfolgt.

    Solche Reaktionen finden sich ja auch durchaus bei Leuten, die sich prinzipiell um Klimaschutz kümmern. Ich habe da x Beispiele im Freundeskreis, die halt wahlweise den Flug in den Sommerurlaub, den 200m²-Neubau im Speckgürtel oder das zweite Auto für nicht diskutierbar halten, auch wenn sie Klimaschutz sehr wichtig finden (und ich habe selbst auch genug dieser Punkte, nicht, dass das jetzt falsch rüber kommt).

    Parteien haben aber zuallererst ein Interesse daran, wiedergewählt zu werden. Weltrettung kommt erst am zweiter Stelle. Also entsteht, was wir heute live und in Farbe sehen: lauter faule Kompromisse und das Versprechen der neuen Technologien, die jegliche Verhaltensänderung überflüssig machen werden, so dass die Umwelt gerettet werden kann, ohne dass irgendjemand etwas verändern muss.

    Damit will ich nicht den Fatalismus fördern, sondern im Gegenteil unterstreichen, dass der einzige Weg nach vorne der von Florian beschriebene ist: das umzusetzen und auch deutlich zu vertreten, was einem selbst wichtig bzw machbar erscheint. Nur so kann sich ja ein gesellschaftliches Gesamtbild und damit auch die Politik dahinter wandeln. Wenn jeder das ändert, was ihm persönlich leicht fällt, ist schon viel gewonnen – zum einen natürlich direkt, zum anderen aber auch, weil so eine kritische Masse entstehen kann, die Veränderungen in Gang bringt, die es der nächsten Gruppe leichter machen, diese Änderung zu vollziehen.

    Klimawandel ist ja nicht binär. Jedes bisschen Umstellung wird am Ende helfen, auch wenn es nicht für das griffige 1,5°-Ziel reicht. Und sei es nur auf persönliche Ebene, weil man dann mit trainierten Radlerbeinen in eine Welt startet, in der das Benzin auf Grund diverser geopolitischer Probleme nicht mehr regelmäßig an die Tankstelle geliefert werden kann 😉

  5. #5 Rainer
    Wien
    28. Juli 2021

    Der Luftverkehr macht 3,5% des CO2 Ausstoßes aus, die Bekleidungsindustrie ~10%; wenn wir also nur halb soviel Gewand kaufen…

  6. #6 Rainer
    Wien
    28. Juli 2021

    “Buy green energy” setzt voraus, dass es davon genug gibt, sonst bleib es eine Milchmädchenrechnung.
    Dann verbrauchen eben Andere den Kohlestrom aus Polen und Deutschland. (ja, eh nur bis 2050/39)

  7. #7 Niklas
    28. Juli 2021

    Spontan hätte ich erwartet, dass die durch “Have one fewer child” erreichte jährliche CO2-Einsparung die Hälfte des jährlichen pro-Kopf-Ausstoßes beträgt. Oder vielleicht ca das 1.5 fache davon, weil das potentielle Kind nach dem Tod der Eltern noch ein paar Jahrzehnte lebt und CO2 produziert. Aber in der Grafik steht ja ein sehr viel höherer Wert. Anscheinend wurde dort nicht nur der direkt vom Kind verursachte Ausstoß angegeben, sondern dazu noch anteilig der von allen Nachfahren des Kindes addiert. Das finde ich ein bisschen fragwürdig.

  8. #8 Rainer
    Wien
    28. Juli 2021

    Großes Sparpotenzial, das nicht erwähnt wurde, sehe ich in der Rüstungsindustrie.
    Würde man zu Faustkeil und Knüppel zurückkehren, statt Panzern, Abfangjägern und Raketen, könnten die vielen Stellvertreterkriege wesentlich umweltfreundlicher gestaltet werden.
    Vielleicht könnte man in einem ersten Schritt das Umwelt-Budget der einzelnen Staaten mit dem Verteidigungsbudget tauschen.

  9. #9 Jens
    28. Juli 2021

    Der Kommentar von Michelle#3 ist sehr gut. “Die Politik” und “die Wirtschaft” können die Präferenzen der ganzen Individuen nicht ignorieren und auch nicht einfach so ändern (bloß nicht über Nudging reden ^^).

    Aber grundsätzlich ist es natürlich richtig: wenn alle es schaffen ihre persönlichen Verhaltensweisen, die einen großen negativen Beitrag leisten, einzuschränken oder abzuschaffen, dann wird die Summe dieser negativen Beiträge kleiner (große Erkenntnis, ich weiß).

    Was damit natürlich noch nicht verschwindet, ist zum einen das Problem, dass man damit keine konkreten Ziele einhalten kann (das kann man als Feature “jedes bisschen hilft” oder als Bug “praktisch jeder Kipppunkt ist erreichbar” verkaufen).

    Und was auch nicht verschwindet, ist das Problem der Vergleichbarkeit der individuellen Bedürfnisse und Möglichkeiten. Also vom “jedes bisschen hilft” führt eigentlich kein direkter Weg zum “Ich muss über den Atlantik fliegen, aber du nicht (oder vice versa)”.

  10. #10 Mr. Horn
    28. Juli 2021

    @libertador
    Danke, also ein Hin- und Rückflug wäre mehr als man in einem Jahr zusammenfährt. Das klingt machbarer.

    Gute Punkte auch von @Michelle. Es muss erst ein gesellschaftliches Umdenken erfolgen und eine Kultur des Umweltschutzes gelebt werden, bevor sich politisch radikale Ideen umsetzen ließen.

    “Kultur kann man nicht vorschreiben oder zerstören. Man kann sie nur vorleben. Wird sie von allen vorgelebt, wird sie zum Manifest.”

    Und hier wird die Diskussion philosophisch, weil ich überzeugt bin, dass die Natur des Menschen uns davon abhalten wird, dass wir rechtzeitig unsere Kultur stark genug ändern, um die Katastrophen abzuwenden. Ähnlich wie Michelle, hab auch ich meine Punkte, die ich schlicht nicht abgeben WILL – ich glaube ein Großteil der Gesellschaft hat das.

    Das heißt nicht, dass wir es nicht versuchen sollten und ich auch so Umweltbewusst wie möglich sein will. Ich bin trotzdem davon überzeugt: Egal, wie sehr wir es versuchen werden, wir werden es nicht schaffen – es widerspricht der menschlichen Natur.

  11. #11 Captain E.
    28. Juli 2021

    @Rainer:

    Großes Sparpotenzial, das nicht erwähnt wurde, sehe ich in der Rüstungsindustrie.
    Würde man zu Faustkeil und Knüppel zurückkehren, statt Panzern, Abfangjägern und Raketen, könnten die vielen Stellvertreterkriege wesentlich umweltfreundlicher gestaltet werden.
    Vielleicht könnte man in einem ersten Schritt das Umwelt-Budget der einzelnen Staaten mit dem Verteidigungsbudget tauschen.

    Das funktioniert allerdings auch nur, wenn sich alle darauf einigen. Mit Speeren und Knüppeln gegen Panzer und Flugzeuge antreten zu müssen, macht überhaupt keinen Spaß.

    Clausewitz sagte einst: “Krieg ist Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln.

    Ich sage dazu: “Fußball ist Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln.”

    Da kann man mit viel weniger schlimmen Folgen seine Heimatgefühle kundtun und über die anderen Nationen triumphieren.

    Allerdings fiele mit dem Militär heutiger Prägung auch viel an Naturschutz weg. Auf Truppen- und Standortübungsplätzen wird nicht gedüngt oder gespritzt, und die Menschenmassen aus der restlichen “Natur” trampeln dort auch nicht alles platt. Solange also Übungsgelände gebraucht werden, verteidigen Soldaten diesen Zustand notfalls mit Schusswaffengebrauch.

  12. #12 Curiosity
    28. Juli 2021

    Verhaltensänderung anzutreiben ist ein ehrenwertes Unterfangen. Allerdings habe ich wenig Hoffnung dass wir damit genug Menschen ins Boot holen um eine nennenswerte Kurskorrektur auf die ungünstige Entwicklung des Klimas anzustoßen.

    Letztlich werden es wohl weitsichtige Forscher und Tüftler sein, die uns ermöglichen unseren Lebensstandard mithilfe von klimaschonenden Technologien weitestgehend zu bewahren, die über unser Schicksal entscheiden.

    Was natürlich keine Entschuldigung dafür sein darf die Hände in den Schoß zu legen und auf die technische Erlösung zu hoffen.

  13. #13 Kyllyeti
    28. Juli 2021

    @ Captain E.

    Auf Truppen- und Standortübungsplätzen wird nicht gedüngt oder gespritzt, und die Menschenmassen aus der restlichen “Natur” trampeln dort auch nicht alles platt.

    Na, ja … gelegentlich wird dann aber auch das ökologisch wertvolle Gelände versehentlich während eines Dürresommers abgefackelt.
    Andererseits sind aber auch die vielen nicht einsatzbereiten Fahr- und Fluggeräte der Bundeswehr ein großer Beitrag zum Klimaschutz, weil dadurch vergleichsweise deutlich mehr als im zivilen Bereich an CO2-Ausstoß vermieden wird.

  14. #14 jj42
    28. Juli 2021

    Lese ich die Grafik richtig? Ein Kind braucht in Japan 20t CO2 pro Jahr, in den USA gar 120? Wie kommt das zustande, so verglichen mit den 9,5t in Deutschland im Schnitt?

    Ansonsten: seit Corona fahre ich wegen Homeoffice nur noch etwa einmal pro Woche ins Büro – hier liegen für Angestellte reichlich Einsparpotentiale brach, bei mir nur noch 5000km pro Jahr statt 25000…

  15. #15 knorke
    28. Juli 2021

    Das ist mein Lieblingsklimamythos. Und irgendwie die Antithese zum alten Witz um den Mann der vom Hochhaus springt und auf Höhe vom 12 Stock sagt: “Soweit so gut”.

  16. #16 Captain E.
    28. Juli 2021

    @Kyllyeti:

    Na, ja … gelegentlich wird dann aber auch das ökologisch wertvolle Gelände versehentlich während eines Dürresommers abgefackelt.

    Denkst du gerade an das Moorgebiet in Niedersachsen oder den (aufgelassenen) Übungsplatz im Osten? Nun ja, ab und an ein Feuerchen tut der Natur eher gut. Brände in der Natur werden ja eigentlich auch nur deshalb bekämpft, weil dadurch Menschen in Gefahr geraten.

    Andererseits sind aber auch die vielen nicht einsatzbereiten Fahr- und Fluggeräte der Bundeswehr ein großer Beitrag zum Klimaschutz, weil dadurch vergleichsweise deutlich mehr als im zivilen Bereich an CO2-Ausstoß vermieden wird.

    Nur, solange keiner auf die dumme Idee kommt, uns überfallen zu wollen, weil unsere Truppen nicht einsetzbar sind.

    Jetzt nach der großen Flut hat die Bundeswehr aber zum Glück etliche Fahrzeuge, darunter Büffel, Mammuts, Dingos, Füchse und Dachse, rausschicken können. Den einen oder andere NH90 oder H145M konnte man aber auch im Einsatz beobachten.

  17. #17 Kyllyeti
    28. Juli 2021

    @ Captain E.

    Nun ja, ab und an ein Feuerchen tut der Natur eher gut.

    Nun ja, in mitteleuropäischen Forsten kann es sehr vorteilhaft sein, weil dann der Biorkenkäfer nicht mehr zuschlagen kann.

  18. #18 Inuken
    Berlin
    28. Juli 2021

    Das Problem ist immer das Gefangenen-Dilemma der Situation. Und die Befürchtung, dass man am Ende was geopfert hat ohne, dass es einen Effekt hatte.

  19. #19 Niklas
    28. Juli 2021

    @jj42:
    Nein. Ich hatte das weiter oben in Kommentar #7 schon angerissen. In dem Artikel aus dem diese Grafik stammt, steht

    For the action ‘have one fewer child,’ we relied on a study which quantified future emissions of descendants based on historical rates, based on heredity (Murtaugh and Schlax 2009). In this approach, half of a child’s emissions are assigned to each parent, as well as one quarter of that child’s offspring (the grandchildren) and so forth.

    Wie genau dabei diese Zahlen zustande kommen, habe ich leider noch nicht nachlesen können, weil der Artikel von Murtaugh und Schlax nicht open access ist.

  20. #20 Bluesze
    Sankt Florian
    29. Juli 2021

    Ich befürchte, dass die Evolution ihren Gewinnern eines nicht gelehrt hat: Verzicht.
    Mit anderen Worten: Der Einzelne verhält sich in der Klimadebatte genauso auf die kurzfristige Befriedigung bedacht, wie ein Süchtiger. Verzichtet wird erst dann, wenn der Leidensdruck groß genug ist. Der große Unterschied ist der, dass sich, am Beispiel eines Alkoholikers etwa, die Leber nach der leidenserzwungenen Abstinenz wieder regeneriert. Das tut das Klima nach dem Erreichen der Kipppunkte nicht. Was tun?
    Ich persönlich glaube nicht, dass sich ein für Menschen geeignetes Klima auf dem Prinzip der Eigenverantwortung oder auf demokratischem Wege bewahren lässt. Es bräuchte eine mit umfangreichen Durchgriffsrechten ausgestattete Task-Force, die die notwendigen Änderungen (ähnlich dem Therapeuten des Süchtigen) autoritär durchsetzt. Ich weiß, dass das jetzt völlig abgehoben klingt, aber ich befürchte, es ist ein entweder/oder. Entweder Untergang in Freiheit oder Überleben nach Anweisung.

    Wie wir diesen Therapeuten/Diktator/langfristig untragbaren Zustand von Machtkonzentration nach erfolgreicher Therapie wieder loswerden, weiß ich allerdings auch nicht….

  21. #21 Rainer Kirmse
    Altenburg
    31. Juli 2021

    Zum Erdüberlastungstag eine Wachstumskritik:

    WACHSTUMSWAHN

    Man produziert und produziert,
    Plündert Ressourcen ungeniert.
    Gewinnmaximierung ist Pflicht,
    Die intakte Natur zählt nicht.
    Börsenkurse steh’n im Fokus,
    Umweltschutz in den Lokus.

    Plastikflut und Wegwerftrend,
    Man konsumiert permanent.
    Nur unser ständiges Kaufen
    Hält das System am Laufen;
    Unendliche Konsumfreiheit,
    Keine Spur Enthaltsamkeit.

    Unser westlicher Lebensstil,
    Ein fragwürdiges Menschheitsziel;
    Die Jagd nach ewigem Wachstum
    Bringt letztlich den Planeten um.

    Das oberste Gebot der Zeit
    Muss heißen Nachhaltigkeit.
    Statt nur nach Profit zu streben,
    Im Einklang mit der Natur leben.

    Rainer Kirmse , Altenburg

    Herzliche Grüße aus der Skatstadt

  22. […] Zum Kommentieren: Florian Freistetter hat nebenan eine ganze Serie zu „Klimamythen“ geschrieben. Diskussionen zum Klimawandel selbst sind dort besser aufgehoben als […]

  23. #23 Stefan Zander
    Oberkirch
    4. August 2021

    Schon richtig. Klimaschutz fängt bei einem selbst an. Die Frage ist nur: Wieviel muss die einzelne Person oder der Staat in dem Bewusstsein leisten, dass mind. 80 % der Menschheit noch nicht mal eine Vorstellung der eigenen Ambition haben ? Woher kommen denn der Großteil der Emissionen und des Mikroplastiks ? Wir benutzen Papiertüten, ist ja super. Nur, es macht keinen Unterschied, weil Tonnen von Plastik den Ganges runterschwimmen. Wenn FFF denn so ein Interesse am Planeten hat, warum fangen die Kids nicht an, vor den Botschaften dieser Monsterverschmutzer-Länder an zu demonstrieren ? Das Klima retttet man nicht in Deutschland. Die Ozeane auch nicht.