Vor zwei Jahren haben Frass et al. eine Studie zur Lebensqualität und zum Überleben bei Lungenkrebs in der Zeitschrift Oncologist veröffentlicht, nach der eine homöopathische Zusatzbehandlung zu erstaunlich positiven Effekten geführt hat. Das hatte das „Informationsnetzwerk Homöopathie (INH)“ dazu gebracht, sich die Studie und die zugrunde liegenden Daten genauer anzusehen – und zu dem Verdacht geführt, dass es bei der Studie vermutlich zu Datenmanipulationen gekommen ist.

Das ist ein schwerwiegender Vorwurf, weil es hier nicht mehr nur darum geht, ob gutgläubige Homöopathen einer selektiven Wahrnehmung zum Opfer gefallen sind, sondern ob eine bewusste Täuschung vorliegt, also wissenschaftliches Fehlverhalten. Die Studienkritiker um Norbert Aust haben die Zeitschrift und Medizinische Universität Wien, die Uni von Michael Frass, auf ihre Prüfungsergebnisse hingewiesen. Die Presse hatte damals bereits darüber berichtet.

Jetzt scheint sich der Manipulationsverdacht zu bestätigen, wie das Informationsnetzwerk Homöopathie und die Skeptikerbewegung unter Berufung auf die „Österreichische Agentur für wissenschaftliche Integrität“ (ÖAWI) schreiben. Das Magazin „Profil“ berichtet in seiner Ausgabe 43 vom 23.10.2022 ebenfalls darüber. Die Studienkritik ist beim INH nachzulesen und soll hier nicht wiederholt werden.

Der verantwortliche Studienautor Michael Frass widerspricht dem Manipulationsvorwurf in dem Profil-Beitrag vehement. Vielleicht glaubt Michael Frass wirklich, er habe die Daten nicht manipuliert, sondern nur begründete und im Artikel nicht weiter erläuterungsbedürftige Anpassungen vorgenommen. Es gibt ja genügend Beispiele dafür, dass ein unguter Umgang mit Daten nicht immer durch eine scharfe Trennlinie zwischen selektiver Wahrnehmung und bewusster Täuschung gekennzeichnet ist, sondern auch ein Nebelfeld sein kann.

Was der Fall aber einmal mehr zeigt: Im peer review kann es notwendig sein, sich intensiv mit den Daten selbst und nicht nur mit dem Artikel-Manuskript zu beschäftigen. Das macht Arbeit und unterbleibt deshalb nicht selten. Oft kommt es dazu erst im Zusammenhang mit Replikationsstudien, die scheitern.

Die Begutachtung von Manuskripten für medizinische Zeitschriften ist eine unbezahlte kollegiale Unterstützung, kein professionelles Prüfgeschäft. Sie ist ein Beitrag zur Qualitätssicherung von wissenschaftlichen Publikationen, nicht mehr und nicht weniger. Auch darüber wurde schon viel geschrieben. Insofern sind der Artikel von Frass et al. und seine Publikation keine skandalöse Ausnahme, sondern ein Fall unter vielen. Die Zeitschrift Oncologist sollte jetzt prüfen, ob die Zweifel an der wissenschaftlichen Fundierung der Aussagen von Frass et al. ein Zurückziehen des Artikels notwendig machen. So weit ich die Kritik an der Studie und die Entgegnung von Michael Frass nachvollziehen kann, meine ich: Es führt kein Weg an einem Zurückziehen vorbei. Wie gesagt, das ist nicht gleichbedeutend damit, dass Michael Frass bewusst getäuscht hat, es reicht, dass er sich im Nebel nicht zurechtgefunden hat.

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Edit 28.10.2022: Der Profil-Artikel ist jetzt auch ohne Paywall erreichbar, Link ersetzt.

Kommentare (31)

  1. #1 lioninoil
    27. Oktober 2022

    Eine sachliche Aussage “The results of this study suggest that homeopathy positively influences both QoL and survival.”
    die die H. als Ergänzungstherapie rechtfertigt.

    Der Grat der Rechtschaffenheit ist schmal!

  2. #2 RPGNo1
    27. Oktober 2022

    Was der Fall aber einmal mehr zeigt: Im peer review kann es notwendig sein, sich intensiv mit den Daten selbst und nicht nur mit dem Artikel-Manuskript zu beschäftigen.

    In verschiedenen Diskussionen, die in Foren/Blogs gelesen bzw. mich auch selbst eingebracht habe, wird dieser Punkt auch immer wieder angebracht. Ein eingereichter Artikel mag den vorgegebenen Rahmen, Regeln und Formalismen genügen. Wenn man aber detaillierter auf den Inhalt eingeht, dann werden Lücken, Auslassungen und auch Unwahrheiten sichtbar, die selbst einem Fachlaien ins Auge springen. Oder der Text ist so gehalten, dass nach kurzer Lesezeit klar wird, dass es nicht um neue Erkenntnisse oder Wissensvermittlung geht, sondern eine ideologische oder politische Agenda gepusht werden soll.

    Hier muss der Peer-Review deutlich besser werden.

    PS: Obige Beobachtungen beziehen sich ausschließlich auf seriöse Fachzeitschriften und nicht auf Raubverlage oder Zeitschriften, die offensichtlich nur zu dem Grund existieren, eine esoterische oder pseudowissenschaftliche Sichtweise zu verbreiten.

  3. #3 schlappohr
    27. Oktober 2022

    […]kein professionelles Prüfgeschäft.

    Professionell sollte es schon sein. Wer kann die Qualität eines Artikels besser beurteilen als Reviewer, die im selben Gebiet arbeiten? Die Frage ist nur, in welcher Tiefe man das Paper analysiert. Streng genommen müsste die ganze vorausgegangene Forschungsarbeit im Detail nachvollzogen werden, das ist kaum möglich und in den meisten Fällen auch nicht notwendig.

    Bei so kontoversen und zweifelhaften Themen wie Homöpathie et. al. muss das jedoch zwingend gemacht werden. Schließlich liegt da mit höchster Wahrscheinlichkeit irgendwo ein Hund begraben, und den es zu finden gilt.
    Man darf einem Forscher durchaus ein gewisses “Nebelfeld” bei der Interpretation der Daten zugestehen. Ist jedoch die ganze Problemstellung schon nebulös, dann fällt es schwer, eine Grenze zu ziehen zwsichen Interpretation und Willkür.

    • #4 Joseph Kuhn
      27. Oktober 2022

      @ schlappohr:

      “Professionell sollte es schon sein.”

      Im Sinne von fachlich qualifiziert, ja. Ich wollte sagen, dass es keine bezahlte Dienstleistung ist.

      “Die Frage ist nur, in welcher Tiefe man das Paper analysiert.”

      So ist es. Das hängt von ganz unterschiedlichen Faktoren ab, und man muss sich dazu Gedanken machen, und nicht zuletzt auch, ob man wirklich fachlich hinreichend kompetent ist.

  4. #5 2xhinschauen
    27. Oktober 2022

    Wobei man im vorliegenden Fall auch dann ein paar Inkonsistenzen findet (i.S.v. vorne steht dies und hinten steht was anderes), wenn man nur den reinen Text liest. Das hätte im Peer Review auffallen /müssen/, und selbst ein wohlgesonnener (vielleicht vom Autor selbst vorgeschlagener) Reviewer hätte das anmarkern müssen, schlicht um eine Blamage für sich selbst zu vermeiden.

    Eine These ist natürlich, dass die Studie nicht von Onkologen, sondern von Homöopathen begutachtet wurde. Wegen der Fachkunde, wissenschon.

  5. #6 RainerO
    27. Oktober 2022

    Wenn etwas zu schön ist, um wahr zu sein, ist es meist nicht wahr.
    Alleine schon die weit herausstechende Signifikanz dieser Studie hätte hellhörig machen sollen. Aber im Nachhinein kann man natürlich leicht “g’scheid daherreden”. Nur waren massive Zweifel an der Qualität schon unmittelbar nach der Veröffentlichung da. Warum nicht bei den Reviewern? Beurteilen die tatsächlich nur das saubere Arbeiten mit den Daten und nicht, wie diese Daten zustande gekommen sind?

  6. #7 Staphylococcus rex
    27. Oktober 2022

    Für eine kurze Beurteilung ist die Vorarbeit des INH sehr hilfreich (siehe Link oben im Artikel). Dabei fällt auf: Eine geplante Interventionsstudie wurde durch die nachträgliche Änderung des Studienprotokolls zur Beobachtungsstudie degradiert. Das ist deshalb wichtig, weil Beobachtungsstudien der Hypothesenbildung dienen, während Interventionsstudien der Hypothesenprüfung dienen und deshalb wesentlich strengere Kriterien haben.

    Damit eine Signifikanz gelingt wurde zusätzlich die Stichprobengröße geändert (von 600 Teilnehmern in 2 Armen auf 150 in 3 Studienarmen), dazu wurde exzessives Cherrypicking betrieben, indem die Ausschlusskriterien von 1 auf 21 erhöht wurden. Eine Einzelgruppe von 50 ist äußerst anfällig gegenüber Ausreißern, die Wahrscheinlichkeit, dass je 2 Ausreißer in der Verumgruppe und in der Kontrollgruppe jeweils in die „richtige“ (bzw. in die gewünschte) Richtung gehen ist 1/16.

    Die Änderung der Stichprobengröße und der Ausschlusskriterien kann man noch auf unterbewußte Denkprozesse bzw. auf Selbstbetrug schieben, die Änderung des grundlegenden Studiendesigns von einer Interventionsstudie hin zu einer Beobachtungsstudie, ohne dies entsprechend zu kommunizieren, ist dagegen grobes wissenschaftliches Fehlverhalten.

    Wäre Herr Frass ein Wissenschaftler, hätte er das aktuelle Machwerk als methodisch anfällige Beobachtungsstudie deklariert und mit dann unveränderbaren Parametern diese Studie mit ausreichender Probandenzahl (>>100 pro Studienarm) als echte Interventionsstudie wiederholt.

  7. #8 2xhinschauen
    27. Oktober 2022

    @RainerO

    Man wird es im vorliegenden Fall wohl nie erfahren. Ich spekuliere, dass dem Journal die ganze Sache vor allem peinlich war, nachdem sie den INH-Leserbrief hatten. Bestenfalls war das ein “Glitch”, ein einmaliger Aussetzer, den sie versucht haben, auszusitzen.

    Anderes Beispiel gefällig? An einer Stelle im Paper steht, dass die Probanden der Homöopathie- und der Placebogruppe zwei Jahre lang alle 9 Wochen zur Untersuchung und homöopathischen Anamnese einbestellt wurden und dabei jedesmal dieselben Fragebögen wie bei der Aufnahme in die Studie ausgefüllt haben. Diese Angabe wird nicht weiter aufgeschlüsselt. Im Ergebnisteil werden die Ergebnisse der schriftlichen Quality-of-Life-Befragungen aber nur für die ersten 18 Wochen berichtet.

    Das springt doch selbst dem wohlwollendsten Gutachter direkt ins Gesicht, wenn er oder sie das Manuskript Satz für Satz liest.

    Da muss man gar nicht wie das INH in die Tabellen und die ÖAWI in die Rohdaten eintauchen, wo es dann wirklich haarsträubend wird, wie im Artikel des “Profil” ausgeführt. Lesen hätte gereicht.

  8. #9 2xhinschauen
    27. Oktober 2022

    @ Staphylococcus rex

    Satz für Satz gelesen, so muss es sein 🙂 Ich muss aber korrigieren: Frass 2020 ist auch jetzt noch ein RCT, dem aber nachträglich ein dritter Beobachtungsarm hinzugefügt wurde (“non-interventional control group”). Begründung und zeitlicher Ablauf werfen allerdings Fragen auf, die im Paper nicht hinreichend erklärt werden.

    Soweit das, was im Manuskript zu finden gewesen wäre. Auffällig ist nun aber darüber hinaus, dass die “Performance” hinsichtlich der Überlebensdauer der dritten Gruppe nicht nur deutlich schlechter war als die der beiden Interventionsgruppen, sondern auch deutlich schlechter, Verzeihung für die Wortwahl, als der Marktstandard, also die Überlebensdauer von normal therapierten NSCLC-Patienten in andreren Krebsstudien. Abzulesen u.a. in Studien, die Frass et al erstaunlicherweise selbst zitieren. Und das nicht bemerken (wollen).

    Da muss man gar keine böse Absicht oder Manipulation unterstellen, um zu bemerken, dass das eine Menge Signifikanz und Effektstärke aus Frass’ Ergebnissen nimmt. Jemand mit Ahnung könnte das wohl auch nachrechnen, aber die Luft aus der Sensation ist alleine dadurch ziemlich raus.

  9. #10 Staphylococcus rex
    27. Oktober 2022

    @ 2xhinschauen

    Originalpaper habe ich aus Zeitgründen noch nicht geschafft. Bei einer “echten” RCT darf nach Studienbeginn das Protokoll nicht mehr geändert werden, Ausnahmen sind eine Vergrößerung der Kohorte, wenn die Signifikanz knapp verfehlt wird oder ein Abbruch aus ethischen Gründen, wenn die Signifikanz überragend ist. Die Auswertekriterien (Beobachtungszeitraum, Ausschlusskriterien) dürfen dagegen keinesfalls geändert werden, weil dies der Datenmanipulation Tür und Tor öffnet.

    Das besondere an einer Beobachtungsstudie ist ja die Reihenfolge, erst Daten sammeln, dann analysieren und erst dann Gruppen bilden zwecks Hypothesenbildung (ob die Patienten randomisiert sind, ist dabei irrelevant). Wenn man die Hypothese bestätigen möchte, sind nachträgliche Modifikationen an der Auswerteprozedur absolut tabu.

  10. #11 Soisses
    27. Oktober 2022

    Alles schwierig, sage ich mit Bescheidenheit. Die RCT-Methoden entwickeln sich fortlaufend, Stichwort adaptives Design. Wenn man nicht sehr aktuell ausgebildet ist, kann man nicht ohne Weiteres sagen, ob im gegebenen Studiendesign Protokollbestandteile (die Studiengröße und vieles mehr) legitimerweise verändert werden dürfen.
    Ob “Signifikanz knapp verfehlt” ein legitimer Grund ist (@Staphylococcus rex), würde ich so nicht unterschreiben.
    Kurz und gut: Ein hochwertiges Peer-review ist super schwer, wenn man außer dem medizinischen Sachgebiet auch noch das Design plus Analyseverfahren beherrschen soll.

    Wer sich mal Kostproben von Designentwicklung und ähnlichen Themen gönnen möchte, kann hier in jedem Wintersemester aufs Neue staunen:
    https://www.vetmed.fu-berlin.de/einrichtungen/institute/we16/kolloquium/.

  11. #12 Arne
    27. Oktober 2022

    Gute Abend,

    Der Faktenfuchs hat gerade gemeldet, dass es keine Beweise für vermehrte Nebenwirkungen bei den Corona-Impfstoffen gäbe.
    Dagegen wurde bei Twitter eine Grafik publiziert, die eine Übersterblichkeit infolge der Corona-Impfungen nahelegt.

    Nun steh ich da ich armer Tor …
    Ist das wirklich so, oder hat jemand die Karten nach seiner Intention zurechtgelegt?
    Kann das jemand sachkundig interpretieren?

    https://www.tagesschau.de/faktenfinder/studie-impfnebenwirkungen-corona-101.html

    https://twitter.com/Bdenk6/status/1585493988211056640/photo/1

    https://vaccinetracker.ecdc.europa.eu/public/extensions/COVID-19/vaccine-tracker.html#uptake-tab

    https://ec.europa.eu/eurostat/databrowser/view/DEMO_MEXRT/default/table?lang=en

    • #13 Joseph Kuhn
      28. Oktober 2022

      @ Arne:

      Ich gehe einmal davon aus, dass Sie in der Lage sind, google zu bedienen, schließlich deponieren Sie hier reihenweise Links. Sie deponieren sie in einem Thread, der mit dem Thema Corona-Impfung bzw. Übersterblichkeit nichts zu tun hat, obwohl es dazu hier genügend Beiträge gegeben hat. Daher könnte man auf die Idee kommen, dass Sie eigentlich mit Ihrem Tweet nur verwirren und gar keine Antwort haben wollen.

      Falls ich Ihnen da etwas zu Unrecht unterstelle: Googlen Sie einfach zum Thema Korrelation, Impfen, Übersterblichkeit. Sie finden nicht nur hier im Blog ausreichend Antworten auf Ihre Frage, übrigens sogar in den Kommentaren auf twitter zu der Grafik. Ich habe keine Lust mehr, noch einmal auf solche Korrelationen einzugehen, schon gar nicht auf besonders dümmliche Korrelationen aus einem AfD-Link.

  12. #14 2xhinschauen
    28. Oktober 2022

    @ Staphylococcus rex

    Weitestgehende Einigkeit.

  13. #15 2xhinschauen
    28. Oktober 2022

    @ soisses

    Ein hochwertiges Peer-review ist super schwer, wenn man außer dem medizinischen Sachgebiet auch noch das Design plus Analyseverfahren beherrschen soll.

    Und die Daten auf Konsistenz und Plausibilität prüfen. Zustimmung. Und das alles gratis in der sog. Freizeit. Da gibt es, vorsichtig formuliert, Systemschwächen.

    Hier war es aber so, dass das Paper auf den ersten Blick einen guten Eindruck gemacht hat. Scheinbar vollständig, gut detailliert, gut gegliedert, etc.

    Aber wie dargelegt, hätte eine sorgfältige und aufmerksame Lektüre allein des veröffentlichten Textes stutzig machen müssen. /Das/ sollte man vom Peer Review mindestens erwarten. Ob das tatsächlich passiert ist?

    • #16 Joseph Kuhn
      28. Oktober 2022

      @ 2xhinschauen:

      “Aber wie dargelegt, hätte eine sorgfältige und aufmerksame Lektüre allein des veröffentlichten Textes stutzig machen müssen.”

      Jeder “Wirksamkeitsnachweis” für die Homöopathie sollte stutzig machen – und so war es ja auch. Der springende Punkt hier ist der Vorwurf von Datenmanipulationen.

  14. #17 RainerO
    28. Oktober 2022

    @ Joseph Kuhn

    … sollte stutzig machen – und so war es ja auch…

    Bei den Reviewern jedenfalls nicht. Zumindest nicht stutzig genug, um das Machwerk abzulehnen. Mit der Publikation ist der Schaden bereits angerichtet. Ein (hoffentlicher) Retract der Studie ist dann nur mehr eine notdürftige Reparatur.

    • #18 Joseph Kuhn
      28. Oktober 2022

      @ RainerO:

      So wird es wohl sein.

      Die Rolle von Reviews bei Homöopathieartikeln in „normalen“ Zeitschriften könnte man noch einmal gesondert diskutieren. Wenn es um pharmakologische Wirkung von Hochpotenzen geht, sollte man die Artikel gar nicht erst ins Review geben. Im Grunde ist dann ja klar, dass es um ein Suchbild „Wo ist der Fehler“ geht. Und wenn es trotzdem Reviews gibt, sollten sie mit hinreichender Sorgfalt vorgenommen werden, sonst liegt der Verdacht von Gefälligkeitsreviews nahe.

  15. #19 Staphylococcus rex
    28. Oktober 2022

    Schlechte Wissenschaft kommt nicht nur von Homöopathen, deshalb wäre es angebracht, sich beim Review-Prozess sich nicht nur auf Schlagworte wie Homöopathie zu fokussieren. Nach welchen Kriterien ein Editor eines Journals die eingereichten Manuskripte an die Reviewer verteilt, entzieht sich meiner Kenntnis. Der Reviewer seinerseits muss eine einfache Entscheidung treffen: Durchwinken (ggf. mit Schönheitsreparaturen), eine Tiefenprüfung des Manuskripts oder Zurückweisen.

    Eine Interventionsstudie mit einer Kohortengröße von ca. 50 bei jeweils drei Einzelgruppen kann nur signifikant sein, wenn der Effekt sehr stark ist oder die Studie z.B. aufgrund von Ausreißereffekten stark verzerrt ist. Für mich wäre das ein klares KO-Kriterium für eine schnelle Annahme des Manuskripts.

    Dazu der Widerspruch zum ursprünglichen Studienprotokoll in clinicaltrials.gov, ebenfalls ein KO-Kriterium für eine schnelle Annahme des Manuskripts. Ein seriöser Reviewer hat hier nur die Wahl zwischen einer aufwändigen Tiefenprüfung der Rohdaten oder einer schnellen Zurückweisung.

    Die Stichprobengröße und der Widerspruch zum ursprünglichen Studienprotokoll sind einfach zu kontrollierende formale Kriterien, um fachlich riskante Manuskripte schnell zu erkennen und sie einer eingehenderen Prüfung zu unterziehen.

    • #20 Joseph Kuhn
      28. Oktober 2022

      @ Staphylococcus rex:

      “Schlechte Wissenschaft kommt nicht nur von Homöopathen”

      Leider.

      “deshalb wäre es angebracht, sich beim Review-Prozess sich nicht nur auf Schlagworte wie Homöopathie zu fokussieren”

      Das wäre in der Tat nicht gut, die Mehrzahl der Manuskripte ist ja homöopathiefrei. Wobei es auch nicht nur um “schlechte Wissenschaft” geht. Das beste Manuskript kann von einem guten Review profitieren.

      “Nach welchen Kriterien ein Editor eines Journals die eingereichten Manuskripte an die Reviewer verteilt, entzieht sich meiner Kenntnis.”

      Das ist bei jedem Journal anders.

  16. #22 Spritkopf
    28. Oktober 2022

    Dann bin ich mal gespannt, ob die Studie samt der Kontroverse darum auf seiner Wikipedia-Seite erscheint. Auf der hat es anscheinend einiges an Bearbeitungen gegeben. Und auf der dazugehörigen Diskussionsseite steht folgende Anmerkung:

    Konkrete Hinweise deuten darauf hin, dass dieser Artikel mit hoher Wahrscheinlichkeit gegen nicht deklarierte Bezahlung erstellt wurde.

    Der betreffende Benutzer ist inzwischen dauerhaft gesperrt worden wegen regelwidriger nicht deklarierter Artikeländerungen gegen Bezahlung (paid editing) in Tateinheit mit missbräuchlicher Benutzung verdeckter Mehrfachkonten (Sockenpuppen). Siehe auch hier und hier.

    Eine Überprüfung und ggf. Korrektur sowie Versachlichung des gesamten Artikels ist daher zwingend erforderlich. So sind zum Beispiel zur Frage “Wissenschaftlicher Beitrag” alle Belege ausnahmslos eigene Publikationen. Nötig wären unabhängige fachliche Sekundärquellen.

    ——
    [Edit: Wiki-Link repariert, als kleiner Freitagsabend-Service, JK]

  17. #23 Dirk Freyling
    Erde
    29. Oktober 2022

    Übergeordnet muss doch eine ganz andere Frage gestellt werden. Plakativ formuliert: Der gut dokumentierte Placebo-Effekt zerstört jegliche Argumentation, sowohl für als auch gegen Homöopathie. Postulierte Wirkmechanismen basieren auf Modellen, Placebo-Phänomene relativieren alle Modellbetrachtungen. These: Letztendlich ist Besserung und Heilung ein psychischer Vorgang. Medikamente sind in dem Zusammenhang – “nüchtern” betrachtet – pharmazeutisch theoriebeladene homöopathische Mittel.

  18. #24 Spritkopf
    30. Oktober 2022

    Der gut dokumentierte Placebo-Effekt zerstört jegliche Argumentation, sowohl für als auch gegen Homöopathie.

    Achje, Freyling mal wieder auf der typischen Eso-Schiene, die da lautet: “Eigentlich wissen wir gar nix!”

    Dies selbstverständlich mit dem unausgesprochenen Eso-Subtext: “Und ich bin der Einäugige unter den Blinden.”

    Postulierte Wirkmechanismen basieren auf Modellen, Placebo-Phänomene relativieren alle Modellbetrachtungen.

    Was glauben Sie, Freyling, warum bei RCTs gegen Placebos getestet wird und nicht gegen Nicht-Medikation?

  19. #25 echt?
    30. Oktober 2022

    “Dann bin ich mal gespannt, ob die Studie samt der Kontroverse darum auf seiner Wikipedia-Seite erscheint.”

    Unter der Rubrik “Erfindungen”?

  20. #26 RainerO
    30. Oktober 2022

    @ Dirk Freyling

    Medikamente sind in dem Zusammenhang – “nüchtern” betrachtet – pharmazeutisch theoriebeladene homöopathische Mittel.

    Ist das – wieder einmal – nur ein Trollversuch, um sich am Gewusel der hektisch darauf reagierenden Schlafschafe zu ergötzen?
    Oder ist das ernst gemeint? Wenn ja, hätte ich gerne eine Präzisierung dieser “These”. Gilt das für alle Medikamente? Auch für die, deren Wirkmechanismen nicht nur “theoriebeladene Modelle” sind? Nach dieser “These” sind letztendlich alle Medikamente Placebos. Noch einmal: Ist das ernst gemeint?

  21. #27 Dirk Freyling
    Erde
    30. Oktober 2022

    “Kommentar-Stöckchenspringen” ist nicht so meins…
    …nett wie ich bin, folgend immerhin etwas zur Unterhaltung und Aufklärung sozusagen “praktische” Männerhilfe:
    Sildenafil, der Wirkstoff von Viagra, „kurz“ Viagra besitzt eine – schulmedizinisch betrachtet – medikamentenuntypische Wirkung. Ohne sexuelle Gedanken wirkt Viagra nicht erektionsfördernd. Es senkt zwar u.a. den Blutdruck aber ohne sexuelle Lust-Gedanken wird es keine Erektion geben. In diesem Sinne ist die weit verbreitete Viagra-Assoziation mit der erektilen Dysfunktion eine krankheitsorientierte, wenig erregende Betrachtungsweise. Tatsache ist, bereits 20 mg Sildenafil „wirken mitunter Wunder“, wenn man geil sein möchte, um das mal umgangssprachlich auszudrücken. Viagra sorgt dann für eine Erektion, die beispielsweise ohne schwer erreichbar ist, weil man zeitgleich zu viele Stressgedanken hat. Viagra macht sozusagen trotz sexunfreundlicher Gedanken den Kopf im Zuge einer körperlichen Rückkopplung frei.
    Zu diesem Wirkmechanismus gibt es jedoch keine Modellbetrachtung.

    Insgesamt sollten biochemische Aspekte nicht in den Vordergrund rücken. Das beste Beispiel ist, wie bereits erwähnt, die positive wirkstofffreie Placebo – sowie negative Nocebo-Wirkung. Hier reicht nachweislich schon der authentische Gedanke Viagra genommen zu haben.

    Die („analytische“) Standardmodell-Medizin steht leider der erfolgreichen Therapie („Heilung“) hier und da im Weg…

    Ein weiteres interessantes Mittel ist Kortison. Auch dessen weitläufige Funktionsweise ist bei genauer Betrachtung ungeklärt. Außer physiologischen Spekulationen gibt es wenig konkretes.

    Auch der Wirkmechanismus von Novalgin ist bis heute ungeklärt, wobei Novalgin 1922!!! auf dem Markt kam.

    Wie sehr man sich auch anstrengt, niemand kann den Placebo-Effekt wegdiskutieren.

    Homöopathische Mittel reduzieren respektive ersetzen Nichtwissen durch Glauben.

    Zum Verständnis
    Auch Anfang der 20er Jahre des 21.Jahrhunderts ist das Phänomen des Glaubens die bestimmende Handlungsgröße für die Weltbevölkerung. Ob amerikanische Präsidenten, russischer Herrscher, islamische Führer, Inder, alle instrumentalisieren (ihren) Gott. Details sind hier ohne Belang.

    Die europäische (Wissenschafts-)Aufklärung hat in letzter Konsequenz versagt. Die Tatsache, dass es nach wie vor in Deutschland ~ 45.000!!! Kirchen gibt, in denen mit staatlicher Fürsorge irrationale Rituale abgehalten werden und das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland keine Trennung von Staat und Religion vornimmt, bildet den Nährboden für zahlreiche glaubensbasierende Ansätze.

    Realistisch betrachtet gibt es keinen Lebensbereich eines Gläubigen der auf Analytik und Logik fußt. In letzter Konsequenz wird jedwede Verantwortung abgegeben, denn Gott wollte es so. Jedes Verbrechen an Mensch, Tier und Natur wird dem Gläubigen nachgesehen, sofern dieser (s)einem Gott huldigt. Mit dieser gesellschaftlich etablierten Randbedingung ist keine signifikante konstruktive Weiterentwicklung möglich, weder für den Einzelnen noch für ein Kollektiv.

    Tatsache ist: Der deutsche Staat wirkt mit Religionsgemeinschaften zusammen um bereits in den staatlichen Schulen religiösen Bekenntnisunterricht zu organisieren.

    Da sowohl die Evangelische wie auch die Katholische Kirche erkannt haben, dass sie beispielsweise im Kampf gegen die Klima(ersatz)religion derzeit möglicherweise nicht unangefochten die Nummer eins sind, haben sie sich mit den Klimauntergangsgläubigen solidarisch erklärt und verzichten bis auf weiteres auf einen Showdown, sie wissen nur zu gut, dass, früher oder später, die erdgeschichtliche Realität die Klimawandelhysterie beseitigen wird. Zeit – und wen es noch Jahrzehnte dauert – ist für religiöse Machthaber keine ernstzunehmende Bedrohung. Jüngstes Beispiel: Die europäische Wissenschafts-Aufklärung, sie ist mittlerweile wieder fast komplett in Glaubensbekenntnisse eingebettet.

    Mit den Worten (2006) des Physik-Nobelpreisträgers Burton Richter:

    „Die Philosophie hinter der Theorie ist in eine Art metaphysisches Wunderland übergegangen. Vereinfacht gesagt, scheint es sich bei vielen der aktuellsten Theorien um theologische Spekulationen und um die Entwicklung von Modellen ohne überprüfbare Konsequenzen zu handeln…“ Quelle: Theory in particle physics: Theological speculation versus practical knowledge: https://physicstoday.scitation.org/doi/10.1063/1.2387062

    Hier schließt sich der Kreis, somit ist Homöopathie eine direkte Folge des Glaubens.

    • #28 Joseph Kuhn
      30. Oktober 2022

      Diesen Kommentar lasse ich mal als Dokument mentaler Wunderlichkeit stehen. Aber das reicht dann auch, Wiederholung nicht nötig.

  22. #29 RainerO
    30. Oktober 2022

    @ Dirk Freyling

    “Kommentar-Stöckchenspringen” ist nicht so meins…

    Übersetzung: “Ich mag keine konkreten Fragen,…”

    …nett wie ich bin, folgend immerhin etwas zur Unterhaltung und Aufklärung …

    “… daher blubbere ich jetzt ersatzeise ein paar Absätze größenteils themenfremden Wortsalat, in der Hoffnung, dass die Leser sanft entschlafen.”

    Dem letzten Halbsatz kann ich allerdings zustimmen. Homöopathie ist Glauben und hat nichts mit Medizin zu tun.

  23. #30 Herr ɟuǝs
    schaumermal
    30. Oktober 2022

    naja, 2 Monate werden wir die Unfugs-Kommentare auch noch durchhalten.
    Ab 1. Januar sind sie dann im Nirvana, lohnt nicht mehr zu schreiben 😉

  24. #31 Joseph Kuhn
    3. November 2022

    Update: Expression of Concern

    Norbert Aust weist nebenan bei den Skeptikern darauf hin, dass die Zeitschrift die Studie mit einem Warnhinweis versehen hat:

    “In August 2022, the journal editors received credible information from the Austrian Agency for Research Integrity about potential data falsification and data manipulation in this article. While The Oncologist editorial team investigates and communicates with the corresponding author, the editors are publishing this Expression of Concern to alert readers that, pending the outcome and review of a full investigation, the research results presented may not be reliable.”