Im Kloster Andechs fand heute der diesjährige Kongress der Zeitschrift Makroskop statt. Makroskop ist ein Magazin mit wirtschaftspolitischem Schwerpunkt, aber auch offen für andere Themen.

Im Mittelpunkt des Kongresses stand die Frage, ob der Nationalstaat in Zeiten der Globalisierung überholt ist, ein Relikt der Staatenbildung des 19. Jahrhunderts, oder ob das möglicherweise eine falsche Sicht der Dinge ist. Inputs dazu gab es u.a. von Andreas Nölke, Mitherausgeber von Makroskop, Politikwissenschaftler in Frankfurt, dem ehemaligen Direktor des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung Wolfgang Streeck und dem früheren Spitzendiplomaten Michael von der Schulenburg, moderiert von Ulrike Simon.

Im Prinzip waren sich die drei einig, dass es für einen Abgesang auf den Nationalstaat zu früh sei und der Nationalstaat vielleicht auch in Zukunft im Vergleich mit den realistischen Alternativen die besten Voraussetzungen für Frieden, Rechtstaatlichkeit und Demokratie bietet. Supranationale Organisationen wie die UN oder die EU seien z.B. bisher nicht in der Lage, die verschiedenen gesellschaftlichen Subsysteme, von den Unternehmen über die Sozialversicherung oder die Schulen bis zur Polizei, in einer verbindlichen, wechselseitig aufeinander bezogenen Ordnung zu halten.

Der Blick auf die weltweite Situation zeige, dass nichtfunktionierende Staaten in vielen Regionen das zentrale Problem für ein friedliches Miteinander der Menschen sind, z.B. dort wo Drogenbanden, Milizen oder Bürgerkriegsfraktionen den Alltag bestimmen. Notwendig für einen Staat sei, dass die Staatsbürger sich als Gemeinschaft wahrnehmen und annehmen müssen, als Staatsvolk, oder eben „Nation“. Wobei das, was eine „Nation“ ausmacht, nicht konkret bestimmt wurde, jedenfalls nicht positiv: Alle drei haben sich gegenüber ethnischer, religiöser oder kultureller Homogenität als normativer Grundlage der „Nation“ abgegrenzt, also dem konservativen Verständnis von „Nation“, und insbesondere gegenüber den nationalistischen Anrufungen der „Nation“ im rechten politischen Spektrum. Die konzeptionelle Leerstelle „Nation“ ist ein heikler Punkt, weil alles, was vergemeinschaftend wirkt, auch unterdrückend und ausgrenzend wirken kann. Das gilt für verbale Hypostasierungen eines Gemeinsamen wie „Nation“ oder „Volk“ in besonderem Maße.

Als Fallbeispiel für den Versuch einer Imputation staatlicher Strukturen ohne „Nation“ sprach von der Schulenburg Afghanistan an: Schätzungsweise 4 Billionen Dollar seien dort im Laufe der westlichen Intervention eingesetzt worden, letztlich ohne Erfolg. Es sei nicht gelungen, in Afghanistan staatliche Strukturen aufzubauen und aufrechtzuerhalten ohne den tragfähigen Unterbau eines gemeinsamen nationalen Selbstverständnisses. Die Summe ist in der Tat atemberaubend. Damit hätte man nachhaltig den Hunger in der Welt beseitigen können – wenn man dabei auf funktionierende staatliche Strukturen setzen könnte, und vor allem: wenn man es tun wollte. Für Kriege lässt sich leichter Geld mobilisieren als für Brot.

Daneben gab es eine ganze Reihe weiterer Diskussionspunkte, z.B. die ambivalente Rolle der USA als „continental unifier“ in Europa nach einer Phase des „konstruktiven Verfalls“ hierarchischer Ordnungsvorstellungen in der EU, die neuen geopolitischen Entwicklungen, falschen Konformismus oder, darauf ging der Ökonom Hartmut Reiners ein, die wirtschaftliche Vernunft sozialstaatlicher Regelungen und das Problem, dass kapitalgedeckte Versicherungen durch die Abhängigkeiten von den weltweiten Finanzmärkten politisch nicht mehr steuerbar seien. Auch dafür gibt es übrigens ein instruktives Fallbeispiel: die Finanzkrise 2007 und das Einspringen des Nationalstaats zur Absicherung der Anlagen privater Versicherungen.

Spannende – und spannungsreiche – Themen. Etwas mehr Diskussionszeit wäre gut gewesen, um die komplexen Inputs kritisch zu befragen. Nachdenken fällt im Gespräch leichter als beim bloßen Zuhören, und Nachdenkliches ist natürlich auch hier in der Kommentarspalte gerne gesehen.

———————-
Nachtrag 11.2.2023: Makroskop hat meine Kongress-Nachlese auf seiner Internetseite online gestellt.

Kommentare (76)

  1. #1 rolak
    5. Februar 2023

    Für Kriege lässt sich leichter Geld mobilisieren als für Brot.

    Ein lange tradiertes, (fast) lebenslang unangenehm aufgefallenes Thema, bereits früh™ verhohnepipelt mit “Brot für die Welt – aber die Wurst bleibt hier!”

    Ansonsten: Person/Haushalt-Veedel-Gemeinde-Landkreis-Ländle-Staat-Staatenbund ist imho durchaus eine sinnvolle organisatorische Staffelung eines insgesamt großen Konstruktes, analog zu angriffs-robusten, mehrstufigen Vorbildern. Doch Nation ohne Nationalismus bis hin zu Chauvinismus? Kaum denkbar…

    btw: das Thema ‘Nationalstolz’ wurde für mich ~74 stark gedeckelt im Zuge einer BegegnungsDiskussion in einer D´Dorfschen jüdischen Gemeinde, als der Rabbi auf die kontextfreie Frage (‘man wird doch noch fragen dürfen’ ist ja kein sonderlich neues Konzept) ‘Sind Sie stolz, ein Jude zu sein?’ entgegnete ‘Nu, bin ich nicht stolz drauf, bin ich trotzdem noch Jude – also bin ich stolz drauf’.

  2. #2 Dirk Freyling
    Erde
    5. Februar 2023

    “Im Kloster Andechs fand heute der diesjährige Kongress der Zeitschrift Makroskop statt. Makroskop ist ein Magazin mit wirtschaftspolitischem Schwerpunkt, aber auch offen für andere Themen.”…
    Herr Kuhn,
    glauben Sie, das ein Kloster der richtige Ort für eine ergebnisoffene Diskussion (zu diesem Thema) ist?

    Streng-analytisch gesehen ist das ein Tabu. Da jeglichem Glauben Irrationales vorangestellt ist und mit der Wahl des Ortes inhärent Glaubens-Ansichten statt rationales Denken vorherrschen. Plakativ formuliert: Das ist so, als wenn man eine Diskussionsrunde mit vermeintlichen, tierfreundlichen Veganern auf einem Tier-Schlachthof abhält. Es sei denn, die Veganer sind alle heimliche Fleischfresser.
    Letztendlich waren und sind sich Staat und Kirche, insbesondere auch in Deutschland, sehr nah. Wie war das noch mit »Wasser predigen und Wein saufen?« Staat und Kirche opfern und tyrannisieren die, die sie vorgaben schützen zu wollen.
    Versuchen Sie selbst mal den Denkansatz aus Sicht der dokumentierten Geschichte von Staaten und der Kirche zu rekapitulieren und insbesondere das zu deuten, was hier zwischen den Zeilen steht…

    • #3 Joseph Kuhn
      5. Februar 2023

      @ Freyling:

      “glauben Sie, das ein Kloster der richtige Ort für eine ergebnisoffene Diskussion (zu diesem Thema) ist?”

      Glauben Sie, dass ein Thread hier, bei dem “Nachdenkliches” erbeten wurde, der richtige Ort für Sie ist? Streng analytisch gesehen ist das ein Tabu.

  3. #4 knorke
    5. Februar 2023

    Habe ich das richtig verstanden, dass mit dem Nationalstaat eben nicht Nationalität im Sinne ethnischer Homogenität gemeint war? Mir fällt es schwer, ethnische Homogenität nicht als verbindende Klammer zu sehen. Ich möchte nicht missverstanden werden: Mir ist Nationalismus zuwieder, es zeigt sich doch aber sehr zuverlässig, dass ethnische Heterogenität andauernd zum Anlass genommen wird, die Pfeiler einer Nation in Frage zu stellen oder zu auseinanderdrifts beizutragen: Der deutsche Wiedervereinigungsprozess nahm diesen Gedanken sogar auf indem aus “wir sind das Volk” das offensichtlich wirkmächtigere “wir sind ein Volk” wurde. Türken in Deutschland sympathisieren zu gewissen Teilen mit Erdogan, schlicht weil er der Präsident der Türkei ist. Für sie ist er nicht Präsident der Türkei, sondern Prasident der Türken. Die Basken wären am liebsten unabhängig von Spanien. Die Ungarn blicken mit Misstrauen auf die Ukrainer, weil es dort ungarische Minderheiten gibt. In den USA werden ethnische Unterschiede ebenso häufig zu Bruchlinien wie sie als Kitt der Nation beschworen werden. Die VR China hat sich einfach mal – die Quing Grundsätze fortsetzend – als Land der 5 Nationen definiert, sieht aber keine Veranlassung allen anderene Ethnien denselben Stellenwert zukommen zu lassen wie den Han-Chinesen. Die Russen betreiben doppelten Völkermord an den Ukrainern und an den eigenen nationalen Minderheiten, die Ukrainer wehren sich so heftig, ebenweil sie ihre ethnische Identität behalten wollen. Ich fürchte, wir sind noch lange nicht so weit, dass wir einen Nationalstaat wirklich ohne Ethnie denken können. Auch wenn es mir persönlich sehr gefallen würde, denn anders ist ein Europa ohne Verteilungskämpfe für mich kaum vorstellbar. Und damit ist auch die Idee eines supranationalen Gebildes das allein von Werten zusammengehalten wird eine Zukunftsfiktion; insbesondere solange diese Werte immer nur hochgehalten werden, wo es grade mal nicht wehtut, und sonst gern vergessen werden (z.B. EU Aussengrenze…) . Ich hoffe das erfüllt das Kriterium der Nachdenklichkeit, die von Joseph Kuhn gefordert wurde. Vielleicht habe ich aber auch was falsch verstanden.

    • #5 Joseph Kuhn
      5. Februar 2023

      @ knorke:

      Ja, richtig verstanden und so wurde gestern auch diskutiert. Ein (nichtnationalistischer) Nationalstaat müsste Diversität ermöglichen, obwohl er gleichzeitig auf ein Gefühl der Gemeinsamkeit angewiesen ist.

      Gestern wurden als Positivbeispiele die Schweiz und die (historisch nicht ganz einfache) Befriedung des Südtirolkonflikts genannt. Auch das Zusammenleben von Baiern und Saupreißn könnte man vielleicht anführen.

      Es blieb gestern aber, wie erwähnt, offen, was genau eine Gesellschaft zu einer Nation macht und ob das überall auf der Welt gleich sein muss, man war sich nur einig, dass ein Staat nicht funktioniert, wenn ihm diese Grundlage fehlt und dass Staaten auch in Zeiten der Globalisierung nach wie vor die besten Voraussetzungen für die Lösung gesellschaftlicher Probleme bieten, auch solche “internationaler” Art.

  4. #6 Beobachter
    5. Februar 2023

    @ JK:

    Danke für den Kongress-Bericht und die Links/Anregungen zum Weiterlesen.

    Das Afghanistan-Beispiel ist wirklich “atemberaubend”:

    ” … Schätzungsweise 4 Billionen Dollar seien dort im Laufe der westlichen Intervention eingesetzt worden, letztlich ohne Erfolg. Es sei nicht gelungen, in Afghanistan staatliche Strukturen aufzubauen und aufrechtzuerhalten ohne den tragfähigen Unterbau eines gemeinsamen nationalen Selbstverständnisses. Die Summe ist in der Tat atemberaubend. Damit hätte man nachhaltig den Hunger in der Welt beseitigen können – wenn man dabei auf funktionierende staatliche Strukturen setzen könnte, und vor allem: wenn man es tun wollte. Für Kriege lässt sich leichter Geld mobilisieren als für Brot.
    … ”

    Vor allem dann, wenn man noch die Äußerung unseres damaligen Verteidigungsministers P. Struck im Ohr hat:

    „Die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland wird auch am Hindukusch verteidigt.“

    https://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Struck#:~:text=Unter%20seiner%20F%C3%BChrung%20bekam%20die,%E2%80%9C

    … und man bedenkt, wie man dann, nach Truppenabzug, die afghanische Bevölkerung und die unterstützenden einheimischen Kräfte im Stich gelassen hat !

    Der letzte Satz dieses Abschnitts trifft auch national, auch im “reichen Deutschland”, zu und betrifft Millionen von Menschen:

    “Für Kriege lässt sich leichter Geld mobilisieren als für Brot.”:

    Es lässt sich offenbar atemberaubend viel “Sondervermögen” für Krieg/Hochrüstung mobilisieren, aber keines, um die Ernährungsarmut großer Teile der Bevölkerung zu beseitigen –
    man ignoriert/verschweigt selbst wissenschaftliche Gutachten des eigenen Bundesgesundheitsministeriums:

    https://taz.de/Buergergeld-Regelsatz-zu-niedrig/!5909759&s=Ern%C3%A4hrungsarmut/

    https://www.agrar-presseportal.de/ernaehrung/wissenschaft-forschung/bundesregierung-ignoriert-wachsende-ernaehrungsarmut-34286.html

    https://www.hartziv.org/news/20230127-buergergeld-regierung-verschweigt-ernaehrungsarmut/

    ————————-

    ” … Auch dafür gibt es übrigens ein instruktives Fallbeispiel: die Finanzkrise 2007 und das Einspringen des Nationalstaats zur Absicherung der Anlagen privater Versicherungen.
    … ”

    Wie so oft … :
    “Privatisierung von Gewinnen, Sozialisierung von Verlusten” bei nationalen Unternehmen/internationalen Konzernen.

  5. #7 rolak
    5. Februar 2023

    wir sind noch lange nicht so weit, dass wir einen Nationalstaat wirklich ohne Ethnie denken können

    Abgesehen davon, daß ich je nach Deiner Definition von ‘wir’ die Formulierung “Es sind noch lange nicht Alle so weit, dass sie einen Nationalstaat wirklich ohne Ethnie denken können” vorzöge, gehe ich mit, wie oben schon geschrieben. Doch es gilt ja nicht nur “Nation ohne Nationalismus bis hin zu Chauvinismus? Kaum denkbar”, sondern zB auch “Kapitalismus ohne ausbeuterische Raffgier? Kaum denkbar”. Und für ersteres Dilemma muß ebenfalls eine gute, zumindest aber besser funktionierende Regulierung gefunden werden wie auch bereits für letzteres. Sonst bricht der Staat/Markt auseinander.

  6. #8 fauv
    5. Februar 2023

    Offensichtliches sollte auch gern gesehen sein.
    Man schaue sich nur die Europameisterschaft im Fußball an. EU und Politik schweigen, es zählt nur die Emotion, die Begeisterung , wenn das eigene Land siegt.
    Dieser emotionale Zusammenhang eines Landes ist in Jahrtausenden zu zählen, der zeigt sich in der Sprache, in den Essensgewohnheiten, in lokalen Eigentümlichkeiten.
    Und es gibt auch die länderübergreifende Klammer, die christliche Religion, die die EU zusammenhält ,nicht nur das wirtschaftliche Kalkül.

    Wenn man so ein „Gebinde“ als Nationalstaat bezeichnen will, dann ist das treffend.

    • #9 Joseph Kuhn
      5. Februar 2023

      @ fauv:

      Sie haben ein außerordentliches Talent, in wenigen Zeilen viel Unsinn zusammenzupacken. Semantisch gesehen, arbeiten Sie mit einem paralogischen Mehrebenenansatz. Das beherrscht sonst nur Donald Trump. Wobei ich befürchte, bei Ihnen ist es so, dass der Ansatz Sie beherrscht.

  7. #10 Beobachter
    5. Februar 2023

    @ knorke, # 4:

    Ja, auch richtig verstanden – ich halte Ihre “Ethnie-Sicht” aber für falsch und gefährlich.

    ” … Ich fürchte, wir sind noch lange nicht so weit, dass wir einen Nationalstaat wirklich ohne Ethnie denken können. Auch wenn es mir persönlich sehr gefallen würde, denn anders ist ein Europa ohne Verteilungskämpfe für mich kaum vorstellbar. … ”

    Falsch deshalb, weil auch eine “Ethnie” nie eine homogene Gruppe mit einheitlicher Interessenlage und gleichen Voraussetzungen darstellt.
    Um das Beispiel in # 5 aufzugreifen:
    Es gibt nicht mal “die Bayern” und “die Saupreußen” –
    es gab/gibt reiche Bayern/Preußen und arme Bayern/Preußen, und die Reichen beider “Ethnien” werden sich aufgrund ähnlicher Interessenlagen näherstehen (wie z. B. die bayerischen Thurn & Taxis und die hanseatischen “Pfeffersäcke”) als die Reichen und Armen einer “Ethnie”.
    Verteilungskämpfe machen sich fest an der ungleichen Verteilung von Vermögen, Einkommen, Bildung und Macht.

    Gefährlich deshalb, weil “Ethnie-Zugehörigkeiten” oft als Sündenbock-Funktion vorgeschoben werden, um die eigentlichen Interessenlagen/Unterschiede bzw. Ungleichheiten zu verschleiern – z. B. beim alten/neuen Kolonialismus, Rassismus und Sklavenhaltertum.
    Selbst bei den heutigen ukrainischen Kriegsflüchtlingen wird nach “Ethnie”/Hautfarbe unterschieden:

    https://www.fr.de/politik/flucht-aus-der-ukraine-die-hautfarbe-macht-den-unterschied-91381459.html

    Hauptsache, man muss weniger Flüchtlinge ins Land lassen …

    Anm.:
    In der Ukraine gibt es 53 000 Millionäre (Stand 2021, Platz 45).
    Die mussten bestimmt nicht flüchten, sondern konnten sich, wenn nötig, komfortabel und rechtzeitig absetzen …

    https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_L%C3%A4nder_nach_Anzahl_an_Million%C3%A4ren

  8. #11 Veit Tanz
    5. Februar 2023

    Gestern wurden als Positivbeispiele die Schweiz … genannt.

    Sonst wird als Beispiel für funktionierende Vielvölkerstaaten reflexhaft die Schweiz genannt. Aber wie man sieht, gibt es noch andere Beispiele.

  9. #12 Alexander
    6. Februar 2023

    Der Makroskop-Chefredakteur Paul Steinhardt wurde folgendes gefragt:

    Es wird viel über die Frage diskutiert, ob es vor allem um den Nationalstaat oder um globale Lösungen gehen muss. Sahra Wagenknecht wird oft vorgeworfen, sie wolle ja nur zurück in die 1970er, zu einem vermeintlich gut funktionierenden Nationalstaat. Sie betonen in Ihrem Buch, wie zentral der Nationalstaat ist.

    Seine Antwort:

    Das ist natürlich auch so ein Märchen: dass der Nationalstaat durch die „Globalisierung“ zurückgedrängt wurde oder gar obsolet sei. „Globalisierung“ ist ein Chiffre für den Umbau der Gesellschaft nach neoliberalen Vorgaben, der begleitet wird von dem Versprechen, dass, wenn die Märkte nur von allen Fesseln befreit werden, es allen besser geht. Damit es allen besser geht, muss man den Arbeitsmarkt flexibilisieren, das heißt die Arbeitsbedingungen verschlechtern und die Löhne senken. Damit es uns allen besser geht, müssen wir alle den Gürtel enger schnallen. Absurd. Der Punkt ist: das Globalisierungsnarrativ dient als Rechtfertigung dafür, dass der Staat seine Macht nicht mehr einsetzt, um das Gemeinwohl zu fördern. Kaschiert wird damit, dass die Macht des Staates jetzt eingesetzt wird, um den Sozialstaat zu zerstören, um die öffentliche Daseinsvorsorge zu privatisieren und die Menschen gegeneinander aufzuhetzen etc. Aber Tatsache ist doch: die einzig machtvollen Player in der Welt und auch in der EU sind die Nationalstaaten. Wer die Macht von Nationalstaaten leugnet, der verwechselt die Realität mit seinem Traum. Einem schönen liberalen Traum, in dem es niemand mehr gibt, der den Menschen sagt, was sie zu tun und was sie zu lassen haben. Auf der linken Seite des politischen Spektrums begegnet einem eine Naivität, die mich manchmal sprachlos macht. Es gibt jedenfalls keine Anzeichen vom Absterben des Staates oder eine realistische Perspektive auf die vielbeschworene Überwindung des Nationalstaates. Das Einzige, um was es wirklich geht, ist, den Staat seine Macht nutzen zu lassen, sodass es der Mehrheit der Menschen zukünftig besser und nicht schlechter geht.

    Guter Mann, finde ich!

    • #13 Joseph Kuhn
      6. Februar 2023

      @ Alexander:

      Ja, diese Position vertritt er seit langem, z.B. fast wortgleich in einem Interview mit dem “Freitag” 2018. Das wird gerne auch von Rechts zitiert, z.B. von dem der AfD nahestehenden Staatsrechtler Schachtschneider im Zusammenhang mit seiner Kritik an der Schuldenbremse, d.h. hier muss man sehr auf die “feinen Unterschiede” in der Semantik und auf den Kontext achten, damit keine nationalistische Position daraus wird. In Andechs hat Andreas Nölke das Argument ausführlich begründet. Woher ist Ihr Zitat?

      Ein Aspekt des Themas war übrigens auch hier im Blog schon einmal im Gespräch.

  10. #14 hm
    6. Februar 2023

    Das können letztlich auch nur die Afghaner selbst machen.

  11. #15 Alisier
    6. Februar 2023

    @ Joseph Kuhn
    Erstmal Danke für den Bericht und die Anregungen.
    Vor ein paar Wochen war ich bei einem Vortrag zum Krieg in der Ukraine, und dort wurde auch das Thema Nation-Building angerissen.
    Die Ukraine wurde vom Vortragenden als Nation in der Entstehung dargestellt und zu dieser Nation gehört eben ganz besonders in diesem Falle ein Nationalstaat dazu.
    Vielleicht hilft der Blick auf die postsowjetischen Staaten das Thema Nationalstaat nochmals unter anderem Blickwinkel zu betrachten.
    Bei Ländern, die schon lange als Nationalstaat existierend könnte aus meiner Sicht das Nationale zugunsten einer besseren Zusammenarbeit zumindest mit den direkten Nachbarn (weit über das rein Wirtschaftliche hinausgehend) zurückgefahren werden.
    Nationalstaat ist eben nicht gleich Nationalstaat, und es ist mir des Öfteren vorgekommen, dass man mich in China verständlislos fragte, ob ich denn mein Land wirklich so gar nicht liebte, nachdem ich einen europäischen Pass als Idee ins Spiel brachte.
    Das Thema lädt sowieso zum sich verrennen ein, wenn man die sehr unterschiedlichen Beziehungen der Bürger zu ihrem jeweiligen Staat so ganz außen vor lässt.
    Selbst Nationalsmus kann sehr unterschiedliche, uns hier vielleicht sehr fremde Formen haben.

  12. #16 Echt?
    6. Februar 2023

    Im Schach hat man den „Nationalstolz“ gut überwunden. Bis auf ein paar übliche Wirrköpfe hat jeder seine Idole, unabhängig von der Herkunft.

    Ein Nationalstaat bietet Dummköpfen immerhin die Möglichkeit, auf etwas stolz zu sein, für das man eigentlich nichts kann.

  13. #17 Alisier
    6. Februar 2023

    @ Echt?
    Ich denke nicht, dass der Nationalstaat das Problem ist sondern unreflektierter und ungebremster Nationalismus.
    Der sollte meiner Meinung nach deutlich vom Nationalstaat getrennt werden selbst wenn Wirrköpfe von links bis rechts das oft nicht gerne machen möchten.

  14. #18 fauv
    6. Februar 2023

    Noch mehr Unsinn ?
    Die Behauptung Nationalstaaten gäbe es erst seit der Französischen Revolution ist vordergründig richtig, richtig ist auch, dass es Länder mit Hegemonieanspruch schon im Mittelalter gab.
    In Europa gab es die großen Machtblöcke, England mit Portugal, Spanien,Frankreich, das Heilige Römische Reich, die Habsburger,Russland. Am Rande die Türken.

    Worin liegt der Unterschied zu heute ? Neu dazu gekommen sind die USA und seitdem China seine Isolation aufgegen hat auch China.
    Der Begriff Nationalstaat hat ein Geschmäckle, seitdem sich die Nationalsozialisten sich so benannt hatten.

    Neu sind die Zwergstaaten, wie die Beneluxländer, als Novum die Schweiz mit seiner ewig dauernden Neutralität.

    Auf der Landkarte sehen wir viele Länder, deren Abhängigkeiten untereinander nicht sofort erkennbar sind.

    Ist der Nationalstaat überholt ? Das bleibt bei genauer Betrachtung eine rhetorische Frage.
    Staatenbünde sind nur eine Ergänzung für wirtschaftliche Interessen oder zur militärischen Absicherung.
    Und wenn man den letzten Punkt ernst nimmt, dann versteht man den Ukraine Konflikt.

  15. #19 Soisses
    6. Februar 2023

    In meinen frühen Zwanzigern hatte ich mal die Idee, Entwicklungshilfe leisten zu wollen.
    Dann hörte ich im Radio von einer Organisation Germanwatch, die es sich zum Ziel setzte, innerhalb DEUTSCHLANDs eben jene Strukturen zu verändern, die anderswo Entwicklung verhindern.
    Das hat mir so dermaßen eingeleuchtet, dass ich bis heute nicht wieder zurückfallen kann.

    Ich bin nicht informiert genug, um mit den Makroskop-Leuten auch nur einen failed state im Detail (des Warum und Wieso von Drogenbanden, Milizen oder Bürgerkriegsfraktionen) diskutieren zu können.

    Ich habe statt dessen tiefes Misstrauen gegen diese Art, das Problem aufzuwerfen. Wenn Makroskop so tickt, dann nehme ich lieber Abstand.

    • #20 Joseph Kuhn
      6. Februar 2023

      @ soisses:

      “Ich bin nicht informiert genug, um … auch nur einen failed state im Detail (des Warum und Wieso von Drogenbanden, Milizen oder Bürgerkriegsfraktionen) diskutieren zu können.”

      Ich auch nicht. Aber Michael von Schulenburg war wohl ein halbes Leben in solchen Regionen, in Afghanistan ein paar Jahre. Er hat da sicher deutlich mehr Expertise als Leute wie Baerbock, Lambrecht oder Merz.

      “diese Art, das Problem aufzuwerfen”

      Welche Art? Hier wäre ein Satz mehr zum Verständnis gut.

      “Wenn Makroskop so tickt”

      Mal abgesehen davon, dass ohne nähere Erläuterung nicht klar ist, was das “so” meint: Andreas Nölke ist Mitherausgeber, aber wie eng die Verbindung zwischen Makroskop und Leuten wie v.d.Schulenburg oder Streeck ist, weiß ich nicht. Nach zwei mal einer Viertelstunde Inputvortrag weiß ich nicht einmal, wie die beiden “ticken”.

  16. #21 Alexander
    6. Februar 2023

    @Joseph Kuhn

    Woher ist Ihr Zitat?

    Aus meiner Zitatensammlung 😉

    Eine Quelle habe ich mir dort nicht notiert, aber es könnte dieses Interview sein, das mittlerweile hinter einer Bezahlschranke verschwunden ist:

    https://makroskop.eu/32-2021/die-macht-von-nationalstaaten/

  17. #22 Alisier
    6. Februar 2023

    Kurz zu Michael von Schulenburg:
    Er war lange in Afghanistan, sicher, aber er hat halt auch eine dezidiert US-kritische Position, die er natürlich gerade im Bezug auf die Afghanistan-Strategie der USA völlig zu Recht haben mag.
    Wenn es dann aber z:B. um die Ukraine geht, scheint mir bei ihm wie bei Erhard Crome (dessen Vortrag ich besuchte….Sorry ich hatte ihn oben gar nicht genannt) eine dann doch in meinen Augen merkwürdig einseitige Position vorzuherrschen. Es klingt für mich immer so gleich, und gleich sinnlos wenn man die USA nur als Imperialisten brandmarkt, und dann unter anderem Russland letztendlich eher eine Art Opferrolle zufällt.
    Eine Deutsch-Deutsche Spezialität vielleicht? Russland (respektive früher die Sowjetunion) ist irgendwie an nichts wirklich Schuld?
    Schlechtes Gewissen der Deutschen, dann doch?
    Oft sitze ich in diesem Land in Diskussionen was das anbelangt völlig zwischen den Stühlen und wundere mich, wieso irgendjemand glauben sollte, dass große Staatengebilde ihre Interessen nicht verfolgen. Das tun sie eben alle, egal ob es sich jetzt um die USA, Russland oder auch China handelt.
    “Die USA haben aber doch….!” Ja und? Die anderen nicht oder wie jetzt? Etwas OT, zugegeben, aber vielleicht wichtig.
    Ein Buch von Erhard Crome zum Thema:
    https://www.eulenspiegel.com/verlage/verlag-am-park/titel/nation-nationalismus-und-der-krieg-in-der-ukraine.html
    Gehe ich zu weit, wenn ich postuliere, dass gerade deutsche Politikwissenschaftler und Menschen wie von Schulenburg eine Schlagseite haben, wenn es um die USA geht? Ich habe mir gerade einige Artikel von ihm aus Makroskop reingezogen, und ich habe kein sehr gutes Gefühl. Da geht es mir so ähnlich wie Soisses.
    Deutschlands Position ist immer schon sehr ambivalent gewesen. Nicht um Ausgleich bedacht sondern ambivalent.
    Oder bin ich als Nachfahre von Menschen denen die US-Armee ohne Zweifel das Leben gerettet hat einfach anders geprägt als dienigen die sich immer noch irgendwie besiegt fühlen? Ich weiß es nicht.

    • #23 Joseph Kuhn
      7. Februar 2023

      @ Alisier:

      “Wenn es dann aber z:B. um die Ukraine geht”

      v.d. Schulenburgs Position zum Ukrainekrieg kam in Andechs nicht zur Sprache. Auf seiner eigenen Homepage gibt es auch ein paar Beiträge zum Ukrainekrieg: https://michael-von-der-schulenburg.com/

      “Nachfahre von Menschen denen die US-Armee ohne Zweifel das Leben gerettet hat”

      Das Bedürfnis, die Welt in gut und böse einzuteilen und sich und andere gleich mit, ist groß und in Krisenzeiten ist der Zwang, “Farbe zu bekennen”, offensichtlich besonders groß.

      Was das OT-Thema US-Kritik angeht: Natürlich darf man dankbar sein, dass die Alliierten Deutschland befreit haben. Man wird hoffentlich nicht zum Putinversteher, wenn man feststellt, dass die damalige Sowjetunion unter dem Massenmörder Stalin dazugehört, und auf der Seite der Sowjetunion viele Soldaten aus der Ukraine beteiligt waren. Alles nicht so schwarz-weiß.

      Ansonsten denke ich, dass der Westen im eigenen Interesse eine kritische Haltung zu den imperialen Neigungen der USA haben sollte, ich erinnere nur kurz an Iran (Sturz Mossadegh), Vietnamkrieg, Chile (Sturz Allende), Irakkrieg usw. usw. Die Unterscheidung in einen guten Imperialismus (USA) und einen bösen (Russland) ist analytisch kein Meisterwerk.

      Aber wie gesagt, das ist hier ziemlich OT, es geht um die Rolle, die Staaten spielen (müssen), egal ob sie demokratisch verfasst sind oder nicht, egal ob sie imperialistisch agieren oder nicht. In Syrien sieht man gerade bei der Erdbebenkatastrophe, welche Folgen fehlende staatliche Strukturen im Katastrophenfall haben.

  18. #24 fauv
    7. Februar 2023

    Joseph Kuhn
    ein treffender Satz :”Das Bedürfnis, die Welt in gut und böse einzuteilen und sich und andere gleich mit, ist groß und in Krisenzeiten ist der Zwang, “Farbe zu bekennen”, offensichtlich besonders groß.”

    Letzte Woche musste ich lachen als mir der Verwandte aus den USA sagte, seine Großmutter sei eine Indianerin gewesen. Und er ist stolz darauf. Ich auch.

    Das ist die Realität. Die Menschen müssen sich untereinander verstehen und akzeptieren, jenseits von jeder Ideologie und Politik. Das ist die Zukunft und das macht optimistisch auch wenn es die Putins und Trumps gibt.

  19. #25 Beobachter
    7. Februar 2023

    @ Alisier, # 22:
    @ JK, # 23:

    ” … ich als Nachfahre von Menschen denen die US-Armee ohne Zweifel das Leben gerettet hat … ”

    Alisier, bitte gib mir/uns hier eine kurze Erklärung/Beschreibung der entsprechenden Umstände/deiner Familiengeschichte – zum besseren Verständnis.

    Dann könnte ich als “Nachfahre von anderen Menschen” dir meinerseits einen kurzen Abriss der Umstände meiner Familiengeschichte geben – denn meine Eltern/Vorfahren saßen (zufällig oder gezwungenermaßen) zwischen allen nur möglichen Stühlen, was Kriegsbeteiligung, Nationalität, “Volks”-Zugehörigkeit(sgefühl), Befreiung, Flucht, Vertreibung betrifft.

    ” … Die Unterscheidung in einen guten Imperialismus (USA) und einen bösen (Russland) ist analytisch kein Meisterwerk…. ”

    In der Tat.
    Nichts ist nur weiß oder nur schwarz, nur gut oder nur böse, und man sollte nicht auf einem Auge blind sein – aus welchen Gründen auch immer.

  20. #26 Alisier
    7. Februar 2023

    @ Joseph Kuhn
    Vielleicht kann man die Frage anders stellen?
    “Brauchen Staaten überhaupt Ordnungsmächte (in lokalen und übergeordneten Kontexten), und wie sollen diese konkret aussehen?” könnte eine solche Frage sein.
    Denn um Ordnungsmächte geht es sehr oft, und auch darum, dass der Ordnungsmacht Demokratie nicht wirklich vertraut wird.
    Den starken Mann (starke Frauen werden eher selten bis gar nicht gewünscht) wünschen sich anscheinend viele, die den diversen demokratischen Systemen nicht trauen. Von der AfD bis zu Bolsonaro- Trump-, aber auch Putin-Anhängern.
    Wenn Menschen sich nicht (mehr) sicher fühlen neigen manche dazu einen Durchgreifer alter Schule zu unterstützen.
    Die Angst vor dem Chaos ist nicht nur in China besonders groß. Selbst Franz Josef Strauß’ Wahlerfolge basierten wohl teilweise auf dem Muster.
    Wir wollen Ordnungsmächte und wenn sie wirklich dazu beitragen, dass Ruhe herrscht schauen wir nicht so genau hin.
    Insofern sollten wir die Diskussion vielleicht wirklich anders anpacken.
    Die USA sahen und sehen sich als Ordnungsmacht, Putin in der Ukraine und China in Tibet ebenfalls
    Und ich könnte mir vorstellen, dass die Menschen in Libyen sich auch eine Ordnungsmacht wünschen, und zwar eine die sie kennen und nicht eine mit der sie nichts anfangen können so wie in Afghanistan.
    Die Taliban sind bewährt und welche von uns, da kann man nicht so viel falsch machen. Und das Ganze ist klarer.
    Sehen Putinisten, Trumpisten und Ähnliche wahrscheinlich genau so.

    • #27 Joseph Kuhn
      7. Februar 2023

      @ Alisier:

      Ich verstehe nicht, was du meinst und kann daher nicht darauf antworten.

      Ob eine Diktatur genauso gut ist wie ein demokratischer Staat, Hauptsache es herrscht Ordnung, hast du mich ja hoffentlich nicht gefragt.

  21. #28 Alisier
    7. Februar 2023

    Ich denke übrigens, dass es wirklich bösen Imperialismus gab, z.B. den von Belgien im damaligen Belgisch-Kongo oder auch das Agieren der Deutschen in Afrika (Hereros etc.) gehören dazu.
    Frankreich in Algerien und Indochina wäre noch mal ein Kapitel für sich, nicht nur wegen der Folgen.
    Keine Ahnung, wer angesichts dieser Komplexität Schwarz-Weiß bevorzugt.
    Aber dass Schwarzweißdenken grundsätzlich unterstellt wird ist dennoch üblich. Man gewöhnt sich dran.

  22. #29 Alisier
    7. Februar 2023

    @ Beobachter
    Ich bitte um Verständnis darum, dass ich Ihre Frage nicht zu beantworten bereit bin.
    Aus mehreren Gründen.

  23. #30 Alisier
    7. Februar 2023

    @ Joseph Kuhn
    Nein, habe ich Dich bestimmt nicht gefragt 🙂
    Aber dass demokratische Systeme Diktaturen unterstützen können und es auch tun wissen wir beide, und sei es auch nur aus Gründen des Wirtschaftswachstums….
    Ansonsten leidet dieses Format daran, dass direkte Nachfragen nicht möglich sind und eine Diskussion somit nur begrenzt möglich ist. Von den ewigen Missverständnissen ganz zu schweigen.
    Da bleibt nur eine durchzechte Nacht mit viel Kaffee zum Schluss, damit sie wirklich ausgeräumt werden können.

    • #31 Joseph Kuhn
      7. Februar 2023

      @ Alisier:

      Dass demokratische Länder Diktaturen aus den verschiedensten Gründen unterstützt haben, wird niemand bestreiten. Aber was hat das mit dem Thema hier zu tun?

  24. #32 fauv
    7. Februar 2023

    Wenn man wissen will, was ein Nationalstaat ist, muss man auch festlegen was keine Nationalstaat ist.
    Man kann jetzt formal sagen, die Mitgliedstaaten der UNO sind Nationalstaaten. Auf politischer Ebene stimmt das, weil die Regierung dieser Staaten das Land nach außen rechtlich vertritt.
    Auf der gesellschaftlichen Ebene stimmt das nur teilweise, wenn ein Staat real von zwei sich bekriegenden Stämmen bewohnt wird, wobei der eine gerade die Majorität hat.
    Diesen Zustand haben viele Staaten in Afrika und auch Afghanistan kann man hier einordnen.

    Wenn man also den Nationalstaat als Idealzustand sieht, als Einheit von Ethnie (nicht Rasse !)und Staatsgebiet, dann ist der Nationalstaat nicht überholt, solange es keine bessere Organisationsform von Menschen gibt.Wir in Europa leben in einem Übergangszustand, wo es auch schon länderübergreifende Strukturen gibt, Europol z.B.
    und es keine emotionalen Grenzen mehr gibt zwischen den einzelnen Ländern.

    Das ist ja das erklärte Ziel der EU, neben der Wirtschaftsgemeinschaft auch eine gemeinsame Außenpolitik anzustreben.

  25. #33 Beobachter
    7. Februar 2023

    @ Alisier, # 29, 30:

    Schade.

    Wenn man bestimmte, nicht näher bezeichnete Tatsachen/Umstände als Argument für irgendwas angibt, dann sollte man auch dazu bereit sein, sie auf Nachfrage genauer zu benennen und ggf. zu erläutern.
    Ansonsten sollte man sie erst gar nicht anführen.

    ” … Ansonsten leidet dieses Format daran, dass direkte Nachfragen nicht möglich sind und eine Diskussion somit nur begrenzt möglich ist. Von den ewigen Missverständnissen ganz zu schweigen.
    … ”

    Direkte Nachfragen sind möglich (s. o.), auch direkte Antworten/Auskünfte sind möglich (wenn man dazu bereit ist, welche zu geben) – und Diskussionen sind/wären erst recht möglich, wenn alle Beteiligten (dazulernen) wollen und am Thema/an der Sache interessiert sind.
    Missverständnisse kann man weitgehend vermeiden, indem man sich möglichst klar und verständlich ausdrückt.
    Außerdem gibt es ja immer die Möglichkeit der Nachfrage.

  26. #34 Alisier
    7. Februar 2023

    @ Joseph Kuhn
    Wo fange ich denn da an…..
    Vielleicht damit, dass stabile Nationalstaaten in der Vergangenheit auch deswegen stabil waren, weil sie auf breite Ressourcen ihrer Kolonien zurückgreifen konnten, und auf die Unterstützung von Regimen die anders als z.B. Mossadegh die Diener-Herrscher Hierarchie nicht in Frage stellten?
    Die Frage ob gerade westliche, steinreiche demokratische Nationalstaaten oder Imperien (das viktorianische England z.B.) sich die Demokratie nicht auch deswegen leisten konnten, weil sie von “befreundeten” Undemokratien gestützt wurden scheint mir legitim.
    Die USA der 50ger Jahre mit ihrem schnell wachsenden Wohlstand und den irrwitzig billigen fossilen Brennstoffen zum Teil bis heute sind auch u.A. mit dem Blut anderer erkauft.
    Das heißt, dass das Thema Nationalstaat und Nationalismus inklusive Entwicklung demokratischer Gesellschaften eigentlich global diskutiert werden müsste.
    Ich komme auch hier wieder auf China zurück: die Ablehnung demokratischer Strukturen und der zunehmend aggressive Nationalismus ist ohne die Kolonialgeschichte kaum zu verstehen.
    Vielleicht muss man sich Demokratie erst mal leisten können……..auch historisch was die Zeiträume die zu ihrer Entwicklung notwendig sind betrifft.
    Respektive muss das Gefühl, dass man sich sowas leisten kann und sollte langsam durchsickern.
    Deutschland hat es auf die sehr harte Tour lernen müssen, bei anderen ist sowas weder möglich noch realistisch, denke ich.

    • #35 Joseph Kuhn
      7. Februar 2023

      @ Alisier:

      Koloniale Ausbeutung ist Teil der Geschichte vieler europäischer Länder. Aber davon hängt die Existenz von Nationalstaaten nicht ab.

      Deutschland und Italien wurden beispielsweise Nationalstaaten, bevor sie koloniale Eroberungen getätigt haben, die Schweiz war nie Kolonialmacht, das neuzeitliche Griechenland nicht, Finnland nicht, Polen nicht, und viele frühere Kolonien sind selbst stabile Nationalstaaten …

  27. #36 Alisier
    7. Februar 2023

    “Respektive muss das Gefühl, dass man sich sowas leisten kann sich erstmal einstellen und sollte langsam durchsickern können…”
    Memo an mich selbst: Schreibe möglichst nicht zwischen zwei Telefongesprächen….

  28. #37 Alisier
    7. Februar 2023

    @ Joseph Kuhn
    Das ist auch nicht mein Punkt.
    Wir reden mal wieder aneinander vorbei, und ich bin auch nicht präzise genug….
    Ich denke nach, wie ich es besser ausdrücken kann. Heute nicht mehr fürchte ich.

  29. #38 naja
    7. Februar 2023

    Vielleicht könnte man neben Afghanistan und der EU, die zwei interessante Endpunkte einer Skala darstellen, auch noch die Bestrebungen der Kurden betrachten.
    Während es in Afghanistan anscheinend nicht genügend gemeinsame Interessen und keine ausreichende Legitimationsbasis für die Durchsetzung nationalstaatlicher Strukturen gibt, geben die EU Staaten relativ weitereichende Souveränität auf supranationale Ebene ab. Und Kurden scheinen der Meinung zu sein, dass Interessensgemeinsamkeiten und Legitimationsbasis für einen Staat ausreichend vorhanden wären. Sie rechnen sich einen Vorteil aus, von dem ich glaube, dass er über Ölressourcen hinausgeht. Der erwartete Vorteil meine ich. Ich habe mich kompliziert ausgedrückt und natürlich spielen da auch emotionalere Gründe sicher eine Rolle, aber ich habe es mal ganz Abstrakt formuliert.

  30. #39 fauv
    7. Februar 2023

    zu naja,
    Der Nahe Osten ist destabilisiert, weil bei der Auflösung des Osmanischen Reiches England und Frankreich geschludert haben. Sie hätten damals ein eigenständiges Kurdistan begründen müssen.
    Müssen deswegen, weil es etwa 40 Millionen Kurden gibt, die eine eigene Sprache sprechen, eine andere Kultur pflegen als die Türken und sich auch nicht als Türken sehen.
    Der Status der Kurden ist verbesserungswürdig.
    Dies als Beispiel, dass man zuerst einen Nationalstaat begründen muss, bevor man in einer Völkergemeinschaft aufgehen kann.
    Die Iren haben diese Entwicklung teilweise durchlaufen, weil Nordirland immer noch besetzt ist von den Briten. Das wird sich auch nicht ändern, weil etwa 50 % der Nordiren sich für GB entscheiden und 50 % für Eire.
    Man dachte, dass die Wiedervereinigung von Nordirland und Eire überflüssig geworden wäre, durch die Mitgliedschaft GB s bei der EU. Aber Geschichte verläuft nicht zwangsläufig in die gewünschte Richtung.
    Nachtrag: Eire ist ein Nationalstaat, Nordirland hat nur den Status ,ein Teil des United Kingdom zu sein.

  31. #40 Beobachter
    7. Februar 2023

    (besonders @ Alisier:)

    Vielleicht etwas OT, aber sehr lesenswert und interessant:

    Zum Thema deutscher Kolonialismus – in China … !
    Das war mir überhaupt nicht präsent.

    https://taz.de/Kolonialvergangenheit-mit-China/!5908989/

    “Kolonialvergangenheit mit China
    Unter deutschen Dächern
    Nicht nur in Afrika, auch in China machten Deutsche sich breit – und besetzten viele Jahre lang eine Bucht. Warum ist das hierzulande kaum bekannt?
    … “

  32. #41 Beobachter
    7. Februar 2023

    Was würde wohl Tucholsky zum Zustand des heutigen Europa sagen ?!

    1932 “sagte” er in einem seiner Gedichte zu “Europa”:

    https://de.wikisource.org/wiki/Europa_(Tucholsky)

    Und heute?:
    https://www.zdf.de/nachrichten/heute-journal/nationalismus-europa-tucholsky-100.html

  33. #42 Alexander
    8. Februar 2023

    Fundstücke: Z.B. Videos vom Makroskop-Kongress 2018:

    https://www.youtube.com/@FlassbeckEconomics/videos

  34. #43 hto
    8. Februar 2023

    @Beobachter #Tucholsky

    Wahrscheinlich das Gleiche wie Walter Gropius:

    “Die Krankheit unserer heutigen Städte und Siedlungen ist das traurige Resultat unseres Versagens, menschliche Grundbedürfnisse über wirtschaftliche und industrielle Forderungen zu stellen.”

  35. #44 fauv
    8. Februar 2023

    Zum Nationalismus in Europa

    Tucholskys Meinung zum Nationalismus in Europa ist überholt. Die EU hat die Grenzen beseitigt, der freie Warenaustausch ohne Zollgebühren bezahlen zu müssen, funktioniert.

    Der freie Wettbewerb funktioniert sogar so perfekt, dass die kleinen Erzeuger im Süden Europas mit den großen Konzernen im Norden nicht mehr konkurrieren können.

    Was ist das Ergebnis ? Ein wiederaufkeimender Nationalismus in Italien, der vom Niedergang der Industrie profitiert. Daran ist Deutschland direkt beteiligt, wir haben eine Exportquote von 70 %. Jede Maschine die in Deutschland produziert wird, kann nicht mehr in Italien gebaut werden.
    Das nur als Beispiel.

    Wenn wir diese Entwicklung verhindern wollen, muss sich D.selbst beschränken. Wenn das nicht gelingt, dann wissen wir nicht , wie sich die Wähler in Italien 2040 entscheiden werden. Und das gilt für alle Mitgliedsländer der EU.

  36. #45 Alisier
    8. Februar 2023

    Ich nehme die Einwürfe von naja und fauv zum Anlass nochmals zu versuchen meine Bedenken im Bezug auf die vom Makroskop-Kongress angestoßene und geführte Diskussion (so weit ich sie bis jetzt wahrnehmen konnte) zu formulieren.
    Wenn die Kurden oder die Nordiren einen eigenen, unabhängigen Staat aus unterschiedlichen Gründen bevorzugen, so geht es aus meiner Sicht nicht an über ihre und anderer Köpfe hinweg darüber zu sprechen ob Staaten und Nationen obsolet sind oder nicht.
    Der Blick der unterschiedlichen Bürger auf ihren jeweiligen Staat in dem sie leben (müssen) fehlt mir total. Dieser Blick ist aber, wie schon angedeutet, nicht ganz unwichtig für das sehr unterschiedliche Verständnis von Staat und Nation von China über Wladiwostok bis nach San Francisco.
    Das Einbeziehen der unterschiedlichen Prägungen durch Geschichte, Sozialisation, Kultur…..kann bei dieser Diskussion nicht einfach außen vor gelassen werden. Das gebietet schon allein unser Respekt vor wie auch immer gearteten mehr oder weniger demokratischen Strukturen.
    Denn sonst machen wir genau das, was man in Afghanistan versucht hat: irgendeine Idee wird existierenden Gesellschaften, so unvollkommen sie uns auch vorkommen mögen, übergestülpt, ohne dass auch nur der Versuch unternommen wird überhaupt in Dialog zu gehen.
    “Braucht irgendjemand noch einen Staat oder eine Nation?” scheint mir eine zutiefst merkwürdige, abgehobene und undemokratische Frage zu sein. Hört doch den unterschiedlichen Bürgern und Gesellschaften bitte erstmal zu, ehe rein theoretisch und akademisch über das was sie wollen könnten und sollen von einigen älteren Männern diskutiert wird.
    Denn sonst kann nicht viel bei einer solchen Diskussion herauskommen. (Man verzeihe mir die Zuspitzung)
    Noch kurz zur Schweiz (oder auch Luxemburg) und Kolonien: ohne den enormen Reichtum, den Kolonialreiche angehäuft haben, würden weder die Schweiz noch Luxemburg ihren eigenen Reichtum auch nur ansatzweise erreicht haben. Das Ganze ist ein Netz, und auch das fehlt mir in der Diskussion. Dem “Ökosystem” Länder, Nationen und Ethnien wird die Diskussion in ihrer Komplexität nicht mal ansatzweise gerecht. Kann sie auch gar nicht, aber sie versucht es nach meiner Wahrnehmung nicht mal, weil, nochmal, die Positionen der Bürger so gar keine Rolle spielen.
    @ Beobachter
    Über deutsches Bier kann man mit vielen Chinesen selbst in schwierigen Diskussionen immer noch reden, weil die Braukunst tatsächlich von den Deutschen in ihren Gebieten dort eingeführt wurde. Dafür sind viele heute noch dankbar 😉

    • #46 Joseph Kuhn
      8. Februar 2023

      @ Alisier:

      Mit dem Hinweis, dass es rund um die Welt unterschiedliche Vorstellungen von Nation und Nationalstaat gibt, hättest du bei der Makroskop-Tagung, so wie ich die Diskussion dort wahrgenommen habe, schlicht offene Türen eingerannt.

      Ich glaube, du führst eine andere Diskussion als die Leute dort.

  37. #47 naja
    8. Februar 2023

    @Alisier

    Genau das war meine Intention. Zu sagen, dass es unterschiedliche Vorstellungen und Bedürfnisse gibt, die historisch gewachsen sind. Meine Beispiele waren wie gesagt Afghanistan, die EU und Kurdistan. Man könnte auch andere Beispiele nehmen. Ich habe sie wegen der Bandbreite, die sie abdecken, gewählt.

    Es gibt auch aktuell gute Gründe über die Rolle des Nationalstaats in der Globalisierung zu sinnieren. Zum Beispiel Steuerparadiese, Datenschutzregelungen oder soziale Medien.

  38. #48 Herr ɟuǝs
    neue Welt
    8. Februar 2023

    zu Eurer verbissenen Diskussion, Regierungschefs reden ja manchmal zur Nation
    https://www.der-postillon.com/2023/02/lage-der-nation.html 😉
    “Die USA liegen weiterhin stabil zwischen Kanada und Mexiko”, aber unter Kanada.

  39. #49 Beobachter
    9. Februar 2023

    @ Alisier, # 45:

    Dem deutschen Kolonialismus ging es sicherlich nicht nur darum, den Chinesen die deutsche Braukunst und das deutsche Bier näherzubringen.
    Wenn viele Chinesen heute noch dafür dankbar sind, so sei es ihnen gegönnt … 🙂

    Viele Deutsche sind heute noch dankbar für den chinesischen Tee und die chinesische Heilkunst in Form von Akupunktur bei der Schmerzbehandlung.

    Des Weiteren:

    Eine Diskussion unter “einigen älteren Männern” muss nicht unbedingt schlechter oder unzureichender sein (oder einem so vorkommen) als eine z. B. unter einigen jüngeren Frauen.
    Die “Qualität” einer Diskussion hängt nicht vom Alter und/oder Geschlecht der Beteiligten ab.

    ” … die Positionen der Bürger so gar keine Rolle spielen. … ”

    Dass sie eine Rolle spielen, dass die Positionen/Interessen aller Bevölkerungsgruppen/Bürger in einem Gemeinwesen wahrgenommen und gleichwertig vertreten/beachtet werden, kommt leider gar nicht oder kaum vor.
    Das schaffen wir (in der Praxis) nicht mal hier “im reichen DE, in unserer westlichen, freien, parlamentarischen Demokratie und sozialen Marktwirtschaft”.
    Selbst in einem Familienverband (der kleinsten sozialen Einheit) sind in den wenigsten Fällen alle Personen gleichberechtigt, spielen eine (gleichwertige) Rolle.
    Dieses Problem sollte bei diesem Kongress auch gar nicht diskutiert werden.

    @ fauv, # 44:

    Es sind zwar die (Zoll)grenzen innerhalb der EU verschwunden, aber damit ist der Nationalismus nicht verschwunden.
    Ganz im Gegenteil.
    Aber die Außengrenzen der EU werden zunehmend geschützt, und das zunehmend brutal – mithilfe der Frontex-Agentur, man lässt Tausende von Flüchtlingen im Mittelmeer ertrinken, es werden Zäune und Mauern gebaut, es gibt menschenunwürdige Lager, es wird geschossen, …

    https://frontex.europa.eu/de/

    https://www.medico.de/kampagnen/teilen-oder-schiessen

  40. #50 Alisier
    9. Februar 2023

    @ Beobachter
    Was bei einem Kongress konkret diskutiert wird oder werden soll ergibt sich oft während der Unterhaltungen, selbst wenn ein Thema vorgegeben wird.
    Das nur nebenbei, aber darum geht es mir nicht.
    Wenn Sie möchten, dass man mit Ihnen diskutiert, dann wäre es sinnnvoll noch ein wenig verbal abzurüsten, respektive nicht ganz so unverschämt aufzutreten.
    Ist schon besser geworden, und deshalb kommt überhaupt eine Replik. Reicht mir aber noch nicht.

  41. #51 Beobachter
    9. Februar 2023

    @ Alisier, # 50:

    Lasse bitte dein oberlehrerhaftes, abwertendes, arrogantes Getue und deine persönlichen Angriffe und sage lieber etwas zur Sache, zum Thema, zu meinen Argumenten, wenn du etwas zu sagen hast.
    Ansonsten diskutiere ich nicht mehr mit dir – dazu ist mir meine Zeit zu schade.

    Das war eine Retourkutsche zur Verteidigung, und die muss erlaubt sein.

    ———————————-

    Bei einem Kongress einer Zeitschrift “Makroskop” mit dem Thema “Ist der Nationalstaat überholt oder bleibt er notwendig?” wird sicherlich nicht über das Thema “Basisdemokratische Bewegungen in Gemeinwesen” diskutiert werden.

    Und wenn doch, wären die Leute auf dem falschen Kongress bzw. hätten das Thema verfehlt.

  42. #52 Beobachter
    9. Februar 2023

    Wie Nationalstaaten ihre Grenzen “schützen”/”sichern”:

    https://www.fr.de/politik/usa-migration-grenze-mexiko-wueste-waffe-trump-biden-92071748.html

    “Im Kampf gegen Migration wird in den USA die Wüste als Waffe eingesetzt
    … ”

    “Dieser Artikel ist zuerst erschienen im Amnesty Journal, Ausgabe 01/23, http://www.amnesty.de/journal

    Zitat eines Kommentars aus der Kommentarspalte darunter:

    “Die USA haben ihre Wüste und wir haben das Mittelmeer.”

  43. #53 Alisier
    9. Februar 2023

    Ignoriermodus reaktiviert

  44. #54 zimtspinne
    9. Februar 2023

    Abstraktes zum Thema:
    Vor einigen Jahren las ich das Buch “Zukunftsvisionen” von Michio Kaku, in dem es auch ein Kapitel zum Thema “Nationalstaaten und ihre Zukunft” (sinngemäß) gab.

    Ich las das Buch aus der Jahrtausendwende 2015 und konnte abgleichen, welche der Zukunftsvisionen bereits Realität geworden waren oder auf dem Weg dahin.
    Die Nationalstaaten litten eher unter Rückwärtswuchs. (Und daran hat sich seither nichts positiv verändert.)
    Nur noch getoppt von Supernova-Weltuntergang und Auswanderung zu fernen Galaxien.

    Um aber mal eine Lanze für die Nationalstaaten als Synonym für “kleinere Einheiten” zu brechen….
    genetisch ticken wir ja oftmals (meistmals) noch im Urzeitmodus der Menschheit und unsere Schokoladenseiten scheinen am besten rauszukommen unter ähnlichen Bedingungen…
    was früher in kleineren Gruppen/genetischen Isolaten super funktionierte, stößt unter sozialer Anonymität und globalen Bedingungen rasch an seine Grenzen und kann sogar eher zur Schattenseite werden.

    Vieles funktioniert heute nicht, weil es in einer gänzlich anderen Umwelt geformt wurde. Da sollte langsam mal eine Anpassung stattfinden.

  45. #55 Beobachter
    10. Februar 2023

    Nachtrag zu # 52:

    Update zu:
    Wie (verbündete) Nationalstaaten ihre Grenzen “schützen”/”sichern”:

    https://taz.de/EU-Gipfel-zu-Migration/!5914972/

    “EU-Gipfel zu Migration
    Europa zäunt sich ein
    Mit „Infrastruktur“ will sich die EU gegen unerwünschte Migranten abschotten. Vor allem Österreich und Griechenland vertreten eine harte Linie.
    … ”

    Da z. B. in DE ein enormer Fachkräftemangel (der absehbar war) herrscht, sind mittlerweile Fachkräfte als Migranten in DE erwünscht.
    Das führt zu einem Fachkräftemangel und “Braindrain” in den Herkunftsländern.
    Und wie ergeht es allen anderen Migranten (Kindern, Älteren, Kranken, Unausgebildeten)?

    Der regierende ukrainische Präsident Selenski drängt auf einen schnellen EU-Beitritt der Ukraine – während immer noch der russische Angriffskrieg in der Ukraine tobt und er weitere militärische Unterstützung (Kampfjets etc.) vom Westen fordert.
    Zur Zeit “Seit’ an Seit’: EU-Kommissionchefin von der Leyen und der ukrainische Präsident Selenski in Brüssel” (Bildunterschrift)

    Das Foto macht (nicht nur auf mich) den Eindruck eines heftigen Flirts … , bei dem üblicherweise mal eben viele Versprechungen gemacht werden …

    Darf so Politik gemacht werden?

    https://taz.de/Selenski-auf-Europavisite/!5911231/

    “Selenski auf Europavisite
    Eine Antwort schuldig
    Solidarität mit der Ukraine? Ist im Westen längst zur Floskel verkommen. Umso nötiger ist eine klare Ansage, was das konkret heißt – und was nicht.
    … ”

    Das Thema des Makroskop-Kongresses ist m. E. ein sehr aktuelles und hochpolitisches …

  46. #56 Alexander
    10. Februar 2023

    Streeck und Schulenburg gehören übrigens auch zu den Erstunterzeichnern des “Manifest für Frieden”:

    https://www.change.org/p/manifest-f%C3%BCr-frieden

    • #57 Joseph Kuhn
      10. Februar 2023

      @ Alexander:

      Und was hat ihre Mitzeichnung des „Manifests“ mit dem Thema der Tagung zu tun?

      Am Ende sind beide auch schon einmal schwarz U-Bahn gefahren. Das würde natürlich erklären, warum sie sich für nationalstaatliche Strukturen aussprechen.

  47. #58 Alisier
    10. Februar 2023

    @ Joseph Kuhn
    Ich würde Alexanders Bemerkung nicht so schnell abtun wollen. Der Eindruck, der sich bei mir nach dem Lesen mehrerer Artikel von Schulenburgs verfestigt hat war, wie gesagt, nicht ganz unproblematisch, auch wenn ich das nicht offensiv formuliert habe.
    Die Frage ist eher, ob wir uns darüber in die Haare kriegen möchten oder nicht 😉
    Aber bitte frühestens nach dem Wochenende…..

    • #59 Joseph Kuhn
      10. Februar 2023

      @ Alisier:

      In die Haare wirst du dich mit mir kaum kriegen können. Aber die Frage, was die Einstellungen v.d.Schulenburgs zum Ukrainekrieg (die man erst einmal korrekt recherchieren müsste) mit dem Blogthema zu tun haben, erschließt sich mir eben nicht so recht. Am Ende fährt er auch noch ein politisch inkorrektes Auto, was für ein Skandal!

      Wie schon in Kommentar #23 geschrieben, nehme ich bei dieser speziellen Variante des ad hominem gegenüber v.d. Schulenburg ein starkes Bedürfnis danach wahr, zu schauen, ob er (oder andere Referenten der Tagung) zum “richtigen Lager” gehören. Im Blogbeitrag geht es aber nicht darum, Menschen in Schubladen einzusortieren. Solche Tendenzen resultieren oft aus dem Wunsch, sich selbst bei nicht ganz einfachen, aber moralisch aufgeladenen Themen auf eine für richtig gehaltene Seite bringen zu wollen. In anderen Fällen heißt es dann, es käme nicht darauf an, wer etwas sagt, sondern was gesagt wird. Ich bin aber weder an einer Diskussion über die Person v.d.Schulenburg noch einer Psychoanalyse von Schubladeneinteilungsneurosen interessiert.

  48. #60 Beobachter
    10. Februar 2023

    @ Alisier, # 58:

    Ist es denn schon problematisch bzw. “nicht ganz unproblematisch” oder gar verwerflich, dieses “Manifest für Frieden” mitunterzeichnet zu haben?
    Und macht einen das als Wissenschaftler/Experten/denkenden Menschen sogar unglaubwürdig und rückt einen in ein “schlechtes Licht”, macht einen zum zwielichtigen Gesellen?!

    Ich bin sicherlich kein Wagenknecht- und/oder Schwarzer-Fan, aber das muss man auch nicht sein, um diese Petition mitzuunterzeichnen, weil man sie inhaltlich richtig und wichtig findet.

    Und ich kann die Frage in # 57, JK, nur wiederholen:
    Was hat eine Petitionsunterzeichnung mit dem Thema der Tagung zu tun?

  49. #61 Alisier
    10. Februar 2023

    @ Joseph Kuhn
    Darum gehts auch nicht.
    Sondern darum, inwieweit von Schulenburg in seinen Artikeln aus meiner Sicht unsauber argumentiert, und Sichtweisen voraussetzt, die man nicht haben muss.
    Wie gesagt, nach dem Wochenende, wenn überhaupt.

    • #62 Joseph Kuhn
      10. Februar 2023

      @ Alisier:

      “Darum gehts auch nicht.”

      Mit Verlaub, worum es in meinem Blog geht, werde ich wohl noch am besten wissen. Um die “Sauberkeit” der Argumentation von Schulenburg ging es nicht.

      Aber bitte: Wenn du in seinen Artikeln eine “unsaubere” Stelle findest, über die es sich inhaltlich zu diskutieren lohnt, ohne nur moralische Reinlichkeitsbedürfnisse “Der Russe ist böse, der Ami gut” zu bedienen, können wir ja versuchen, davon etwas zu lernen. Gerne nach dem Wochenende.

  50. #63 Alexander
    11. Februar 2023

    @Joseph Kuhn: , #57

    Ich fand es erwähnenswert, dass zwei der vier auf dem Foto abgebildeten Personen zeitnah in einem weiteren positiven Zusammenhang in Erscheinung getreten sind und bitte um Verzeihung, dadurch eine Serie qualitativ hochwertiger Kommentare unterbrochen zu haben!

    • #64 Joseph Kuhn
      11. Februar 2023

      @ Alexander:

      “in einem weiteren positiven Zusammenhang in Erscheinung getreten”

      Ob man das positiv oder negativ wertet, spielt für die Irrelevanz im Hinblick auf die Nationalstaatsfrage keine Rolle. Das gilt auch für das Manifest selbst.

      Es gab hier im Blog übrigens bereits eine ganze Reihe von Beiträgen zum Ukrainekrieg, manche recht nah an der Frage nach der Zustimmungsfähigkeit des Manifests. Da könnte man über das Manifest diskutieren, z.B. im Zusammenhang mit den Nachrichten über Lulas Ankündigung einer Vermittlungsinitiative und der Diskussion darüber in Deutschland oder den Berichten über angeblich auf Druck der USA und Großbritanniens abgebrochene Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland.

      In diesem Thread würde ich das mal ganz oberlehrerhaft als “Themaverfehlung” monieren wollen.

      ————
      Nachtrag: Habe gerade zu diesem Themenfeld einen neuen Diskussionsraum aufgemacht, um dem offensichtlich unter einigen Leser:innen bestehenden Diskussionsbedarf einen passenderen Ort zu geben: https://scienceblogs.de/gesundheits-check/2023/02/11/manifest-fuer-frieden-oder-manifest-der-hilflosigkeit/

  51. #65 Beobachter
    11. Februar 2023

    @ JK, # 64:

    Interessant ist aber, DASS man es positiv oder negativ werten kann – je nachdem, ob man zum Lager “der Lumpenpazifisten” oder “der Kriegstreiber” gehört bzw. gerechnet wird.
    Zu “den Lumpenpazifisten” wird man oft schon dann einsortiert, wenn man auch nur die Worte “Verhandlungen/Verhandlungschancen” in den Mund nimmt.

  52. #66 Alisier
    11. Februar 2023

    @ Joseph Kuhn
    Es ging mir darum, worum es mir geht 🙂
    Und das weiß ich ebenfalls……wenigstens meistens.
    Ein schönes Wochenende.

    • #67 Joseph Kuhn
      11. Februar 2023

      @ Alisier:

      Auf dieser Ebene sollten wir einen Kompromiss finden 😉

  53. #68 Hendrik Uhler
    11. Februar 2023

    Eine interessante Diskussion mit mehreren Erkenntnissen, insbesondere erwähnenswert, dass es an der präzisen Definition einer Nation mangelt und das, was gemeinhin als Nation bezeichnet wird, stark ausgrenzenden und unterdrückenden Charakter aufweist. Ich würde sogar so weit gehen, zu sagen, dass Staat eine Machtstruktur weniger sind, die dazu dient, das Staatsvolk zu versklaven.

    Hervorzuheben ist auch der Punkt der Vergemeinschaftungswirkung als Voraussetzung für eine Post-Nation. Wobei das angeführte Afghanistan-Beispiel unzureichend ist, da versucht wurde, staatliche Strukturen aufzuoktroyieren, obwohl in Afghanistan Stammesstrukturen vorherrschend sind die eine, stark konkurrierende, Vergemeinschaftung in gänzlich anderer Weise bedeuten. Dass dem kein Staat, kein Nationalstaat in diesem Sinne, übergestülpt werden kann, weiß man in Afghanistan nicht erst seit diesem Versuch.

    Ergänzen möchte ich den Hinweis auf https://www.oqgc.com und die dortige Publikation „Wir Menschen“. Dort wird insbesondere der negative Aspekt von Nationen herausgestrichen, vor Allem gegen Ende der Publikation und die als Voraussetzung definierte Vergemeinschaftung über eine einzelne Regel „Schade keinem anderen“, aus der sich tatsächliche Demokratie ohne Staatsstrukturen und zuallererst Gerechtigkeit ergibt, geschaffen.

    Sucht man nach der Antwort auf die Frage, ob der Nationalstaat überholt ist, lautet die Antwort demnach klar ja und, anders als in Ihrer Diskussion, scheint eine realistische Alternative zur Verfügung zu stehen.

    • #69 Joseph Kuhn
      12. Februar 2023

      @ Hendrik Uhler:

      “tatsächliche Demokratie ohne Staatsstrukturen”

      Das wird bestimmt ein Riesenspaß, wenn in so einer “tatsächlichen Demokratie” eine Straße gebaut werden soll, die Müllabfuhr organisiert wird oder jemand Lehrer bezahlen soll.

  54. #70 naja
    12. Februar 2023

    @ Hendrik Uhler
    Wenn es keine staatlichen Strukturen mehr gibt, warum sollte die Vergemeinschaftung kleinteiliger sein. Wäre nicht eine Vergemeinschaftung auf größerer Ebene zumindest genauso warscheinlich? Also eine Weltregierung?
    Pakistan hat auch Stammesstrukturen, sogar die gleichen wie Aghanistan. Und ist ein stabiler Staat.

  55. #71 hto
    Gemeinschaftseigentum
    12. Februar 2023

    XXX

    Edit: Kommentar gelöscht. Sie schreiben ja fleißig einen Kommentar nach dem anderen mit den immergleichen Sprechblasen. Das System sortiert sie automatisch aus, nach einem Tag wird das automatisch gelöscht. Sie machen mir also keine Arbeit damit. Ab und zu sehe ich mal in den Spamordner. Gerne weiter so, aber im Prinzip können Sie Ihren Quatsch auch gleich selbst löschen. JK

  56. #72 Jolly
    12. Februar 2023

    aber im Prinzip können Sie Ihren Quatsch auch gleich selbst löschen

    Ein altbewährtes Prinzip

  57. #73 zimtspinne
    12. Februar 2023

    @ Jolly

    nö, das ist ja ganz fauler Zauber.

  58. #74 Joseph Kuhn
    8. Februar 2024

    Versuch und Versuchung?

    Michael von der Schulenburg kandidiert bei der Europawahl 2024 für das Bündnis Wagenknecht.

    https://www.tagesspiegel.de/politik/das-wollen-wagenknechts-europakandidaten-freiheit-fur-julian-assange–und-aufklarung-der-corona-massnahmen-11103847.html

  59. #75 RGS
    8. Februar 2024

    Wolfgang Streeck vertritt, wenn ich ihn richtig verstehe, die Position, dass Europa ein Bündnis von Nationalstaaten sein sollte, das seine Interessen wirksam zu vertreten suchen sollte in der Welt, gegenüber dem Imperium USA, dem wohl aufkommenden Imperium China und weiteren Ländern wie Russland, Indien.
    Dass die EU eine Art Nationalstaat (politische Union) wird, die die Nationalstaaten überflüssig macht, hält er für eine Illusion.
    Der Brexit habe gezeigt, dass die politische Union nicht gewünscht wird.
    Er hält auch die Hyperglobalisierung für gescheitert. (Weltweit freier Handel)
    Deutschland hänge zu sehr der Illusion an, es brauche keine Nationalstaaten mehr und Deutschland könne in der EU aufgehen. Zumindest schrieb er das häufiger zu Zeiten der Regierungen Merkel.
    Hier die Homepage von Wolfgang Streeck: https://wolfgangstreeck.com/

    Ich finde seine Analysen lesenswert und nachdenkenswert.

  60. #76 Richard
    9. Februar 2024

    #74:
    nicht zu vergessen Friedrich Pürner (Platz 6) 😉