Vor 200 Jahren führte eine unbekannte Person in den USA ein verschlüsseltes Tagebuch. Meines Wissens ist dieses bisher ungelöst.

English version (translated ith DeepL)

Warum hat sich eigentlich noch nie jemand ausführlich mit verschlüsselten Tagebüchern beschäftigt? Es gibt zu diesem Thema zwar ein Kapitel in David Kahns Klassiker “The Codebreakers” und ein weiteres in meinem Buch “Codeknacker gegen Codemacher”, doch das war es meines Wissens auch schon. Man könnte problemlos ein ganzes Buch zu diesem Thema füllen, doch bisher hat noch keiner ein solches geschrieben.

Falls jemand diesbezüglich aktiv werden will, sollte er einen Blick auf meine Encrypted Book List werfen. Dort sind knapp 50 verschlüsselte Tagebücher aufgeführt. Darüber hinaus kenne ich noch einige Tagebücher, in denen nur ein paar Sätze verschlüsselt sind und die deshalb nicht auf der Liste stehen. Ich bin sicher, dass es noch wesentlich mehr gibt.

 

Ein Tagebuch aus dem Jahr 1776

Heute will ich auf ein verschlüsseltes Tagebuch eingehen, das zwar schon länger auf der Liste steht (00065), über das ich aber seltsamerweise noch nie gebloggt habe. Dabei zählt es zur seltenen Spezies der noch ungelösten verschlüsselten Tagebücher. Zumindest ist mir die Lösung nicht bekannt.

Auf dieses Tagebuch bin ich wieder einmal per Google gestoßen. Es wird in einem von Jeremy Dibbell verfassten Artikel des Blogs “The Beehive” aus dem Jahr 2009 beschrieben, der von der Massachusetts Historical Society betrieben wird. Das Buch befindet sich in der Bibliothek dieser Organisation in Boston und ist dort unter dem Titel “Anonymous cipher diary, 1776-1845” verzeichnet. Falls diese Angaben korrekt sind, müsste das Tagebuch einen Zeitraum von 69 Jahren abdecken, was äußerst ungewöhnlich wäre.

Anscheinend hat der Autor des Tagebuchs nur alle paar Tage einen Eintrag verfasst. Außerdem füllen viele Einträge nur eine Zeile. So ist es auch zu erklären, dass der gesamte Inhalt in ein kleinformatiges Notizbuch passt.

Leider sind auf der besagten Webseite nur zwei Seiten des Tagebuchs abgebildet. Hier ist die erste:

Quelle/Source: Massachusetts Historical Society

Hier ist die zweite:

Quelle/Source: Massachusetts Historical Society

Anscheinend ist nicht bekannt, wer der Autor dieses Tagebuchs ist. Möglicherweise war es ein Priester.

 

Lösungsansätze

In einem weiteren Artikel schreibt Jeremy Dibbell, dass in den Tagebuch-Einträgen die Monatsnamen in Kurzschrift notiert sind:

Quelle/Source: Massachusetts Historical Society

Wie man außerdem sieht, kommen in den Tagebucheinträgen viele Zahlen vor. Auch die Buchstaben T, X und m sind auf der oberen Seite recht häufig. Andere Symbole sehen eher nach Kurzschrift aus. Auf der zweiten Seite wird ein Wortteil mehrfach wiederholt.

Insgesamt sehen mir die Einträge nicht nach einem gewöhnlichen verschlüsselten Text aus. Ich gehe eher von Notizen mit vielen Abkürzungen und Kurzschrift-Symbolen aus. Die obere Seite könnte Geburten und Todesfälle auflisten, was bei einem Priester sicherlich passen würde. Andererseits enthalten auffällig viele verschlüsselte Tagebücher Notizen zu sexuellen Themen, was natürlich auch hier der Fall sein könnte.

Kann ein Leser mehr zu diesem ungewöhnlichen Kryptogramm sagen? Auch in Massachusetts dürfte man sich dafür interessieren.


Further readingWer kann diese Tagebuch-Einträge entschlüsseln?

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Kommentare (4)

  1. #1 Norbert
    6. November 2022

    Am wahrscheinlichsten wohl ein Kirchenbuch. Die Daten auf dem zweiten Bild sind allesamt Sonntage. Es scheint, dass Jeremy Dibbell die verwendete Kurzschrift korrekt identifiziert hat.
    Außer den Monatsnamen kann ich auf die Schnelle noch das Symbol für “Mr.” identifizieren (wird auf Seite XXX der Anleitung beschrieben).

  2. #2 Peter Lichtenberger
    Perg
    6. November 2022

    Es könnte sich um eine Art Rechnungsbuch handeln. Da die Gebühren für Begräbis, Taufe etc. wohl einigermassen fix waren, würde das die vielen identen Einträge erklären.

  3. #3 Klaus Schmeh
    6. November 2022

    @Peter und Norbert:
    Bei einem Kirchen- oder Rechnungsbuch wäre es auch nicht so erstaunlich, dass es 69 Jahre lang geführt wurde. Die Frage ist dann natürlich, ob es im Laufe der Zeit mehrere Autoren gegeben hat. Vielleicht ist es vom Vater auf den Sohn übergegangen.

  4. #4 Klaus Schmeh
    7. November 2022

    Steven Fish via LinkedIn:
    These are dates.