Ein Student habe (am Abend nach einer Klausur) die folgende Nutzenfunktion für den Konsum von Zigaretten x, Bier y und Caipirinha z:
U(x,y,z)=6z^2y+2x^3.
Er nimmt sich vor, nicht mehr als 300 € auszugeben, um die (hoffentlich) bestandene Klausur zu feiern.
a) Erklären Sie zunächst verbal, warum der Student entweder auf Alkohol ganz verzichten oder sowohl Bier wie auch Cocktails trinken wird!
b) Warum wird er sein Budget bei dieser Nutzenfunktion vollständig ausschöpfen?
c) Bestimmen Sie das Nutzenoptimum mit Hilfe der Methode der Lagrangemultiplikatoren unter der Budgetrestriktion, wenn ein Bier 6 €, Zigaretten auch 6 € und ein Caipirinha 12 € kosten.
d) Kann er sein Nutzenoptimum tatsächlich erreichen?

Das ist eine Aufgabe aus einem verbreiteten Lehrbuch Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler im Kapitel „Mehrdimensionale Optimierung mit Nebenbedingungen“ (Kapitel 6.13, Seite 276).

Man hört ja häufig Klagen über konstruierte Textaufgaben, bei denen einem mathematischen Problem einfach eine schlecht erfundene Anwendung übergestülpt wurde. Aber das hier ist wirklich ein besonders krasses Beispiel. Warum, um alles in der Welt, sollte sich der Nutzen von Bier, Cocktails und Zigaretten ausgerechnet nach der Formel U(x,y,z)=6z^2y+2x^3 berechnen?

Bild: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Backbar_with_various_bottles.jpg

Kommentare (17)

  1. #1 rolak
    10. Januar 2021

    Warum, um alles in der Welt, sollte sich der Nutzen

    a) warum nicht, immerhin ward nirgends angegeben, was genau ‘Nutzen’ ist
    b) es ging um die Nutzenfunktion, deren Bildwerte völlig irrelevant sind – bis auf den winzigen Aspekt des Ordnungserhaltes (Nutzen(a)>Nutzen(b))⇒(NF(a)>NF(b))
    c) tested for you by uncounted barflies

    Macht die Aufgabenstellung aber um keinen Deut besser…

  2. #2 Bbr
    Niedersachsen
    10. Januar 2021

    Von der unrealistischen Nutzenfunktion mal abgesehen: Man sieht doch ohne Langrangemultiplikatoren sofort, dass die optimale Lösung x=50, y=0, z=0 lautet. Das x^3 ist einfach unschlagbar, zumal keins der Alkoholika billiger als die Zigaretten ist. Das muss ein Raucher verfasst haben ;). Oder übersehe ich was?

  3. #3 Lercherl
    10. Januar 2021

    @Bbr

    Nein, ganz richtig gerechnet. Warum Bier nur in Verbindung mit Caipirinha sinnvoll ist, ist trivial, weil sonst der Beitrag zur Nutzenfunktion null ist. Der Beitrag kann aber nie den Verlust bei den Zigaretten wettmachen. Schon das Minimum (ein Bier, ein Caipirinha) liefert uns mickrige 6 Punkte im ersten Term, kostet uns aber 2*(50^3-47^3) = 42354 Punkte im zweiten.

    Wie der Konsum von 50*20 = 1000 Zigaretten bei einer Feier überhaupt möglich, geschweige denn optimal sein soll, erschließt sich mir nicht. Vielleicht werden nur Zigaretten im lokalen Puff als Währung akzeptiert?

  4. #4 rolak
    10. Januar 2021

    zumal keins der Alkoholika billiger als

    Wenn ich mich nicht irre (hihihi), übersiehst Du, daß die PreisRestriktionen ausschließlich für c) (und implizit auch d)) gelten. Schon bei Einheitspreis (happy hour 17-19 Uhr) zB generiert (Bier+Cocktal) höhere NF() als (Zigaretten).

  5. #5 user unknown
    https://demystifikation.wordpress.com/
    10. Januar 2021

    Wenn es eine hochpreisige Bar ist, dann könnten 6 €/Bier für 0,2 L gelten, und 50 Bier wären dann 10 L, bei 5 Vol.-% Alkohol also 0,5 L reinen Alkohols – das kann man überleben, wenn man es gewohnt ist.

    12 € für einen Caipirinha scheint mir nicht billig, ist aber noch im Rahmen. 6 € für eine Zigarette ist wahrscheinlich nicht gemeint, für einen Kettenraucher sind 50 Stück an einem Abend aber machbar.

    Nehmen wir an, er ist mit seinen Kommilitonen unterwegs, die alle nicht bestanden haben und deswegen lädt er sie alle ein, und der physische Konsum verteilt sich auf viele Lungen, Mägen und Blutbahnen.

  6. #6 Karl Mistelberger
    mistelberger.net
    10. Januar 2021

    Das Problem beginnt bei Wirtschaftswissenschaftler. Dabei handelt es sich um ein Oximoron.

    Dort wo der Caipirinha her kommt spricht man auch von Fusel. Der Nutzen ist zweifelhaft.

    Zigaretten sind ein zuverlässiges Mittel das Leben abzukürzen. Worin der Nutzen besteht ist zweifelhaft.

    Bier ist flüssig Brot. Als Wahlfranke bin ich ziemlich verwöhnt.

    Die Nutzenfunktion reduziert sich auf eine Dimension mit einer trivialen Lösung.

  7. #7 Thilo
    10. Januar 2021

    https://youtu.be/lPOGAob2w_g

    “Da fragt mich so ein Typ, ob ich studier. Ich sage Wirtschaftswissenschaft, drum sitz ich hier. Und dann sagt er, dass er von der Zeitung wär und er wär da der Lokalredakteur.”

  8. #8 Beobachter
    10. Januar 2021

    Mir kommt diese Textaufgabe aus dem Lehrbuch “Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler” so vor, als sei sie für Burschenschaftler und (schlagende) Studentenverbindungen geschrieben – milieumäßig und was die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel betrifft würde es ja passen … 🙂
    Gesoffen wurde da schon immer (vor allem Bier), und Frauen kamen/kommen dort auch nicht vor (offiziell).

    Vielleicht haben dieses Lehrbuch inkl. Textaufgabe ältere, etablierte Wirtschaftswissenschaftler (“alte Herren”) für ihren studentischen Nachwuchs (“Füchse”) verfasst – in Fortsetzung althergebrachter Traditionen und Privilegien.

    Heutzutage bekommen “normale” Studierende für 300 € Miete/Monat in Uni-Städten nicht mal mehr ein winziges Zimmer und werden es sich wohl kaum leisten können, bei ihrem geringem Budget und derzeit wegfallenden Nebenjobs diesen Betrag mal eben für eine Klausur-Feier zu verprassen.

    Vom “optimalen Nutzen” von Saufen und Rauchen mal ganz abgesehen – wo kommt denn nun diese Formel her?

  9. #9 Beobachter
    10. Januar 2021

    @ Thilo, # 7:

    Schönes Zitat … 🙂

    Nur nebenbei:

    Die Wirtschaftswissenschaftler scheinen komische Leute zu sein … 🙂

    Ich erinnere mich übrigens immer wieder gerne an den empörten Aufstand der geballten etablierten österreichischen universitären Wirtschaftswissenschafts-Prominenz, als vor ein paar Jahren Christian Felber, ein Vertreter der Gemeinwohl-Ökonomie, in einem Schulbuch erwähnt bzw. mit aufgeführt wurde:

    https://scienceblogs.de/kritisch-gedacht/2016/04/07/christian-felber-als-wirtschaftstheoretiker-im-schulbuch-ein-offener-brief/

    https://christian-felber.at/wp-content/uploads/2018/12/PA_Felber-aus-Schulbuch-entfernt_2016.pdf

    Jedenfalls bin ich erst dadurch auf Theorie und Praxis der Gemeinwohl-Ökonomie aufmerksam geworden.
    Danke … !

  10. #10 hwied
    11. Januar 2021

    Bei a) wird von dem Studenten der Begriff des Grenznutzens bzw. des abnehmenden Grenznutzens verlangt. Bei 15 Caipirinha ist das offensichtlich. Verzichtet er auf Alkohol führt der Zigarettenkonsum von 50 Schachteln sogar zu einem negativen Grenznutzen.

  11. #11 Karl-Heinz
    11. Januar 2021

    Ein Student habe (am Abend nach einer Klausur) die folgende Nutzenfunktion für den Konsum von Zigaretten x, Bier y und Caipirinha z:
    U(x,y,z) = 6z²y + 2x³

    Das ist aber eine sehr krankhafte Nutzenfunktion, was der Student da hat, weil die Funktion mit der Stückzahl ansteigt. Würde ich dem Studenten 1000 Euro geben, würde er sich zu Tode saufen und rauchen, weil ja nach seiner Nutzfunktion jede Stückzahlerhöhung einen grösseren Mehrwert für ihn zu bringen scheint.

    Wie schon angedeutet ist der Tod des Studenten bei einem verfügbaren Kapital von 1000 Euro nicht mehr zu verhindern.
    Ob das demjenigen, der sich diese Aufgabe ausgedacht hat auch bewusst ist? Wie Thilo schon richtig vermutet, wurde da eindeutig was übergestülpt.

  12. #12 Jolly
    11. Januar 2021

    Wie lautet denn die korrekte Nutzenfunktion?

    Könnte man dann ja in die 6. Auflage einarbeiten.

  13. #14 Karl-Heinz
    11. Januar 2021

    @Jolly

    Ein Beispiel: Käse und Wein 😉

    Durch den Konsum von x Kilo Käse und y Liter Wein entsteht einem Kunden der Nutzen
    u(x,y) = ln( 1 + x + √y )

    1) Berechnen Sie die partiellen Elastizitäten des Nutzens bzgl. des Käse- bzw. Weinkonsums.

    2) Bringt eine Konsumsteigerung von Käse oder Wein prozentual mehr Nutzen, wenn man im Moment 0, 2 kg Käse und 0, 5 l Wein konsumiert?

  14. #15 Karl-Heinz
    11. Januar 2021

    @Jolly

    Ökonomische Fragestellung
    In seinem 1854 erschienenen Werk „Entwickelung der Gesetze des menschlichen Verkehrs und der daraus fließenden Regeln für menschliches Handeln“ hat Hermann Gossen das Gesetz vom abnehmenden Grenznutzen wie folgt formuliert: Die Größe eines und desselben Genusses nimmt, wenn wir mit Bereitung des Genusses ununterbrochen fortfahren, fortwährend ab, bis zuletzt Sättigung eintritt. Das nach ihm benannte erste Gossen’sche Gesetz besagt, dass der Konsum eines Gutes mit zunehmender Menge einen immer geringeren Zusatznutzen stiftet.

  15. #16 hwied
    11. Januar 2021

    Karl-Heinz,
    Die Grenznutzenkurve ,d.h. die Formel dazu, ergibt sich aus Erfahrungswerten des Wirtes. Danach legt er den Preis z.B. für Bier fest. Das ist der Sinn dieser Überlegungen. Ein Getränk, dass einen hohen Nutzen hat, hat einen höheren Preis, nicht weil das Getränk wertvoller wäre, sondern weil der Gast nur wenig davon trinkt. Caipirhinha ist kein Getränk zum Saufen, davon trinkt der Student höchstens 3, dann ist der Grenznutzen 0, weil der Student aus Erfahrung nicht mehr davon trinkt.
    Mich wundert nur , dass die nutzenmaximierende Biernachfrage in der 1. Potenz steht. Bei der Grenznutzenfunkton fällt dann das Bier weg. Oder heißt das, dass der Student 6 Biere trinkt.
    Caipirinha steht in der 2. Potenz, hat also einen Grenznutzen, Zigaretten stehen in der 3. Potenz, die Grenznutzenkurve ist also quadratisch. Was das bedeutet, verstehe ich noch nicht.

  16. #17 Abanana
    Duesseldorf
    11. Januar 2021

    @Jolly und Karl Heinz
    „Korrekte Nutzfunktionen“ sind nur mit hohen empirischen Aufwand zu ermitteln. In diesem konkreten Fall, müsste man halt die Person für möglichst viele Güterkombinationen fragen, welche sie für gleichwertig erachtet. Das Ergebnis wird dann mit ökonometrischen Methoden in ein Modell gezimmert.
    Da gibt es aber deutlich sinnvollere Anwendungen in der Mikroökonomie.