Vor der tasmanischen Westküste, nahe des Hafens von Macquarie, sind seit Montag fast 500 Grindwale gestrandet. Helfer versuchen gerade, die auf den flachen Sandbänken festsitzenden großen Delphine wieder ins tiefere Wasser zu bugsieren.
Grindwale leben in großen Gruppen und haben einen engen sozialen Zusammenhalt – das wird ihnen bei solchen Massenstrandungen zum Verhängnis. Gerade an flachen Sandstränden kommt es leider regelmäßig zu Massenstrandungen, auch an australischen Küsten. Darum gibt es ein Stranding-Netzwerk, um möglichst viele Wale schnell und ohne Verletzungen wieder ins Meer zu bringen.
Leider sind hier solche Massenstrandungen nicht unbekannt, gerade die Sandbänke des Macquarie Head ist offenbar für die Grindwale eine problematische Situation. Die jetzige Strandung ist nicht die größte Australiens, erst 2017 waren über 600 Wale auf den Strand geschwommen, 1918 waren es sogar über 1000. Allerdings sind die mittlerweile 470 gestrandeten Grindwale nach Angaben des Project Jonah die größte Massenstrandung Tasmaniens.

Hier waren MitarbeiterInnen des Departments of Primary Industry, Parks, Water and Environment (DPIPWE) und die Tasmanische Polizei schnell vor Ort, weitere Teams waren schon am Dienstag auf dem Weg.

Wie bekommen Helferinnen die Wale wieder ins Meer?
Die HelferInnen müssen die gestrandeten Wale feucht halten, um sie gegen Überhitzung und die Sonne zu schützen, ohne dass Wasser ins Blasloch eindringt. Die bis zu sechseinhalb Meter großen Delphine sind klein und leicht genug, um sie unter günstigen Umständen zurück ins Meer zu bringen. Bei höherem Wasserstand, sowie der Wal aufschwimmt, müssen mehrere Personen ihn vorsichtig zurück ins tiefere Wasser schieben. Bei Niedrigwasser würde man den Wal durch Sand und Steine des Strandes erhebliche Verletzungen am Bauch zufügen.
In der Nacht muss diese Arbeit unterbrochen werden, weil die Arbeit in der Dunkelheit mit den großen Tieren zu gefährlich ist. Schließlich wiegt ein ausgewachsener Globicephala über 2000 Kilogramm und verfügt über gewaltige Kräfte. Bei einem Flukenschlag oder einem Rollen des Tieres könnten Menschen zu Schaden kommen oder gar ertrinken. Offizielle Stellen und Freiwillige etwa von der Walschutzorganisation Project Jonah führen den Einsatz  sachkundig und kräftig anpackend durch.

Warum stranden die Grindwale an dieser Küste?

Wie im vorliegenden Fall zeigen die Meeressäuger keine äußerlichen Verletzungen etwa durch Fischernetze oder Schiffsschrauben. Es gibt auch keine Anzeichen von Gehörtraumata wie Blutungen aus dem Gehörgang und keine zeitlich passenden menschlichen Aktivitäten wie Marinemanöver, seismische Exploration, Fischerei oder ähnliches.
Es handelt sich um Familienverbände mit Tieren aller Altersgruppen, so dass auch Altersschwäche oder Erkrankungen einzelner Tiere kein Grund sein kann. Weiterhin gibt es keine natürlichen Umstände wie etwa eine Giftalgenblüte, die eine ganze Gruppe Wale vergiften könnte oder andere Pandemien. Dann müssten auch Meeressäuger verschiedener Arten beteiligt sein.
Auch die Theorie, dass die Ohren der Tiere durch Parasitenbefall die Echolaute nicht mehr genügend wahrnehmen, ist wenig belastbar. Würmer in den Ohren sind zumindest bei Zahnwalen wohl eher der Normalzustand.
Die Behauptung, diese Strandung hinge mit der Erderwärmung zusammen, ist hier haltlos, weil an diesem Strand seit mindestens 100 Jahren regelmäßig Walstrandungen vorkommen und dokumentiert worden sind.

Die bisher beste Erklärung ist, dass die Echolokation der Zahnwale an den flach ansteigenden Stränden versagt – es handelt sich also um einen Navigationsfehler. Weiche Sandböden werfen nur undeutliche Sonarechos zurück und der allmähliche Anstieg eines flachen Strandes ist ein undeutlicher Übergang vom Meer zum Land.

Ein Navigationsfehler des Leittieres kann aufgrund der sehr engen sozialen Beziehungen der Wale dann dazu führen, dass die ganze Gruppe auf den Strand schwimmt.
Eine weitere Hypothese besagt, dass die Magnetfeldlinien und ihr Winkel zum Strand hier für Verwirrung gesorgt haben könnten.
Eine Verirrung der Wale durch Störungen im Erdmagnetfeld aufgrund von Sonnenflecken-Aktivitäten wird diskutiert (Anmerkung: Wegen der mangelnden Sonnenflecken-Aktivität kann diese Erklärung bei der aktuellen Strandung ausgeschlossen werden).

Was ist heute über Walstrandungen bekannt?

Die Seiten des Department of Conservation und von Project Jonah geben sehr gute Informationen dazu und sind auf dem Stand der Wissenschaft.

1 / 2 / Auf einer Seite lesen

Kommentare (2)

  1. #1 DasKleineTeilchen
    terra
    24. September 2020

    “Eine Verirrung der Wale durch Störungen im Erdmagnetfeld aufgrund von Sonnenflecken-Aktivitäten wird diskutiert”

    kann im vorliegenden fall wohl eher nicht der grund sein, jetziges minimum zum anfang des zyklus 25 ist sehr stark ausgeprägt, gerade vorgestern gabs bei spaceweather die meldung, daß die sonne in einem sehr ungewöhnlich langen zeitraum von 31 zusammenhängenden tagen komplett ohne jegliche flecken war.

  2. #2 Bettina Wurche
    24. September 2020

    @DasKleineTeilchen: Ja, ich habe heute morgen auch meinen persönlichen Astronomiekundigen dazu befragt.
    Dieser Passus bezieht sich auf ein Interview mit Dr. Harald Benke in der Welt:
    https://www.welt.de/vermischtes/article216282328/Forscher-haelt-Wal-Strandungen-in-Australien-fuer-ungewoehnlich.html

    Das Interview hat mich etwas irritiert, weil die zitierte Arbeit von Vanselow ziemlich umstritten ist. Auch den Meereslärm würde ich bei dieser Strandung eher nicht anführen, denn dann müssten Strandungen ja bevorzugt in stark lärmbelasteten Gebieten stattfinden und verstärkt in der Neuzeit. Gerdae dieser Strand ist aber seit Jahrhunderten für die Strandungen bekannt.