Gerade bekomme ich die Pressemitteilung zum Weltraumgipfel führender EU-PolitikerInnen und der ESA, die ich hier teilen möchte.

Zusammenfassung:

Es gibt drei “Beschleuniger”-Themenkomplexe, die aus dem Weltraum die Erde unterstützen sollen (unsere Infrastruktur im Orbit):

  • „Weltraum für eine grüne Zukunft“: Die Erdbeobachtung wird ausgebaut, um Europa bei der Bewältigung der Klimakrise zu helfen
  • „Schnelle und robuste Krisenreaktion“: Bessere Nutzung von Weltraumdaten, kognitivem Cloud Computing und intelligenter Interkonnektivität im Weltraum für Krisenmanagement
  • „Schutz der Weltraumressourcen“: Management von Weltraummüll

Zusätzlich gibt es

  • die Absicht zur Einrichtung einer Beratergruppe zum Thema ‚bemannte Weltraumforschung für Europa‘ mit ExpertInnen aus allen Lebensbereichen
  • die Idee zu einer Inspirator-Mission: Rückführung von Proben zu verstärken, um auf einem der Eismonde, die Jupiter oder Saturn umkreisen, nach außerirdischem Leben zu suchen.

Der nächste Weltraumgipfel soll 2023 stattfinden.

Die ganze Pressemitteilung ist hier.

 

Die Grünen-Politikerin Anna Christmann ist die Koordinatorin der Bundesregierung für die Deutsche Luft- und Raumfahrt. Im Vorfeld des Weltraumgipfels war sie von der SZ interviewt worden.
Ich fand den interviewenden Journalisten etwas destruktiv-dümmlich. Dafür, dass alle Leute ohne Googlemaps kaum noch allein zum nächsten Briefkasten finden, alle wie blöd streamen statt fernsehen und selbst die Landwirtschaft oft via Satellit gesteuert wird, wirkt die Frage, ob Raumfahrt nicht zu teuer, reichlich platt.

Nach meiner Info kostet die gesamte ESA-Raumfahrt jede/n europäische/n SteuerzahlerIn 1 € im Jahr. Das ist kein großer Betrag.
Außerdem garantiert die europäische Raumfahrt High Tech-Arbeitsplätze in der EU, die ArbeitnehmerInnen zahlen übrigens auch viel Steuern. Gleichzeitig verkauft die EU ihre Spitzentechnologie in alle Welt. Die ESA-Aufträge generieren also Kompetenz, Technologie und Industrie-Aufträge in der EU, wie auch das ausgegebene Geld. Wie wichtig die Unabhängigkeit und die gemeinsame Arbeit Europas ist, wird gerade in den aktuellen Krisen mal wieder sehr deutlich.
Ganz nebenbei bietet die Raumfahrt vielen Menschen Inspiration und zeigt, was möglich ist, wenn wir zusammenarbeiten. Das halte ich gerade jetzt für wichtig.
Außerdem fand ich die Frage, wie Grüne und Raumfahrt zusammenpassen, extrem dämlich. Ich bin ja auch “linksgrün versifft”, und nur weil ich Vegetarierin und Meeresschützerin bin und meist Fahrrad und Bahn fahre, heißt das ja nicht, dass ich deshalb Raumfahrt für überflüssig halte.
Ich glaube fest, dass wir für die Bewältigung der Klima- und Ökokrise auch technologischen Fortschritt brauchen.
Eigentlich bin ich SZ-Fan, aber dieses Interview hat mich tatsächlich etwas verärgert.

Anna Christmann kenne ich noch nicht, hoffe aber, sie irgendwann einmal zu treffen.
Auch wenn sie nach eigener Aussage eher Star Wars als Star Trek-Fan ist.
Die einzige ihrer Aussagen, die ich wirklich für problematisch halte : )

PS: Die deutsche Koordinatorin für Luft- und Raumfahrt Anna Christmann erzählt heute im Space Café” mehr vom Europäischen Raumfahrtgipfel in Toulouse.

Kommentare (10)

  1. #1 stone1
    18. Februar 2022

    @Bettina Wurche

    Einrichtung eine rBeratergruppe zum Thema ‚bemannte Weltraumforschung für Europa‘ mit ExpertInnen aus allen Lebensbereichen

    Eine rBeratergruppe? Mit R-Wert >1? Also eine wachsende Expert Innengruppe? Gut so… 😉

    nach eigener Aussage eher Star Wars als Star Trek-Fan ist.

    Hmm, ich bin da neutral und mag mal in ein paar Punkten das Eine, im Wesentlichen allerdings das Andere mehr. Aber europäische Raumfahrzeuge im SW-Design fänd ich schon okay, wenn MonCalamari-Schiffe gebaut werden und nicht gleich Kuat-Sternzerstörer-Keile. 🙂

  2. #2 Bettina Wurche
    18. Februar 2022

    @stone: Ich habe das r dorthin zurückgeschickt, wo es hingehört : ) Ich hoffe einfach, dass in dieser wie auch immer gegenderten Gruppe keine wissenschaftsfeindlichen, technophoben oder faktenfernen Personen sitzen werden, die einfach nur maximale Medienaufmerksamkeit abgreifen wollen.
    Naja, Star Wars ist ja eigentlich keine SF, weil die Technik nicht einmal spekulativ ist, sondern einfach märchenhaft. Echte SF wird von Technik, Gesellschaftspolitik, … zumindest teilweise einige Jahrzehnte später eingeholt. Dafür ist Star Trek halt ein recht gutes Beispiel : )

  3. #3 RPGNo1
    18. Februar 2022

    @stone1

    Aber europäische Raumfahrzeuge im SW-Design fänd ich schon okay, wenn MonCalamari-Schiffe gebaut werden und nicht gleich Kuat-Sternzerstörer-Keile.

    Wenn man dazu im Hinterkopf behält, dass MonCal-Kreuzer den Imperialen Sternenzerstörern Klasse I und II laut Star Wars Expanded Universe (Legends sind eine Legende! Punkt!) auch überlegen sind, dann passt das schon. 🙂

  4. #4 RPGNo1
    18. Februar 2022

    Zur Einstimmung 🙂

    https://www.youtube.com/watch?v=zI9YYe-jgHI
    https://www.youtube.com/watch?v=awH9FvLZUCo

    Zugegebenermaßen hat die StarWars-Titelmelodie ein wenig mehr Wumms.

    PS: John Williams wurde am 8.2 90 Jahre alt. Herzlichen Glückwunsch nachträglich.

  5. #5 Joachim
    21. Februar 2022

    Dem Artikel bzw. deiner Meinung kann ich nur zustimmen – auch wenn ich das SZ-Interview mangels Abo nicht anhören kann. Bezüglich StarWars würde Lem wohl ebenfalls deine Meinung stützen (etwa aus dem futurologischen Kongreß. Seine Meinung ist begründeter, als meine 😉

    Zwei der “Ziele” der Weltraumkommission finde ich jedoch “problematisch”, je nach Interpretation.

    “Rückführung von Proben” okay, wenn wirklich sehr sehr genau geplant und nachgedacht und vorher geprüft wird, auf was wir uns da einlassen. Analysen kann auch ein Roboter dort bei den Jupiter-Monden erst einmal machen. Ist da Leben und ist es erst einmal hier, dann “findet das Leben einen Weg” (frei nach “Malcolm” in Jurassic Park)

    Wie problematisch da Wissenschaftler schon mal entscheiden können, zeigt die Zündung der ersten Atombombe. Damals gab es eine gewisse, sehr kleine Wahrscheinlichkeit, die Welt zu zerstören…

    Nun, mir ist klar, was du da sagen würdest. Gut, darauf aber bestehe ich dann auch. Das einzuhalten ist absolut notwendige Bedingung. Keine Schlamperei dort!

    Das andere Ziel “kognitivem Cloud Computing und intelligenter Interkonnektivität im Weltraum für Krisenmanagement” muss man erst einmal zerlegen.

    “Kognition” ist eigentlich mit dem Denken assoziiert und wird dem Menschen zugesprochen. Bei Computern halte ich das für noch nicht angebracht. Und wenn es einmal angebracht sein wird, dann ist das etwas anders, als wir uns das jetzt vorstellen (können)…

    Weiter: “Cloud Computing” ist eigentlich ein Geschäftsmodell. Sonst würde man das einfach von Servern sprechen und diese Idee ist schon sehr alt. Beide Begriffe zu vereinen ist Marketinggeschwätz.

    Und Kriesenmanagement? Kommt darauf an. Man kann z.B. Meeresverschmutzung beobachten oder Panzerbewegungen. Man kann strategische Entscheidungen treffen und Weltenschach spielen, so wie es im kalten Krieg üblich war oder man kann versuchen etwas über das Klima zu lernen.

    Dieser Punkt ist so undifferenziert und schwammig formuliert, dass er inakzeptabel ist. Da zuzustimmen bedeutet einen Blankoscheck. Hallo, waren da Politiker oder Wissenschaftler?

    Sagen wir so: es wäre wünschenswert, dass die Teilnehmer des Gipfels die Ziele so interpretieren, wie du es oben tust. Dann wäre ich dabei.

    Freilich, mir fehlt der Glaube…

  6. #6 Bettina Wurche
    21. Februar 2022

    @RPGN01: Sorry für die späte Freischaltung und danke fürs Teilen!

  7. #7 Bettina Wurche
    21. Februar 2022

    @Joachim: Das war ja erstmal ein Grundsatz-Gespräch. Hinter jedem Buzzword stehen jetzt eine Vielzhal von Projekten und und Detailvereinbarungen, die ich überhaupt noch nicht überblickeen kann.
    Da das Astrobiologie-Projekt auch noch nicht weiter definiert ist – schließlich startet jetzt erst einmal JUICE – bin ich gar nicht so sicher, ob dann Proben zur Erde zurückgeführt werden sollen. Ich recherchiere geade zu einem Projekt einer deutschen Universität, das an der Umsetzung der Probennahme auf Enceladus bzw. Europa arbeitet. Zumindest an einer Stelle habe ich gefunden, dass die neue Raumsonde ein astrobiologisches Labor dabei haben soll. Dann würden die Proben im orbitalen Mini-Labor analysiert, nicht aber zur Erde zurückgebracht.
    Ich habe die Arbeitsgruppe schon angeschrieben und kann hoffentlich bald mehr dazu sagen.
    Planetary Protection wäre in diesem Fall sowohl für Enceladus/Europa als auch für die Erde von allerhöchster Priorität, das wird ja mittlerweile sehr ernst genommen.
    In anderem Kontext hatte ich auch mal gelesen, dass solche Proben möglicherweise bestenfalls bis zur ISS gebracht werden sollten.

    Auch wenn sich manches wie Marketing-Sprech anhört: es ist strategisch wichtige kritische Infrastruktur, die Europa unabhängig von anderen Staaten und Großkonzernen macht. Dazu gehören immerhin Projekte wie ein europäisches Satelliten-Navigationssystem, das nicht einfach von Drittstaaten abgeschaltet werden kann. Ich denke, dass gerade Corona und die Ukraine-Krise Europa mal wieder deutlich zeigen, wie gefährlich eine Abhängigkeit in der kritischen Infrastruktur sein kann.
    Die Satellitennavigation ist teilweise ja auch privatwirtschaftlich von großem INteresse, etwa im Güterverkehr oder in der modernen Landwirtschaft. Ohne GPS läuft da schon lnage nichts mehr. Ich fände es nicht anrüchig, solche zuverlässigen Daten auch als Dienstleistungen zu verkaufen, das Funktionieren der europäischen Wirtschaft ist unsere Lebensgrundlage.

    Beim Krisenmanagement hatte ich mal mitbekommen, wie nach den Tsunamis oder großen Flutkatastrophen die Satellitenbilder und -daten die Basis zur Koordinierung des Hilfseinsatzes waren. Da die Kommunikationssysteme vor Ort zusammengebrochen waren, konnten Satellitenbilder zeigen, wo Hilfe am dringendsten gebraucht wird und wie diese am Ziel ankommen kann.
    Ein anderes Beispiel war die Ölpest an Israels Küsten, wo das europäische Satellitensystem zur Erdüberwachung die Daten liefern konnte.
    Natürlich sind solche Daten sowohl zivil (hoheitlich, privatwirtschaftlich und humanitär) als auch militärisch nutzbar, das lässt sich wohl kaum trennen.

  8. #8 Bettina Wurche
    21. Februar 2022

    PS: Die deutsche Koordinatorin für Luft- und Raumfahrt Anna Christmann erzählt heute im “Space Café” mehr vom Europäischen Raumfahrtgipfel in Toulouse.

  9. #9 Joachim
    21. Februar 2022

    @Bettina Wurche, da zu #7 könnte ich nun Einiges sagen. Ich finde das schon ein wenig “gefärbt”, so ab der zweiten Hälfte, wenn du dir die guten Beispiele raus pickst. Ja, die stimmen. Aber … aber ich verstehe (dich da) schon …

    Jedenfalls teile ich deine wissenschaftliche Sicht. Es ist spannend, dass du am Ball bleibst und ich freue mich schon, wenn du “bald mehr berichten kannst”.

    Möglicherweise könntest du einen Link für #8 geben. Ich habe nur “Register Today For Our Space Café “33 minutes with Dr. Anna Christmann” On 22 February 2022” gefunden.. Meinst du das?

  10. #10 Bettina Wurche
    21. Februar 2022

    @Joachim: ja, es ging um das Space Cafe.