Denn aufgrund ihrer unterirdischen Lebensweise ist die Bekämpfung der Reblaus schwierig (als einzige erfolgreiche Strategie hat sich der Anbau reblaustoleranter Pfropfreben durchgesetzt). Doch in den letzten Jahren wird weltweit ein vermehrtes Auftreten von aggressiven Reblausbiotypen berichtetet. Ab Sonntag findet nun in Wien ein Internationales Reblaussymposium statt. Die Experten aus Weinbau, Pflanzenschutz, Rebenzüchtung und Molekularbiologie diskutieren neue Forschungserkenntnisse, die im engen Zusammenhang mit dem Klimawandel stehen. Außerdem soll auf der Tagung der Startschuss für ein internationales Reblaus-Genom-Projekt gegeben werden.
Mehr Infos zur Veranstaltung findet man auf dieser Website:
Mitglied im Organisationsteam für das Symposium ist übrigens Dr. Nora Lawo, die vor wenigen Monaten über ihre Forschungsarbeit diesen Gastbeitrag im Blog “Echolot” geschrieben hatte:
]]>200 Teilnehmer diskutieren über die Energienutzung von morgen und erarbeiten ein Empfehlungspapier.
Auch in diesem Herbst – soviel ist sicher – wird wieder über die Energienutzung von morgen und übermorgen diskutiert werden. Gerade schlägt der Streit um den Atomkompromiss der Bundesregierung hohe Wellen. In ein paar Wochen wird dann vielleicht wieder stärker über die ökologischen Aspekte einzelner Energieformen debattiert.
Bei der Bürgerkonferenz in gut drei Wochen geht es um Informationen, Diskussionen und Meinungsbildung zu diesem Thema. Den rund 200 Teilnehmern stehen vor Ort viele Experten zur Verfügung, die offene Fragen beantworten. Am Ende soll ein Empfehlungspapier erarbeitet werden, das Entscheidungsträgern in Politik, Wissenschaft und Verwaltung zugeleitet wird.
Die Veranstaltung ist also definitiv eine spannende Sache. Und es gibt sogar die Möglichkeit online daran teilzunehmen! Das geschieht über den “21. Tisch”. In Berlin gibt es zwanzig Tische, an denen die Teilnehmer diskutieren. Zusätzlich werden ausgewählte Bürger aus ganz Deutschland online zugeschaltet, können ihre Fragen und Statements einbringen, die ein Moderator dann in die Konferenz weiterträgt.
Wo sind die ScienceBlogs-Leser, die sich im Rahmen der Bürgerkonferenz informieren und mit ihrer Meinung einbringen wollen?
Wer am 25./26.9.2010 Zeit und Lust hat, der kann sich jetzt um einen Platz am 21. Tisch bewerben. Notwendig sind lediglich ein Internetzugang und eine Webcam. Und natürlich Interesse an der Thematik.
Also, wo sind die ScienceBlogs-Leser, die sich im Rahmen der Bürgerkonferenz informieren und mit ihrer Meinung einbringen wollen? Wer teilnehmen will, der bekommt weitere Infos bei:
Timo Peters
Telefon: 06251-841645
timo.peters@ifok.de
p.s.: Wir werden bei ScienceBlogs übrigens direkt von der Bürgerkonferenz berichten. Die Bürgerkonferenz ist Teil des Forschungsprojekts „Wissenschaft debattieren!” der Initiative Wissenschaft im Dialog (WiD) und der Universität Stuttgart in Zusammenarbeit mit der IFOK GmbH.
]]>Darwin und die Evolutionstheorie gehören heute ja (glücklicherweise!) zum obligatorischen Schulstoff. Dennoch fällt es in der Diskussion immer wieder auf, dass es ganz gehörige Wissenslücken gibt. Und einige Mißverständnisse, wenn zum Beispiel mal wieder behauptet wird, daß (so die vermeintliche These Darwins) der Mensch vom Affen abstamme. Vermutlich ist dieser ziemlich populäre Irrtum auch einer der Gründe für die Skepsis, die man in manchen Milieus antrifft.
Da könnte das folgende Video für ein wenig mehr Sachlichkeit in der Diskussion sorgen. Was ist eigentlich die “Grundeinheit” der Evolution? Wieso ist die Redeweise von einer “Höherentwicklung” der Arten strenggenommen falsch? Welche Belege für die Evolutionstheorie liegen heute vor?
Antworten auf diese Fragen kommen von Ulrich Kutschera, der seit bald zwanzig Jahren Pflanzenphysiologie und Evolutionsbiologie in Kassel unterrichtet. Kutschera erklärt u.a., dass Fossilienfunde (die ja zeitlich datiert und somit in eine Abfolge gebracht werden können) Darwins Theorie immer wieder neu mit Indizien untermauern und er geht kurz auf die Bedeutung von DNA-Analysen ein, die ja ein weiterer Beleg sind.
In diesem Video werden einige Basics der Evolutionsbiologie erklärt, in einem bald erscheinenden zweiten Teil will man sich dann dem Thema Kreationismus annehmen.
Wer mehr zu diesem Thema wissen will, wird sicherlich in diesem Buch von Ulrich Kutschera fündig:
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Und hier das Video:
]]>Was unterscheidet gute von schlechter Risikommunikation? Was ist gelungene, was ist gescheiterte Risikommunikation?
Es gibt kaum eine Technologie, die nicht früher oder später in den Strudel eines Risikodiskurses gerät. Das Handy wird einmal als Auslöser für Hirntumore verdächtigt (und dann doch wieder freigesprochen), das andere Mal wird über den Zusammenhang von Tinnitus und Mobiltelefonen diskutiert. Beim ICE fokussieren die Diskussionen einmal auf defekte Radreifen (Stichwort Eschede), das andere Mal auf mangelhafte Klimaanlagen, die die Zugfahrt zum Saunatrip machen. Und von der Sicherheit (bzw. Unbedenklichkeit) von Medikamenten oder Impfungen brauchen wir an dieser Stelle gar nicht erst anfangen.
Es ist offensichtlich: die Zuverlässigkeit von Technik wird immer diskutiert, ihre Auswirkungen auf Mensch und Umwelt wird immer Thema in den Medien sein. Die Frage dabei ist: wie kann eine solche Auseinandersetzung (an der verschiedenste Akteure beteiligt sind!) wirklich gelingen. Wie kann man informieren, ohne unbegründete Ängste zu erzeugen?
Wissenschaftliche Studien und Expertenmeinungen spielen hier eine (Haupt-)Rolle. Und der Wissenschaftsjournalismus ist besonders gefordert. Grund genug, um das Thema in den Mittelpunkt einer Tagung zu stellen. Im November findet die Fachtagung SciCom10 in Wien statt. Im Moment läuft der Call for Papers. Bis Ende August bleibt Zeit, um Vorschläge einzureichen. Neben der Risikokommunikation geht es in einem zweiten Schwerpunkt um die Diskussion ethisch sensibler Forschung. Ebenfalls etwas, was Forscher und die Kommunikationsprofis herausfordert.
Hier der Text aus dem CfP:
Die Diskussionen rund um die mediale Aufbereitung der Schweinegrippe und den Tierversuchen der Medizinischen Universität Innsbruck in den Tiroler Bergen Anlass, den Schwerpunkt in diesem Jahr auf die Risikokommunikation zu legen. Insbesondere sollen folgende Themen behandelt werden:
(1) AkteurInnen der Risikokommunikation im Spannungsfeld ihrer Interessen
Welche Interessen verfolgen welche AkteurInnen bzw. Gruppen (Ethikkommissionen, Medien, Politik, Wirtschaft bzw. Industrie, NGOs, die WissenschafterInnen, deren Forschungseinrichtungen etc.)? Wie steht dem Recht der Bevölkerung auf Information der Schutz ebendieser vor Panikmache gegenüber (Stichwort Schweinegrippe)? Welche Interessen fördern bzw. verhindern eine adäquate Krisenkommunikation? Welche Rolle übernehmen hierbei m Spannungsfeld von Dramatisierung und Beschwichtigung die Medien, die WissenschafterInnen, die Politik, die Wirtschaft und die Zivilgesellschaft?(2) Kommunikation ethisch sensibler wissenschaftlicher Forschung
Wie und wo werden ethisch sensible und gesellschaftlich heftig diskutierte wissenschaftliche Inhalte und Themen kommuniziert? Wie „wissenschaftlich” ist Risikokommunikation? Wie und was darf bzw. soll über umstrittene Themen und Katastrophen aus wissenschaftlicher Sicht wo kommuniziert werden (Tierversuche, Stammzellenforschung, Gentechnologie, Doping, Nahrungsmittelsicherheit, Klimaforschung, Naturkatastrophen, Technikfolgen etc.)? Welchen Stellenwert haben hierbei ethische und politische Aspekte? Welchen haben soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter als breite Kommunikationsmittel mit rasanter unkontrollierbarer Eigendynamik?
Mehr Infos zur SciCom findet man auf dieser Website:
]]>Zwar spielen dabei weder Tore, noch fahrlässig vergebene Elfmeter eine Rolle, aber es gibt ganz sicherlich Favoriten für die vorderen Plätze des monatlichen Rankings und überraschende Newcomer. Die etablierten Blogs haben sich jedenfalls gut behauptet, dahinter gibt es – im Vergleich zum Vormonat – einige interessante Veränderungen.
Hier die Top-20 im Detail:
Ranking erstellt von Wikio
]]>2003 schrieb der Daily Mirror aus England in großen Lettern, die für die Boulevardpresse typisch sind: „HRT verdoppelt das Brustkrebsrisiko!” Das Akronym steht für Hormonersatztherapie, die bei Frauen ab ungefähr 50 Lebensjahren eingesetzt wird. Ihre Hormonproduktion stellt sich in der Menopause um, wenn der Vorrat der Follikel fast aufgebraucht ist. Die Zahl dieser unbefruchteten Eier reduziert sich von 1,4 Millionen bei der Geburt auf 300000 in der Pubertät und sinkt auf 1000 ab.
Dann setzen die Wechseljahre ein. Schaudig zeigte anhand des European Menopause Survey von 2005, unter welchen Begleiterscheinungen deutsche Frauen besonders leiden: 67 Prozent lernen häufige Hitzewallungen kennen, 59 Prozent schlafen schlecht und 44 Prozent klagen über Kopfschmerzen.
Ärzte behandeln diese Erscheinungen gerne mit der in Verruf geratenen HRT. „Zu unrecht”, betonte Schaudig. Studien haben gezeigt, dass das Brustkrebsrisiko sich nur um ein Prozent durch HRT erhöht: Bei 70-jährigen Frauen von etwa sechs auf maximal sieben Prozent, abhängig von der Behandlungsdauer. Bei 60-jährigen Frauen ist der Anstieg noch geringer.
Eine weitere Studie hat ergeben, dass viel ausschlaggebender für das Brustkrebsrisiko Fettleibigkeit und übermäßiger Alkoholkonsum sind. „Es gilt also”, so schloss Schaudig ihren Vortrag, „Risiken und Vorteile abzuwägen.”
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Anmerkung [15.6.2010]:
In den Kommentaren wurde zurecht darauf hingewiesen, daß die Hormontherapie durchaus kritisch zu beurteilen ist. Es liegen hinreichend stichhaltige Studien vor, die u.a. ein erhöhtes Risiko von Brustkrebs oder auch Ovarialkarzinomen belegen.
Der kurze Bericht stellt lediglich die Meinung von Frau Dr. Schaudig dar. Es ist richtig, dass andere Experten gegensätzliche Einschätzungen im Hinblick auf Sinn und Zweck der Hormonersatztherapie vertreten. Deren Nutzen ist umstritten.
So erfuhr das Publikum, dass das Gehirn einer Frau mit durchschnittlich 1500g etwa 100g leichter ist als das eines Mannes, dafür aber mehr Oberfläche hat.
Außerdem sind die Neuronen mit viel mehr Synapsen untereinander verdrahtet – besonders in solchen Hirnregionen, in denen Erinnerungen abgespeichert und Emotionen verarbeitet werden. Die hohe Synapsendichte mag laut Elger damit zusammen hängen, dass das Gehirn sehr viele Rezeptoren für Östrogene hat.
Je mehr Testosteron, desto weniger Empathiefähigkeit
Dadurch sind Frauen durchschnittlich besser in der Lage zu Lernen, aber mit einem anderen Schwerpunkt: Während sie ein höheres Sprachgefühl haben, können Männer besser räumlich denken.
Die weibliche Gabe des Ausdrucksvermögens lässt sich jedoch durch die Gabe von männlichen Hormonen messbar senken. Auch die emphatische Fähigkeit geht mit Testosteron zurück.
Elger wies darauf hin, dass alle Untersuchungs-ergebnisse stark abhängig sind vom Hormonhaushalt der Probandinnen während der Messungen, da dieser durch den weiblichen Zyklus stark schwankt. Die Ergebnisse seien daher vorsichtig zu genießen.
„Das macht es schwer für einen Mann, das weibliche Gehirn zu erforschen”, scherzte Elger zum Abschluss – ein weiterer Beweis dafür, dass das Gehirn der Frau nicht besser oder schlechter ist als das des Mannes, sondern eben anders.
]]>Eine Podiumsdiskusssion in München zum Thema „The Future of Media” machte sich auf die Suche – nein, nicht nach Antworten, denn die kann zum heutigen Zeitpunkt niemand verlässlich geben, dafür ist zu vieles in Bewegung – aber nach Ansätzen zu möglichen Antworten. Und da die Runde sich bei der Konferenz DLDwomen traf, gab es auch eine passende Unterzeile: „From a Female Perspective”. Jochen Wegner, Chef von Focus Online, hatte das Vergnügen, die durchweg weiblich besetzte Runde als Hahn im Korb zu moderieren.
Von Linda Abraham, die mit ihrem Unternehmen Comscore Statistiken über Online-Nutzung erhebt, war zu erfahren, dass Frauen etwas länger pro Tag online sind als Männer, im Netz mehr bei Einkäufen ausgeben, dafür aber zu gleichen Anteilen in sozialen Netzwerken aktiv sind.
Frauen sind also online stärker präsent, aber sind sie das auch in den Medienunternehmen, die online aktiv sind? Katharina Borchert war Chefin des Nachrichtenportals „Der Westen” in Nordrhein-Westfalen, hinter dem der große WAZ-Verlag steht. Sie war auf den weiten Fluren der Chefetage allein unter Männern: „Als ich dort anfing kannte ich keine Frau, die für mich eine Art role model hätte abgeben können. Da war einfach keine.”
Katharina Borchert: “Als ich bei der WAZ anfing kannte ich keine Frau, die für mich eine Art role model hätte abgeben können. Da war einfach keine.
Dass das eine kulturelle Angelegenheit sein könnte meinte Annelies van den Belt, CEO des russischen Medienunternehmens SUP: „Also, ich habe mich selbst nie als weibliche Kollegin gesehen, sondern einfach als Kollegin.” Borchert war erstaunt, das zu hören: „Wie soll man den Stempel ignorieren? Ich wurde in jedem Interview gefragt wie es ist, als Frau allein unter Männern zu arbeiten.”
Während das Netz also schon sehr weiblich ist, haben die Unternehmen, die es mitgestalten, noch Hausaufgaben in Sachen Geschlechtergleichheit zu machen. Die Antworten auf die Frage nach der Zukunft der Medien waren dafür einvernehmlich unisex. Daphne Wu, Chefin der chinesischen Caixin Mediengruppe, geht davon aus, dass MedienmacherInnen immer mehr zu KommunikationsorganisatorInnen werden, mit dem Multiformat im Angebot: Vom Magazin über das Newsportal bis hin zur Ausrichtung von Konferenzen.
In diese Richtung rief ebenfalls Annelies van den Belt die Medienbranche auf, man müsse über den Rand des gewohnten Geschäftsbereichs schauen. So weit, so bekannt. Aber ein sehr interessanter Vorschlag kam von Sara Öhrvall, die bei der Bonnier Group Magazine aufs iPad bringt: Periodisierung. Online-Nachrichtenplattformen sollten aufhören, kontinuierlich Meldungen und Berichte zu verbreiten und stattdessen in zeitlichen definierten Abständen ihre Inhalte aktualisieren. Eben wie bei Tageszeitungen.
Es könnte also alles beim Alten bleiben.
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Foto (von links nach rechts): Daphne Wu, Chefin der chinesischen Caixin Mediengruppe / Katharina Borchert / Linda Abraham (Comscore) / Jochen Wegner, Chef von Focus Online /Sara Öhrvall (Bonnier Group) / Annelies van den Belt, CEO des russischen Medienunternehmens SUP
]]>Und da die Links nicht von irgendeiner Maschine, sondern von bloggenden Wissenschaftlern gesetzt werden, hat die Anzahl der Querverweise und Links eine Bedeutung. Deswegen sind Blogcharts eben auch interessant. Man sollte sie nicht überbewerten, aber sie geben zumindest einen Eindruck darüber, welche Blogs populär sind – oder zumindest von anderen Bloggern verlinkt werden…
Welches sind derzeit die meistverlinkten Wissenschaftsblogs?
Nachdem die Wissenschaftsblog-Charts (hier im Wissenschafts-Café) auf der Basis von Technorati leider nicht mehr sinnvoll fortgeführt werden können, gibt es seit einigen Monaten aber eine andere Alternative. Wikio wertet ebenfalls die gegenseitige Verlinkung aus und berechnet daraus eine Rangliste (hier die Top-20 vom März).
Das Ranking für den Mai 2010 wird in den nächsten Tagen offiziell veröffentlicht. Heute gibt es hier bei Neurons schon die Liste der aktuellen Top-20 der deutschen Wissenschaftsblogs.
Ranking erstellt von Wikio
Aus der Sicht von ScienceBlogs ist das Ergebnis natürlich wieder mal erfreulich. An der Spitze gab es kaum Veränderungen. Und acht ScienceBlogs sind unter den Top Ten. Dahinter gibt es im Vergleich zum Vormonat einige Veränderungen.
]]>Es war gestern am späten Abend, als unser Autor Florian Freistetter nochmals die aktuelle Nachrichtenlage prüfte. Dabei wurde er (die genauen Umstände lassen sich derzeit nicht mehr rekonstruieren) auf eine Eilmeldung aus Richtung des CERN aufmerksam. Angeblich hatte man in der Euphorie über die erfolgreich verlaufenden Experimente nicht beachtet, dass die Protonenvorräte zur Neige gehen. Eine weitere Zwangspause für den pannenträchtigen LHC wäre unvermeidlich.
Diese Hiobsbotschaft verarbeitete Florian in einem Blogbeitrag, der natürlich entsprechend große Resonanz erzeugte (da es natürlich auch unsere heutige Topmeldung ist). Allerdings wurden wir sehr schnell von aufmerksamen und fachkompetenten ScienceBlogs-Lesern auf Unstimmigkeiten aufmerksam gemacht. Ein Kommentator bemerkte, dass die Protonen auf dem Beweisfoto – was tatsächlich wenig glaubwürdig ist – in einer “roten Flasche” aufbewahrt wurden. Das hätte uns natürlich auch auffallen müssen.
Auf ein anderes fragwürdiges Detail unserer Story wies Leser ‘antapex’ hin:
“Da sieht man wieder, daß die Herren und Frauen WissenschaftlerInnen keine Ahnung vom Leben haben. Protonen gibts Tütenweise im Supermarkt. Es wird doch in Genf wohl nen Migros geben.”
Recht hat er. Auch hier müssen wir zerknirscht eingestehen, dass wir hier wohl voreilig waren. In den folgenden Stunden traten immer mehr Ungereimtheiten zutage. Unsere Nachforschungen haben zwischenzeitlich ergeben, dass es weiterhin genügend Protonen für die Experimente am LHC gibt. Wir möchten uns insofern aufrichtig bei allen Lesern entschuldigen, die unsere Meldung für bare Münze genommen haben.
Die Protonen kreisen weiter! Keine Protonenknappheit am LHC!
Gegenüber Spekulationen, dass die Meldung auch nur im entferntesten einen Zusammenhang mit dem heutigen 1. April haben könnte, möchten wir uns ausdrücklich verwahren. Gegen alle Kommentatoren und Kommentatorinnen, die weiterhin behaupten, bei der Geschichte handele es sich um einen Aprilscherz, werden wir mit aller Schärfe vorgehen.
Zauberhafte Kommentare
So bedauerlich die Falschmeldung auch ist, sie zeigte gleichzeitig, dass ScienceBlogs die ideenreichsten und pfiffigsten Leser des Universums hat. Sofort wurden innovative Lösungskonzepte entwickelt, um den Protonennachschub für den LHC sicherzustellen. Xeelee gab zu Bedenken:
“Man koennte ja dabei auf Protonen aus dem Weltall ausweichen, ein paar Hochatmosphaerenballongs aufsteigen lassen und dort die Protonen einsammeln.”
Ein phantastischer Vorschlag. Und hilfsbereit sind unsere Leser auch, wie etwa Jörg W., der dem CERN sofort aushelfen würde:
“Keine Aufregung! ich hab bei mir noch ein paar unbenutzte Protonen, ich schick sie gleich per Email, sie können also schon die Vorglühspule anheizen!”
Natürlich wurde auch deutlich, dass die Emotionen beim Thema LHC schnell hochkochen, Ulrich stellte fest:
“Ich finde das eine unglaubliche Schweinerei. Milliarden an Euros wird in diese Ringmaschine gesteckt und die Herrschaften sind total unfähig den Protonennachschub zu koordinieren. Protonen sind im übrigen im Preis/Leistungsverhältnis relativ günstig zu haben und es wäre keine große Sache rechtzeitig zu schauen, dass man sie hat, wenn man sie braucht.”
Und dass auf ScienceBlogs auch die leisen Töne ihren Platz haben und wir natürlich die soziale und ethische Dimension von Wissenschaft berücksichtigen, machte dieser Kommentar deutlich:
“Überhaupt finde ich es einen Skandal, dass es keine Ethikkommission einberufen wurde. Schließlich werden hier Teilchen mit brutaler Gewalt zu Forschungszwecken umgebracht!!!!”
Ein zweifellos bedenkenswerter Aspekt. Wir werden unsere hervorragenden Kontakte zum CERN nutzen, um hier die Installation einer Teilchen-Ethikkommission zu fördern. Das sind wir allen gepeinigten Protonen und erst recht den scheuen Higgs-Bosonen schuldig.
]]>Hinter dem internationalen Wettbewerb FameLab steckt genau dieselbe Idee: es werden junge wissenschaftliche Kommunikations-talente gesucht, die in kurzen Präsentationen ihre Forschungsarbeit vorstellen. Allerdings eben nicht bloggend, sondern live auf der Bühne.
FameLab: In 15 Ländern werden Talente der Wissenschaftskommunikation gesucht
Seit 2005 gibt es FameLab bereits. Und der Wettbewerb, dessen Konzept beim Cheltenham Science Festival entwickelt wurde und in Österreich von science2public durchgeführt wird, liegt voll im Trend: bei der Nerd Night in München gibt es zwar keine Jury, aber die Idee ist ganz ähnlich.
In Deutschland findet leider auch dieses Jahr kein FameLab-Wettbewerb statt. Dafür gibt es in Österreich erneut die Möglichkeit für junge Wissenschaftler (v.a. Diplomanden, Doktoranden, Post-Docs) auszutesten, wie es sich anfühlt in einem 3 oder 5-minütigen Kurzvortrag ein wissenschaftliches Thema vorzustellen.
Junge österreichische Wissenschaftler können sich jetzt bewerben!
Und jetzt kann man sich wieder für die FameLab-Vorentscheidungen bewerben. Wer dort die Jury überzeugt, der wird erstens zu einem Workshop eingeladen, wo Profis weitere Geheimnisse der Wissenschaftskommunikation verraten, und zweitens steht dann am 8. Mai 2010 in Wien das FameLab-Finale an. Und der Final-Gewinner darf dann im Juni beim Cheltenham Science Festival gegen die Vertreter der anderen 14 teilnehmenden Länder antreten, aber so weit sind wir ja noch nicht.
Jetzt geht es erstmal um die Bewerbungen! Also: wo sind die jungen Wissenschaftler aus Österreich, die Lust haben bei FameLab mitzumachen? Es gibt doch sicher jede Menge ScienceBlogs-Leser, die hier als Kandidaten in Frage kommen, oder? Die Altersgrenze liegt zwischen 21 und 35 Jahren.
Hier die Vorentscheidungs-Termine:
13. April 2010 Alpen-Adria-Universität Klagenfurt
15. April 2010 Technische Universität Wien
21. April 2010 Leopold-Franzens-Universität Innsbruck
22. April 2010 Technische Universität Graz
ScienceBlogs wird auf alle Fälle weiter berichten. Weitere Infos findet man auf der Website von FameLab.at: http://www.famelab.at
Wie so ein FameLab-Vortrag aussehen kann, sieht man hier ganz hervorragend bei Werner Stadlmayr, der letztes Jahr im Finale stand:
]]>Noch bis Heiligabend können (und sollen!) die besten wissenschaftlichen Blogartikel des Jahres ins Rennen um die “Auslese 2009” geschickt werden. Letztes Jahr wählte eine Jury aus 80 Vorschlägen die Best-Of des Jahres 2008. Und dieses Jahr geht der kleine Wettbewerb in die zweite Runde.
Deshalb liebe ScienceBlogs-Fans: stöbert doch noch ein wenig in Euren Lieblingsblogs und listet die zwei oder drei Artikel auf, die Euch am besten gefallen haben. Irgendwo zwischen Geschenkeverpacken, Lebkuchennascherei und Glühwein ist dafür doch sicher noch Zeit. Mehr Infos zur Auslese findet man hier.
Und, eine weitere Bitte: bis morgen (22.12.) kann man noch die Open-Access-Petition unterzeichnen, die von Lars Fischer initiiert wurde. Zuletzt war ein Interview mit Lars in der Zeit zu lesen, wo alle relevanten Punkte zur Sprache kommen. Im Moment sind etwas mehr als 23.000 Unterschriften zusammen. Aber da geht am letzten Tag doch noch was, oder?
Wir zählen auf Euch!
Links:
]]>Rund zehn Jahre lang hat ein großes Team um die Mediziner Dagmar Kubitza und Frank Misselwitz, sowie die Biologin Elisabeth Perzborn an dem neuen Wirkstoff geforscht. Am 30.9.2008 wurde Rivaroxaban (Markenname Xarelto) erstmalig von der Europäischen Kommission zugelassen: nach großen chirurgischen Eingriffen (Hüftgelenksoperationen u.ä.) wird der Wirkstoff bereits eingesetzt. Die Besonderheit an dem neuen Medikament ist die Verfügbarkeit in Tablettenform. Die Heparinspritze ist nicht mehr notwendig.
Für diese Entwicklung wurden die drei Bayer-Wissenschaftler nun mit dem Zukunftspreis des Bundespräsidenten belohnt; die 250.000 Euro Preisgeld werden die Dagmar Kubitza, Frank Misselwitz und Elisabeth Perzborn übrigens in eine gemeinnützige Stiftung überführen, so haben sie bereits im Vorfeld angekündigt.
Hier die drei ausgezeichneten Forscher:
(v.l.n.r) Dr. med. Dagmar Kubitza, Dr. med. Frank Misselwitz, Dr. rer. nat. Elisabeth Perzborn (Bild: Ansgar Pudenz/Dt. Zukunftspreis)
Für Rivaroxaban spricht seine gute Verträglichkeit, Zuverlässigkeit in der Wirkung und die einfache Darreichungsform. Insofern ist zu erwarten, dass es die derzeit gängigen Standardtherapien teilweise ablösen wird. Das Heparin muß gespritzt werden, außerdem ist für einige Patientengruppen ein detailliertes Monitoring erforderlich; die Vitamin-K-Antagonisten müssen zwar nicht gespritzt werden, allerdings ist der Wirkeintritt ziemlich verzögert und das Nebenwirkungsprofil (Blutungen) ist ebenfalls nicht ohne.
Rivaroxaban: Neues Wirkprinzip
Mit Rivaroxaban beschreitet man nun einen neuen Weg. Der Wirkstoff greift gezielt in die biochemischen Abläufe während der Blutgerinnung ein, wo er die Entstehung des Moleküls Thrombin beeinflusst, sodass eine überschießende Bildung von Blutgerinnseln verhindert werden kann.
Bis man Rivaroxaban freilich gefunden hatte, war es ein langer Weg: rund 500 Mitarbeiter – so schätzt Frank Misselwitz – waren insgesamt in den 10 Jahren beteiligt. Am Anfang stand lediglich die Idee, dass man am Faktor Xa ansetzen wollte. Elisabeth Perzborn erklärt, die ersten weiteren Schritte:
“Für das Projekt haben wir dann mit dem Hoch-Durchsatz-Test unserer BAYER-Substanzbibliothek, die aus circa 250.000 Substanzen bestand, begonnen. Hier wollten wir Substanzen finden, die Faktor Xa hemmen – und die wir anschließend chemisch verändern konnten, bis sie das gewünschte Profil hatten. Mit diesem Screening haben wir fünf Substanzen identifiziert, die möglicherweise mit Hilfe der medizinischen Chemie verbessert werden konnten.”
Es ist also zunächst wirklich die Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Umso beachtlicher, dass die Suche von Erfolg gekrönt war. Wie bereits gesagt, ist Rivaroxaban bislang erst für eine Indikation zugelassen, denn das Risiko für Blutungen besteht (natürlich) auch bei ihm.
Derzeit laufen umfangreiche Studien (an weltweit mehr als 60.000 Patienten), um zu überprüfen, ob das Medikament auch bei venösen Thrombosen, Lungenembolien, zur Prävention von Schlaganfällen und Herzinfarkten eingesetzt werden könnte. Man darf also gespannt sein, welche “Karriere” Rivaroxaban in Zukunft macht.
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Weitere Infos gibt es auf der Website des Deutschen Zukunftspreises
]]>Noch bevor Schirrmachers Buch im Regal steht, hat die Debatte rings um seine Überlegungen und Thesen begonnen. Ausgangspunkt ist Schirrmachers Beobachtung, dass wir mehr und mehr in quasi symbiotischer Einheit mit unseren digitalen Informationsagenten leben. Wir leben, handeln und denken ständig im Bezug auf Informationen und Impulse, die uns unsere Twitter-timeline, die Mailkorrespondenz oder der Newsticker vorgibt.
Auf der Debattenseite Edge.org liest sich das so:
We are apparently now in a situation where modern technology is changing the way people behave, people talk, people react, people think, and people remember. And you encounter this not only in a theoretical way, but when you meet people, when suddenly people start forgetting things, when suddenly people depend on their gadgets, and other stuff, to remember certain things. This is the beginning, its just an experience.
Das ist also der Anfang Schirrmachers Analyse. Fühlt sich der konservative Feuilletonist überfordert? Ist das die Artikulation des Unbehagens an der modernen Kultur?
Für Schirrmacher – und das darf man ihm abnehmen – geht es um die zentrale Frage, wie unser Gehirn auf alle jene Herausforderungen reagiert. Registrieren wir nicht alle jetzt schon die Ermüdungen, die Nervosität, die Aufmerksamkeitsdefizitstörungen? Macht uns das Internet nicht verrückt? Wer bestimmt das Tempo? Wir oder die informationsausspuckenden Maschinen? Und was werden die nächsten Jahre bringen? Wenn Computer und der menschliche Informationsverarbeitungsapparat (vulgo: das Gehirn) noch weiter verschmelzen werden?
Auf der Edge-Website und im Interview mit Schirrmacher sind viele interessante Gedanken versammelt. Nicht alle neu, aber vieles bedenkenswert. Beteiligt sind dort u.a. Nick Carr, Douglas Rushkoff, Jesse Dylan, Virginia Heffernan, Gerd Gigerenzer, Steven Pinker.
Es ist zu erwarten, daß Schirrmacher mit seinem Buch “Payback” wieder für einige Diskussionen sorgen wird.
Links:
]]>Zweimal pro Jahr sollen künftig rund 20 Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik zusammenkommen, um sich in informellen Kamingesprächen über Trends und Herausforderungen im Gebiet der Lebenswissenschaften auszutauschen. Interdisziplinarität ist einer der Leitgedanken der Veranstaltungsreihe. Mit Schubladendenken kommt man eben schlicht nicht weiter; das betonte auch Dr. Arend Oetker in seinem kurzen Grußwort, als er feststellte:
“Wir brauchen die Kooperation über Disziplingrenzen hinweg. Der Austausch ist kein Wert an sich, sondern ergibt sich zwingend aus den Problemen, die nicht mehr mit Schubladendenken beantwortbar sind.”
Dass Inter- oder Transdisziplinarität zwar wohlklingende Etiketten sind, die Realisierung des fächerübergreifenden Dialogs mitunter aber mit Schwierigkeiten verbunden ist, räumte zum Beginn seiner Ausführungen Dr. Stephan Sigrist (W.I.R.E.) ein:
“Es ist nicht immer leicht in den Dialog mit Akteuren einzutreten, die einen anderen Hintergrund haben. Man muß zunächst eine gemeinsame Sprache sprechen.”
Das Bemühen um die Gesunderhaltung des Körpers ist ein uraltes kulturelles Mem.
Trends der Medizin des 21. Jahrhunderts
Zum Auftakt der Gesprächsreihe skizzierte Sigrist einige zentrale Trends in Medizin und Gesundheitssystem. Dabei machte er klar, dass wir es hier mit einem Wechselspiel von Kontinuität und Innovation zu tun haben. Einerseits sei – so Sigrist – das Bemühen um die Gesunderhaltung des Körpers, die Optimierung seiner Leistungsfähigkeit (oder das “Enhancement”) ein uraltes, kulturelles Mem. Andererseits stünden wir an der Schwelle zu einer neuen, individualisierten Medizin. Die Entschlüsselung des Humangenoms im Jahr 2001 markiere den Aufbruch in eine neue Ära.
Doch was sind nun die entscheidenden Trends? Zunächst nannte Sigrist die “Veränderung des Krankheitsspektrums“. Der entscheidende Faktor ist hier die steigende Lebenserwartung.
“Die Generation der Hundertjähringen wird gerade geboren”,
so machte Sigrist klar. Denn jedes zweite Neugeborene des Jahres 2009 wird voraussichtlich 100 Jahre alt werden. Was einerseits erfreulich ist, bedeutet andererseits einen absehbaren Anstieg chronischer und degenerativer Krankheiten. Und die entscheidende Frage laute: “Werden Krebs und Demenz behandelbar oder werden wir alle chronisch krank?”
Gleichzeitig (und möglicherweise nimmt diese Entwicklung dem eben genannten Trend etwas an Schärfe) haben wir eine deutliche Lebensstilveränderung zu verzeichnen. Konkret: Wir leben gesünder und (glauben zumindest zu wissen), was ein gesunder Lebenswandel ist. Gegenwärtig zeichnet sich in den Industrienationen eine immer engere Korrelation zwischen Sozialstatus und Lebenserwartung ab. In London variiert (abhängig vom Stadtviertel) die Lebenserwartung heute schon um 10 Jahre.
Sollte diese Entwicklung anhalten, so werden wir künftig eine stärkere Moralisierung von Krankheit erleben. Je stärker der Lebenswandel (gesunde Lebensmittel, Sport, kein Alkohol und Zigaretten etc.) in der Öffentlichkeit als Schlüssel zu einem gesunden Körper wahrgenommen wird, desto geringer wird – so ist zu erwarten – die gesellschaftliche Solidarität mit denjenigen sein, die doch krank sind.
Medizinischer Fortschritt: Mehr Wissen und das Recht auf Nicht-Wissen
Ein weiterer Trend wird häufig unter dem Schlagwort der “personalisierten Medizin” verhandelt. Die ersten Therapien sind auf dem Markt, bei denen auf der Basis einer Überprüfung des Genprofils vor der Behandlung überprüft wird, ob der Patient eine Chance hat, auf das Medikament anzusprechen. Wir werden solche Response-Beurteilungen in Zukunft als Selbstverständlichkeit erleben.
Eine weitere Prognose von Sigrist klang da schon mehr nach Zukunftsmusik. Der Schweizer Trendforscher formulierte den Verdacht, dass in absehbarer Zeit viele Gesundheitschecks nicht mehr durch medizinisches Fachpersonal, sondern von den Patienten selbsttätig, im häuslichen Umfeld durchgeführt werden. Das Wissen über Krankheiten bzw. zu deren Veranlagung, wird zunehmen.
“Ist alles, was machbar ist, auch wünschbar?”
Digitalisierung der Medizin
Der Siegeszug der Informationstechnik und die Allgegenwart des Internet ist schließlich für einen weiteren Trend verantwortlich: die zunehmende Digitalisierung der Medizin. Das beginnt mit neuen Arbeitsweisen der Epidemiologen (wenn man etwa Google-Flu-Trends als Instrument nutzt), reicht über die Telemedizin, die u.a. durch Fortschritte in der Robotik profitiert und führt schließlich sogar zu reiner Science Fiction: zur Cyborgisierung unserer Existenz. Die Fortschritte der (neuronalen) Prothetik sind atemberaubend, wie wir zuletzt auch beim Weltkongress der Medizintechnik gehört hatten. (Am Beispiel der neuro-elektrischen Schnittstellen oder dem Cochlea-Implantat).
Mit diesen Ausblicken beendete Stephan Sigrist seine Präsentation. Stellte an das Ende des Vortrags aber keine letzte Prognose, sondern eine Frage. Nämlich diejenige, ob alles was machbar, auch wünschenswert ist. Da musste man ihm ein weiteres Mal zustimmen.
]]>Wissenschaft muß ihre Disziplingrenzen überschreiten, sie muß neugierig sein auf die Konzepte und Methoden der Kollegen, nur so kann sie erfolgreich sein.
Solche Überlegungen stehen u.a. auch hinter dem “Life Science Dialogue Heidelberg” der heute abend im festlichen Rahmen des Heidelberger Schlosses beginnt. Für Idee und Organisation zu dieser neuen Veranstaltungsreihe zeichnen die Dr. Rainer Wild Stiftung und W.I.R.E verantwortlich. Das Ziel ist die Förderung des transdisziplinären Dialogs und des Austauschs zwischen Wissenschaft und Politik bzw. Industrie. Ein hehres Anliegen also.
Zum Start der “Kamingespräche zur Zukunft von Medizin, Gesundheit und Ernährung” stehen heute abend zwei interessante Vorträge auf dem Programm. Bei beiden geht es um neue, vielleicht unkonventionelle Ansätze, die die Medizin der Zukunft prägen könnten.
Nina Fefferman von der Rutgers University/Princeton ist eigentlich Mathematikerin und Biologin. Aber sie spricht dezidiert zu einem medizinischen Thema. Sie hat in den letzten Jahren bspw. anhand des Spiels “World of Warcraft” die Verbreitungswege von Infektionskrankheiten und auch die sozialen Rekationsmuster auf Epidemien untersucht. Spannendes Material für Epidemiologen.
Und Prof. Dario Neri von der ETH Zürich wird über “Protein Engineering” sprechen und vermutlich auch auf neue Ansätze in der Krebsbehandlung eingehen. ScienceBlogs wird über die Vorträge berichten.
Hinweis: ScienceBlogs ist Medienpartner des “Life Science Dialogue Heidelberg”
]]>Solche Visualisierungen wissenschaftlicher Erkenntnis sind natürlich faszinierend. Kein Wunder, daß die Wissenschaftsphotographie viele Fans hat. Einige der besten Wissenschaftsphotos werden jedes Jahr innerhalb des Wettbewerbs “Bilder der Forschung” ausgezeichnet, der gemeinsam von FOCUS und dem vfa (Verband der forschenden Pharma-Unternehmen) vor fünf Jahren ins Leben gerufen wurde.
“Gute Wissenschaft beschäftigt sich mit demjenigen, was sie nicht sieht”
Gestern abend fand in München die feierliche Preisverleihung statt. Den unterhaltsamen Festvortrag steuerte Wigald Boning bei. Und Boning erklärte dem Publikum an einigen Beispielen, was die allermeisten Forscher sicher bestätigen können: jede gute Wissenschaft muß darauf achten, was man nicht sieht bzw. was man nicht erwartet hat. Und die große Kunst bei alldem sei (hier trennt sich dann vermutlich die Spreu vom Weizen), zu erkennen, daß man etwas wichtiges “Unsichtbares” nicht sehe – um dann umso genauer hinzusehen.
Die anschließende Preisverleihung lieferte dann quasi den Beleg für Bonings These. Etwa das Photo von Volker Brinkmann, der uns das Immunsystem quasi bei der Arbeit vorführt. Seine beeindruckende rasterelektronenmikroskopische Aufnahme zeigt ein (durch das Verfahren hier rot gefärbtes) weißes Blutkörperchen. Die gelben Tuberkulosebakterien werden von der Zellmembran der Fresszelle umschlossen, ins Innere gezogen und dort unschädlich gemacht.
Mit dieser Aufnahme belegte er den 2. Platz in der Kategorie “Faszination Forschung”:
Aber auch die anderen prämierten Photos sind absolut sehenswert. In den nächsten Wochen werden wir sie nach und nach bei “SciencePicture” präsentieren. Das erste Photo – die schillernde Gottesanbeterin – von Igor Siwanowicz (s. rechtes Photo) ist dort schon zu bewundern.
Neu: ScienceBlogs-Photowettbewerb für Wissenschaftsphotos
Und da es heute so gut passt, startet zugleich der ScienceBlogs-Photowettbewerb. Tobias von WeiterGen hatte die Idee und übernimmt die Regie. Wissenschaftliche Photos können in verschiedenen Kategorien eingereicht werden – Einsendeschluß ist der 30. November 2009. Weitere Infos gibt es bei Tobias:
Die ScienceBlogs-Redaktion und das SB-Bloggerteam ist jedenfalls hochgespannt auf die eingereichten Motive. Eine Preisverleihung und fette Urkunden werden wir uns wohl sparen, aber die besten Photos werden auf alle Fälle bei SciencePicture ins virtuelle Photoalbum gestellt.
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Und hier die Preisträger von “Bilder der Forschung” beim Gruppenphoto:
]]>Damit sind es nun zehn Frauen, die jemals einen Medizinnobelpreis erhalten haben. Und Tobias Maier von WeiterGen lag mit seinem Tipp diesmal auch nicht richtig.
Elizabeth H. Blackburn, Carol W. Greider and Jack W. Szostak stehen damit in der ehrenvollen Reihe, die 1901 mit Emil Adolf von Behring – dem ersten Nobelpreisträger für Physiologie oder Medizin – begann. Von Behring wurde vor 108 Jahren für seine erfolgreiche Entwicklung der passiven Impfung (durch seine Arbeiten zur Serumtherapie) ausgezeichnet, die endlich ein taugliches Instrument im Kampf gegen die Diphtherie darstellte.
Letztes Jahr durfte ja der deutsche Krebsforscher Harald zur Hausen (DKFZ Heidelberg) über die medizinische Nobelpreisehre jubeln. Zur Hausen wurde für die Bestätigung der Hypothese geehrt, dass humane Papillomviren ein Faktor bei der Entstehung von Gebärmutterhalskrebs sind. In den 80er Jahren war es ihm gelungen, die Virentypen HPV 16 und HPV 18 aus einer Gebärmutterhalskrebsprobe zu isolieren. Die (immer noch umstrittene) HPV-Impfung geht v.a. auf seine Arbeiten zurück.
Das Geheimnis der Zellalterung
Die Molekularbiologin Elizabeth H. Blackburn (Universität von Kalifornien in San Francisco) und ihre Kollegin Carol Greider (John Hopkins Universität, Baltimore) arbeiten schon seit vielen Jahren erfolgreich zusammen. Nun werden sie – zusammen mit Jack Szostak – für ihre Entdeckung ausgezeichnet, „wie Chromosomen durch Telomere und das Enzym Telomerase geschützt werden”.
Elizabeth Blackburn entdeckte 1984 mit ihrer Doktorandin Carol Greider das Enzym Telomerase.
Bereits 1984 entdeckte Blackburn mit ihrer damaligen Doktorandin Carol Greider die Telomerase im Wimpertierchen der Gattung Tetrahymena. * In den folgenden Jahren widmete sie sich ganz der Untersuchung der Telomere, also den hochinteressanten Anhängseln der Chromosomen, die bei jeder Zellteilung ein kleines Stückchen kürzer werden.
Die Forschungsarbeiten zur Funktion der Telomere und des Enzyms Telomerase ist hinsichtlich der Bedeutung für das Verständnis von Zellteilung und Zellalterung kaum zu überschätzen. Denn sobald die Telomere eine bestimmte Länge unterschreiten, teilt sich die Zelle nicht mehr oder stirbt ab.
Das von Elizabeth Blackburn und Carol Greider vor 25 Jahren entdeckte Enzym, die Telomerase, kann die Verkürzung der Telomeren unterbinden. Allerdings führt natürlich die Telomerase dazu, dass eine Zelle sich (potentiell) endlos weiterteilt. Deswegen spielt sie auch beim Tumorwachstum eine wichtige Rolle und ist heute ein spannender Forschungsgegenstand bei der Entwicklung neuer Krebsmedikamente.
Nobelpreisverleihung 2.0
Interessant ist ganz nebenbei, dass sich die Bekanntgabe der Nobelpreise im Jahr 2009 zwischenzeitlich zu einem hochprofessionellen Medienereignis entwickelt hat, was die Nutzung von allen medialen Formaten beinhaltet. Und das schließt ausdrücklich alle denkbaren Web-2.0-Kanäle ein.
Das beginnt mit der Bereitstellung von Widgets für die eigene Website (wie man es nebenan sieht). Geht weiter zum Live-Stream von der Bekanntgabe der Namen, reicht zum Facebook-Profil und endet beim Twitter-Account. Unter www.twitter.com/Nobelprize_org kann man beim Microbloggingdienst alle Neuigkeiten aus Stockholm erfahren.
— Update: 13:30 Uhr:
Tobias von WeiterGen hat inzwischen einen Artikel geschrieben, in dem er näher erklärt, was es mit Telomeren und Telomerase auf sich hat:
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* Die jetzige Würdigung mit dem Medizinnobelpreis 2009 geht übrigens auf folgenden Artikel aus dem Jahr 1985 zurück:
Ist die Zeit reif für Elektro-Autos?
Das Mega-Thema der diesjährigen IAA waren – das ist klar – die Elektro-Autos. Zwar gab es auch in den Vorjahren allerlei Proto-Typen oder Fallstudien, die sich mit Alternativen zum Verbrennungsmotor beschäftigten, aber die vorgestellten E-Mobile riefen nur wenig Begeisterung und Aufmerksamkeit beim Publikum hervor. Und die Mehrzahl der Ingenieure bei den Autobauern schien oftmals auch nur mit halbem Herzen bei der Sache zu sein.
Genau das scheint sich aber geändert zu haben. Die Vorstellung und Entwicklung von Elektro-Autos entspringt offenbar nicht mehr nur der pflichtschuldigen Demonstration des guten, ökologischen Willens. Man meint es Ernst mit den Elektro-Autos. Das ist schon allein an der Tatsache ablesbar, dass derzeit (fast) alle großen Automobilhersteller intensiv an Fahrzeugen arbeiten, die mit Strom angetrieben werden. Renault stellte etwa gleich vier E-Konzeptstudien vor und schon 2011 soll das erste Modell auf den Markt kommen.
Elektro-Prototypen dominieren die IAA
Elektro-Antriebssysteme haben also Konjunktur. Man darf gespannt sein, wann die ersten wettbewerbsfähigen Elektroautos im Angebot sind. Für die Käufer dürfte neben dem ökologischen Argument auch der Kostenfaktor ausschlaggebend sein: je nach Benzinpreis kostet das Volltanken eines E-Autos eben nur halb soviel wie beim Benziner. Und bei steigenden Spritpreisen verbessert sich das Kostenverhältnis weiter.
Auf die steigende Attraktivität von Elektroautos setzt übrigens auch ein alter Bekannter. Der stinkend-knatternde Trabant soll reanimiert werden. Ende 2012 soll der “Trabant nT” vom Band rollen. (Hier ein Text aus der ZEIT zum neuen E-Trabi.)
Bis dahin muss u.a. noch eine grosse Herausforderung bewältigt werden: nämlich die Bereitstellung der Infrastruktur in Form eines flächendeckenden Netzes von Stromtankstellen. Der Energieversorger RWE tut sich hier mit besonderem Engagement hervor.
Die IAA vermittelte jedenfalls durchaus einen vielversprechenden Vorgeschmack auf eine Zukunft ohne fossile Brennstoffe im Tank.
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]]>Am 4. September öffnet das Satellitenkontrollzentrum der Europäischen Weltraumorganisation ESA in Darmstadt seine Pforten. Ab 18 Uhr können die Besucher direkt vor Ort sehen, wo und wie die Satelliten der ESA gesteuert werden; etwa die Raumsonden, die unsere Nachbarplaneten Mars und Venus erforschen oder den Satelliten Rosetta auf der Jagd nach dem Kometen Churyumov-Gerasimenko und natürlich auch die im Mai gestarteten Super-Teleskope Herschel und Planck, über die bei ScienceBlogs schon so viel zu lesen war.
Die offiziell verfügbaren Tickets waren im Juni innerhalb weniger Tage vergriffen. Aber für ScienceBlogs-Leser gibt es jetzt die Chance einige der begehrten Eintrittskarten zu ergattern.*
Esa und EUMETSAT haben ein vielfältiges Programm zusammengestellt (die “Lange Nacht” geht von 18.00 – 01:00 Uhr). Bei EUMETSAT ist ein Blick in die Kontrollräume möglich, von denen aus die Satelliten gesteuert werden. Außerdem wird es möglich sein, die verschiedenen Wettersatelliten in Originalgrösse zu sehen und erläutert zu bekommen.
Bei der ESA stehen Vorträge von Raumfahrt-Experten, Filmvorführungen sowie Mit-Mach-Workshops für Kinder an. Auf dem Außengelände demonstriert das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) mit dem Gewinner der ESA Lunar Robotic Challenge, wie zukünftige robotische Missionen zu Mond und Mars aussehen könnten.
Als Highlight wird während der “Langen Nacht der Sterne” eine Funkverbindung zur ISS hergestellt.
Und mit den Teleskopen der Arbeitsgemeinschaft Astronomie und Weltraumtechnik Darmstadt e.V. kann jedermann einen Blick ins All werfen.
Ein Höhepunkt der langen Nacht der Sterne ist die Funkverbindung zur Internationalen Raumstation ISS. Reinhold Ewald, ehemaliger ESA-Astronaut, wird mit seinen Kollegen an Bord der ISS sprechen.
Wir haben freundlicherweise insgesamt 10 x 2 Karten zur Verfügung gestellt bekommen, die wir an interessierte Leser vergeben. Wir verlosen die Tickets* unter allen Kommentatoren, die ihre korrekte Mailadresse angeben. Alternativ kann auch eine Mail an die ScienceBlogs-Redaktion (redaktion [at] scienceblogs.de) geschrieben werden. Stichwort: “Lange Nacht der Sterne”.
Die Kommentare und Zuschriften werden bis kommenden Samstag, 22.8.2009 gesammelt. Am Sonntag findet dann die Verlosung statt. Die Gewinner werden per Mail benachrichtigt.
Viel Erfolg!
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* Hinweis: Diese Ticketverlosung ist kein Gewinnspiel. Und es besteht kein Rechtsanspruch auf Berücksichtigung. Unter den Zusendungen bzw. Kommentatoren wird die ScienceBlogs-Redaktion als neutraler Schiedsrichter die zehn Gewinner ermitteln und benachrichtigen.
]]>Seit Februar wurden den Schülern monatlich Aufgaben gestellt, die sich aus dem Grundlagenwissen von Ingenieuren, Informatikern, Mathematikern und Naturwissenschaftlern zusammensetzten. Maximal konnten die Schüler so 119 Punkte erreichen – das Siegerteam vom Georg-Büchner-Gymnasium in Seelze-Letter (gleich in der Nähe vom schönen Hannover) hatte derer 118,3. Voraussetzung für die Teilnahme an der Intel-Leibnnitz-Challenge war die Bewältigung der Aufgaben ohne Hilfe eines Lehrers.
Auffällig ist das hohe Niveau der diesjährigen Sieger: Mit 117,6 beziehungsweise 117,5 Punkten lagen das zweitplatzierte Team vom Stiftsgymnasium Sindelfingen und die Dritten vom Gymnasium Wertingen nur knapp hinter den diesjährigen Siegern.
Seit 2007 fördert die Intel-Leibniz-Challenge gezielt das Interesse von Schülern an technischen Studiengängen um dem Fachkräftemangel in diesem Bereich entgegenwirken. Während der Wettbewerb sich im ersten Jahr nur an niedersächsische Schüler richtete, haben in diesem Jahr sogar Schulen aus der Schweiz und aus Polen am Wettstreit teilgenommen.
]]>In New York trafen sich vergangenen Monat Vertreter des Netzwerks gegen Darmkrebs und der Felix Burda Stiftung in New York mit Vertretern der größten amerikanischen Darmkrebspräventionsorganisationen, um sich über Best-Practice-Modelle in der Darmkrebsvorsorge auszutauschen.
Das Treffen stand unter dem Motto “Putting Knowledge into Practice – First Transatlantic Symposium on Strategies to Increase Colorectal Cancer Screening” – verglichen wurden dabei unter anderem die effektivsten Aufklärungskampagnen beider Kontinente. Dazu gibt es ein kurzweiliges Video, in dem die ehemalige Journalistin und heutige Präsidentin der European Cancer Patient Coalition Lynn Faulds-Wood von ihren Erfahrungen mit Darmkrebskampagnen in Europa berichtet:
Link:
Ein Liedchen von der Wirkung der Medien auf das Vorsorgeverhalten der Gesellschaft kann auch Katie Couric singen: Die US-amerikanische Moderatorin gründete nach dem frühen Tod ihres Mannes Jay Monahan das Jay Monahan Center for Gastrointestinal Health und verhalf mit ihrer ersten Live-Darmspiegelung im Fernsehen im Jahr 2000 den Koloskopie-Vorsorgeuntersuchungen in den Vereinigten Staaten zu einer Steigerung von 20 Prozent. Bis heute ist dieses Beispiel als “Couric-Effekt” bekannt und diente etwa der Felix Burda Stiftung auch als Vorbild beim Aufbau der ersten eigenen Kampagnen mit Prominenten.
In Europa wird jährlich bei 400.000 Menschen Darmkrebs diagnostiziert, 200.000 sterben daran. Auch wenn die Quote der tödlichen Verläufe in Deutschland etwas optimistischer aussieht, nehmen hierzulande dennoch weit weniger Menschen Vorsorgeangebote wahr, als nötig wäre. In den USA wächst die Zahl der Neuerkrankungen jährlich um 150.000 neue Fälle.
Gemeinsam mit dem Jay Monahan Center und dem Memorial-Sloan Kettering Cancer Center verabschiedeten die deutschen Organisationen nun einen Leitfaden, der die Ziele der Vorsorge auf beiden Kontinenten abstecken soll – darunter etwa die Aufnahme von Aufklärungskampagnen in nationale, gesundheitspolitische Pläne und besondere Leistungen für genetisch vorbelastete Patienten. Die Transaltlantic Declaration on Colorectal Cancer Prevention gibt es zum Download hier.
]]>Nach verschiedenen Vorrunden stand vor einigen Wochen in Wien das diesjährige Finale auf dem Programm. Der Festsaal des Technischen Museums in Wien war der ideale Rahmen. Der britische Botschafter war genauso anwesend, wie Wissenschaftsminister Johannes Hahn.
Siegreicher Vortrag zur RNA-Interferenz
Am Ende konnte die junge Lucia Aronica die meisten Jurypunkte auf sich vereinen. In ihrer Präsentation “Die zwei Gesichter der RNA” erklärte sie die RNA-Interferenz, die einen natürlichen Mechanismus der Gen-Regulation in Pflanzen, Tieren und Menschen darstellt, mit dem “Dr. Jekyll und Mr. Hyde”-Prinzip. Das heißt, neben den Genen bestimmen die Mikro-RNAs unsere individuellen Merkmale: bei Pflanzen unter anderem die Blütenbildung, bei Tieren die Fellfarbe und bei Menschen den Herzschlag, der uns am Leben erhält.
Ich selbst fand den Vortrag von Lucia Aronica ehrlicherweise nicht so überzeugend. Zu theatralisch, zu glatt, so perfekt. Aber die Jury mit FWF-Präsident Prof. Dr. Christoph Kratky war begeistert, na ja.
Hier die Preisträger:
Mir persönlich haben andere Präsentationen deutlich besser gefallen. Einige davon haben wir bei ScienceBlogs bereits in der Video-Rubrik eingestellt. Etwa den Vortrag von Clemens Mangler – der spannende Beitrag von Roland Hatzenpichler über Mikroorganismen wird nächste Woche folgen.
Und überzeugend war wieder einmal der wunderbare Vortrag von Wolfgang Stadlmayr, der einfach auch ein cooler Hund ist.
Wolfgang verbindet Fachkenntnis, Souveränität und Kreativiät. Allein wie er das Blatt Papier in seinem Vortrag wirklich multifunkional einsetzt, ist schon eine Klasse für sich. Dazu kommt noch sein trockener Tiroler Humor. Für mich eine der Entdeckungen des Famelab-Wettbewerbs.
Also, unbedingt ansehen, wie Wolfgang Stadlmayr locker erklärt, was Katalyse ist, wie eine Reaktion zunächst Barrieren scheut und erst durch einen Katalysator zur Reaktion ermuntert werden muß…
Mehr Infos auf der Famelab-Website
]]>Um dieses Thema im ureigenen Sinne – um die Bilder von der Wissenschaft – geht es im Wettbewerb “Bilder der Forschung”. Seit dem Start im Jahr 2005 ist der Preis zu einem der größten deutschen Wettbewerbe für Wissenschaftsfotografie geworden.
Preise für Wissenschaftsfotos in zwei Kategorien
Auch dieses Jahr zeichnen das Nachrichtenmagazin FOCUS und der vfa, der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen, Fotografen aus, die in ihren Bildern die Faszination von Forschung und Wissenschaft zum visuellen Erlebnis machen. Alle Wissenschaftler, professionelle Fotografen und ambitionierte Amateure sind dazu aufgerufen, ihre Bilder einzureichen. Gefragt sind Wissenschaftsfotos und Porträts von Menschen, die in der Forschung arbeiten oder denen durch Forschung geholfen wird.
Bis zum 31. Juli 2009 können herausragende Wissenschaftsfotos für den Wettbewerb eingereicht werden.
Außergewöhnliche Motive, überraschende Perspektiven und originelle Ausschnitte – der Fotowettbewerb ist inzwischen eine feste Institution für Wissenschaftler und Fotografen. Die Wanderausstellung mit den großformatigen Abbildungen der prämierten Bilder hat in Berlin, Hamburg, Köln, München und anderen Städten viele Millionen Besucher begeistert. Insgesamt wurden seit dem Start des Wettbewerbs 2005 mehr als 1400 Fotos eingereicht.
Die beiden Kategorien „Faszination Forschung” und „Gesichter der Forschung” sind mit Preisgeldern von insgesamt 20.000 Euro dotiert. Die Auswahl trifft eine fachkundig besetzte Jury.
Alle Siegerfotos werden bei FOCUS, auf FOCUS Online und auf www.bilder-der-forschung.de veröffentlicht. Die prämierten Fotos und viele weitere Aufnahmen, die in den letzten Jahren innerhalb des Wettbwerbs nominiert wurden, sind auch bei ScienceBlogs als “SciencePicture” zu sehen.
Die Ausschreibung endet am 31. Juli 2009. Die Gewinner des Wettbewerbs werden im Rahmen einer feierlichen Preisverleihung im Oktober in München geehrt.
]]>Die Berichterstattung im Vorfeld des Starts weckte große Erwartungen. Stephen Wolfram, ebenso talentierter Mathematiker wie Selbstdarsteller, hatte in unzähligen Interviews recht vollmundig angekündigt, daß man sich auf eine wirkliche Innovation freuen dürfe. Einerseits sei das System bereits so weit, daß es – das semantische Web lässt grüßen – die eingegeben Fragen der Nutzer zutreffend interpretieren könne, andererseits berechne man mittels “intelligenter” Algorithmen solche Antworten, für die man in früheren Zeiten wirkliche Experten gebraucht hätte.
Wie gut ist WolframAlpha? Welche Stärken und Schwächen hat es in verschiedenen Anwendungsfeldern?
Klingt vielversprechend. Doch Jürgen Schönstein, der vor sieben Jahren Stephen Wolfram persönlich kennengelernt hatte, war bereits vor dem Start von “WolframAlpha” etwas skeptisch. Ob die Antwort- bzw. Wissensmaschine die hochgesteckten Erwartungen würde halten können?
Wie schlägt sich WolframAlpha in verschiedenen Wissensgebieten?
Stephen Wolfram ist Vater des Softeware-Pakets “Mathematica”, das bis heute Standards setzt. Insofern liegt nahe – zumal WolframAlpha teilweise auf Mathematica aufsetzt – , daß die “Knowledge Engine” gerade im mathematischen Bereich ihre Stärken ausspielt. Als erster Tester versuchte sich Thilo vom Mathlog. Sein ernüchtertes Fazit:
“Ein paar Mathematica-Features neu aufbereitet, mehr kann ich zum Thema Mathematik bei dieser groß angekündigten neuen Suchmaschine nicht entdecken.”
Überraschend, denn hier hätte man doch vermutet, daß Wolfram Alpha gute Informationen auswirft. Wie schlägt sich die neue Software dann in Disziplinen, die weniger deutlich an Formeln und Zahlen ausgerichtet sind?
Ali von zoon politikon konnte einige hilfreiche Features entdecken. Dennoch ist er kaum überzeugt:
“Wolfram Alpha taugt bestenfalls als Ersatz für was ich als ‘um zwei-Ecken googeln’ bezeichnen würde: Wenn ich mir beschränkte spezifische Daten beschaffen möchte, wie ein Währungsvergleich zwischen zwei Ländern oder die Mitglieder des Menschenrechtsrates muss ich so nicht mich durch die Datenbanken der Weltbank, der WHO oder dem CIA Factbook wühlen, sonder einfach kurz bei Wolfram Alpha abholen.”
Ganz ähnlich das Fazit von Florian, der zuerst überrascht war, daß WolframAlpha nicht einmal eine “Supernova” kennt. Für astronomische Recherchen taugt es jedenfalls (noch) nicht:
“So ganz ausgereift erscheint mir das Ding bis jetzt noch nicht. Und die großen Erwartungen hat Wolfram Alpha auch nicht wirklich erfüllt. Naja – vielleicht wirds ja noch.”
Immerhin Marcus war halbwegs zufrieden. Denn die Fragen aller Fragen beantwortet die Wissensmaschine ganz ordentlich. Weniger positiv fällt das Fazit von Jörg aus, der die physikalischen Kenntnisse abgeklopft hat:
“Im besten Fall, wenn man noch dran arbeitet, dann kann Alpha etwas nützliches werden. Eine Formelsammlung mit einem Infocom-Eingabefeld. Aber auch dazu ist noch einiges nötig, vor allem die semantische Erkennung ist miserabel. […] Alpha hat vor allem Sachen gefunden die ich eh weiß, und taugt bislang wenig mehr als ein Taschenrechner.”
Immerhin ein paar positive Aspekte kann Stefan Jacobasch der angeblichen Wissensmaschine abgewinnen. Er schätzt die Angabe weiterführender Quellen und glaubt, daß sich WolframAlpha in den nächsten Monaten deutlich steigern wird. Doch sein erster Eindruck bleibt:
“Unbefriedigend verlaufen alle Suchanfragen, wenn man im Bereich Ernährung mehr erwartet als die direkten Nährwerte.”
Ich selbst habe mir WolframAlpha auch angesehen und getestet, ob es möglicherweise für die Recherche zu sozialwissenschaftlichen Fragestellungen ein gutes Werkzeug sein kann. Und auch ich war enttäuscht. Die Qualität der Antworten (wenn man denn “verstanden” wird) läßt zu wünschen übrig:
“Wie schon zu erwarten war, liefert die mit so viel Vorschußlorbeeren ausgestattete Antwortmaschine nichts außer Fehlermeldungen oder Quasi-Antworten, denen eine falsche Interpretation der Frage zugrunde liegt.”
Und auch Georg hat sich Zeit genommen, um zu prüfen, was WolframAlpha denn in seinem Bereich leisten kann. Aber im ganzen klima- und geowissenschaftlichen Bereich offenbart WolframAlpha riesige Lücken. Georgs Fazit:
“ich mach’s kurz, die Geowissenschaften/Klimatologie/Paleowissenschaften sind praktisch nicht vorhanden.”
Wer sein Produkt als revolutionäre Wissensmaschine verkauft, muß mit Kritik leben, wenn die intelligente Antwortmaschine doch etwas begriffsstutzig daherkommt.
Eine überzeugende Bilanz ist das nicht. Dabei ist klar, daß WolframAlpha gerade gestartet ist und man vielleicht keine Wunderdinge erwarten konnte. Dennoch wurde genau das suggeriert. Stephen Wolfram hat sein neuestes Produkt als revolutionäre Wissensmaschine verkauft – und insofern darf man Kritik daran üben, daß die intelligente Wissensmaschine bislang doch etwas begriffsstutzig daherkommt. Was freilich nicht ausschließt, daß in einigen Jahren WolframAlpha nicht doch ein spannendes Werkzeug sein kann…
Zum Start waren die ScienceBlogger allerdings nicht überzeugt:
Im Gesamturteil kommt WolframAlpha auf bescheidene 3.4 von 10 Punkten.
Im Mai startet eine neue Wettbewerbsrunde, die für alle Themen aus Bereichen wie etwa Produktionstechnologie, Mikro-/Nanotechnologie, Neue Materialien, Biotechnologie oder Effizienztechnologie offen ist. Mehr Infos zum aktuellen Wettbewerb gibt es direkt auf den Websites von start2grow:
]]>Der Leserwunsch sei uns Befehl: Ab heute gibt es einen Scienceblogs-Komplett-Feed
Und weil uns unsere Leser wichtig sind, gibt es ab sofort alle ScienceBlogs-Artikel auch komplett und in voller Länge als RSS-Feed. Und Interessenten, die als Sponsor des ScienceBlogs-Feeds auftreten wollen, sind natürlich auch willkommen.
Wir haben uns zu diesem Schritt – also die Umstellung auf einen Komplett-Feed und die Konzeption eines neues Werbeformats – ganz bewußt entschieden. In den letzten Monaten gab es immer wieder Anfragen von Scienceblog-Fans, die uns gefragt hatten, weshalb wir unsere Artikel nur in gekürzer Fassung als RSS-Feed anbieten. Eine legitime Frage, denn: Warum eigentlich?
Rund 3.000 Abonnenten bekommen täglich alle ScienceBlogs-Texte als RSS-Feed geliefert.
Schließlich sind es ja gerade unsere Stammleser, die den Feed abonniert haben (derzeit rund 3.000) und weshalb sollten wir diesen nicht ermöglichen, daß alle Blogposts auch bequem im Feedreader gelesen werden können? Und was gibt es Schlimmeres, als einen RSS-Feed, der nur die Schlagzeilen und vielleicht 2-3 dürre Sätze bietet? Eben!
Deshalb gibt es seit heute das gesamte ScienceBlogs-Erlebnis in voller Länge, mit allen Schaubildern, Formeln und Zitaten komplett auch für unsere Feed-Abonnenten. Wir hoffen, daß Ihr uns weiterhin die Treue haltet und Euch auch in Zukunft so engagiert an den Diskussionen hier auf der Seite beteiligt wie seither.
Wir sind überzeugt davon, daß dieses Werbeformat viel Potential hat. Denn auf welchem anderen Kanal erreicht man so elegant so viele technikaffine Wissenschaftsfans?
Feed-Werbung auf Scienceblogs: Neue Wege in der Vermarktung
Und – das soll nicht vergessen werden: wir haben in unserem Feed nun auch ein Werbebanner integriert. Wir sind überzeugt davon, daß dieses Werbeformat viel Potential hat. Denn auf welchem anderen Kanal erreicht man so elegant so viele technikaffine Wissenschaftsfans? Genau! Wer auch als Sponsor des ScienceBlogs-Feeds platziert werden möchte, bekommt an dieser Stelle sämtliche Informationen.
Einige weitere Plaudereien des ScienceBlogs-Teams (u.a. zur Einführung der Feed-Werbung etc.) sind übrigens heute auch im Medienblog “Kooptech” von Christiane Schulzki-Haddouti nachzulesen.
In den letzten Wochen konnten Leser auf Focus Online abstimmen, welche schlauen Köpfe in die Topliga der Wissenschaft gehören. Lange Zeit hatte Albert Einstein die Nase vorn, letztendlich machte aber doch Leonardo da Vinci das Rennen und ließ den alten Physiker sogar drei Plätze hinter sich. Zweitplatzierter im Voting wurde der vielseitig begabte Erfinder Nikola Tesla, Dritter wurde der Physiker Werner Heisenberg.
Für das Voting gaben über 22.000 Leser ihre Vorschläge ab – die Redaktion des Nachrichtenmagazins kürzte die Liste auf die 70 am häufigsten genannten Wissenschaftler und lud anschließend zur Abstimmung unter den Besten der Besten. In den nächsten Wochen werden die zehn besten Forscher sowohl auf Focus Online als auch in der Printausgabe des Magazins näher vorgestellt – eine kurze Auflistung gibt es aber auch bei uns:
Ärgerlich, wenn auch wenig überraschend: Die auf dem zwölften Platz befindliche Marie Curie ist die einzige Frau, die es unter die Top 70 geschafft hat. Die Einzige! Diesen und weitere mögliche Lücken im Voting können aber auch nachträglich ausgebessert werden: Für die nächste Runde des Rankings nimmt die Redaktion nämlich laufend Vorschläge an.
]]>Wer hat das vielversprechendste Thema, das sich für einen pfiffigen Wissenschaftsvortrag eignet? Noch können Wetten angenommen werden. Übrigens: am Samstag wird im Technischen Museum in Wien auch der Scienceblogs-Preis für die beste Science-Performance verliehen. Der Preisträger wird natürlich – ganz nach dem Web2.0-Prinzip – vom Publikum bestimmt.
Hier die fünf Finalteilnehmer, die das Feld komplettieren:
Lucia Aronica, 27 (IMBA – Institut für Molekulare Biotechnologie) blickt optimistisch in die Zukunft der Medizin: Mit Hilfe der RNAi versucht sie völlig neuartige Medikamente für bislang schwer zu behandelnde Krankheiten – wie Aids, Diabetes und Krebs – zu entwickeln.
Andrea Wolkerstorfer, 30 (Onepharm R&D GmbH) sucht nach einem tauglichen Rezept gegen Übelkeit. Unglaublich aber wahr: Der Verzehr von zwei Kilogramm Lakritze pro Tag würde der Influenza vorbeugen. Um uns alle vor Übelkeit zu bewahren, sucht Andrea Wolkerstofer nach Wegen, das Lakritze-Extrakt direkt auf Zellebene einzusetzen.
Ranja Reda, 23 (Technische Universität Wien, Institut für Wirtschaftsmathematik) schlägt die Brücke zwischen technischer Physik, Mathematik und Wirtschaft. Wie das geht? Zum Beispiel so: Die Senkung der Leitzinsen übt dieselbe Kraft auf den Finanzmarkt aus, die einwirkt, wenn ein Luftballon zum Platzen gebracht wird.
Harald Altinger, 23 (Technische Universität Graz, Institut für Softwaretechnologie) lehrt Robotern nicht einfach nur Fußball spielen, er versucht ihnen auch (Ball-)Gefühl zu vermitteln – und das überaus erfolgreich: In der RoboCup- Weltmeisterschaft erreichte er mit seinem Team den 5. Platz.
Ilka Prowatke, 36 (Universität Innsbruck, Institut für Botanik) fischt liebend gerne nach Genen. Sehr erfolgreich entwickelt sie neue biomedizinische Methoden, die in der Krebsforschung angewendet werden können.
]]>Und genau aus dieser Motivation heraus ist auch die Idee zum Wettbewerb “famelab” entstanden. Ursprünglich wurde das Konzept beim Cheltenham-Science-Festival entwickelt und wird inzwischen in mehr als zehn europäischen Ländern durchgeführt. Unter anderem in Österreich, wo ScienceBlogs diesen spannenden Wettbewerb als Partner unterstützt. (Mehr Hintergründe in diesem Neurons-Posting).
Famelab-Finale am 4. April in Wien
In den letzten Wochen gab es in verschiedenen österreichischen Universitätsstädten die Vorentscheidungen für das famelab-Finale. Insgesamt haben sich 10 junge Wissenschaftler für das Finale qualifiziert, das am kommenden Samstag, den 4. April um 18 Uhr im Festsaal des Technischen Museums Wien stattfindet. Der Eintritt zum Finale ist kostenlos – allerdings ist eine Anmeldung per Mail notwendig. (Detailinfos hier.)
Dort geht es einerseits natürlich um den Hauptpreis (der Sieger tritt im Juli zum Europafinale an), andererseits um den Spaß an den Vorträgen, die – wie ich von der Vorentscheidung in Innsbruck weiß – absolut unterhaltend, informativ, kreativ und oft witzig sind.
Natürlich geht es nicht um eine wissenschaftliche Präsentation, die vor Fachpublikum bestehen könnte. Es geht um die Erklärung von wissenschaftlichen Sachverhalten für ein interessiertes Publikum. Zehn Kandidaten machen sich am Samstag an diese Aufgabe – und einer erhält den Publikumspreis, der zugleich ScienceBlogs-Preis ist: der Sieger erhält die Möglichkeit sich und seine Forschung hier bei Scienceblogs vorstellen und erklären.*
Jetzt aber zu den ersten fünf Kandidaten:
Roland Hatzenpichler, 25 (Universität Wien, Institut für mikrobielle Ökologie)
beschäftigt sich in seiner Arbeit mit der Funktion Mikroorganismen. Von solchen Kleinstlebewesen gibt es übrigens in zehn Gramm Erde mehr Arten als Säugetierarten auf unserem gesamten Planeten.
Doris Ernhofer, 33 (Medizinische Universität Wien, Institut für Public Health) erforscht die physischen Auswirkungen des Burnout-Syndroms und empfiehlt die Meditation, um den Parasympaticus zu regulieren.
Clemens Mangler, 28 (Universität Wien, Fakultät für Physik)vergleicht seine Arbeit als Physiker mit der eines Zauberers, mit dem kleinen Unterschied, dass er seine Zaubertricks im Anschluss erklären muss. So auch das Phänomen von Metallen mit Gedächtnis.
Sigrid Neuhauser, 28 (Universität Innsbruck, Institut für Mikrobiologie) liebt den Wein so sehr, daß sie sich lange mit Gegenrezepten gegen die Reblaus befasst hat. Dank eines speziellen Pilzes, kann dieser Schädling – wie sie erklärt – in Schach gehalten werden.
Werner Stadlmayr, 25 (Universität Innsbruck, Institut für physikalische Chemie) ist der Meinung, daß Methanol die zukünftige Tankfüllung von Wasserstoffautos werden könnte, wenn das getankte Methanol in Wasserstoff umgewandelt werden kann. Welche Oberflächenbeschaffenheiten während dieser Umwandlung benötigt werden, hat er bei der Vorentscheidung in Innsbruck erklärt.
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Die weiteren 5 Finalteilnehmer werden morgen kurz vorgestellt.
* Der Publikums- und Scienceblogs-Preisträger wird per Applausometer bestimmt. Ich bin darauf gespannt.
Es wächst, es wächst und gedeiht: Als zweiter Ableger der US-Seite ScienceBlogs.com hat nun auch die brasilianische Plattform ihre Pforten für Blogger geöffnet: Herzlich Willkommen, neues Familienmitglied ScienceBlogs Brazil!
Momentan besteht die Seite aus 22 Blogs, die von Sao Paulo aus von den beiden Biologen Carlos Hotta und Atila Iamarino betreut wird. Tatsächlich existiert die Seite bereits seit August letzten Jahres: Damals hatten 12 Forscher begonnen, unter dem Namen “Lablogatórios” auf einer gemeinsamen Seite zu bloggen.
Gemeinsam mit weiteren zehn bereits schon länger existierenden Blogs widmen sich die brasilianischen Kollegen nun unseren üblichen Themen wie etwa Klimawandel oder alternative Energien. Allerdings spielen auch Themen, die in Brasilien sicher stärker diskutiert werden als hierzulande eine große Rolle: Nach Angaben der Seite werden AIDS und Tropenkrankheiten häufige Themen in den brasilianischen Blogs sein.
Auch (Noch-)Nicht-Bloggern bietet ScienceBlogs Brasilien eine Möglichkeit, sich in mehr als einer Kommentarfunktion mitzuteilen: Tubo de Ensaios (=Reagenzglas) ist ein eigenes Blog, über das die Redaktion eingesandte Texte veröffentlichen kann.
Wer kein Portugiesisch versteht und dennoch nachschauen möchte, was in Brasilien gebloggt wird, sollte der Seite von Zeit zu Zeit einen Besuch abstatten: Manche Artikel werden dort ins Englische übersetzt, um mehr Leser zur internationalen Diskussion anzuregen. Eine erste Auswahl gibt es hier:
Wir freuen uns über den Zuwachs und wünschen Carlos, Atila und allen Bloggern viel Spaß mit unserem täglich Brot: Ciência, Cultura, Política!
]]>“FameLab” findet dieses Jahr bereits zum dritten Mal statt. Die Idee für diesen Wettbewerb wurde in Großbritannien geboren. Und inzwischen wird der Contest in zehn europäischen Ländern ausgetragen.
Das FameLab-Konzept ist schnell erklärt: junge Wissenschaftler präsentieren in kurzen Vorträgen ihr Forschungsprojekt und anschließend wird die Präsentation von einer Jury bewertet. Im Prinzip ähnelt diese Grundidee also den bekannten Formaten à la “Deutschland sucht den Superstar” – mit dem kleinen, aber wichtigen Unterschied, daß es bei FameLab nicht um Selbstdarstellung geht und in der Jury niemand blöde Sprüche klopft.
FameLab: Österreich sucht den Super-Wissenschaftler
Bei FameLab geht es schlicht darum, junge, talentierte Wissenschaftler zu finden, die ihre Begeisterung für die Forschung an das Publikum weitergeben können. Und wenn sich dann beim Publikum und der Jury sogar noch ein Lerneffekt einstellt und man einen Einblick erhält in die faszinierenden Forschungsprojekte – umso besser.
Gesucht sind also lebendige, unterhaltsame, lustige, informative und im besten Sinne: originelle Formen der Wissenschaftskommunikation. Die Kandidaten sollen zwischen 21 und 35 Jahre alt sein und dürfen auf der Bühne selbstgewählte Hilfsmittel verwenden, mit einer Ausnahme: Powerpoint ist tabu. Wie schön!
Leider nicht in Deutschland, Bewerbungsfrist für FameLab Austria läuft!
Schade ist, daß FameLab nicht in Deutschland stattfindet. Dafür haben alle österreichischen Nachwuchswissenschaftler die Gelegenheit, ihr Können unter Beweis zu stellen. Im März finden insgesamt vier Vorentscheidungen statt (in Graz, Innsbruck, Linz und Wien). Die zehn besten Bewerber treten dann am 4. April zum Finale in Wien an.
ScienceBlogs.de wird den Wettbewerb interessiert begleiten und natürlich darüber berichten, welcher österreichische Kandidat sich für das europäische Finale in England qualifizieren kann. Vielleicht ist ja sogar ein ScienceBlogs-Leser mit in Wien dabei? Die Bewerbungsfrist läuft noch bis zum 6. bzw. 16. März!
Weitere Infos:
Und hier die Präsentation des Famelab-Siegers 2008:
Bernhard Weingartner (Forschungsassistent an der TU Wien) begeisterte mit seinem spannenden Vortrag über chaotisches und reguläres Verhalten in komplexen Systemen.
Pünktlich zum Start dieser unsäglichen Serie mit den vielen Mädchen und der diesjährigen Wahl zur Miss Deutschland, überrascht Russland mit einer PR-Kampagne, die einem die Tränen aus beiden möglichen Gründen in die Augen treibt: Die russische Atomlobby sucht eine Miss. Miss Nuklear. Miss Atom 2009.
Nukleares Missverständnis? Njet.
Schon zum sechsten Mal dürfen sich junge Damen zwischen 18 und 35 bewerben – vorausgesetzt, sie arbeiten für „Rusatom” oder andere Nuklearenergieunternehmen oder auch wissenschaftliche Institute, die sich mit Kernenergie beschäftigen. Gewinnen können sie damit Reisen nach Kuba, Marokko oder Kroatien – oh, und die zukünftige Miss Atom ist natürlich Gesicht und Sprachrohr russischer Atomkraftwerke. Ist ja auch ein viel schöneres Aushängeschild als zwei Kühlturmklötze.
Wenn man optimistisch sein möchte, könnte man nun sagen: Ist doch toll, dann kommt die Förderung russischer Wissenschaftlerinnen auch mal in die Puschen. Kann ja auch ein Vorbild sein, so eine junge, ansehliche Physikerin. Aber man kann ja nicht “mannen”.
Knebelverträge für die nukleare Renaissance
Und schaut man sich die Missen der Jahre 2003 bis 2008 an, wird deutlich: Es geht hier nicht um erfolgreiche Ingenieurinnen oder ähnliches, die nebenbei auch noch gut aussehen. Es geht ausschließlich um Werbegesichter für die “nukleare Renaissance”. So steht schon in den Teilnahmebedingungen, dass die Bewerberinnen sich automatisch einverstanden erklären, unentgeltlich an Werbeaktionen des Wettbewerbs teilzunehmen oder auch für Partnerfirmen und Sponsoren im Laufe des Jahres für Fotosessions, Werbezwecke in elektronischen und anderen Massenmedien, Interviews für Magazine und Zeitungen, Radio und Fernsehen zur Verfügung zu stehen.
In welchem Bereich sie dabei genau arbeiten, ist zweitrangig – wichtiger sind eher ihre Träume, ihre Vorstellung der Familienplanung in den nächsten Jahren und Lieblingssportarten. Hmm.
Am schönsten ist vielleicht noch der Hinweis: “Wer die meisten Stimmen bekommt, kann einen der Preise gewinnen.” Ja, was denn auch sonst? Ah, ich weiß was. Das “Wir bauen uns ein Atomkraftwerk”-Set von “Weihnachten bei Hoppenstedts”, für Mädchen und Jungen im Alter von 5 bis 10 Jahren. So ein Spiel wäre uns schlichten Gemütern zumindest noch zuzutrauen. Übrigens existiert die Todesstrafe in Russland zwar nur noch in der Theorie – davon ausgenommen sind allerdings Kinder, Behinderte und… Frauen.
]]>Die Krebsbehandlung kennt im wesentlichen drei Verfahren: einerseits natürlich die operative Entfernung des Tumors, andererseits die Chemo- und Strahlentherapie. Allen drei Behandlungsansätzen (die häufig kombiniert werden) ist gemein, daß das Tumorgewebe idealerweise vollständig entfernt oder maximal geschädigt wird, gleichzeitg aber das gesunde Gewebe möglichst geschont wird. Wenn Tumoren klar lokalisiert sind und (noch) nicht metastasiert haben, dann verspricht der chirugische Eingriff mit anschließender Bestahlung gute Erfolgsaussichten.
Rund 40% aller Krebsfälle mit Standardbehandlung nur unzureichend therapierbar
Doch leider trifft diese Grundvoraussetzung nur auf rund 60% der Neudiagnosen zu. In den anderen Fällen sind die Tumoren durch Lage oder Form inoperabel und die konventionellen Varianten der Strahlentherapie ermöglichen leider oft nur unzureichende Behandlungserfolge.
Die neuartige Strahlentherapie mit Partikeln (Protonen und schwere Ionen) ist nach Ansicht vieler Ärzte eine hocheffiziente Waffe für bislang kaum therapierbare Krebsfälle. Der Einsatz von Ionen in der Strahlentherapie bietet einige handfeste Vorteile: denn während
bei konventioneller Bestrahlung die Dosis mit der Eindringtiefe abnimmt, steigt sie bei Protonen- und Ionenstrahlen langsam an und fällt nach einem scharfen Maximum – dem sogenannten Bragg-Peak – wieder ab. Um diesen Effekt zu nutzen, ist natürlich eine hochpräzise Steuerung des Protonen oder Ionenstrahls notwendig.
Präzise Steuerung des Ionen-Strahls
Professor Enghardt, der an der TU Dresden forscht, hat für diesen Zweck ein intelligentes Verfahren entwickelt. Durch das sog. „Positronen-Emissions-Tomographie-Verfahren” (PET) kann man bei einer Tumorbestrahlung am Bildschirm den Weg des Ionenstrahls präzise verfolgen. Enghardt und seine Forscherkollegen machen sich dafür die Tatsache zu nutze, daß die Teilchen des Therapiestrahls auf ihrem Weg zum erkrankten Gewebe mit anderen Teilchen kollidieren. Dabei entstehen teilweise Positronen, die äußerst kurzlebig sind, aber kurze Lichtblitze von sich geben – diese Lichtblitze werden durch speziell entwickelte Kameras aufgezeichnet und so kann der Ionenstrahl präzise verfolgt und gesteuert werden.
Mit Hilfe dieses Verfahrens lässt sich die zerstörische Wirkung der Bestrahlung genau an den gewünschten Ort, nämlich den Tumor lenken. Das umliegende Gewebe wird geschont. Diese Forschungsarbeit fanden auch die Leser der SuperILLU* bemerkenswert: sie wählten Wolfgang Enghardt zum Preisträger des “Zukunftspreises”, der gestern von Chefredaktuer Jochen Wolff und der sächsischen Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange in Berlin überreicht wurde.
Forschung fördern: Eva-Maria Stange, Wolfgang Enghardt und Jochen Wolff bei der Preisübergabe
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* SuperILLU ist eine Zeitschrift des Burda-Verlags. ScienceBlogs.de ist ebenfalls ein Projekt von Hubert-Burda-Media.
Mit Antworten auf komplexe Herausforderungen beschäftigte man sich auch auf der soeben zu Ende gegangenen DLD-Konferenz. “Simplicity” lautete der Titel der Podiumsdiskussion, die von Adam Bly, dem Gründer von SEED-Media und ScienceBlogs, moderiert wurde. Und da uns Komplexität in den verschiedensten Feldern begegnet, war die Zusammensetzung des Panels entsprechend breit gefächert.
Gorden Wagener, verantwortlicher Designer bei Mercedes Benz, skizzierte einige Trends aus dem Bereich der Automobilbranche. Carlo Ratti vom MIT verblüffte mit interessanten Darstellungsformen hochkomplexer Kommunikationsströme und zeigte etwa, wie am Abend des Fußballendspiels der Weltmeisterschaft 2006 in der Stadt Rom im Spielverlauf die Handygespräche lokal verteilt waren. Und Jeff Hayzlett von Kodak konnte mit einer großen Portion Selbstironie viele Sympathiepunkte einheimsen.
Komplexe Simplizitätsmaschine “Gehirn”
Aus wissenschaftlicher Sicht war natürlich vor allem der kurze Vortrag des Hirnforschers Gerhard Roth interessant. Nun ist das DLD keine wissenschaftliche Konferenz, aber Roths Thesen in Sachen Komplexität waren dennoch kurzweilig und spannend.
Einer der Hauptpunkte in Roths Ausführungen: das Gehirn ist das komplexeste System, das wir kennen. Mit rund 1 Billiarde Synapsen kann das menschliche Gehirn, so Roth, ca. 10150 verschiedene Zustände annehmen. Die Gesamtzahl aller Teilchen im Universum beträgt angesichts dessen gerade einmal bescheidene 1080.
Und dieses wahnsinnig komplexe System – so führte Roth weiter aus – operiere auf der Ergebnisseite fast ausschließlich als Simplifizierungsmaschine. Alle Informationen werden fortwährend im Hinblick auf einfache, plausible Muster “durchsucht” und solchermaßen in handhabbare und ressourcensparende kognitive Sinneinheiten transformiert.
Daß diese Arbeitsweise unseres Gehirns hocheffektiv ist, aber im Einzelfall auch zu inadäquaten Ergebnissen führen kann, illustrierte Roth etwa an der bekannten visuellen “kanisza illusion”. Hier “sehen” wir zwei übereinander liegende Dreiecke und verdeckte Scheiben. Doch: was sehen wir hier wirklich, welche geometrischen Formen sind tatsächlich vorhanden und was ergänzen wir – als geübte Mustererkenner – ganz unwillkürlich?
Am Ende hatte Gerhard Roth zumindest zwei Empfehlungen parat, wenn es um Entscheidungen (in komplexen Situationen) geht:
Der Mensch begreift sich – spätestens seit Aristoteles Zeiten – als animal rationale. Und unterliegt damit einer riesengroßen Selbsttäuschung. Dieser Meinung ist zumindest Dan Ariely.
Ariely, der als Professor an der Duke-University in den USA lehrt, ist ein Grenzgänger zwischen der Psychologie und den Wirtschaftswissenschaften. Und Ariely hat in den letzten Jahren in vielen kleinen Detailstudien und vielgelesenen Sachbuchbestsellern illustriert: die Idee des logisch handelnden, rationalen Menschen ist kaum mehr als eine Illusion.
Die Selektivität unserer Wahrnehmung
Arielys gestriger Vortrag war einer der Höhepunkt der diesjährigen DLD-Konferenz. Ariely führte den interessierten Zuhörern vor Augen, wie täuschungsanfällig wir alle sind. Wie leicht wir die offensichtlichsten Dinge übersehen und wie selektiv unser Wahrnehmungsapparat arbeitet.
Das sind für sich genommen alles keine bahnbrechend neuen Erkenntnisse, aber Ariely bündelt die Erkenntnisse verschiedener Disziplinen auf plausible Weise zu seiner Spielart einer Verhaltensökonomie und sorgte bei seinem Vortrag immer wieder für ungläubiges Kopfschütteln beim Publikum.
Für die größte Verblüffung sorgte er mit dem bekannten Gorilla-Video. Ariely stellte dem Publikum eine kleine Aufgabe: bei einem Basketballspiel sollen alle Pässe eines bestimmten Teams gezählt werden. Nach 50 Sekunden endet das Video, Ariely fragt das Ergebnis ab. Wie oft wurde der Ball gepasst? 16, 17 oder 18 mal? Und wie oft wechselte der Ball bis zu dem Zeitpunkt als der Gorilla durchs Bild lief? – Ein erstaunt-ungläubiges “Oh!” ist zu hören – denn tatsächlich: nach etwa 20 Sekunden spaziert ein Mann im Gorillakostüm mitten durchs Spiel- und Blickfeld.
Hoffnungslos irrational
Viele DLD-Besucher zählten aber ganz offensichtlich so konzentriert die Ballwechsel, so daß sie diesen zusätzlichen Akteur im Video komplett übersehen hatten. Wie passiert es also – so eine der Kernfragen von Ariely – daß wir die offensichtlichsten Sachverhalte nicht (richtig) sehen. Wie passiert es nur, daß wir immer wieder hoffnungslos irrational entscheiden?
Ariely hat selbst keine Patentrezepte, wie wir uns gegen die Tendenz zur Irrationalität wappnen können, die – das war Ariely wichtig – Experten (ungeachtet ihrer Erfahrung) genauso betrifft, wie Laien. Eines sollte aber den Zuhörern klargeworden sein: wir sind unverbesserlich irrational. Und es schadet nicht, sich dessen bewußt zu sein.
Links und Literaturtipps:
Seit wenigen Stunden läuft die fünfte DLD-Konferenz. Über 800 Teilnehmer aus aller Welt haben sich in München eingefunden, um gemeinsam über Trends und Zukunftsperspektiven in Medien, Wirtschaft, Kultur und Wissenschaft zu reden und nachzudenken. In den nächsten Tagen wird sich auch das ScienceBlogs-Team immer wieder mit kurzen Notizen direkt vom DLD melden.
Das offizielle Programm startete heute nachmittag. Für die Frühaufsteher unter den Teilnehmern gab es aber die Möglichkeit an spannenden Führungen hier in München teilzunehmen. Für ScienceBlogs war es natürlich keine Frage, welches Angebot am attraktivsten ist: wo anders sind Wissenschaftler besser aufgehoben, als im größten Technikmuseum der Welt?
Für die etwa 30 Teilnehmer glich die Tour durch das Deutsche Museum einer kleinen Zeitreise: sie führte von den Anfängen unserer Industriegesellschaft, den ersten Dampfmaschinen über die verschiedenen Typen der Verbrennungsmotoren (in ihrer Diesel-, Otto- und Wankelvariante) bis zu aktuellen Technologien wie dem allgegenwärtigen Audiokompressionsformat MP3 oder den LEDs, die uns künftig “erleuchten” werden.
Und am Ende der Führung ging es dann für die Teilnehmer (darunter viele, viele aus der Medienbranche) wieder ganz weit zurück. Nämlich gewissermaßen bis zur Wiege des Print- und Mediengeschäfts, das letztlich ja doch untrennbar mit der Erfindung des Buchdrucks durch Johannes Gutenberg verknüpft ist.
Ein guter Start für das diesjährige DLD – und hier einige Impressionen der interessanten Tour.
Aktuelle Berichterstattung vom DLD in Blogform gibt es übrigens hier.
]]>Barack Obama, der charismatische Menschenfischer, hat es vorgemacht: er hat den Wahlkampf geradezu mustergültig auf das Internet ausgeweitet. Zur Motivation seiner Anhänger und Wahlhelfer, zur Akquise von Spenden und zur Popularisierung seiner Botschaften nutzte Barack Obama ein ganzes Arsenal an Online-Tools. Egal ob Facebook, Twitter, Flickr, YouTube oder MySpace – Barack Obamas Team setzte von Beginn auf Online-Informationskanäle. Am Ende hatte Obama etwa bei Facebook rund 3,8 Millionen Unterstützer – John McCain sah auch hier mit seinen gerade einmal 600.000 Fans alt aus.
Dort hingehen, wo die Wähler sind
Es wäre vermessen, wenn man für den erfolgreichen Wahlkampf von Barack Obama allein die (richtige!) Nutzung des Internets verantwortlich machte. Noch werden Wahlkämpfe nicht allein im Netz gewonnen, aber man kann hier entscheidenden Boden und Sympathien verlieren. Das Internet spielt – sowohl wenn es um die Diskurshoheit im politischen Gefecht, als auch den kleinteiligen Dialog mit den einzelnen Wählern geht – eine immer größere Rolle.
Zu diesem Ergebnis kommt auch die DLD-Studie, die auf Initiative von Dr. Marcel Reichart erstellt wurde. Der zurückliegende US-Wahlkampf wurde analysiert und das Potential des Online-Wahlkampf für Deutschland ausgelotet. Das Autorenteam um Marcel Reichart kommt für die Bundestagswahl zum Schluß:
Wer die Wahl 2009 gewinnen will, muss cybergen sein und sich in die Herzen der Wähler surfen, bloggen, SMSen und twittern.
Eine These, die jüngst durch die Landstagswahl in Hessen durchaus Bestätigung fand. Die überzeugende Internetkampagne von SPD-Kandidat Thorsten Schäfer-Gümbel bewahrte die SPD vor einem noch schmerzhafteren Absturz. Und Schäfer-Gümbel – der sich als “TSG” in kürzester Frist viele Sympathien erarbeitet – setzte explizit auf seine Internetkampagne. Und er illustrierte damit, daß auch in Deutschland der Dialog mit den Wahlbürgern über Twitter, Blogs und Social Networks gelingen kann.
Der politische Dialog wird online geführt
Es sind also im wesentlichen zwei Aspekte, die eine Trendwende für die politische Kommunikation markieren. Erstens ist das Internet inzwischen zum wichtigsten Informationsmedium avanciert. Und zweitens hat sich die Erwartungshaltung der Bürgerinnen an die Politiker in den letzten Jahren deutlich verändert: heute ist tatsächliche Dialogfähigkeit gefragt. Und wo sollte die anders stattfinden, als im Social Web?
Es wird also spannend, wie sich die Internet-Aktivitäten der Parteien im Vorfeld der Bundestagswahl weiter entwickeln. Klar ist, daß sich die Wahlkämpfer kaum erlauben können, die Möglichkeiten des Internet nicht zu nutzen.
Weitere Details und eine Analyse der Online-Aktivitäten der deutschen Parteien finden sich in der DLD-Studie (Download als PDF), oder hier:
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]]>Die letzten Tage waren sehr turbulent. Von verschiedener Seite wurde Kritik an einzelnen Blogartikeln auf Scienceblogs.de und den jeweiligen Autoren laut. Und manche Kritiker verstiegen sich gar zur These, das gesamte ScienceBlogs-Portal sei möglicherweise ein Forum der Pseudowissenschaft und Scharlatanerie. Wer sich freilich auch nur fünf Minuten hier auf ScienceBlogs umsieht, der stellt fest, daß diese Vorwürfe Blödsinn sind. Aber der Reihe nach.
Legitime Kritik
Ausgangspunkt für die Diskussionen war dieses Blogposting von Bert Ehgartner. In den Kommentaren wurde – vollkommen zu recht! – reklamiert, daß hier die möglicherweise legitime Kritik an der HPV-Impfung mit der Frage nach den vermeintlich gesundheitsschädigenden Effekten von Aluminiumsalzen als Adjuvans bei Impfstoffen vermengt wurde.
Wie gesagt: die Kritik in den Kommentaren war berechtigt. Was ärgerlich war: Bert Ehgartner blieb (zunächst) die Belege für einen solchen Zusammenhang schuldig. Wir hatten Bert Ehgartner als Blogger auf ScienceBlogs geschätzt, der sich durchaus kritisch mit bestimmten Aspekten des Medizinsystems auseinandergesetzt hatte. Allerdings steht jeder ScienceBlogger – ungeachtet seiner früheren Verdienste – mit jedem neuen Blogartikel in der Pflicht, sorgfältig und redlich zu argumentieren. Diese Anforderung hat Bert leider nicht in allen Punkten erfüllt.
Insofern akzeptieren wir selbstverständlich auch die besorgte Kritik, die von einigen Autoren unserer Partner-Website ScienceBlogs.com formuliert wurde. Wobei manch Vorwurf an die Adresse von ScienceBlogs.de zweifellos meilenweit an der Sache vorbei ging. Aber vermutlich sind im Eifer des Gefechts (zumal wenn Sprachbarrieren hinzukommen) solche argumentativen Schnellschüsse unvermeidlich.
Wir hatten inzwischen das Gespräch mit Bert Ehgartner gesucht, der am Montag auch noch einen rechtfertigenden Artikel nachreichte. Allerdings konnte er unsere Zweifel nicht wirklich ausräumen und wir haben beschlossen, den Blog “Lob der Krankheit” zu schließen.
Sowohl unsere bloggenden Kollegen auf SB.com, als auch unsere deutschen Leser können also beruhigt sein: für Spekulationen oder gar pseudowissenschaftliche Thesen ist auf ScienceBlogs.de auch künftig kein Platz.
Lebendige und faire Diskussionen
Wir selbst haben freilich auch dazugelernt – in der Zukunft werden wir noch gewissenhafter darauf achten, daß alle Blogposts unseren selbstgesetzten Standards genügen. Redlichkeit in der Argumentation und der Verweis auf etwaige Quellen und Belege gehören natürlich dazu. Gleichzeitig werden wir aber auch höhere Maßstäbe an die Diskussionsbeiträge in den Kommentaren anlegen: unsachliche und polemische Statements werden sofort gelöscht.
Sachlichkeit und Fairness sind die leitenden Prinzipien für eine Diskussionskultur, die diesen Namen verdient. Auch Bert Ehgartner, das muß der Vollständigkeit erwähnt sein, wurde zum Teil in unfairer Weise attackiert. Solche Angriffe werden wir nicht mehr tolerieren.
Und, bevor hier der Ruf laut wird, daß weitere (Blogger-)Köpfe rollen müssen: ja, Peter Artmann ist ein streitbarer Blogger, der im medlog teilweise auch strittige Thesen vertritt. Allerdings steht er dafür auch argumentativ ein – Peter ist und bleibt eine Bereicherung unserer Blog-Community.
Nachtrag – 4.12.:
Mein Hinweis, daß wir künftig auch “höhere Maßstäbe an die Diskussionsbeiträge in den Kommentaren” anlegen werden, wurde vereinzelt mißverstanden. Mein Halbsatz, den ich oben nun durchgestrichen habe, war in der Tat nicht ganz glücklich.
Ich möchte an dieser Stelle nochmal klarstellen: auf ScienceBlogs.de wird auch in Zukunft keine Kommentarzensur ausgeübt! Wir leben vom Feedback unserer Leser! Kritik und die Diskussion kontroverser Meinungen sind uns ausdrücklich willkommen!
Allerdings werden wir bei Kommentatoren, die offensichtlich ausschließlich auf destruktiven Krawall aus sind (=Trolle) ab sofort verstärkt moderierend eingreifen. Und bei Beleidigungen oder Kommentarinhalten, die strafrechtliche Relevanz haben, werden wir natürlich ebenfalls eingreifen, was wir aber auch in der Vergangenheit getan haben.
Zu dieser selbstverständlichen Art der Kommentarmoderation (die nichts mit Zensur zu tun hat) verpflichtet uns einerseits die Rechtslage, andererseits sind wir überzeugt, daß auch in Kontroversen, in denen mit harten Bandagen gekämpft wird, der Gegner nicht persönlich diffamiert werden soll.
]]>Eine sonderbare Idee. Und doch nicht so neu: In Bremen ist die begehbare Gebärmutter im Universum seit Jahren der Renner. Im Wissenschaftsmuseum kann man sich dort gemütlich an die Schleimhaut lehnen und in kurzen Filmen die Entstehung menschlichen Lebens erklären lassen.
Nur: Die Konnotationen einer weichen, warmen Gebärmutter sind nicht dieselben wie die eines Darms. Embryo war schließlich jeder Mal, aber in einem Darm? Da wo verdaut wird? Das will doch niemand sehen!
28.000 Menschen sterben jährlich in Deutschland an Darmkrebs
Vielleicht ist genau das der Clou an “Faszination Darm”: Wenn ein Darm den Raum des Coca-Cola-Trucks einnimmt, ist Wegschauen unmöglich. Ist das Modell erstmal aufgebaut, kann jeder Besucher zum menschlichen Endoskop werden und sich davon überzeugen, dass es a) leider jede Menge Erkrankungen des Darm gibt und b) sich ein großer Teil des Leids leicht vermeiden ließe.
Von den etwa 100 bekannten Krebsarten hat kaum eine so gute Heilungschancen wie Darmkrebs – wenn er rechtzeitig erkannt wird. Dennoch sind Darmkarzinome nach Angaben des Robert-Koch-Instituts die zweithäufigste Krebserkrankung nach Prostata- beziehungsweise Brustkrebs in Deutschland. Bei rund 73.000 Menschen jährlich wird hierzulande ein bösartiger Tumor diagnostiziert – 28.000 sterben daran. Welches Stadium “recht-“, das heißt: frühzeitig genug ist, kann man sich im Inneren des Darmmodells ansehen. Hier etwa: Ein flacher Polyp.
Und es geht weiter im Darm. Ein paar Schritte nach dem verhältnismäßig kleinen Polypenknubbel in der Wand wird klar, weshalb Darmkrebs so schnell so gefährlich wird: Das Karzinom, das auf einem Mal von der Decke hängt, zwingt Besucher, den Kopf einzuziehen. Aus dem ehemals flachen Polypen – den der Mensch meist nicht bemerkt – ist eine wuchernde Geschwulst geworden. Ihn aus der Decke zu sägen, wäre vergebliche Liebesmüh, denn auch die umgebende Darmschleimhaut ist bereits befallen.
Nicht nur in München kann man den Darm durchwandern
Aber nicht nur Darmkrebs, auch Morbus Crohn und Colitis Ulcerosa haben ihren Platz im Darmmodell und erklären dem Besucher, wie diese Krankheiten entstehen und wie man sie therapieren kann. Es mag an meiner Vorliebe für Anatomie liegen, aber ich finde so was interessant. Was der Körper nicht alles aushält!
In den nächsten Monaten ist “Faszination Darm” on the road und tourt quer durch Deutschland. Die nächsten Termine:
Es mag nicht jeder ein Fan von Anatomie sein. Muss ja auch nicht. Es mag auch nicht jeder ein Freund von Krebsvorsorge sein. Sollte aber durchaus. Ein Gang durch das Darmmodell lohnt sich und lässt Vorsorgeuntersuchungen weniger furchteinflößend wirken. Es lässt sich ja nicht schönreden, dass das größte Problem der Darmkrebsvorsorge die Paarung des Tabuthemas Krebs mit dem ebenso wenig salonfähigen Thema Darm ist – über den letzten Check beim Hautarzt zumindest redet man freier und weniger pikiert. Nur: Im Gegensatz zu einem echten Darm ist das Modell eben auch nicht feucht, riecht nicht nach Darm und besitzt auch nicht den üblichen Darminhalt – mit “iiieh” ist man im rosa Wurm also an der falschen Adresse.
]]>Die Jury des Deutschen Zukunftspreises hat heute Morgen die Nominierung des Forscherteams um Prof. Dr. Dr. Axel Haverich von der Medizinischen Hochschule überraschend zurückgezogen. Nachdem zuvor bereits ethische Bedenken an der von Haverich entwickelten, mitwachsenden Herzklappe geäußert wurden, erklärte die Jury nun in einer Pressemitteilung ihre Entscheidung mit patentrechtlichen Problemen.
Zwar handele es sich “bei den Arbeiten von Professor Haverich um ein außerordentlich qualifiziertes Forschungsprojekt […], dessen Innovationspotential außer Zweifel steht.” Dennoch müssten die Ansprüche Dritter berücksichtigt werden, die sich als vergessene Erfinder der Kinderherzklappe sehen.
Axel Haverich äußerte sich seinerseits im Rahmen einer Pressekonferenz in Hannover zu den Vorwürfen: Bis zur Nominierung des Teams habe niemand sein Patent auf die Herzklappe beanstandet. Seiner Ansicht nach resultiert der Rückzug der Nominierung aus einem “gezielten Rufmord” seitens der Süddeutschen Zeitung. Seitdem bekanntgegeben wurde, dass das Team potentieller Preisträger des mit 250.000 Euro dotierten Zukunftspreises ist, habe die Tageszeitung zwei Mal einen Berliner Arzt zu Wort kommen lassen, der die Patentrechte für die Herzklappe bei sich sieht.
“Das Einzige, was tatsächlich beanstandet wird, ist nicht unsere Herzklappe, sondern unser Verfahren zur Dezellularisierung,” erklärte Haverich. Für die mitwachsende Herzklappe wird eine Spendeherzklappe von Spenderzellen “gereinigt” und anschließend mit Zellen des kleinen Patienten versehen. Seit den Achtziger Jahren gibt es verschiedene Waschlösungen und Verfahren zur Reinigung der Gewebematrix. “Diese Artikel haben katastrophale Konsequenzen nach sich gezogen.”
Seiner Meinung nach habe die Süddeutsche Zeitung bewusst einen falschen Eindruck des Projekts vermittelt und beispielsweise betont, dass Haverich seine ersten Transplantationen in Moldawien, dem ärmsten Land Europas, durchgeführt habe. “Nur Schafe waren vor den moldawischen Kindern in den Genuss der hannoverschen Innovation gekommen,” schrieb die Zeitung am 20. Oktober.
Der Mediziner jedoch verteidigt sich: Seit den Neunziger Jahren arbeite er regelmäßig in Moldawien und versuche eben den ärmsten Bewohnern Europas zu helfen. Dr. Serghei Cebotari, Mitentwickler der Herzklappe, stamme zudem aus Moldawien. Außerdem habe auch die Jury des Deutschen Zukunftspreises seine Arbeit vor Ort von einem Expertenteam prüfen lassen und sei zu dem Schluss gekommen, dass “weder aus rechtlichen noch aus medizinethischen Gründen” etwas zu beanstanden sei.
Die MHH hat nun neben einem Patentanwalt auch einen Medienanwalt für den Fall bemüht und hofft auf eine Richtigstellung ihrer Situation – auch wenn die Chancen auf eine Wiedernominierung gleich Null sind.
]]>Das war mal eine Überraschung: Gestern erst wurden wir Redaktion informiert, dass ScienceBlogs unter den Nominierten für die BOB-Awards sei. Die Auszeichnung von der Deutschen Welle wird zum fünften Mal an Blogs, Podcasts und Videoblogs in elf verschiedenen Sprachen verliehen. ScienceBlogs ist in gleich zwei Kategorien nominiert: “Bestes deutsches Blog” und “Bestes Blog international”.
Allerdings: Zu dem Zeitpunkt waren auch noch 2.602 weitere Blogs nominiert. “Gut,” dachten wir, “immerhin muss uns jemand vorgeschlagen haben.” Und hätten die Auszeichnung beinahe vergessen. Umso erstaunter waren wir, als heute bekannt wurde, dass wir unter den letzten elf sind: Die Chance, damit tatsächlich als bestes Blog ausgezeichnet zu werden, wird damit realistischer.
Erklärend muss hinzugefügt werden, dass ScienceBlogs selbstverständlich nicht über Nacht Spreeblick, Robert Basic und das bildblog überholt hat – vielmehr hat die Deutsche Welle es sich auf die Fahnen geschrieben, auf Newcomer aufmerksam zu machen.
Für eben jene, die uns nicht kennen, wird ScienceBlogs als “Plattform für Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, um Dinge wissenschaftlich und leidenschaftlich zu erklären, Blödsinn in den Medien zu entlarven, antiwissenschaftliche Umtriebe anzuprangern,” vorgestellt.
Nun zum unvermeidlichen Aufruf: Natürlich möchten wir gerne als Sieger hervorgehen und bedanken uns schon mal im Voraus bei jedem, der diesem Link folgt und uns seine Stimme schenkt.
Das Voting läuft bis zum 26. November. Einen Tag später werden sowohl die ermittelten Publikumspreisträger, als auch die von einer 12-köpfigen Jury bestimmten Sieger bekanntgegeben.
]]>Am 3. Dezember wird der Deutsche Zukunftspreis vergeben. Die diesjährigen Teams, die sich Hoffnungen auf die mit 250.000 Euro dotierte Auszeichnung des Bundespräsidenten machen dürfen, sind bereits bekannt. Die Auszeichnung wird seit 1997 jährlich an ein innovatives Projekt aus Kunst, Wirtschaftswissenschaften, Technik, Ingenieurs- oder Naturwissenschaften vergeben.
Im letzten Jahr ging der Zukunftspreis an Dr. Klaus Streubel, Dr. Andreas Bräuer und Dr. Stefan Illek von Osram Opto Semiconductors und dem Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik. Die drei hatten ein System entwickelt, mit dem bis dato leuchtschwache LED-Lampen stärker und heller leuchten können. In den letzten fünf Jahren erhielten durchgängig Projekte aus technischen Bereichen die Auszeichung – wir dürfen gespannt sein, ob die Entscheidung in diesem Jahr anders ausgeht. Nominiert sind Ideen aus den Kategorien Medizin, Industrie, erneuerbare Energien und, selbstredend, Technik.
Medizin: Die mitwachsende Herzklappe – ein umstrittener Eingriff
Axel Haverich von der Medizinischen Hochschule Hannover wurde für seine Entwicklung einer “mitwachsenden”, künstlichen Herzklappe für Kinder nominiert. Im Gegensatz zu herkömmlichen Therapien – Schweine- und Rinderherzklappen oder einem mechanischen Gerät etwa – wächst diese Herzklappe bei den kleinen Patienten mit. Zellen für das Gewebe der Herzklappe liefert der Betroffene selbst – die Klappe jedoch stammt von einem Spender.
Das Verfahren senkt nicht nur die Behandlungskosten für immer neue Herzklappen, sondern steigert auch die Lebensqualität der Patienten.Erst vor wenigen Tagen ist der Eingriff erstmals in Deutschland durchgeführt worden. Zuvor durfte die OP nicht in der Bundesrepublik durchgeführt werden, da die Einordnung der Herzklappe als Arzneimittel oder Medizinprodukt unklar war. In Moldawien wurde die Operation jedoch bereits 18 Mal durchgeführt – hier rechts im Bild ist Axel Halverichs erster Patient, Alexandru Manea zu sehen, der 2002 die erste mitwachsende Herzklappe erhielt. Neben ihm sitzt David Plöger, der nun als erstes deutsches Kind operiert wurde.
Industrie: Mikromechanische Sensoren für die Fahrsicherheit
Von Bosch kommen die Nominierten Dr. Jiri Marek, Dr. Michael Offenberg und Dr. Frank Melzer – ihnen ist es gelungen, mikromechanische Sensoren aus Silizium auch für tragbare Geräte wie Handys, Notebooks oder Navigationsgeräte nutzbar zu machen.
Bisher wurden solche Sensoren fast ausschließlich in Autos verwendet: Dort können sie den Wagen schon während eines Unfalls “warnen” und zum Gegensteuern bringen. Für tragbare Geräte waren die Sensoren bisher nicht klein genug – das hat das Team um Jiri Marek nun geändert. Bosch gründete bereits ein eigenes Tochterunternehmen für die neue Technologie und rechnet mit einer Verdoppelung des Umsatzes für Siliziumsensoren in den nächsten Jahren.
Erneuerbare Energien: Hochleistungsreceiver mit bester Leistung bei niedrigsten Kosten
Dr. Nikolaus Benz und Dr. Thomas Kuckelkorn von Schott Solar verbesserten die Gewinnung von Sonnenenergie. Sie entwickelten einen Hochleistungsreceiver für Solaranlagen. Normalerweise wird die von Spiegeln eingefangene Solarenergie an solche Receiver weitergegeben und dort schlicht gebündelt. Auf dem Weg dorthin gab es bisher jedoch stets Wärmeverluste.
Benz und Kuckelkorn entwickelten eine Glas-Metall-Verbindung, die die Receiver von Solaranlagen in eine Art Vakuum “verpackt” – die Wärmeenergie bleibt so weiterhin erhalten. Zudem ist die neue Glas-Metall-Verbindung weniger bruchanfällig und senkt so die Betriebskosten für das gesamte Kraftwerk. Momentan wird eine Solaranlage in Andalusien gebaut, in der die Hochleistungsreceiver kommerziell genutzt werden sollen.
Technik: Ein digitales, drahtloses Mikrofon – das wurde aber auch Zeit!
Eine so einleuchtende wie einfache Idee hatten Prof. Dr. Jörg Sennheiser und Gerrit Buhe von Sennheiser electronic: Nachdem praktisch jedes Gerät in Tonstudios mittlerweile digital funktioniert, haben sie sich an die Entwicklung eines kabellosen, digitalen Mikrofons gemacht.
Bisher zweifelten Tonmeister an der Qualität von Funkmikrofonen – die Datenmenge, die die Geräte übertragen müssen ist schlicht zu groß, um kabellos gemeistert zu werden. Das soll mit dem neuen Mikrofon anders werden: Mit verfeinerten Simulationsmethoden sollen digitale Funkmikrofone ihre analogen Kollegen demnächst sogar übertreffen. Momentan befindet sich das neue Gerät noch in der Testphase – sobald die Toningenieure jedoch grünes Licht geben, soll das neue Mikrofon den Markt erobern.
]]>Krebsstudien zur hormonellen Verhütung sind ja zwiegespalten: Das Risiko, nach jahrelanger Pilleneinnahme an Brust– oder Gebärmutterhalskrebs zu erkranken steigt zwar – zugleich sinkt aber auch die Wahrscheinlichkeit, Eierstock– oder Gebärmutterschleimhautkrebs zu entwickeln. Wonach sich also richten?
Dass Brustkrebs etwa ein Viertel aller Krebsneuerkrankungen bei Frauen ausmacht ist sicher ein starkes Kontraargument – prozentual lohnt es sich, am meisten gegen diese Krebsform zu unternehmen. Andererseits: Dass Hormonpräparate die zuverlässigste und bequemste Verhütungsmethode sind, lässt sich auch nicht bestreiten.
Risiko und Prävention mit der Antibabypille
Weshalb es sich eben doch lohnt, mit Pille, Pflastern und Co. zu verhüten, erklärt nun eien Studie der Wake Forest University School of Medicine in Winston-Salem (North Carolina). Denn das, was die Pille demnach an Schutz bietet, wirkt sich auch Jahre nach der Einnahme auf den Körper aus – die Krebsrisiken hingegen gingen wie erwartet zurück.
Die Mediziner untersuchten dabei Affen, die längere Zeit die Pille genommen hatten – seit der letzten Einnahme waren jedoch mindestens drei Jahre vergangen. Dennoch war der Östrogenspiegel der Tiere niedriger als bei Artgenossinnen, die keine hormonellen Verhütungsmittel eingenommen hatten – die Pille hatte den Hormonhaushalt nachhaltig verändert. Denn wie weitere Untersuchungen ergaben, war nicht nur im Urin weniger Östrogen zu finden – die Körper der Affen produzierten das Hormon auch in geringeren Mengen.
Zehn Jahre Pille = Lebenslange Prävention?
Das mag etwas unheimlich klingen – aber dass die Pille den Hormonhaushalt verändert ist ja per se nichts Neues und gewissermaßen auch Sinn und Zweck der Tablette. “Dass unsere Hormone ein bedeutendes Krebsrisiko darstellen, ist schon lange bekannt,” erklärt der Studienleiter J. Mark Cline. “Diese Ergebnisse sind robust und wir glauben, dass unsere Entdeckung sich bald mittels einer weiteren Studie auf Frauen übertragen ließen. Wenn hormonelle Verhütungsmittel auch beim Menschen einen solchen Effekt haben, könnte das unsere Betrachtungsweise von der Antibabypille und Krebsrisiken völlig verändern.”
Auf die Nachhaltigkeit von Hormonpräparaten im Körper stießen die Forscher eher zufällig: Eigentlich sollte an den Affen die Auswirkungen von Soja auf den Östrogenstoffwechsel untersucht werden. Für die Studie wurden 181 Makakenweibchen über sieben Jahre lang beobachtet – ein Zeitraum der sowohl das gebärfähige Alter, als auch die Menopause der Tiere umfasst.
]]>Zum heutigen Blog Action Day möchte ich nun nach Stefan und Ali auch einen Beitrag zum Thema Armut beisteuern und bleibe dazu bei meinem thematischen Steckenpferd, der Gesundheit. Dass Armut eine ganz entscheidende Rolle dabei spielt, wie hoch oder niedrig unsere Lebenserwartung ist, ist ein weltweiter Missstand.
Hunger spielt leider in vielen Ländern eine besonders tragende Rolle – aber auch bei uns schadet Armut der Gesundheit auf fast jeder möglichen Ebene. Dazu nur ein paar Aussagen der KIGGS-Studie, die die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland letztes Jahr ausgiebig untersuchte: Kinder aus Familien mit einem niedrigen Sozialstatus leiden häufiger an Mandelentzündung, Herpesinfektionen und Blasen- oder Harnwegsinfekten. Sie sind häufiger übergewichtig und leiden öfter an Adipositas, was wiederum das Risiko, an Diabetes Typ 2 zu erkranken erhöht.
Auf dem diesjährigen Kongress des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte forderte nun der Präsident des Verbandes Wolfgang Hartmann „eine umgehende Beendigung der Zweiklassenmedizin im Bereich der Kindervorsorgeuntersuchungen.” Dabei beschwerte er sich über die Ungerechtigkeit, dass jährliche Routine-Checks bisher nur privatversicherten Kindern im Alter von 2 bis 14 zur Verfügung stünden – gesetzlich Versicherten steht dies nur zwischen dem 6. und 11. Lebensjahr zu. Wichtig seien die jährlichen Vorsorgeuntersuchungen vor allem, um Kindesmisshandlungen und -vernachlässigungen früher zu erkennen.
Desweiteren werden nicht-verschreibungspflichtige Arzneimittel ab dem 12. Lebensjahr nicht mehr erstattet. Darunter fallen beispielsweise Schmerzmittel wie Aspirin und Paracetamol, Schleimlöser gegen hartnäckigen Husten und Mittel gegen Allergien. Ausnahmen, wie etwas die Rückerstattung von einfacher Kochsalzlösung für junge Mukoviszidose-Patienten, mussten Patientenverbände sich erst erstreiten*.
Natürlich gibt es auch zahlreiche Institutionen, die sich mit tollen Projekten für gesundheitliche Chancengleichheit einsetzen. Eine Liste derer gibt es hier. Und um heute nicht nur zu nörgeln und dem Blog Action Day mehr Action zu verpassen, nun ein Appell:
Vielleicht haben Sie ja am Ende des Monats etwas Budget übrig, das sich in eine Spende investieren ließe. Und es gibt sicher tausende tolle Projekte, die unterstützenswert sind – ich möchte nur auf die Nachsorgeklinik Tannheim aufmerksam machen. Es gibt dort junge Patienten, die Unterstützung sehr gut gebrauchen können – und Personal, das sich großartig um die körperliche und seelische Gesundheit der Jugendlichen kümmert. Von allen Institutionen, die es verdient hätten, hier erwähnt zu werden, ist dies schlicht die einzige, die ich im Ansatz näher kenne und daher versichern kann, dass das Geld prima investiert wäre. Dass dort nicht wenige Jugendliche sind, die ganz bestimmt nicht privatversichert sind und sich auch sonst keinen Luxus leisten können und zudem schwerkrank sind – daher die gezielte Aufforderung.
*Kochsalzlösung wird zur Inhalationsbehandlung genutzt.
]]>Am Montagabend im Deutschen Museum: Im beeindruckenden Ehrensaal des Gebäudes hielt der Physik-Nobelpreisträger John C. Mather wie angekündigt einen Vortrag über den Urknall, die kosmische Hintergrundstrahlung und das James Webb Telescope. Eine originalgetreues Modell des Teleskops, das in fünf Jahren ins Weltall starten soll, können Besucher des Deutschen Museums in den folgenden zwei Wochen im Innenhof des Gebäudes betrachten.
Erklärt wurden die Aufgaben des James Webb Space Telescopes von einem, der sich auskennt – John C. Mather erhielt vor zwei Jahren den Nobelpreis für seine Messungen des kosmischen Mikrowellenhintergrunds – auch bekannt als das “Echo des Urknalls”. Der Astronom, der bereits im Alter von fünf Jahren seine Leidenschaft für die Wissenschaft bei einem Besuch des “Museum of Natural History” in New York entdeckte, erwies sich in seinem Vortrag als präziser Forscher und humorvoller Redner.
So erklärte er etwa, weshalb das Teleskop mit mehreren Sonnensegeln geschützt werden müsse – und vergaß dabei nicht zu betonen, dass die Reflexionsfläche im Münchener Modell nicht tatsächlich aus Gold gefertigt, d.h. Diebstahl nicht lohnenswert sei. Im Anschluss an seinen Vortrag nahm John Mather sich die Zeit, ScienceBlogs ein paar offene Fragen zu beantworten.
S.B.: “Mit dem James Webb Space Telescope wird es – hoffentlich – möglich sein, noch viel weiter ins Universum zu sehen als bisher mit Hubble. Darüber soll der Urknall besser verstanden werden. Was kann der Gewinn für uns sein, zu wissen, was vor 13,7 Milliarden Jahren passiert ist?
J.M.: “Der Urknall ist vor allem aus kulturellen Gründen interessant für die Menschen. Jeder Mensch will wissen, wo er herkommt und wie alles angefangen hat. Als ich fünf Jahre alt war habe ich meinen Vater gefragt, wo die Menschen herkommen und er konnte es mir nicht erklären. Also musste ich das selbst rausfinden. Natürlich können Historiker, Archäologen und Geologen auch viel über die Geschichte der Erde und der Menschheit erzählen – aber Astrophysiker gehen dabei am weitesten in der Zeit zurück.”
S.B.: “Gibt es nach ihrer persönlichen Einschätzung Leben auf anderen Planeten?”
J.M.: “Also beweisen lässt sich ja leider noch nichts – aber ich glaube schon, dass weiteres Leben im All möglich ist. Es ist bekannt, dass die Saturnringe zum Teil aus Wasser bestehen, also warum soll es dort nicht auch Bakterien geben? Biologen haben in den letzten Jahren interessante Entdeckungen über Lebensformen unter extremen Bedingungen gemacht, deswegen glaube ich nicht, dass wir der einzige Planet mit Leben sein sollen – die Frage ist nur eben, ob es sich dabei um mehr handelt, als um ein paar Amöben.”
S.B.: “Welche Fähigkeiten müssen junge Wissenschaftler heute mitbringen, um später vielleicht auch mal einen Nobelpreis zu bekommen?”
J.M.: “Sie sollten die Neugierde nie ablegen, die sie als Kind hatten! Ich glaube, das ist neben Ausdauer und Hartnäckigkeit das Wichtigste. Das garantiert zwar leider keinen Nobelpreis, aber trotzdem kann man ja ein guter Wissenschaftler mit diesen Eigenschaften werden.”
S.B.: “Was ist in der Mitte von einem Schwarzen Loch?”
J.M.: “Sie stellen ja komische Fragen. Im Grunde ist dort, glaube ich, auch nur normale Materie – aber das kann ich nicht genau sagen, denn ich war ja noch nie in einem Schwarzen Loch.”
S.B.: “Zum Glück. Und vielen Dank für das Gespräch.”
]]>Barack Obama ist der demokratische Kandidat für das Weiße Haus. Die New York Times, für die Sie als Kolumnist arbeiten, hatte eine Wahlempfehlung für Hillary Clinton ausgesprochen. Auch sie selbst haben in ihren Beiträgen Clinton unterstützt und Obama kritisiert. Warum?
Hauptsächlich wegen seiner Positionen in der Gesundheitspolitik. Die Einführung einer garantierten Gesundheitsversorgung sollte das Kernstück eines demokratischen Regierungsprogramms sein. Obama beabsichtigt aber nur eine halbherzige Reform und er hat Clintons umfassende Pläne einer garantierten Gesundheitsversorgung für alle Bürger von rechts angegriffen. Ich glaube nicht, dass Obama eine wirklich progressive Agenda verfolgt.
Im Zentrum ihres neuen Buchs steht die Zunahme der ökonomischen Ungleichheit in den USA.
Warum ist das für Sie so ein großes Problem? Viele Ökonomen betonen ja, dass Ungleichheit ein Ansporn sei und zu mehr Wachstum und Wohlstand führe. Es kommt immer darauf an, welches Ausmaß die Ungleichheit erreicht. Woodrow Wilson hat das Problem einmal sehr klar artikuliert: „Wenn es in diesem Land Männer gibt, die reich genug sind, um die Regierung der Vereinigten Staaten zu besitzen, dann werden sie sie besitzen.” In Gesellschaften mit extremer ökonomischer Ungleichheit werden politische Institutionen ausgehölt und politische Entscheidungen verzerrt.
Wir sehen das heute beispielsweise daran, wie schwer es ist, die Manager von Hedgefonds der normalen Einkommensteuer zu unterwerfen. Ihr Einfluss hat dazu geführt, dass sie den größten Teil ihres Einkommens zum günstigen Satz der Kapitalertragsteuer von 15 Prozent versteuern dürfen, während andere Großverdiener ihr Einkommen mit 35 Prozent versteuern müssen. Die Frage ist: Wie konnte es dazu kommen und warum wird dieses Schlupfloch nicht sofort geschlossen?
Der politische Prozess wird durch zu große ökonomische Ungleichheit korrumpiert.
Wie lautet die Antwort?
Wahlkampfspenden. Die Spenden einiger weniger extrem reicher Männer machen einen großen Teil der Kriegskasse aus, auch bei den Demokraten. Und die Rücksichtnahme auf die entsprechenden Interessen in den Programmen und der späteren Regierungspolitik zeigt eindeutig, dass der politische Prozess durch zu große ökonomische Ungleichheit korrumpiert wird.
Beweist Barack Obama nicht das Gegenteil? Er sammelte von vielen kleinen Spendern kleine Beträge ein und konnte so seine parteiinterne Rivalin Clinton überrunden.
Die Wahrheit ist leider etwas weniger glamorös als diese Legende. Es ist zweifellos richtig, dass Obama eine sehr große Zahl von Spendern mobilisiert. Aber die Höhe der Spenden variiert extrem. Und die entscheidende Anschubfinanzierung, die ihm überhaupt ermöglicht hat Berater einzustellen und ins Rennen zu gehen, kam von einer ganz kleinen Zahl extrem großzügiger Spender. Es ist fraglos so, dass Obama und nicht Clinton der Kandidat der Hedgefonds-Manager und der Wall Street ist.
Ich sage das nicht, um ihn schlecht zu machen. Natürlich hat er viele kleine Spender, Clinton übrigens auch. Aber so lange Wahlkampfspenden ein großer Faktor der amerikanischen Politik sind, solange werden die Interessen der Reichen und Begüterten systematisch bevorzugt werden. Die Ungleichheit in den USA ist einfach so groß, dass für einen Politiker die Unterstützung durch die Reichen aus dem obersten Prozent der Einkommensverteilung einfach mehr wert ist als kleine Spenden von mehreren Millionen Normalbürgern.
Sie erklären die Zunahme der Ungleichheit mit politischen Entscheidungen, mit Umverteilung von oben. In Europa dominiert die Erklärung, dass die Kräfte der Globalisierung, freier Welthandel und der Eintritt ehemals sozialistischer Volkswirtschaften in den globalen Wettbewerb die Ungleichheit verstärke.
Der wichtigste Kanal, über den sich die Globalisierung und technischer Fortschritt auf die Ungleichheit auswirken, ist Bildung. Aber Qualifikationsunterschiede, die sich im Einkommen als so genannte Bildungsprämien niederschlagen, können in den USA nur rund ein Drittel der Zunahme an Ungleichheit erklären. Die rasante Zunahme der Ungleichheit spielt sich hier ja vor allem innerhalb der obersten zehn Prozent der Einkommensverteilung ab. Diese Leute sind alle gut ausgebildet.
Die Kluft hat sich vor allem zwischem Vorstandschefs und Lehrern geöffnet, weniger zwischen Lehrern und Arbeitern am Fließband. Diese Entwicklung in den USA ist weltweit einzigartig. Und sie ist nicht das Ergebnis der unsichtbaren Hand des Marktes. Sie trägt eine politische Unterschrift. Vergleichbar ist nur, wenn auch in kleinerem Umfang, die Entwicklung in Großbritannien unter Margaret Thatcher. Diese Parallele zeigt, dass es um bewußte Entscheidungen der Politik geht, um Normen und Institutionen, nicht um das Wirken anonymer Marktkräfte.
Die Bush-Regierung ist nur noch wenige Monate im Amt. Viele Europäer, und offenbar auch immer mehr Amerikaner, fragen sich heute, wie der amtierende Präsident überhaupt ins Weiße Haus gelangen konnte. Selbst der republikanische Kandidat John McCain vermeidet Auftritte mit dem Amtsinhaber. Es breitet sich das Gefühl aus, bei dessen Wahlsiegen habe es sich um einen politischen Unfall gehandelt. Sie widersprechen dem vehement und behaupten in ihrem neuen Buch, Bushs Amtszeiten seien die logische Konsequenz einer sehr lange währenden Entwicklung.
So ist es. Die Amtszeiten von George W. Bush sind der Kulminationspunkt des „movement conservatism”, einer konservativen Bewegung, die ihren Einfluss über 40 Jahren konsequent ausgebaut hat. Die Politik von Bush fällt keineswegs aus dem Rahmen, sie steht in der Tradition dieser Bewegung.
Ein Beispiel: Der Irak-Krieg und seine Begründung hat die Leute geschockt, aber schon die Reagan-Regierung hat unautorisierte Stellvertreterkriege in Lateinamerika geführt und heimlich Waffendeals mit dem Iran gemacht, um den Krieg in Nicaragua führen zu können. Ein weiteres Beispiel ist Nixons heimliche Bombardierung von Kambodscha während des Vietnam-Krieges. Die Außenpolitik der Bush-Regierung war zwar noch weitaus desaströser als diese Vorgänge, sie ist aber Teil dieser politischen Tradition.
Und in der Innenpolitik?
Auch hier hat Bush nahtlos dort angeknüpft, wo Nixon und Reagan aufgehört haben. Egal ob es um Machtmissbrauch und das Aushebeln demokratischer Kontrollen oder um seine Steuersenkungen zu Gunsten der Reichen geht. All das kam nicht wirklich überraschend. Wir hätten es schon bei den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2000 besser wissen können.
Beobachter haben immer wieder die Paradoxie hervorgehoben, dass die untere Mittelschicht und die Arbeiter durch ihr Votum für Bush und die Republikaner mehrfach gegen ihre eigenen ökonomischen Interessen gestimmt haben. Wie erklären Sie die Wahlerfolge des „movement conservatism”?
Mir war der entscheidende Faktor lange nicht bewusst, bis ich schließlich mit Politologen diskutierte und mir daraufhin viele Wahlstatistiken sehr genau angeschaut habe. Der entscheidende Faktor der politischen Entwicklung der USA seit dem Zweiten Weltkrieg ist die Rassenfrage. Die Frage ist doch: Wie konnte das Land von John F. Kennedy und Lyndon B. Johnson zum Land von George W. Bush werden? Die Antwort lautet: Weiße Südstaatler wechselten von den Demokraten zu den Republikanern.
Larry Bartels, ein Kollege aus der Politikwissenschaft in Princeton, sagt immer wieder, dass wir alles vergessen sollen, was üblicherweise an Begründungen angeführt wird – etwa, dass die weiße Mittelklasse den Demokraten nicht genug Härte zutraut, gegen Kriminalität oder in internationalen Konflikten. Das Gegenteil ist richtig: Al Gore und John Kerry haben in den vergangenen zwei Präsidentschaftswahlen jeweils mehr Stimmen aus der weißen Mittelschicht außerhalb der Südstaaten erhalten, als Kennedy im Jahr 1960.
Die republikanische Wende des Landes geht einzig und allein darauf zurück, dass Weiße in den Südstaaten als Reaktion auf die Bürgerrechtsgesetze der Demokraten begannen, für die Republikaner zu stimmen. Das war der politische Preis für die Gleichstellungsgesetze, den Civil Rights Act von 1954 und den Voting Rights Act von 1955, mit denen die Demokraten zur Partei der Bürgerrechte wurden. Die Ursünde Amerikas, unsere Geschichte von Sklaverei und rassistischer Unterdrückung, hat bei dieser Wende von den Demokraten zu den Republikanern eine große Rolle gespielt.
In Deutschland haben wir uns das Wahlverhalten bisher mit weitaus positiveren Eigenschaften der Amerikaner erklärt – etwa ihrem Optimismus. Der Washington-Korrespondet des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel” hat die These formuliert, die Bürger ihres Landes würden „rechts” von ihren derzeitigen Interessen wählen, weil sie davon ausgingen, bald selbst zu den Wohlhabenden im Land zu zählen – und sie sich dann über höhere Steuersätze ärgern würden.
Die Aufstiegschancen sind in Westeuropa deutlich größer als in den USA. Aber wir pflegen den Mythos, dass es in den USA jeder vom Tellerwäscher zum Millionär schaffen kann.
Vielleicht haben einige Wähler diese Hoffnung, aber die Realität der vergangenen Jahrzehnte spricht eine andere Sprache. Es gibt eine Masse an empirischen Studien zur sozialen Mobilität. Das Ergebnis: Die Aufstiegschancen sind in Westeuropa deutlich größer als in den USA. Aber wir pflegen den Mythos, dass es in den USA jeder vom Tellerwäscher zum Millionär schaffen kann. Und die Bürger glauben offenbar stärker dem Mythos als harten Fakten. Es heißt, in Umfragen würden 19 Prozent der US-Bürger angeben, dass sie zum reichsten Prozent der Einkomensverteilung gehörten! Es rechnen auch viel mehr Leute damit, dass sie irgendwann Erbschaftsteuer zahlen müssen, als es tatsächlich der Fall ist.
Diese Phänomene können aber nur einen kleinen Teil des Wahlverhaltens erklären. Die drei Harvard-Ökonomen Alberto Alesina, Edward Glaeser und Bruce Sacerdote haben die Frage, warum der Wohlfahrtsstaat in Amerika kaum existiert, umfassend und sehr sorgfältig analysiert. Sie zeigen, dass die Gegner von mehr Umverteilung und stärkerer sozialer Sicherung in Wahlkämpfen immer wieder auf rassistische Rhetorik gesetzt haben. Denn es ist klar, dass mehr Umverteilung vor allem den Minderheiten, aufgrund ihres hohen Anteils an der armen Bevölkerung, zu gute käme.
Alle Umfragen sprechen dafür dass der Demokrat Barack Obama sehr gute Chancen hat, als nächster Präsident ins Weiße Haus einzuziehen. In ihrem Buch, das in der deutschen Fassung den Titel „Nach Bush” trägt, gehen Sie aber weit über die kommende Wahl hinaus und prophezeien gleich den Beginn einer demokratischen Ära. Was macht sie so sicher, dass der Wahlsieg von 2004 „das letzte Hurra der konservativen Bewegung” war?
Zwei langfristige und sehr grundlege Entwicklungen wirken sich zu Gunsten der Demokraten aus. Erstens ist die amerikanische Bevölkerung in den vergangenen Jahren immer vielfältiger geworden. Das Land wird weniger von Weißen dominiert als früher, die Wählergruppen mit lateinamerikanischem und asiatischem Hintergrund werden immer größer. Kalifornien ist wie immer ein guter Gradmesser für den Wandel unseres Landes. Kalifornien war früher ein sehr konservativer Staat, dort wurde Reagan zum Gouverneur gewählt, und aus Südkalifornien kamen sehr weit rechts stehende Kongressmitglieder.
Heute ist Kalifornien sehr liberal, wenn auch mit einem komischen Gouverneur. Wenn man nach den Gründen fragt, kommt man am starken Wachstum der hispanischen Minderheit nicht vorbei, die tendenziell für die Demokraten stimmt. Hinzu kommt, dass wir Amerikaner heute zum Glück weniger rassistisch sind. Noch 1988 schaltete George Bush Vater im Präsidentschaftswahlkampf eine Fernsehwerbung mit eindeutig rassistischen Untertönen. Das wäre heute nicht mehr möglich.
In Deutschland gibt es aufgrund von Aussagen im Nominierungswettlauf die Sorge, dass eine demokratische Administration die Epoche des Freihandels beenden und eine Phase des Protektionismus beginnen könnte.
Ich kann mir vorstellen, dass das von außen danach aussieht. Es wird aber nicht zu einer Kehrtwende in der Handelspolitik kommen. Die demokratische Partei ist sehr international orientiert, sie glauben an Verträge und das Einhalten internationaler Vereinbarungen. Bestehende Handelsabkommen werde daher bestimmt nicht aufgekündigt. Die ökonomischen Kosten wären einfach zu groß. Es gibt keinen Grund für Alarm.
Aber auch keine Hoffnung auf weiteren Forschritt. Oder würde ein demokratischer Präsident die Doha-Runde wiederbeleben?
In dieser Frage wird es bestimmt keinen Fortschritt geben. Ein Republikaner im Weißen Haus würde durch den demokratischen Kongress blockiert. Und ein demokratischer Präsident würde sein politisches Kapital nicht für die Doha-Runde aufs Spiel setzen. Das ist aber kein Drama. Ein Großteil der berechneten Handelsgewinne der Doha-Runde würde entstehen, wenn Europa sich zur Aufgabe seiner Agrarsubventionen durchringen könnte. Das ist Europas Entscheidung.
Was hat Sie eigentlich motiviert, die Hochschule zumindest teilweise zu verlassen und ihren exzellenten Ruf als Ökonom durch angriffslustige Kolumnen aufs Spiel zu setzen?
Vielleicht hat es etwas mit meinem fortgeschrittenen Lebensalter zu tun? Spitzenforschung wird ja normalerweise von jungen Leuten gemacht. Und 55-jährige Akademiker wie ich werden üblicherweise Dekan oder fangen an, als Berater in der Wirtschaft richtig Geld zu verdienen. Mir erschien das Schreiben eine sehr sinnvolle Wahl. Dass man in der zweiten Hälfte der Karriere über die Wissenschaft hinausgeht, ist doch ein normaler Vorgang. Schauen Sie sich Joseph Stiglitz an, ein großer Theoretiker, der sich jetzt vor allem in Kampagnen für die Entwicklungsländer engagiert. Oder nehmen Sie Ökonomen wie Larry Summers oder Jeffrey Sachs. Wir haben inzwischen alle den Elfenbeinturm verlassen, um die Welt ein bisschen zu verbessern.
Das Interview führte Niels aus dem Moore
]]>Paul Krugman, der bereits kurz nach seiner Promotion im Beraterstab von Ronald Reagan tätig war und später auch Bill Clinton in Wirtschaftsfragen beriet, ist nach Stationen am MIT und Stanford heute Professor in Princeton. Gleichzeitig hat sich Krugman einen Namen als einer der profiliertesten Wirtschaftsblogger gemacht.
In seinem NYT-Weblog hatte er zuletzt im Zusammenhang mit der gegenwärtigen Finanzkrise heftige Kritik an der US-Regierung und Notenbankpolitik geübt. Das hilflose Krisenmanagement der Bush-Administration veranlasste ihn zur Aussage, die USA seien “zu einer Bananenrepublik verkommen.”
Wirtschaftsnobelpreis an einen Kritiker der Bush-Regierung
Paul Krugman wird nun mit dem Wirtschaftsnobelpreis für seine “Analysen der Handelsmuster und Räume wirtschaftlicher Aktivität” gewürdigt. Die Entscheidung des Stockholmer Komitees, ausgerechnet in der derzeitigen Phase Paul Krugman zu ehren, ist durchaus pikant. Denn Krugman hatte als einer der ersten vor einem Zusammenbruch des Finanzsystems gewarnt.
Schon vor 3 Jahren hatte er darauf hingewiesen, daß sich die Immobilienspekulanten auf sehr dünnes Eis begeben würden und die Immobilienkäufe teilweise mit fragwürdigen “chinesischen Krediten finanziert” seien. Aber – so Krugmans Kritik – solange die Gier als Motivation handlungsleitend sei, dürfe man sich über die Irrationalität der Finanzwelt nicht wundern.
Zuletzt hatte Krugman nicht ausgeschlossen, daß die aktuelle schwere Krise sich zu einer gesamtwirtschaftlichen Depression entwickeln könne.
Wirtschaftsnobelpreis seit 1969
Der Wirtschaftsnobelpreis ist der einzige der Nobelpreise, der nicht von Alfred Nobel persönlich gestiftet wurde. Die Preisvergabe für eine herausragende Leistung im Gebiet der Wirtschaftswissenschaften wird erst seit dem Jahr 1969 vergeben – damals hatte sich die Schwedische Reichsbank anläßlich ihres 300jährigen Bestehens zu dieser Preisvergabe entschlossen.
Offiziell lautet der Titel der landläufig als Wirtschaftsnobelpreis bezeichneten Ehrung deshalb auch “Preis für Wirtschaftswissenschaften der schwedischen Reichsbank in Gedenken an Alfred Nobel”. Das Nominierungsverfahren, die Kriterien der Preisvergabe und das Preisgeld entsprechen aber demjenigen der anderen “echten” Nobelpreise. Auch die Preisverleihung findet am 10. Dezember, am Todestag Alfred Nobels, in Stockholm gemeinsam mit den anderen Nobelpreisen statt.
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