Sie wollen Wissenschaftsjournalist werden? Jetzt? In diesen Zeiten? Sind Sie sicher? Sie fanden Wissenschaft schon immer so toll und wollen andere daran Teil haben lassen? Na, das ist ja nett. Lesen Sie die folgenden Hinweise und schlafen Sie nochmal drüber – und dann machen Sie´s.

Wie sich plötzlich die Stimmung ändert. Oder kommt mir das nur so vor, weil ich ein Jahr raus war (Elternzeit und so)?

Vorher (also vor 2007 und davor) war die Stimmung unter Wissenschaftsjournalisten eigentlich ganz gut. Die Wissenschaftsredaktionen wurden aufgestockt, neue Magazine, neue Sendungen erblickten das Licht der Welt. Demnächst gibt es sogar einen kompletten öffentlich-rechtlichen Sender der sich, wenn auch breit gefächert, dem Wissen widmet.

Wissenschaftlich dokumentiert wurde die ganze Entwicklung zuletzt sogar in einer Studie.

Und jetzt scheint das ganze zu kippen. Die Qualität gehe den Bach runter, es gebe immer mehr “Fast Food” hatte der Wissenschaftsjournalist Michael Gross lamentiert.

Die Wissenschaftsjournalistin Petra Thorbritz jammert in dasselbe Tal, in einem Artikel auf Carta, auf den ich gerade erst aufmerksam wurde.

“Wissenschaftsjournalismus war in Deutschland immer schon eine Bleiwüste aus Kongressberichterstattung und Verlautbarungen.”

Wer sich runterreißen lassen will, bitte lesen.

Wer dann noch ein wenig über die Realitäten der freien Wissenschaftsjournalisten in Deutschland wissen will, sollte einen Blick in das aktuelle WPK Quarterly werfen, das Magazin der Wissenschaftspressekonferenz (die keine Konferenz, sondern eine Wissenschaftsjournalistenvereinigung ist).

Die widmen sich in ihrem Schwerpunkt den Lieben und Leiden meiner Zunft und beginnen auch gleich einen Blog.

Ein etwas abschreckender Titel (und der Link zum Download des pdf):

Traumjob mit Armutsgarantie:
Lust und Frust freier Wissenschaftsjournalisten

Unter anderem gibt es eine erste Übersicht, was wir so verdienen (können) und was wir uns von den festangestellten Redakteuren wünschen.

Zum Thema Geld nur folgendes Zitat:

“Ein Onlinejournalist klagt: “Habe monatlich 1400 Euro nach Steuern ohne Einkommen bei Urlaub oder Krankheit. Da die Aufträge nicht regelmäßig sind, hängt man in der Luft”. Und ein Printkollege kann sich „das Schreiben für deutsche Printmedien nurmehr
als gelegentlichen Luxus leisten”.”

Deutlich wird auch, dass wir uns teilweise zu wenig Gedanken um´s Geld machen. Unter anderem kam in der Umfrage der WPK heraus:

“Etwa ein Drittel (31,3 %) arbeitet „einfach drauflos, ohne ans Einkommen zu denken”.

Wir mussten zuletzt für unsere Berichterstattung lernen, dass wir keine Wissenschaftler mehr sind, sondern Journalisten. Der Wissenschaftsjournalismus wird immer journalistischer. Jetzt sollten wir schleunigst lernen, dass wir davon auch noch leben müssen. Wir müssen den Buchhalter in uns endecken.

So, und wer das alles gelesen hat, und sich dann noch ein paar Artikel zur derzeitigen generellen Krise des Journalismus antut (einfach mal googeln, aber auch hier lesen (oder schauen)), und dann eine Nacht drüber schläft und aufwacht und immer noch denkt: Ich will Wissenschaftsjournalist werden! Der soll dann mal.

Herzlich willkommen im Boot.

Kommentare (1)

  1. #1 Fischer
    4. Mai 2009

    Tja, das liebe Geld. Das Problem ist wahrscheinlich, dass guter Journalismus im Grunde nur als durch PR und andere Auftragsarbeiten quersubventioniertes Hobby funktioniert. Womit wir endgültig auf Augenhöhe mit Blogs wären.