Was macht eigentlich 23andMe? Das kalifornische Unternehmen machte vor einigen Jahren Furore damit , anhand genetischer Analysen aus einer Speichelprobe (“23andMe DNA Spit Kit”) persönliche Gesundheitsprofile zu erstellen, die einem verraten sollen, welchen Gesundheitsrisiken man so ins Auge zu schauen hat. Ein einfacher Spucktest zu 300 Dollar und Du weißt, welche Krankheiten dir mit welcher Wahrscheinlichkeit bevorstehen.
Eine besondere Note (vielleicht auch eine gewisse Hipness) erzielte das Unternehmen auch dadurch, dass eine der Gründerinnen Anne Wojcicki ist, die Noch-Ehefrau von Google-Mitbegründer Sergei Brin. Brin (und auch Google) hat sich finanziell am Unternehmen beteiligt. So sammelt der eine Daten von Internetnutzern, während die andere genetische Daten ihrer Kunden sammelt. Und beide suchen und finden Wege, damit Geld zu verdienen.
Bisher beschränkte sich das bei 23andMe vor allem auf die Analyse genetischen Materials für die medizinischen Gesundheitsprofile und Abstammungsanalysen. Seit kurzem bietet die Firma das Spuckset für 99 Dollar an. Wenn man die News weltweit zuletzt über das Biotech-Unternehmen verfolgte, sah es nicht so aus, als würde sich das Geschäft der Firma wesentlich ändern.
Bis letzte Woche: Praktisch völlig unbemerkt von einer größeren Öffentlichkeit erhielt 23andMe am 24. September vom US-Patentamt ein Patent zugeteilt (beantragt 2008), das in eine neue und – wie ich finde beunruhigende – Richtung weist, mit der die Firma möglicherweise künftig Geld verdienen will (siehe aber auch Zusatz am Ende des Artikels).
(und ich finde es völlig erstaunlich, dass dies bisher weltweit offenbar kaum jemand mitbekommen hat und darüber berichtet.)
Der Titel und die Zusammenfassung des Patents mit der Nummer 8543339 lautet:
Gamete donor selection based on genetic calculations
Gamete donor selection includes receiving a specification including a phenotype of interest, receiving a genotype of a recipient and a plurality of genotypes of a respective plurality of donors, determining statistical information pertaining to the phenotype of interest based at least in part on different pairings of the genotype of the recipient and a genotype of a donor in the plurality of donors, and identifying a preferred donor among the plurality of donors, based at least in part on the statistical information determined.
In dieser Zusammenfassung ist nur die Rede von einem “phenotype of interest”, aber im Kern geht es darum: Anhand der computergestützten Analyse genetischer Profile könnte ein Service angeboten werden, der es ermöglicht die Chancen bestimmter Merkmale oder Eigenschaften eines künftigen Babys zu erhöhen oder zu verringern, indem die genetischen Daten einer Person mit den genetischen Daten vieler anderer Personen abgeglichen wird. Oder, um es profan zu sagen: Wer passt am besten zu meinem genetischen Profil, damit unser gemeinsamer Nachkomme, mit größerer Wahrscheinlichkeit die und die Eigenschaften hat oder nicht hat.
Den richtigen Spender aussuchen, damit das Kind die gewünschten Eigenschaften hat
Eigenschaften und Merkmale können laut dem Patent alles mögliche sein. 23andMe verdeutlicht den Servcie an verschiedenen Beispielen, etwa der Fähigkeit bitteren Geschmack wahr zunehmen (einige Menschen mit einer bestimmten Genkombination können dies nicht) oder das Risiko, eine altersabhängige Makuladegenation zu erleiden (eine Augenerkrankung auf der Netzhaut).
In einigen dem Patent zugefügten Grafiken wird verdeutlicht, wie potenzielle Kunden dann ihre Wünsche hinsichtlich bestimmter Eigenschaften eines Kindes auswählen können, um so die passenden Partner zu finden:
Screenshot: Ausschnitt aus dem vom US Patent and Trademark Office erteilten Patent:
Gamete donor selection based on genetic calculations. Patent Nr. US 8543339
(zum Vergrößern anklicken)
Es mag für den ein oder anderen denkbare Fälle geben, in denen eine solche Auswahl des Spenders Sinn ergibt: Etwa, wenn eine Person ein Gen für eine schwere Erkrankung trägt, die beim Nachwuchs nur dann zu dieser Erkrankung führt, wenn auch der andere Elternteil dieses Gen trägt, und das Kind dann mit hoher Wahrscheinlichkeit die Krankheit bekommt.
Aber sonst? Unter welchen Bedingungen sollte ich mir einen Spender (oder vielleicht auch Partner?) entlang einer Wunschliste für ein gemeinsames Kind aussuchen? Im Patent geht es nicht nur um Gene, die mit einer Erkrankung in Verbindung stehen. In den Abbildungen zur Erläuterung geht es um Merkmale wie Augenfarbe, Körpergröße, Muskelentwicklung usw.
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