Vor gut vier Jahren hatte mich ganz schön die Begeisterung gepackt: Ich hatte so eine Eingebung und ganz unbescheiden die Zukunft der Wissenschaftsmagazine vor dem inneren Auge vorbei rauschen gesehen. Die Zukunft sah digital, animiert und interaktiv aus, ein bisschen auch angelehnt an das Format der Pop-up Bücher aus der Print-Welt. Gerade Wissenschaftsthemen sollten sich doch bestens eignen, um an ihnen die digitalen Möglichkeiten auszuloten, so meine Eingebung.
(Heute würde ich noch ergänzen: Es kommt immer auf die Geschichte an, nicht in jeder Story muss jedes Format enthalten sein, im Gegenteil, die hohe Kunst wird sein, alles wegzulassen, was die Nutzer verwirrt, vor nervige Entscheidungen stellt usw.; siehe auch die Diskussion um Snow Fall.)
Noch gibt es kein Wissenschaftsmagazin in dieser Form, doch das kann sich bald ändern, denn seit heute (5.2.14) kann man ein Team um die Journalisten Georg Dahm und Denis Dilba bei der Crowdfunding-Plattform startnext unterstützen. Sie wollen genau das machen, was ich mir (und vielleicht auch viele andere) schon lange erhoffe: ein Wissenschaftsmagazin, dass die Möglichkeiten des Digitalen ausschöpft.
Es ist zwar nicht das erste digitale Wissenschaftsmagazin – die Ehre gebührt wohl Spektrum.de mit “Die Woche”, allerdings ist das nur als pdf erhältlich. Das Magazin hat seinen eigenen, zurückhaltenden Charme, nutzt aber natürlich nicht das Potenzial des digital publishing aus. Aber Substanz (so der Name der neuen Publikation) dürfte das erste Wissenschaftsmagazin sein, dass sich voll auf das digitale storytelling konzentriert, und dazu eben aus dem Vollen (aber immer auch angemessenen) schöpfen will. Die Macher schreiben selbst:
“Substanz macht Geschichten zum Eintauchen. Wir nutzen Multimedia-Elemente nicht als Gimmicks, sondern als Teil einer wohlüberlegten digitalen Inszenierung. Audio-Slideshows, interaktive Infografiken, Graphic Novels, Filme: Entscheidend ist, was die Geschichte am besten erzählt, was die Erkenntnisse am besten vermittelt. Und was unseren Lesern am meisten Spaß macht.”
Dahm und Dilba hatten es nicht leicht zuletzt: Dahm hat den Untergang der Financial Times Deutschland miterlebt, und gemeinsam waren dann beide beim verheerenden Kurzspiel des New Scientist Deutschland dabei. Aber harte Zeiten wecken ja den Gründergeist in so manchem, und das ist wohl auch den beiden passiert (die ganze Story gibts bei lousypennies.de). Sie gründeten 2013 die “Fail Better Media GmbH” und machten sich an die Entwicklung eines wöchentlichen Wissenschaftsmagazins: Substanz.
Wer sie dabei unterstützen will – bitte hier lang zur startnext-Seite oder unten auf das Widget klicken. Die beiden haben sich einiges vorgenommen. Sie brauchen 30.000 Euro um ihr kostenpflichtiges Magazin auf die Beine zu stellen. Das kann klappen, denn es war ausgerechnet ein anderes Wissenschaftspublishing-Projekt, das gerade zu durch die Decke ging: Bobby Johnson wollte für sein Projekt Matter 2012 50.000 Dollar auf kickstarter einsammeln (um im Monatstakt ausladende Wissenschaftsreportagen zu präsentieren). Am Ende hatte er 140.000 Dollar zusammen. (Und ich sag’ nur: 10% haben sie nach dem ersten Tag schon zusammen. Wow.).
Im folgenden Video erklären Dahm und Dilba, was sie vorhaben.
Ich bin gespannt – und wünsche uns allen (vor allem uns Journalistenkollegen), dass das klappt, und dem Team, dass ihr Mut belohnt wird. Wenn es mit Wissenschaftsthemen nicht geht, womit denn sonst?
(Zur Wahrheit gehört aber auch: Matter, die monatlich eine longform-Wissenschaftsstorys verkaufen wollten, sind inzwischen bei Medium gelandet, und bieten die Storys kostenlos an).
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