Entwickeln Wissenschaftler eigentlich hin- und wieder ein erotisches Verhältnis zu ihrem Werkzeug? So wie ein Porscherfahrer zu seinem 911er? Oder ein Handwerker zu seinem Makita Lithium-Ionen Akkubohrschrauber? Oder ein Journalist zu seinem weißen Apple MacBook?
Das Wort „erotisch” ist in diesem Zusammenhag vielleicht eine winzige journalistische Zuspitzung. Aber es geht mir eben um die Gefühle, die Freude und Zufriedenheit, die über den reinen Nutzen eines Werkzeugs hinaus gehen.
Haben Wissenschaftler überhaupt ein Verhältnis zu ihrem Werkzeug? Können Sie ins Schwärmen geraten, wenn sie es beschreiben müssen? Fassen Sie es gerne an? Klopfen vielleicht mal gegen ihr Teleskop, um zu spüren wie massiv es konstruiert ist? Nehmen die Pipette in die Hand, um sich daran zu erfreuen wie geschmeidig der Aufzug funktioniert? (Ich erinnere mich an den Kauf eines Kassettedecks, bei dem ich an jedem Modell die Auwurftastes testete, ob sie auch ordentlich „soft” funktioniert. Qualitätmerkmal!)
Das gilt übrigens nicht nur für „Hardware” Das kann auch ein Stück Software sein. Vollzieht Euer Herz kleine Sprünge der Zufriedenheit, wen Ihr an „Mathematika” denkt? Oder das Archivierungsprogramm für Eure Fachartikel (Endnote, Bookends oder wie sie alle heißen)? „Gut, dass jemand noch ordentliche Software programmieren kann.”)
Ich hatte mal so etwas als kleine Artikel-Serie angedacht: „Forscher und ihr Lieblingswerkzeug”. Irgendwie bin ich bei der Vorrecherche aber auf keinen grünen Zweig gekommen. Der erste Biologe, den ich zu seiner PCR-Maschine befragte, war da ganz emotionslos und meinte: „Nö, was soll ich da für ein Verhältnis zu haben.” Auch der Freilandbiologe, der ein Zeiss Fernglas für die Tierbeobachtung nutzte, wollte sich nicht so recht outen, dass der tägliche Blick durch seinen Feldstecher ihm jedesmal auf’s Neue einen kurzen Anflug von Freude bereitet.
Vielleicht habe ich einfach die Falschen gefragt oder einfach eine falsche Vorstellung davon, welches Verhältnis Wissenschaftler zu ihrem Werkzeugen haben. Ist man da wirklich emotionslos? (Anonyme Meldungen werde ebenfalls gerne entgegengenommen. Mir ist klar, dass man nicht gerne zugibt, wie man einst innerlich ein kleines Tränchen zerdrückte, als das liebgwonnen Gerät, mit dem man vielleicht die Ergebnisse für das letzte große Paper hervorbrachte, den Geist aufgab.)
Vielleicht melden sich ja auf diesen Beitrag hin ein paar und berichten von ihrem Lieblingswerkzeug. Man kann doch nicht völlig emotionslos einem Ding gegenüberstehen, mit dem mancher mehr Zeit am Tag verbringt als mit seiner Ehefrau/seinem Ehemann!
Es muss mehr geben im Verhältnis zwischen Wissenschaftlern und ihrem Handwerkszeug. Warum habt ihr genau dieses und nicht ein Konkurrenzprodukt? Reines Abwägen von Kosten und Nutzen? Oder vielleicht doch auch ein bisschen auf’s Desing geschielt? Fühlt sich die Oberfläche gut an? Oder – ganz gewagt – war vielleicht sogar DIE FARBE AUSSCHLAGGEBEND?
Wieso ich gerade jetzt auf dieses Thema komme? Weil mir eine ganzseitige Anzeige im „Laborjournal” zeigt, dass es auch bei Wissenschaftlern noch irgendeine andere Dimension geben muss, wenn es um ihr tägliches Werkzeug geht.
Oder wie sonst lässt sich erklären, dass Eppendorf, der weltgrößte Hersteller von Pipetten, zum 30-jährigen Jubiläum der Mulitpipette eine – Achtung – Karry B. Mullis Limited Edition-Mulitpipette herausbringt.
„Das Modell begeistert durch sein außergewöhnliches Design in Anthrazit und mit silberfarbener Signatur von Dr. Kary B. Mullis, Nobelpreisträger 1993 für die Entwicklung der PCR-Methode.”
Ein ganzes Set mit Zubehör natürlich in einer „Premium Geschenkbox.”
Kommt, Ihr Forscher dieser Welt, erzählt mir von Eurer kindlichen Begeisterung für Euer Zeiss-Mikroskop, von Euren schlaflosen Nächten, weil ihr vor lauter Vorfreude auf Euren neuen technischen Gefährten kein Auge zu bekommt. Von dem Funken Freude und Zufriedenheit, der es Euch bereitet, beim täglichen Handling mit einem technsch herausragenden Werkzeug.
P.S.: Auch wenn man diese Technikverliebtheit allgemein Männern zuschreibt, bin ich überzeugt, dass es das Phänomen auch bei Frauen aka Wissenschaftlerinnen gibt. Männer erfreuen sich Ihrer Bohmaschine, Frauen ihrer Taschen (letztlich auch nur ein Werkzeug).
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