Apropos Humor. Mein Brüller der Woche war das (nicht nach unten schielen):
Als moderner Mensch ist man ja einiges gewohnt, was die Zusammensetzung von Fertigspeisen angeht. Wir mussten alle lernen was Analogkäse ist (ein Begriff, der gerade in der digitalen Welt eine ganz besondere Ironie in sich trägt. Auch ein Lacher, wenn es nicht so traurig wäre.)
Meinen Lacher der Woche hatte ich, als ich auf den “Beipackzettel” einer gerade verspeisten Portion Tiramisú schaute. Ich konnte gar nicht mehr weiter lesen vor Lachen. Zum Glück hatte ich meinen letzen Löffel der feinen Speise schon heruntergeschluckt, sonst wäre er mir vielleicht im Halse stecken geblieben angesichts der “Zutat”, die dort an erster Stelle aufgelistet wurde.
Ich sag’ nur:
REKONSTRUIERTES MAGERMILCHPULVER.
Auf der Verpackung sah das so aus:
Dass da keine Milch im eigentlichen Sinne drin ist, das ist klar (wie sind im 21. Jahrhundert, wir sind einiges gewohnt). Also Magermilchpulver. Aber rekonstruiert? Was muss man an “Pulver” rekonstruieren? Liebe Hersteller der Nahrungsmittelindustrie, verzeiht meine Unwissenheit, aber angesichts der Berichte, die man im Laufe der Jahre so gesehen hat, kam bei mir die Frage auf:
“Rekonstruiert? Aus was?”
Ich mag gar nicht näher darüber nachdenken … Wenn ich einfach mal so ins Blaue phantasiere: Okay, aus Milch wird es wohl nicht rekonstruiert, das wäre ja dann einfach nur Milchpulver. Aus Tierresten? Pflanzenabfall? Altöl? Nein, das würden die nie machen … ;-)
Die Komik des Begriffes entsteht zum Teil auch aus dem Bezug von “Rekonstruktion” und “Pulver”; bei “Pulver” denke ich an einen Sandhaufen. Was gibt es da zu rekonstruieren. Etwas zu rekonstruieren, klingt nach: kompliziert, technisch raffiniert.
Was kann man rekonstruieren: Ein spätgotisches Gebäude, ein historisches Pergament mit einer unbekannten Schrift, eine Maschine Leonardo Da Vincis …
Aber ein Pulver … aus Magermilch?
Ob die vielleicht die molekulare Grundstruktur des Milchpulvers nachbauen oder aus Einzelmolekülen (die sonst woher stammen) durch komplizierte chemische Verfahren zusammensetzen?
Wie auch immer, wahrscheinlich ist es ganz einfach und ich müsste nur in der Wikipedia nachsehen, aber das nähme mir ja den ganzen Spaß.
… rekonstruiertes Magermilchpulver …
Fertiggerichte entfalten oft ihre ganz eigene bizarre Komik. Natürlich auch im Zusammenhang mit dem üblichen Marketinggeschwätz auf der Vorderseite (aber das ist ja eigentlich ein alter Hut):
“… 100 Jahre alte, original Bologneser Rezeptur …”
Wie traurig wäre das Leben ohne die Lebensmittelindustrie und ihre Marketingtexter …
Geschmeckt hat’s trotzdem. Und so praktisch …
Nachtrag (18.1.11):
Ich habe den Lebensmittelchemiker Udo Pollmer (vom E.U.L.E) per E-Mail gefragt, ob er mir erklären kann, was “rekonstruiertes Magermilchpulver” sein könnte. Wenn man konkret danach sucht gibt es im Deutschen und im Englischen kaum verwertbares. Ist auch kein Wunder, wenn Pollmer Recht hat. Er schreibt:
“Das ist ja lustig. Vermutlich soll das rekonstituiertes Magermilchpulver heißen, also Magermilchpulver plus Wasser.
Aber es gibt natürlich auch ein Magermilchpulver, das nicht ganz echt ist und aus allerlei Milchfraktionen zusammengebastelt wird, bis man es vom Original nicht mehr unterscheiden kann. (…) Hier handelt es sich aber offenbar um einen Sprachunfall …”
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