Zur Feier des Tages anlässlich der Vorstellung des “4. Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung” einfach mal ein paar Grafiken zum Thema (heute live auf Phoenix um 12:00 Uhr).

Die erste Grafik stammt aus dem 2. Entwurf (pdf), in dem der inzwischen bekannte Satz “Die Privatvermögen in Deutschland sind sehr ungleich verteilt.” noch enthalten war (Nachtrag: In der Endfassung (pdf) ist diese Grafik ebenfalls vorhanden, der Satz so tatsächlich nicht mehr, laut Ursula von der Leyen (auf der Pressekonferenz) in ähnlicher Form auf S.343 des Berichts aber dann doch: “Hinter diesen Durchschnittswerten steht eine sehr ungleiche Verteilung der Privatvermögen.” Gemeint sind allerdings andere Werte, nicht die Werte dieser Grafik, siehe dazu aber meine Ergänzung hier.):

Die Verteilung des Privatvermögens 2008

Quelle: Lebenslagen in Deutschland, Entwurf des 4. Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung, Stand: 17.09.2012; Daten: Statistisches Bundesamt auf Basis EVS

Ich finde die Darstellung hat ein bisschen was beschönigendes oder sagen wir mal: Die Verteilungsverhältnisse werden nicht so ganz deutlich. Das könnte man besser machen. Alle regen sich über die Streichung des Satzes “Die Privatvermögen in Deutschland sind sehr ungleich verteilt.” auf, aber wenn man diese Grafik sieht, könnte man dem Trugschluss erliegen, dass das schon so richtig ist mit der Streichung. Was aber offensichtlich an der Darstellung liegt. Mal sehen, ob es die Grafik bis in die Schlussfassung schafft. (Nachtrag: Sie ist drin geblieben.) Da müsste man dann aber auch mal drüber reden.

Eine alternative Darstellung sieht so aus:

Verteilung des Privatvermögens2

Quelle: Die soziale Situation in Deutschland, Vermögensverteilung, Bundeszentrale für politische Bildung; Daten: SOEP, Berechnungen des DIW Berlin

Das erscheint mir doch schon treffender die Situation in einer Grafik darzustellen.

Auffallend ist aber, dass die Daten der beiden Darstellungen voneinander abweichen. Während laut Regierungsbericht 2008 (auf Grundlage der Daten des Statistischen Bundesamtes) das reichste Zehntel der Bevölkerung 53% des Vermögens besaßen, waren es laut Bundeszentrale für politische Bildung (auf Grundlage der Daten des SOEP und Berechnungen des DIW 61,1%. (Nachtrag; dieser Unterschied ergibt sich wahrscheinlich aus der Tatsache, dass das SOEP noch Betriebs- und Sachvermögen in die Daten mit einbezieht (siehe Bericht S. 344).

Das würde mich ja auch noch interessieren, wie dieser Unterschied zustande kommt. Dass der niedrigere Wert der beiden im Regierungsbericht zu finden ist, ist wahrscheinlich nur Zufall.

Hätte man eine solche Darstellung für die Vermögensverteilung in Deutschland gewählt, wäre der Satz “Die Privatvermögen in Deutschland sind sehr ungleich verteilt.” wahrscheinlich umumgänglich gewesen.

Irgendwie habe ich ja das Gefühl, das könnte/müsste man noch besser darstellen, denn so richtig wird nicht deutlich, dass 50% der Bevölkerung lediglich ein Prozent des Vermögens besitzen, ich sehe die Masse dieser Menschen nicht in der Grafik, sie verschwinden eigentlich, weil eben nur ihr Anteil am Vermögen dargestellt ist, nicht aber ihr Anteil an der Bevölkerung. Wenn ich die Zeit finde, versuche ich mal eine alternative Darstellung.

Bis dahin empfehle ich das atemberaubende Video über die Vermögensverteilung in den USA:

Noch ein Nachtrag 7.3.13:

Auf Faz.net kann man jetzt diesen Artikel lesen:

Verteilung von Vermögen
Notenbanker zögern Bericht über Ungleichheit hinaus
06.03.2013 · Eine Umfrage zu Vermögenswerten zeigt: Bürger in Krisenstaaten sind im Mittel reicher als in Deutschland. Grund dafür ist die starke Ungleichverteilung in der Bundesrepublik. Statistiker versuchen die Unterschiede zu relativieren

Kommentare (20)

  1. #1 Sven Türpe
    6. März 2013

    Wem fehlt es an etwas? Hand hoch!

  2. […] bekannt. Wie man sta­tis­ti­sche Daten “pas­send” auf­be­rei­ten kann zeigt der Blogpost von Marcus Anhäuser sehr gut […]

  3. #3 Spoing
    6. März 2013

    Naja der Ursprüngliche Grund warum der Rösler da an dem Armutsbericht rum gedoktort hat, war der von v.d.Ls. Ministerium geschriebene Satz, welcher höhere Steuern gefordert hat. Anstelle von einer Bekämpfung der ungleichen Vermögen wurden explizit Steuererhöhungen gefordert. Das ist natürlich ein Messerstich in den Rücken des Koalitionspartners gewesen.

    Die starke Änderung zu Ungunsten der Mehrheit liegt meiner Meinung nach primär an der quasiabschaffung der Erbschaftssteuer und der zu geringen Kapitalertragssteuer. Gegen beides ist zwar nur schwer vor zu gehen, jedoch ist da noch weit mehr drin, als bis jetzt gemacht wird.
    Die paar Selbstständigen (dessen Firma es geschafft hat) und Einkommensmillionäre werden den Braten da oben nicht Fett machen.

    Was mich einmal interessieren würde: Gibt es eigentlich (seriöse) Schätzungen welche Verteilungen im wirtschaftlich sinnvollen Bereich liegen?

  4. #4 Wurgl
    6. März 2013

    Ich halte von so Aufstellungen nicht viel.

    Nehmen wir die Schleckers her. Im Oktober 2011 sind die (siehe Wikipedia) vom Manager Magazin mit einem Gesamtvermögen von ca. 1,95 Mrd. Euro in so eine Liste aufgenommen worden. Im Januar war dann Insolvenzantrag. Da sind grad 3 (oder von mir aus 4) Monate vergangen. In der Zeit kann man nicht knapp 2 Mrd Euro ausgeben. Also ist da irgendwas faul, meine Vermutung ist die Liste vom Manager Magazin, wo ist deren Quelle? Und woher bekommen die Statistiker ihre Zahlen?

    Oder nehmen wir mal Bill Gates als Symbolfigur her. Wenn der seine Aktien an Microsoft verkaufen wurde, dann bekommt er alle möglichen Summen dafür, aber sicher nicht den Kurswert der Aktien. Kurs bricht ein, und sein Vermögen ist deutlich kleiner. Das sind alles nur virtuelle Zahlen, nix reales.

  5. #5 Max
    6. März 2013

    @wurgl: Das ist wohl wahr, dass man nicht so ohne weiteres 2 Mrd. Euro in drei Monaten ausgeben kann. Vor allem auch deshalb nicht, weil das viele Geld ja gewöhnlich nicht einfach so im Geldspeicher liegt wie bei Dagobert Duck sondern investiert ist, z.B. in einem Unternehmen wie bei Schlecker, in Aktien, in Immobilien usw. Dann ist es aber immer eine Frage der Bewertung, wie hoch man das Vermögen beziffert. Und wenn neue Erkenntnisse oder einfach der Markt eine Wertberichtigung erzwingen, kann das viele Geld ganz schnell weg sein, löst sich quasi in Luft auf.
    Eine mögliche Erkenntnis kann sein, dass falsche unternehmerische Entscheidungen getroffen wurden.

  6. #6 Dr. Webbaer
    7. März 2013

    Ein paar Anmerkungen:
    – Die internationale Einkommensverteilung wird vielleicht am besten über den sog. Gini-Index wiedergegeben:
    -> https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Gini_Coefficient_World_CIA_Report_2009-1.png
    – Die Vermögensverteilung wird international grundsätzlich unzureichend erfasst, zudem es in D auch keine Vermögenssteuer mehr gibt.
    – Die Vermögensverteilung wird auf der Zeitachse (vgl. Grafik 1 des Artikels) bezogen auf D auch so dargestellt:
    -> https://de.wikipedia.org/wiki/Verm%C3%B6gensverteilung_in_Deutschland#Entwicklung_der_Verm.C3.B6gensverteilung_1973_bis_1998_.28Westdeutschland.29
    – Die internationale Vermögensverteilung vielleicht am besten so (berücksichtigt sind die eher wenigen Länder, die derart zu erfassen versuchen):
    -> https://de.wikipedia.org/wiki/Verm%C3%B6gensverteilung_in_Deutschland#Entwicklung_der_Verm.C3.B6gensverteilung_1973_bis_1998_.28Westdeutschland.29 (wir beachten das Datenblatt auf Seite 4)


    Natürlich ist der Sozialapparat daran interessiert für sein Klientel wie auch für seine Repräsentanten und Mitarbeiter über Nachrichten wie diese – ‘Die Privatvermögen in Deutschland sind sehr ungleich verteilt.’ – die allgemeine Umverteilung anzuheizen. Mit Gerechtigkeit im Sinne von Richtigkeit hat das nichts zu tun, die Nachricht muss auch nicht stimmen, ‘sehr ungleich’ ist eine politische Wertung, die die Neidgesellschaft [1] repräsentiert.

    MFG
    Dr. W

    [1] die Neidgesellschaft unterscheidet sich von der Gesellschaft der Sozialen Marktwirtschaft indem sie Umverteilung explizit auf für Nicht-Bedürftige fordert

  7. #7 Dr. Webbaer
    7. März 2013

    Korrektur
    – Die internationale Vermögensverteilung vielleicht am besten so (berücksichtigt sind die eher wenigen Länder, die derart zu erfassen versuchen):
    -> https://www.wider.unu.edu/publications/working-papers/discussion-papers/2008/en_GB/dp2008-03/_files/78918010772127840/default/dp2008-03.pdf (wir beachten das Datenblatt auf Seite 4)

  8. #8 Joseph Kuhn
    7. März 2013

    Gerade findet in Berlin der Kongress “Armut und Gesundheit” statt, da geht es um die gesundheitlichen Folgen sozialer Ungleichheit. Gestern hatte ich einen interessanten gesundheitsökonomischen Vortrag einer Berliner Forschergruppe darüber gehört, wie sich der Effekt von Einkomensarmut auf die Gesundheit in den letzten Jahren verändert hat (berechnet über eine Funktion, die Effekte, Kompositionen etc. trennt): er wirkt sich stärker aus, d.h. Armut belastet die Gesundheit noch mehr als vor ein paar Jahren.

  9. #9 Marcus Anhäuser
    7. März 2013

    @webbaer cooles Paper, direkt mal geladen.

    @Joseph
    bei dieser Debatte gibts ja auch immer wieder den Einwand, dass die Armen in Deutschland sich nicht so beklagen sollen, weil es in anderen Ländern ja viel schlimmer wäre. Interessant wäre da mal zu sehen, ob die Armen in anderen Länder auch viel kränker sind als in Deutschland, vielleicht als Maß dafür ob relative Armut sich genau so auf die Gesundheit auswirkt wie absolute Armut. Versteht irgendjemand, was ich meine?

  10. #10 Dr. Webbaer
    7. März 2013

    @Markus
    San’s doch bitte so nett und schalten’S auch den Hauptkommentar frei.

  11. #11 Spoing
    7. März 2013

    Etwas was ich gerade erfahren hatte und meiner Meinung nach in den Medien untergeht:
    Eine der Änderungen ist, das aus:
    “Die Einkommensspreizung nahm in den vergangenen 10 Jahren weiter zu” “Sie nahm seit 2006 nicht weiter zu” wurde.
    Erst hielt ich das für falsch, aber dann fiel mir auf, dass niemand der Opposition Rösler diesen Satz als Falschaussage vorgeworfen hat. Dabei wäre das ja ein explizite Unwahrheit welche er da geäußert hätte. So etwas würde sich doch kein Oppositionspolitiker entgehen lassen.
    Wenn die Entwicklung der Einkommensspreizung also gestoppt zu seien scheint finde ich das durchaus mal eine Erwähnung wert, da das für mich persönlich doch überraschend ist.

  12. #12 Marcus Anhäuser
    7. März 2013

    @Webbaer
    freigeschaltet. ich bekomme hier keine Benachrichtigungen mehr, wenn es einen neunen Kommentar gibt, keine Ahnung warum.

  13. #13 Spoing
    7. März 2013

    @Marcus Anhäuser:
    Die relative Armut wird sich auch auf die relative Gesundheit auswirken.
    Viele der Gesundheitlichen Faktoren sind ja durch das Umfeld bestimmt. In den niedrigeren Einkommensbereichen sind Fettleibigkeit, Alkohol und Tabakkonsum höher während in den oberen Einkommensbereichen unmengen an Geld in “funktionelle” Ernährung verpulvert wird (Welche zwar zu ca. 90% nicht besser ist als das was beim Bauern auf den Acker wächst, aber eben auch keine Currywurst Pommes ist).
    Im Mittelalter war dies durch die Gelage und manch anderen Umstand ja noch das genaue Gegenteil.
    Aber welche Umstände sich da wie Auswirken wäre in der Tat auch mal interessant.
    Auch fände ich eine Differenzierung zwischen Stadt und Land interessant. Da sich im ländlichen Bereich nicht so starke Unterschiede zwischen Arm und Nichtarm ergeben. (Da dort jemand mit weniger Geld nicht sofort den Sozialen Anschluss an die Nachbarschaft verliert)

  14. #14 Dr. Webbaer
    7. März 2013

    (…) ob die Armen in anderen Länder auch viel kränker sind als in Deutschland, vielleicht als Maß dafür ob relative Armut sich genau so auf die Gesundheit auswirkt wie absolute Armut. Versteht irgendjemand, was ich meine?

    Die Armut wirkt sich selbstverständlich schicksalsbestimmend aus auf die Lebenserwartung, die ‘relative Armut’ dagegen bedeutet nicht arm zu sein und im Rahmen der vorgesehenen Gesundheitsversorgung eine Lebenserwartung von typischerweise um die 80 Jahre zu erreichen.

    Der Unterschied in der Lebenserwartung und die Zahl der weitgehend beschwerdefreien Lebensjahre betreffend kann nicht – moderne westliche Systeme annehmend – sinnvoll mit den Zuständen in anderen Gesellschaften verglichen werden.

    Richtig bleibt natürlich, dass auch in den modernen Gesellschaftssystemen, sozusagen letztlich eine N-Klassen-Medizin annehmend, keine Gleichversorgung [1] erreicht werden kann.

    MFG
    Dr. W

    [1] Immer wenn sowas gehört wird – ‘Es darf keine Zwei-Klassen-Medizin geben.’ – bleibt es Blödsinn.

  15. #15 Tim
    7. März 2013

    Was leider in solchen Statistik immer fehlt, sind finanzielle Ansprüche aus den staatlichen Sozialsystemen, insbesondere Rentenansprüche (aber auch Umlageanteile aus Kranken- und Pflegeversicherung).

    Würde man solche Ansprüche (die ja sogar gesichertes Vermögen sind!) einbeziehen, würde ein erheblicher Teil der Ungleichheit verschwinden.

    Leider steht hinter solchen Statistiken meist der Wunsch, die Lage als möglichst schlecht zu präsentieren, deshalb betreibt man Vermögens-Cherrypicking: “Nur privates Vermögen ist Vermögen”, was natürlich unsinnig ist.

  16. […] von der Leyen Pressekonferenz zum 4. Armutsbericht,  schrieb ich (nach dem Text zur grauslichen Infografik) das folgende zum Thema “Der Satz, der aus dem Armutsbericht gefallen war” auf, weil […]

  17. #17 Rumpel
    10. März 2013

    @ Sven Türpe (Kommentar #1):
    HAND HOCH!
    Mir fehlt es an Offenheit, und an Verteilungsgerechtigkeit.

    Ich hatte immer genug zu essen und immer ein weiches Bett. Deshalb behauptest du wohl, man dürfe sich über gar nichts beschweren?

    ich möchte nicht, dass ein Grpßteil der Gesellschaft systembedingt ausgebeutet wird UND das durch die Regierung bewusst beschönigt wird UND dann auch noch Leute behaupten es waäre alles so gerecht und toill dass man gar nichts sagen dürfe.

    Daher haben ich Grund zur deutlichen Unzufriedenheit.

  18. […] interessante und sehr aufschlussreiche Darstellung des Sachverhalts findet sich im Blog Plazeboalarm. Dort werden alternative grafische Darstellungen gezeigt, mit deren Hilfe sich die Tragweite der […]

  19. #19 jupiter
    https://myselfhelp.org/
    4. April 2013

    We are convinced We’ve check this out same kind of declaration anywhere else, it should be gaining interest using the masses.

  20. […] wenig: Animationen, die komplizierte Dinge einfach und verständlich erklären (zuletzt hatte ich hier im Blog in der Vermögensdebatte auf ein solches Video […]