Gesundheitsjournalist Hademar Bankhofer empfiehlt seit Jahren immer wieder die Klostermelisse. Er empfiehlt auch die Königsartischocke. Aber was bekommt man, wenn man in der Apotheke danach fragt? Wir sind einfach mal in eine Apotheke gegangen und haben danach gefragt.
Hademar Bankhofer empfiehlt immer wieder gerne die Klostermelisse, zuletzt als Mittel gegen Sommergrippe. Er empfiehlt auch die Königsartischocke. Wie wir inzwischen wissen, handelt es sich in beiden Fällen um eingetragene Markenzeichen. Die Blogger hockeystick und strappato sind überzeugt, das “Mr. Gesundheit” gezielt diese Namen nennt, weil sie eng verbunden sind mit bestimmten Produkten: die Klostermelisse mit Klosterfrau Melissengeist, die Königsartischocke mit Hepar SL forte. (Deshalb werfen sie ihm, neben anderen Beispielen in ihrem Video, Schleichwerbung vor.)
Stefan Niggemeier hatte den Mechanismus so erklärt:
Wer „Klostermelisse” empfiehlt, empfiehlt ein konkretes Markenprodukt — tatsächlich und natürlich vor allem in den Köpfen der Zuhörer und Zuschauer, die den Namen leicht mit dem richtigen Produkt assoziieren. Denn: Nur „Klosterfrau Melissengeist” enthält die „echte Klostermelisse”.
Ganz ähnlich soll die Melissen-Masche mit der Königsartischocke funktionieren. Ein Begriff ist ganz eng mit einem Produkt verbunden. Sozusagen sein Alleinstellungsmerkmal.
Aber kann das wirklich funktionieren?
Hademar Bankhofer hält das für Unsinn. Journalist und Blogger Thomas Knüwer vom Handelsblatt-Blog Indiskretion Ehrensache hat Bankhofer zu den Vorwürfen befragt , ebenso die Firma Klosterfrau. (Das hatte Blogger hockeystick noch nicht getan):
Zum vermeintlichen Trick mit der Nennung der Klostermelisse entgegnet Bankhofer:
Das Wort Klostermelisse ist doch mit keinem Produkt erkennbar verbunden. Wenn jemand in die Apotheke geht und nach der Klostermelisse verlangt, wird er einfach Melissentee kriegen, aber kaum eine Flasche Klosterfrau Melissengeist.
Wir wollten das genauer wissen und haben es einfach mal ausprobiert (noch bevor wie Bankhofers Dementi kannten). Wir (also ich) sind heute nachmittag in eine Apotheke hier im Dresdner Norden und es hat sich folgende Situation abgespielt (Gedächtnisprotokoll).
(bitte auch den Nachtrag vom 25.7. des zweiten und dritten Besuchs ganz unten beachten).
Plazeboalarm: Ich hätte gerne ein Mittel mit Klostermelisse?
Apothekerin 1: Äh, gegen was wollen Sie die denn?
PA: Gegen Sommergrippe. Das stand im Sächsischen Boten, dass das helfen kann. Der Hademar Bankhofer hat das empfohlen, dieser Gesundheitsexperte aus dem Fernsehen.
A1: Äh, ja, also das wäre glaube ich Klosterfrau Melissengeist, dass soll bei Erkältung helfen.
PA: Ja, gibt´s nicht noch andere Mittel mit dieser Klostermelisse?
A1: Äh, nein ich glaube nicht. Es gibt noch andere Mittel mit Melisse. Aber Klostermelisse? Moment ich schau mal nach.
(schaut in dem Computer)
A1: Nein, mit Klostermelisse ist hier nur Klosterfrau Melissengeist aufgeführt.
Ich erzähle, dass ich herausfinden wollte, was mir alles angeboten wird, wenn ich gezielt nach Klostermelisse frage. Ich sei Medizinjournalist und interessiere mich für solche Sachen. Dann will ich noch etwas wissen.
PA: Und was geben Sie mir, wenn ich etwas mit Königsartischocke möchte?
Apothekerin 2 (antwortet sofort): Hepar SL bei Verdauungsbeschwerden.
Ich frage beide, ob sie sich vorstellen können, dass Firmen gezielt diese Begriffe in der Öffentlichkeit verbreiten (durch Gesundheitsexperten etwa), damit die Menschen dann genau danach in der Apotheke fragen. Sie können es sich beide gut vorstellen.
Dies ist natürlich nur eine Apotheke gewesen. Aber es passt genau zu dem Muster, dass Pharmafirmen bestimmte Begriffe (die im Zusammenhang mit einem Produkt stehen) in der Öffentlichkeit bekannt machen wollen, damit Menschen gezielt danach fragen. Oder im Internet danach googeln.
Der Hinweis, der Apothekerin 1, dass Klostermelisse nur im Zusammenhang mit Klosterfrau Melissengeist im Computer aufgeführt ist, erhärtet den Verdacht, dass wir bei anderen Apotheken kein anderes Produkt bekommen, wenn wir nach Klostermelisse fragen. (Vielleicht hat Sie sich auch nur verguckt oder mit dem Computer stimmte etwas nicht). Deshalb werden wir natürlich noch in anderen Apotheken danach fragen.
Wir haben übrigens eine Packung Klosterfrau Melissengeist gekauft. Weil es einfach schönes, klassisches Design ist.
Und dabei erlebten wir noch eine Überraschung:
Weder auf der Verpackung noch im Beipackzettel oder auf dem Flaschenetikett taucht das Wort Klostermelisse auf.
Es ist lediglich von Melissenblättern die Rede.
Wichtig:
Hademar Bankhofer und die MCM Klosterfrauvertriebsgesellschaft mbH dementieren, dass sie in dieser Form zusammenarbeiten, wie Thomas Knüwer in seinem Blog Indeskretion Ehrensache dokumentiert.
ZUSATZ:
Das ganze erinnert mich an eine Geschichte, die ich vor einigen Jahren zusammen mit dem Medizinjournalisten Klaus Koch für die Süddeutsche Zeitung recherchiert habe.
Ein Aachener Ernährungsberatungsverein veröffentlichte regelmäßig Pressemitteilungen, in denen nie Produktnamen, dafür aber immer spezielle Bezeichnungen oder Wirkstoffkombinationenn genannt wurden. So war etwa nicht die Rede von Zink-Präparaten, sondern nur von Zink-Histidin Präparaten. Wir vermuteten, dass dies kein Zufall war. Wir fanden heraus, dass die beiden Firmen, die Zink-Histidin in ihren Produkten verwendeten, den Verein finanziell unterstützten.
Ebenso wurde in den Pressemitteilung immer wieder Eicosane empfohlen, nichts anderes als Omega-3-Fettsäuren. Eine Pharmafirma hatte ein gleichnamiges Produkt im Sortiment und unterstützte den Verein mit Geldern.
Wer es genau wissen will: Die Geschichte findet sich hier.
Was danach alles zurücktrat, kann man hier nachlesen.
Nachtrag: 25. Juli 2008
Inzwischen waren wir (also ich) gestern Abend in zwei weiteren Apotheken, um nach der Klostermelisse zu fragen. Dort gab es ein völlig anderes Bild. Im ersten Fall kannte die Apothekerin die Klostermelisse überhaupt nicht (ebenso die Königsartischocke), und im Computer fand sie dazu auch nichts.
Ich erklärte Ihr, dass eine Kollegin mir am Vortag aber gesagt hätte, dass sie nach Klostermelisse im Computer gesucht hätte, und nur Klosterfrau Melissengeist gefunden hatte.
Es zeigte sich, dass wenn man “Kloster” in die Suchmaske eingibt, Klosterfrau Melissengeist erscheint.
Im dritten Fall (ich hatte nach Klostermelisse zum Einschlafen gefragt), meinte die Apothekerin “Mhm, ich könnte Ihnen da Melissenblätter geben.” Eine Packung stand direkt neben dem Verkaufstisch. Auch sie fand nichts im Computer.
Wir haben damit also drei unterschiedliche Fälle, die sich widersprechen. Es hängt möglicherweise von der Art ab, wie man fragt und vom Vorwissen der Apothekerin. Im ersten Fall verbanden die Apothekerinnen die Begriffe sofort mit dem Produkt. In den beiden anderen Fall fiel Ihnen dazu gar nichts ein. Es kann also funktionieren, muss aber nicht.
Nachtrag 2. 25.7.2008
Ein Kollege berichtet mir, dass er in einer Apotheke diesselbe Erfahrung gemacht hat wie ich im zweiten und dritten Fall.
Blogger Bloggerin lanu und seine ihre Freunde war hingegen erfolgreicher. Er Sie hat gleich eine ganze Aktion gestartet.
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