Manchmal gibt es diese Momente, in denen man ganz doll merkt: Das ist es! Völlig klar! So geht’s! Ganz sicher! Das ist es! So gings mir heute. Ich hatte eine Eingebung. Kurz gesagt: Ich habe die Zukunft der Wissenschaftsmagazine gespürt, gesehen, ge-was-weiß-ich-was … Sie war groß und bunt und voller Interaktion – wie diese alten “Pop up”-Bücher
Ich muss vorausschicken, dass ich ein Freund der These bin, dass Papier durch elektronische Kladden (iPad und Co.) ersetzt werden wird. Lieber schneller als langsamer. Ich glaube, Magazine werden früher oder später nicht mehr auf Papier erscheinen.
Ich fände das ganz wunderbar, gerade für Wissenschaftsmagazine. Ich glaube, erst auf diesen elektronischen Bild- und Textträgern können sie so richtig zur Hochform auflaufen.
Und den Weg dorthin weißt eine ganz alte Buchkategorie: die Pop up-Bücher. Das sind diese Klapp- Schieb- und Ziehdinger, aus denen einem immer etwas entgegen springt, wenn man es aufschlägt, zum Beispiel eine Erdkugel oder die Titanic oder ein Saurier.
So etwa wie in diesen Bild (ihr kennt diese Bücher):
Das sind so richtige Mitmachmedien, die einen animieren in den Seiten herumzustöbern, sich umzuschauen, mal hier eine Lasche ziehen, mal dort ein Rädchen drehen. Das spricht den Spieltrieb an und weckt und befriedigt die Neugier (so wie einst P.M. es bei mir machte.)
Genau dieses Prinzip sollten sich Wissenschaftsmagazine zu eigen machen. Ich stelle mir das gerade so vor, mit all diesen Touchscreens und dem “Bearbeiten” und “Begreifen” des Bildschirms.
Für Printmagazine ist das Pop up-Prinzip zu aufwändig, aber für das elektronische Papier mit Touchscreen wäre das wie geschaffen. Man stelle sich vor: Eine Bildschirm füllende Grafik mit den Gizeh-Pyramiden. Man öffnet mit einem Zeigefinger-Wischen ein Tor und das führt einen in eine Grabkammer, vielleicht mit echten Fotos aus der echten Pyramide, oder mit Filmsequenzen von Grabungsarbeiten usw.
Oder eine Explosionszeichung des Airbus A-380, man berührt den unversehrten Flieger und durch die Berührung mit der Fingerspitze fliegt alles auseinander, sodass man bestimmte Bereich detailliert betrachten kann (natürlich inkl. Audiodatei mit dem Startgeräuschen usw.)
Oder die Zelle: Man stößt eine Proteinmaschine an oder schiebt Muskelproteine zusammen und man sieht wie ein Muskel funktioniert.
Das muss nicht mit jeder Geschichte so laufen, aber in jeder Ausgabe ein- zwei dieser Dinger als aufwändige Produktionen, da freut man sich auf die nächste Ausgabe. (“Im nächsten Heft: Schauen Sie ins Innere des höchsten Wolkenkratzers der Welt.”)
Es ist nur ein Bauchgefühl und ich bin kein Verlagsmensch, aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass solche interaktiven, multimedialen Inhalte eine Stärke der Wissenschaftsmagazine sein müssten, weil sie die Objekte (Lebewesen, Gebäude, Technik usw.) beschreiben/die Themen haben, mit denen man das machen kann.
Da gibt’s sicher eine Menge Einwände. Aber ich finde die Aufforderung an Verlage, sich nach Leuten umzusehen, die in solchen Geschichten denken können, und Programmierer, die sowas dann auch umsetzen und aufs iPad und Co. bringen können, für extrem wichtig.
Das braucht vielleicht Mut, vielleicht ein paar Verwegene, und noch weiß keiner, ob sich das alles rechnet. Aber wenn es nur ein erfolgreiches Beispiel geben wird, sollte und könnte es ein Wissenschaftsmagazin sein. Die Pop up-Bücher zeigen, wie das aussehen kann.
Das alles ist natürlich nur so eine private Eingebung eines freien Wissenschaftsjournalisten. Aber ich bin auch ein Nutzer und Leser. Und ich fände es toll solche Dinge auf einem iPad zu lesen und zu durchstöbern. Das ganze Dinge mit den elektronischen Kladden fängt erst an, aber in ein, zwei, drei Jahren wird das anders aussehen. Und vielleicht ist es diese Transition vom Papier zum iPad die letzte Chance für Verlage gutes Geld für Ihre Produkte zu bekommen. Ich würde es zahlen, wenn ich was dafür bekomme.
Nachtrag:
Um diese Transition mal zu verdeutlichen. Ich glaube, dass ist wie der Übergang von Schallplatte zur CD. Die CD hatte einfach eine Hand voll Vorteile gegenüber der LP (und bitte lasst uns nicht über den Klang diskutieren.) und Dire Straits hat nicht zuletzt auch deshalb so viel ihres Albums Brothers in Arms verkauft, weil es eine CD war, die sogar noch ein paar Lieder mehr bot als die Platte, wenn ich mich recht erinnere.
Und eigentlich war der Übergang von LP zur CD nur der Beginn von analog zu digital. Und denn hat die Schrift noch nicht komplett vollzogen. Erst wenn Print auf Pad umgesteigen ist, ist das ganze anlaoge Mediending zum digitalen Mediending vollendet: Nach Musik und Bild ist jetzt die Schrift dran.
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