Ein kurzer Hinweis auf zwei Künstler, die mich in letzter Zeit umgehauen haben, bzw. gewaltig neidisch werden ließen. Insekten sind für viele Menschen nur lästige kleine Ungeziefer, eklige Krabbeltiere oder etwas, was man am besten unter der Fußsohle zerquetscht.
Als gelernter Biologe seh ich das naturgemäß anders. Wer ein bisschen von der Faszination erleben möchte, die Insekten bei Biologen entfachen (natürlich aus den unterschiedlichsten Gründen), der möge sich folgende beide Seiten ansehen.
Zusatz 29.14.16: In den Kommentaren meldete sich auch noch Detlev Gregorczyk von der Uni Mainz, der ebenfalls Insektenmodelle baut, die ebenso beeindruckend sind (siehe unten unter 3.)
1. Insektenmodelle, Julia Stoess, Diplom Designerin
Sie baut Insekten extrem naturgetreu nach, nur bei der Größe hält sie sich zum Glück nicht an die Natur (siehe unten). Hier ein Screenshot von ihrer Webseite (https://www.insektenmodelle.de) mit einer kleinen Auswahl:
Zu ihrer Vorgehensweise schreibt Sie auf Ihrer Webseite:
High Tech und Handarbeit
Genaueste Studien, in der Regel am lebenden Tier, sind Voraussetzung für meine Arbeit.Unterstützt durch REM-Fotos, Makroaufnahmen mit Focus stacking, Micro-CT, sowie 3D-Druck wird ein Urmodell generiert, das die Grundlage für dann folgende Modellier- und Abformarbeiten bildet. Anschließend folgt die Feinarbeit, das Kolorieren, Beborsten oder Beschuppen des Modells. Wichtig während des gesamten Gestaltungsprozesses ist der begleitende Austausch mit Wissenschaftlern und Experten für die nachzubildende Tierart. Durch enge Zusammenarbeit mit Entomologen, diversen Forschungseinrichtungen und dem Zoologischen Institut Hamburg stelle ich sicher, dass meine Modelle wissenschaftlich exakt sind. Die sorgfältige Auswahl der Materialien (Alterungsbeständigkeit, UV-Resistenz) ist speziell auf den Einsatz in musealen Dauerausstellungen ausgerichtet. Ziel meiner Arbeit ist die größtmögliche Übereinstimmung mit dem lebenden Tier. Der Betrachter soll Mühe haben, natürlich abgesehen von der Größe, Modell und Original zu unterscheiden.
Die ganze Pracht ihrer Kunst entfaltet zum Beispiel solch ein Bild einer Roten Waldameise Formica ruft:
Und jetzt ratet mal wie groß dieses Modell ist?
Modell im Maßstab 80:1
Maße Ameise: ca. 100 cm lang | ca. 80 cm breit | ca. 85 cm hoch
Hammer, Hammer, Hammer oder: der Horror eurer nächsten Alpträume ;-)
2. Microsculpture, Levon Biss, Fotograf
Der britische Fotograf Levon Biss bildet Insekten mit einem sensationell aufwändigen Verfahren ab, wie er auf der Webseite zur Ausstellung Microsculpture (https://microsculpture.net/exhibition.html) schreibt, (ich sag nur: drei Wochen und 8000 Aufnahmen für ein Bild) :
“Each image from the Microsculpture project is created from around 8000 individual photographs. The pinned insect is placed on an adapted microscope stage that enables me to have complete control over the positioning of the specimen in front of the lens. I shoot with a 36-megapixel camera that has a 10x microscope objective attached to it via a 200mm prime lens.
I photograph the insect in approximately 30 different sections, depending on the size of the specimen. Each section is lit differently with strobe lights to bring out the micro sculptural beauty of that particular section of the body. For example, I will light and shoot just one antennae, then after I have completed this area I will move onto the eye and the lighting set up will change entirely to suit the texture and contours of that part of the body. I continue this process until I have covered the whole surface area of the insect.
Due to the inherent shallow depth of field that microscope lenses provide, each individual photograph only contains a tiny slither of focus. To enable me to capture all the information I need to create a fully focused image, the camera is mounted onto an electronic rail that I program to move forward 10 microns between each shot. To give you an idea of how far that is, the average human hair is around 75 microns wide. The camera will then slowly move forward from the front of the insect to the back creating a folder of images that each have a thin plane of focus. Through various photo-stacking processes I flatten these images down to create a single picture that has complete focus throughout the full depth of the insect.
I repeat this process over the entire body of the insect and once I have 30 fully focused sections I bring them together in Photoshop to create the final image. From start to finish, a final photograph will take around 3 weeks to shoot, process and retouch.”
Wie unglaublich crisp und hochaufgelöst die Fotos sind, soll das Gif zeigen, das ich auf die Schnelle von der Aufnahme der Orchid Cuckoo Bee (Exaerete frontales) produziert habe. Auf der Webseite könnt ihr einzelne Tiere ranzoomen, dass es eine Freude ist:
Das ganze hat Levon Biss extra mit Insekten des Oxford University Museum of Natural History durchgezogen. Die Ausstellung ist vom 27 Mai – 30 Oktober 2016 zu bewundern. Zu seiner Webseite geht es hier, (er fotografiert auch “normale” Objekte ;-). Es wird übrigens auch Prints der Insektenfotos zu kaufen geben. Fangt schon mal an zu sparen.
Zusatz 10.5.16: Es gibt ein Video, in dem die Arbeitsweise von Levon Biss zu sehen ist, atemberaubend.
3. Bigger Nature, Detlev Gregorczyk, Insektenmodelle
In den Kommentaren meldete sich erfreulicherweise ein weiterer Insektenmodellbauer, Detlev Gregorczyk von der Uni Mainz. Er präsentiert seine Modelle auf der Seite “Bigger Nature” https://www.bigger-nature.eu. Dort kann man die Insekten nicht nur ranzoomen, sondern auch um 360 Grad drehen. Hier ein Kurzvideo, um zu zeigen wie das aussieht.
Ein Making of-Insektenmodelle beschreibt er in diesem pdf.
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