Manchmal verschlägt es einem den Atem, mit welcher Dreistigkeit im alternativmedizinischen und naturheilkundlichen Bereich gearbeitet wird (nach zehn Jahren mit diesem Blog sollte mich ja eigentlich …) .
Durch Zufall bin ich heute auf einer Seite für Kokosnussöl gelandet, weil Facebookfreunde das Öl empfahlen für schönere und gesündere Zähne (weil das auf einer Vegan-Seite empfohlen wurde inkl. der unvermeidlichen Vorher-Nachher Fotos). Wenn es bei den Zähnen geblieben wäre, von mir aus. Als ich meine Zweifel äußerte (ich weiß, die will in dem Bereich eigentlich keiner hören), gabs einen Link zu einer Seite, die Studien präsentierte für die positive Wirkung von Kokosnussöl. Auf die Studien will ich gar nicht eingehen.
Screenshot der Seite kokosoel.info
Die Dreistigkeit der Webseite offenbart sich in ganzer grauslicher Pracht in solchen Textstellen (Fettungen von mir):
“Kokosöl ist eine der wenigen natürlichen Substanzen, die sowohl bei kosmetischen Problemen und leichten körperlichen Beschwerden als auch bei schweren Erkrankungen erfolgreich eingesetzt werden können. Wie den entsprechenden Studien zu entnehmen ist, wurde Kokosöl bereits mehrfach erfolgreich bei lebensbedrohlichen und als unheilbar eingestuften Erkrankungen eingesetzt.”
Die Liste der Erkrankungen und Probleme gegen die man laut dieser Seite Kokosnussöl einsetzen kann ist lang (und manches mag sogar stimmen):
- Hautbeschwerden
- Akne und Pickel
- Neurodermitis
- Schuppenflechte
- Falten
- Cellulite
- viralen und bakteriellen Beschwerden & Ungeziefer
- Herpes
- Karies
- Zecken, Läuse, Flöhe
- Mücken, Würmer, Milben
- Pile
- Warzen
- trockene, stumpfe und rissige Haare
- Übergewicht
Und übrigens: “Was für den Menschen gut ist, kann auch für Tiere nicht schlecht sein.”
Aber das sind natürlich nur Lappalien gegen das, was Kokosnussöl wirklich vermag:
“Kokosöl konnte seine Wirksamkeit bereits eindrucksvoll unter Beweis stellen und ist nicht nur dazu in der Lage, die Symptome zu bekämpfen und die Krankheiten in ihrem Fortschritt zu hindern, sondern besitzt aufgrund seiner Inhaltsstoffe auch eine echte Heilwirkung.“
Als Mittel gegen Parkinson:
“so dass bestehende Parkinson-Erkrankungen gelindert oder gar geheilt und Neuerkrankungen verhindert werden können.”
Vorbeugung gegen Krebs:
“Unabhängige Studien haben jedoch gezeigt, dass Kokosöl die Anzahl der antioxidativ wirkenden Enzyme im Körper stark erhöhen kann. Da diese Enzyme hemmend auf das Entstehen und das Wachstum von Krebszellen wirken, ist Kokosöl – sofern regelmäßig eingenommen – ein natürliches Mittel zur Vorbeugung gegen Krebserkrankungen.”
Als Mittel gegen Diabetes:
“Der regelmäßige Verzehr von Kokosöl beugt daher einem Ausbruch der gefürchteten Diabetes wirksam vor. Auch bei bereits vorhandenen Diabetes-Erkrankungen kann Kokosöl zum Einsatz kommen, die antioxidativen, antibakteriellen und antifungalen Fettsäuren wirken sich sehr positiv auf den weiteren Verlauf der Krankheit aus. Sogar Rückbildungen bereits vorhandener Diabetes-Erkrankungen (Typ 1 & 2) konnten bereits beobachtet werden.”
Der “unabhängige Ratgeber rund um das wertvolle Kokosöl” ist erstellt von einer Online-Marketingfirma in Tunis.
Es wäre schön, wenn das alles stimmte. Aber so wurden auch schon im Mittelalter Wundermittel für alles mögliche vertickt. Wer es glaubt, dem hilft vielleicht diese Liste als erster Hinweis: Indizien für Quacksalberei.
So, und was machen wir jetzt damit?
Nachtrag: Über Twitter gibt es den Hinweis, dass es zumindest für Kokosöl gegen Alzheimer eine größere Studie gibt, die Mitte 2017 Antworten liefern soll. Bis dahin gilt:
“There have been some claims that coconut oil could be used as a treatment, or even a cure, for Alzheimer’s disease. However, there is currently not enough experimental evidence to back up these claims.”
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