So eindeutig war mir das gar nicht klar, weil ich die AfD vor allem erstmal als fremdenfeindliche Partei wahrnehme. Aber tatsächlich vertritt die Partei auch ganz klar einen Klimawandelleugner-Standpunkt. Sie bestreitet, dass der Klimawandel ganz überwiegend durch den Menschen verursacht ist.
Letzte Woche hattet das Recherchebüro Correct!iv den Entwurf des Grundsatzprogramms der Alternative für Deutschland (AfD) veröffentlicht. Heute hat einer der Leiter des Büros, David Schraven, einzelne Punkte erläutert und aus seiner Sicht kommentiert. Auf der Seite kann man sich auch den Entwurf als pdf herunterladen.
(Nachtrag 5.6.16: Inzwischen ist das Grundsatzprogramm der AfD (pdf) fertig. Es hat nur wenige Änderungen im Text vor allem sprachlicher Art gegeben.)
Den Abschnitt 9 zur Klimaschutzpolitik muss man gar nicht besonders erklären, weil er so eindeutig ist, dass ich ihn hier nur einfach wiedergebe. Es handelt sich ja nur um einen Entwurf, aber egal wie man das noch umformulieren möchte, die Richtung ist eindeutig und sie ist ausgemachter Quatsch. Wer es genauer wissen will, kann sich ja hier bei den Scienceblogs zum Beispiel bei Primaklima umschauen.
Hier also der Abschnitt zum Thema Klimawandel:
“9. Klimaschutzpolitik: Irrweg beenden. Umwelt schützen.
Das Klima wandelt sich, solange die Erde existiert. Die Klimaschutzpolitik beruht auf untauglichen Computer-Modellen des IPCC („Weltklimarat“). Kohlendioxid (CO2) ist kein Schadstoff, sondern ein unverzichtbarer Bestandteil allen Lebens. Der IPCC hat den Auftrag nachzuweisen, dass die menschgemachten CO2-Emissionen zu einer globalen Erwärmung mit schwerwiegenden Folgen für die Menschheit führen. Hierzu beruft man sich auf Computermodelle, deren Aussagen durch Messungen oder Beobachtungen nicht bestätigt werden. Solange die Erde eine Atmosphäre hat, gibt es Kalt- und Warmzeiten. Wir leben heute in einer Warmzeit mit Temperaturen ähnlich der mittelalterlichen und der römischen Warmzeit. Die IPCC-Computermodelle können diese Klimaänderungen nicht erklären.Im 20. Jahrhundert stieg die globale Mitteltemperatur um etwa 0,8 Grad. Seit über 18 Jahren gibt es jedoch im Widerspruch zu den IPCC-Prognosen keinen Anstieg, obwohl in diesem Zeitraum die CO2-Emission stärker denn je gestiegen ist. IPCC und deutsche Regierung unterschlagen jedoch die positive Wirkung des CO2 auf das Pflanzenwachstum und damit auf die Welternährung. Je mehr es davon in der Atmosphäre gibt, umso kräftiger fällt das Pflanzenwachstum aus. Unter dem Schlagwort „Klimaneutrales Deutschland 2050“ durch „Dekarbonisierung“ missbraucht die deutsche Regierung die steigende CO2-Konzentration zur „Großen Transformation“ der Gesellschaft, mit der Folge, dass die persönliche und wirtschaftliche Freiheit massiv eingeschränkt wird. Die hierzu geplante zwangsweise Senkung der CO2-Emissionen um 85 Prozent würde den Wirtschaftsstandort schwächen und den Lebensstandard senken. Auf dem Weg dorthin wird auch unsere bisher sichere Stromversorgung destabilisiert und verteuert, außerdem soll die Wärmeerzeugung durch fossile Energieträger praktisch auf Null gebracht werden. Die AfD sagt daher Ja zum Umweltschutz, macht aber Schluss mit der „Klimaschutzpolitik“ und mit den Plänen zur Dekarbonisierung und „Transformation der Gesellschaft“. Das Stigmatisieren des CO2 als Schadstoff werden wir beenden und alle Alleingänge Deutschlands zum Reduzieren der CO2-Emissionen unterlassen. CO2-Emissionen wollen wir nicht finanziell belasten. Klimaschutz-Organisationen werden nicht mehr unterstützt.”
Nachtrag 22.3.16: Die F.A.Z. veröffentlicht heute auf ihrer Webseite einen “Leitantrag der Programmkommission für den Bundesparteitag“. In diesem Artikel wird der Antrag eingeordnet und zusammengefasst, hier den gesamten Antrag als pdf.
Auf Seite 68 findet sich unter Punkt 12 folgender identischer Abschnitt zum Thema Klimawandel:
“12 Energiepolitik
12.1 Klimaschutzpolitik: Irrweg beenden, Umwelt schützenDas Klima wandelt sich, solange die Erde existiert. Die Klimaschutzpolitik beruht auf untauglichen Computer-Modellen des IPCC („Weltklimarat“). Kohlendioxid (CO2) ist kein Schadstoff, sondern ein unverzichtbarer Bestandteil allen Lebens.
Der IPCC versucht nachzuweisen, dass die menschgemachten CO2-Emissionen zu einer globalen Erwärmung mit schwerwiegenden Folgen für die Menschheit führen. Hierzu beruft man sich auf Computermodelle, deren Aussagen durch Messungen oder Beobachtungen nicht bestätigt werden. Solange die Erde eine Atmosphäre hat, gibt es Kalt- und Warmzeiten. Wir leben heute in einer Warmzeit mit Temperaturen ähnlich der mittelalterlichen und der römischen Warmzeit. Die IPCC- Computermodelle können diese Klimaänderungen nicht erklären.
Im 20. Jahrhundert stieg die globale Mitteltemperatur um etwa 0,8 Grad. Seit über 18 Jahren gibt es jedoch im Widerspruch zu den IPCC-Prognosen keinen Anstieg, obwohl in diesem Zeitraum die CO2-Emission stärker denn je gestiegen ist.
IPCC und deutsche Regierung unterschlagen jedoch die positive Wirkung des CO2 auf das Pflanzenwachstum und damit auf die Welternährung. Je mehr es davon in der Atmosphäre gibt, umso kräftiger fällt das Pflanzenwachstum aus.
Unter dem Schlagwort „Klimaneutrales Deutschland 2050“ durch „Dekarbonisierung“ missbraucht die deutsche Regierung die steigende CO2-Konzentration zur „Großen Transformation“ der Gesellschaft, mit der Folge, dass die persönliche und wirtschaftliche Freiheit massiv eingeschränkt wird. Die hierzu geplante zwangsweise Senkung der CO2-Emissionen um mehr als 85 Prozent würde den Wirtschaftsstandort schwächen und den Lebensstandard senken. Auf dem Weg dorthin wird auch unsere bisher sichere Stromversorgung destabilisiert und weiter verteuert, außerdem soll die Wärmeerzeugung durch fossile Energieträger praktisch auf Null gebracht werden.
Die AfD sagt daher Ja zum Umweltschutz, macht aber Schluss mit der „Klimaschutzpolitik“ und mit den Plänen zur Dekarbonisierung und „Transformation der Gesellschaft“. Die Wahrnehmung des CO2 nur als Schadstoff werden wir beenden und alle Alleingänge Deutschlands zum Reduzieren der CO2-Emissionen unterlassen. CO2-Emissionen wollen wir nicht finanziell belasten. Klimaschutz-Organisationen werden nicht mehr unterstützt.”
Nachtrag 6.4.16: Die SZ widmet dem Thema einen Kommentar von Christoph Behrens. Er schreibt:
“Hinter all dem steckt eine gefährliche Strategie: Wissenschaft selbst soll instrumentalisiert und politisiert werden. Passen die Ergebnisse nicht, werden Wissenschaftler zur neuen “Lügenpresse” deklariert, die mit den Mächtigen konspirieren. Für die AfD ist das äußerst bequem. Wer sich das naturwissenschaftliche Fundament nach Belieben hinbiegt, kann auch nach Belieben politische Forderungen stellen, mal für Kohle, mal gegen Fahrradwege oder innerstädtische Tempolimits.
Der Angriff auf die Wissenschaft ist eine Zäsur in der politischen Debatte Deutschlands, wo die Erderwärmung anders als in den USA nie eine Frage von links oder rechts war. Kurzfristig mag die Strategie aufgehen, um damit in sozialen Netzwerken auf Stimmenfang zu gehen. Langfristig könnten amerikanische Verhältnisse in Deutschland drohen und großen Schaden anrichten.”
Nachtrag: 9.4.16:
Der Pressesprecher des bekannt klimawandelskeptischen EIKE (Europäisches Institut für Klima und Energie) Horst-Joachim Lüdecke hat in einer 13.000 Zeichen Replik auf der Webseite des EIKE merklich Schaum vorm Mund angesichts des Artikels in der SZ, und droht mit Presserat und Anwalt:
“EIKE behält sich beim deutschen Presserat eine Beschwerde vor – über die journalistischen Falschaussagen von Herrn Behrens in der SZ wider besseres Wissen. Man sollte der AfD eine Verleumdungsklage empfehlen, (…)”
Dass das EIKE Einfluss beim Thema Energie und Klimawandel in der AfD hat (insbesondere durch EIKE Vizepräsident Michael Limburg, der in der Arbeitsgruppe Energiepolitik mitgewirkt hat (pdf), wird ja schon unten in den Kommentaren erklärt. In dem Zusammenhang interessant ist auch diese Wikipedia-Diskussion. Im Wikipedia-Artikl zum EIKE gibt es einen Abschnitt zur AfD, der Verbindungen darstellt.
Nachtrag: 21.4.16:
Alexander Gauland sagt zum Thema in einem Zeit-Interview zu diesem Hinweis der Interviewer:
ZEIT: Bleiben wir noch etwas bei den skurrilen Sachen. In Ihrem Programmentwurf steht, dass der Klimawandel nicht menschengemacht ist.
Nachtrag: 2.5.16:
Laut der Tagesschau vom 1.5.2016 winken die Delegierten des Parteitages den Entwurf zum Klimawandel und zur Energiepolitik durch. Die Position erklärt der Parteivorsitzende Meuthen im Bericht (siehe Ausschnitt):
Nachtrag: 2.5.16:
Zusatz 10.5. 16:
In der FR schrieb Joachim Wille am 17. März noch:
“Bernd Lucke war es damals peinlich, dass „Klimaskeptiker“ sich in seiner Eurokritiker-Partei tummelten. Der damalige AfD-Chef bekundete 2013: Es gebe „wissenschaftliche Evidenzen, dass CO2 ein Klimakiller ist“. Seine Partei stelle das „nicht grundsätzlich infrage“, sagte er. Mitglieder des „Bundesfachausschusses Energiepolitik“ der AfD hatten das freilich ganz grundsätzlich getan. Der Klimawandel sei eine „Pseudoreligion“, ein menschlicher „Einfluss auf das Klima gar nicht möglich“, und es gebe „keine CO2-kausale globale Erwärmung“, so ließen die „Fachleute“ sich ein. Doch inzwischen gibt es bei der AfD keinen Lucke mehr, der in dieser Debatte einen Anschein von Realitätssinn zu erzeugen versucht. (…)
(…) Man dachte, die Zeiten, in denen Klimaskeptiker in bedeutsamen politischen Parteien ernstgenommen wurden, seien endgültig vorbei. Immer wieder mal gab es ja solche Ausfälle in der Union und der FDP, ja sogar die Sozialdemokraten waren nicht ganz gefeit davor. Doch nun haben sie offenbar in der AfD eine Plattform gefunden. Und das ist gefährlich. Denn dort sind die Klimawandel-Leugner keine Außenseiter, sie geben den Ton an. Damit wird Unsinn salonfähig, und keinem ist es mehr peinlich.”
Nachtrag 24.6.16a: Frauke Petry hat Tilo Jung ein über einstündiges Interview für Jung & Naiv gegeben. Darin äußert sie sich auch zum Thema Klimawandel, eigentlich gemäß der jetzt offiziellen Parteilinie (und damit eindeutiger als etwa Gauland oder Meuthen): Klimawandel hat es schon immer gegeben, aber dass das menschengemacht sei, dafür fehlen ihr die eindeutigen Belege:
“Bist du eine Klimaschützerin?
Nein, die bin ich aus Überzeugung nicht.(…)ich glaube nicht, dass es notwendig ist, das Schreckgespenst eines menschengemachten Klimawandels an die Wand zu malen. (…) Und Klimaschutz, (…), die aktuell vorherrschende These ist, dass der menschengemachte Klimawandel existiert. Dass es einen Klimawandel gibt, da bin ich dabei, weil es den zu allen Zeiten gegeben hat. Allein ich halte die Hypothese, ob der Mensch dafür verantwortlich ist, nicht für bewiesen. Und selbst wenn man Bücher von den sogenannten Klimaschützern liest, es gibt ja in Potsdam ein Klimaforschungsinstitut, dann sind sie bei einer Frage eben auch nicht entschieden, nämlich die Frage, ob zuerst die Erwärmung da war oder erst der CO2-Anstieg – und das ist wie die Frage nach der Henne und dem Ei.
Mmh.
Und ich kann damit leben, diese Frage erstmal nicht zu beantworten und mich trotzdem für Ressourcenschonung einzusetzen. Das ist für mich realistische Politik – und nicht zu sagen: CO2 ist an allem schuld.Aber du bist ja eine Wissenschaftlerin. Und irgendwie 97 Prozent der Wissenschaftler sagen doch, der Klimawandel ist besonders durch die Menschen verschärft worden.
Ja, es stimmt. Es ist eine große Mehrheit, die das sagen. Wenn man aber weiß, wie Grundlagenforschung funktioniert und wie sich Förderprogramme finanzieren, und wie es auch in der Wissenschaft leider keine politische Unabhängigkeit gibt. Und wir wissen, dass der Klimarat, der sogenannte IPPC eine politische Einrichtung ist, der zugibt, dass alle Modelle, die wir derzeit haben, die auf Hypothesen basieren, dass wir nicht erklären können, warum das Ozonloch wieder zugegangen ist, der so der erste politische Schreckensfaktor am Klimahorizont war,…Weil wir FCKW verboten haben.
Naja, aber wenn wir wissen, dass gerade die Folgeprodukte der FCKWs durchaus auch ozonschädlich sein können, dass die Prozesse, in denen diese Phänomene ablaufen, nicht nur Jahre, sondern Jahrzehnte und zum Teil Jahrhunderte sind, dann bleiben da einfach verdammt viele Fragen offen. Und noch einmal: Ich bin dafür, ressourcenschonend zu arbeiten. Aber ich bin dagegen, den Menschen Angst zu machen. Vielleicht auch deswegen, weil das genau das ist, was man uns immer vorwirft.”
Im Video findet sich die Stelle genau hier, hier gibts auch ein Transkript.
Nachtrag 24.6.16b: Klimafakten.de hat sich die Aussagen der AfD zum Klimawandel angeschaut und überprüft (Onlineversion hier, pdf hier). Ihr Fazit:
“Während in den Programmen der anderen Parteien der Stand der Klimaforschung im Wesentlichen korrekt wiedergegeben wird, ist bei der AfD fast keine Aussage mit dem Stand der Forschung zu Klima und Klimawandel vereinbar. Stattdessen finden sich in erheblicher Zahl falsche und irreführende Aussagen – und zwar nicht nur in Details, sondern in grundsätzlichen Fragen, zu denen es in der Wissenschaft seit langem einen nahezu vollständigen Konsens gibt.”
Nachtrag 29.6.16: Ein bisschen spät, aber immerhin, hat sich auch Harald Lesch an ein Debunking der AfD-Position zum Thema Klimawandel gemacht. Auf der ZDF heute-Facebook-Seite wurde heute ein Video online gestellt, in dem die Thesen im Programm kurz zitiert werden und dann von Lesch abgesegnet oder zerbröselt werden.
Nachtrag 30.6.16: Noch ein schönes Fundstück (ht: @reinboth) aus der Mitteldeutschen Zeitung. Aus einer Podiumsdiskussion aus Köthen u.a. mit dem AfD-Landtagsabgeordneten Hannes Loth:
“Iris Brunar [Mitglied einer Bürgerinitiative, Anm. von mir] zeigte sich beim Thema Klimawandel und Energiepolitik verwundert darüber, dass in der AfD die Auffassung herrscht, der Klimawandel sei nicht durch Menschen gemacht. So werde beispielsweise gesagt, dass Kohlendioxid kein Schadstoff sei. Das sei zwar richtig, doch zu viel CO2 sei tödlich. Sie erwarte von einer Partei, dass sie bei einem solchen Thema besser recherchiere und fundiertere Aussagen treffe.
Hannes Loth entgegnete, dass es zum Klimawandel verschiedene Gutachten gebe. Was im Parteiprogramm stehe, könne noch weiter verbessert werden. Er persönlich sei für mehr C02 . Es fördere den Pflanzenwuchs, was dazu führe, dass mehr Sauerstoff an die Umwelt abgegeben werde.”
Nachtrag 16.8.16: Harald Lesch hatte nach seinem AfD-Klimawandelvideo reges Feedback bekommen, wie Sueddeutsche.de berichtet:
“Jüngst hatte Lesch sich für ein Internet-Video von “Terra X” das Wahlprogramm der AfD vorgenommen, genau genommen die Sätze, die dort über den Klimawandel drinstehen. Satz für Satz zerpflückte der Physiker die Aussagen der Klimawandelleugner. “Danach ging es richtig rund”, sagt Lesch. “Sehr hässliche Hassmails” habe er auf den Beitrag erhalten, außerdem hätten sich AfD-Anhänger beim Intendanten des ZDF beschwert und beim Präsidenten der Ludwig-Maximilians-Universität, Leschs Arbeitgeber. “Das ZDF-Video haben 1,2 Millionen Leute gesehen, das stinkt denen natürlich”, sagt Lesch, “aber ich lasse mich von so etwas nicht ins Boxhorn jagen.””
Seine Antwort: ein terra X-Video über die Psychologie hinter Hasses.
Nachtrag 2.9.16:
Jetzt nimmt auch nochmal Klimaforscher Stefan Rahmsdorf drüben bei den Scilogs den Klimaquatsch der AfD auseinander.
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