serenade eines bombenattentatsopfers

 

hey, du, fotograf, ich will nicht fotografiert werden

das musst du verstehen, mir geht s nich’ so gut

so wie ich hier lieg’, in all dem blut und all dem schmerz

 

ey, du, fotograf, ich will nicht auf dein bild

ich fühl mich schwach, mir geht’s beschissen

ich möcht’ nich’, dass die welt mich hier so sieht

 

ey du, fotograf, komm pack deine linse weg

du sagts, presse muss das dokumentier’n

ich sag, scheiß drauf, knips mein bein dort auf der straße

 

hey, komm, lass das, das hier ist intim

ich fühl’ mich nackt, komlett entblößt

meine kinder soll’n mich so nicht sehen

 

hey, komm’, lass’ das, du greifst mich damit an

die öffentlichkeit, die will und muss das sehen?

weißt du was mich die öffentlichkeit gerade mal kann?

 

ey, du, komm’ lass’ sein, das macht man einfach nicht

wenn mein blutverschmiertes gesicht zu sehen ist

freut sich das schwein doch nur ein zweites mal

 

hey, bitte, tu das nicht

meine tränen reichen nicht?

 

hey, du, iphone-knipser – arschloch

 

 

 

 

Kommentare (7)

  1. #1 rolak
    20. April 2013

    Gutes Gedicht – Danke Dir

  2. #2 DH
    20. April 2013

    Technik für alle ist auch Technik für Arschlöcher – volle Zustimmung!
    Eine Krankheit , der ganze Voyeurismus.

  3. #3 Jürgen Schönstein
    20. April 2013

    … und ich gebe zu, dass ich in diesen Tagen froh war, kein Nachrichtenjournalist mehr zu sein. Aus ziemlich genau diesen Gründen. Aber es ist ja nicht (nur?) die Presse – wurden solche Bilder von Smartphone-Knipsern nicht auch getweetet oder auf Facebook gestellt?

  4. #4 Dr. W
    21. April 2013

    War das eine ‘Serenade’?
    Ansonsten: Es macht nicht viel Sinn sich hier moralisch erheben zu wollen, die Berichterstattung ist pflichtig. [1]

    MFG
    Dr. W

    [1] natürlich nur in diesem Kulturkontext, im Ostblock bspw. hätte es diesen Terrorakt nie gegeben

  5. #5 Bloody Mary
    21. April 2013

    Deinen Text finde ich ausdrucksstark, er hat mich angesprochen.

    Weniger ansprechend finde ich die Einsicht, dass diese gedanken- und teilnahmslose Sensationslust potentiell in uns allen schlummert, anders fände derartiges Marterial kaum seine Abnehmer.

    Wir können ganz schön unsympathisch sein, wir Menschen.

  6. #6 Dr. W
    21. April 2013

    Die Bilder haben die Funktion das entstandene Leid allgemein begreifbar zu machen. – Dass das in einer Region, die für ihre Täterkultur bekannt ist, Stichwort: “Resozialisierung” als Aufgabe des Staates, nicht so gut ankommt, ist klar. In jener Region soll ja die Tat möglichst steril bearbeitet werden, keine Fotos von Täter und Opfer am besten, keine Namensnennung und möglichst wenig Täterspezifikation.

  7. #7 flat feet arch supports
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    22. April 2013

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