Wenn selbst Google drauf anspringt, muss es doch bedeutend sein, oder? Das 47 Mio. alte Fossil, das so groß angekündigt wurde (“Es verändert alles”), wird allmählich von den wissenschaftlichen Kritikern unter Beschuss genommen. Den Fund an sich finden alle toll, die so eindeutige Schlussfolgerung können sie nicht teilen.
Die Hauptkritik betrifft das Herausgreifen einiger Besonderheiten innerhalb des Fossilienskeletts. Die Forscher hätten zu wenig Merkmale untersucht und sich nur die Rosinen herausgepickt, um den kleinen Darwinius einzuordnen:
“Many paleontologists are unconvinced. They point out that Hurum and Gingerich’s analysis compared 30 traits in the new fossil with primitive and higher primates when standard practice is to analyze 200 to 400 traits and to include anthropoids from Egypt and the newer fossils of Eosimias from Asia, both of which were missing from the analysis in the paper. “There is no phylogenetic analysis to support the claims, and the data is cherry-picked,” says paleontologist Richard Kay, also of Duke University.”
Callum Ross, a paleontologist at the University of Chicago in Illinois agrees: “Their claim that this specimen should be classified as haplorhine is unsupportable in light of modern methods of classification.”
Diese Kritiker stammt aus einem Beitrag bei ScienceNow, dem Nahrichtenressort von Science.
Der Forschungsartikel wurde auf PLoS One veröffentlicht. Das besondere daran ist, dass er frei zugänglich ist, und die Arbeit von anderen sofort beurteilt werden kann. Ein zusätzlicher Begutachtungsprozess im Nachhinein sozusagen.
Dort hätten also alle die Möglichkeit, das Paper zu kritisieren. Leider macht kaum einer Gebrauch davon. Es gibt ein Rating, in allen Kategorien fünf Sterne, aber ohne Begründung. Das zweite Rating hat dann schon mehr Substanz.
…. und gerade, 19:58 Uhr MESZ bricht die Seite des Artikel auf PLoS One zusammen, schade eigentlich. Ich wollte eigentlich darauf zitieren, jetzt komme ich nicht mehr drauf. Ob jetzt der Ansturm der Entrüstung losbricht?
Auf jeden Fall zielte auch diese zweite Kritik bei PLoS One darauf ab, dass zu wenig Merkmale untersucht wurden, und eben nur “cherry picking” betrieben wurde.
Ah, da ist sie wieder die Seite:
“Cladistic analysis is not perfect (it is relatively easy to pick and choose characters to support any topology)”
Weiterer Kritikpunkt bei ScienceNow ist zudem, das wichtige Arbeiten/Funde in der Vergangenheit überhaupt nicht berücksichtigt wurden:
“It’s like going back to 1994,” says paleontologist K. Christopher Beard of the Carnegie Museum of Natural History in Pittsburgh, Pennsylvania, who has published jaw, teeth, and limb bones of Eosimias. “They’ve ignored 15 years of literature.”
Was man natürlich im Hinterkopf behalten muss: Auch unter Wissenschaftlern beeinflusst Neid und Missgunst schon mal das Urteil.
Wie die US-Presse auf den Fund und das ganze Brimborium reagiert hat, hat Jürgen Schönstein zusammengetragen. Und er ist ganz zufrieden mit seinen Kollegen …
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