Wetter ist kein Klima, und dieser Winter ist keine Beleg dafür, dass der Kilmawandel ausfällt und alles nur eine große Verschwörung war. Trotzdem fällt auf, dass gerade unter Meteorologen die Skepsis in punkto (menschengemachtem) Klimawandel besonders ausgeprägt zu sein scheint. Wie kommt das eigentlich?
Wir hatten den Fall des Meteorologen Klaus Eckart Puls, den Wettermann vom MDR Thomas Klobig, den Meteorologen Donald Baecker. Alle drei Meteorologen, die (eine gewisse) Skepsis hinsichtlich des (menschengemachen) Klimawandels äußern.
(Bei unserem Wettermann Frank Abel bin ich mir nicht so sicher, wie er zum Thema steht.)
Da kann man sich schon fragen: Wie kommt das eigentlich? Das sieht doch so aus, als wäre gerade diese Berufsgruppe besonders anfällig für klimawandelskeptische Argumente.
Ich habe natürlich keine Untersuchung dazu, die hat aber der amerikanische Wissenschaftler Kris Wilson von der Emory University durchgeführt (pdf der Umfrage). Er befragte eine Gruppe von amerikanischen TV-Meteorologen, was sie von den klimawandelskeptischen Ansichten ihres bekannten Kollegen, der Wetterfrosch-Legende John Coleman (“Global Warming is a scam (scam=Betrug, Beschiss)“) hielten.
Charles Homans, Redakteur von The Washington Monthly, beschreibt das Ergebnis in einen gewaltigen Artikel im aktuellen Heft des Columbia Journalism Review
“The responses stunned him. Twenty-nine percent of the 121 meteorologists who replied agreed with Coleman–not that global warming was unproven, or unlikely, but that it was the greatest scam in history. Just 24 percent of them believed that humans were responsible for most of the change in climate over the past half century–half were sure this wasn’t true, and another quarter were “neutral” on the issue.”
“This was the most important scientific question of the twenty-first century thus far, and a matter on which more than eight out of ten climate researchers were thoroughly convinced. And three quarters of the TV meteorologists Wilson surveyed believe the climatologists were wrong.” (Fettung durch mich)
Bei den Zahlen muss man natürlich vorsichtig sein, es ist nur eine Umfrage. Aber es passt zu Beobachtungen unter amerikanischen Meteorologen in den letzten Jahren.
“(…) CNN meteorologist Chad Myers, appearing on Lou Dobbs Tonight, used the occasion to expound on his own doubts about global warming. “You know, to think that we could affect weather all that much is pretty arrogant,” he told Dobbs. “Mother Nature is so big, the world is so big, the oceans are so big. Today’s most oft-quoted and influential skeptics include Joseph D’Aleo, The Weather Channel’s first director of meteorology, and Anthony Watts, a former Chico, California, TV meteorologist”
Als ein Senator eine Liste mit mehr als vierhundert Klimawandel-Skeptikern präsentierte, waren 44 Prozent TV-Wettervorhersager. Und in einer Telefonumfrage unter den Fernseh-Meteorologen von Minneapolis fand sich kaum einer, der an den Klimawandel glaubte.
Wie kommt’s? Eine der Erklärungen ist laut Homans die thematische Nähe zwischen Meteorologen und Klimaforschern: Beide untersuchen das Verhalten der Atmosphäre, aber unter verschiedenen Gesichtspunkten und Fragestellungen.
“Meteorologists live in the short term, the day-to-day forecast. It’s an incredibly hard thing to predict accurately, even with the best models and data; tiny discrepancies matter enormously, and can pile up quickly into giant errors. Given this level of uncertainty in their own work, meteorologist looking at long-range climate questions are predisposed to see a system doomed to terminal unpredictability.”
Ein Zitat eines von Homans befragten Meteorologoen verdeutlicht das ganz schön:
“There’s a lot of error and bias. We’ll use five different models and come back with five different things. So when we hear that climatological models are saying this, how accurate are they?”
Aber, das kann noch nicht alles sein, findet Homans. Er findet noch einen Grund, der Meteorologen zu Klimawandelskeptiker werden lässt: Reine Selbstüberschätzung:
“The biggest difference I noticed between the meteorologists who rejected climate science and those who didn’t was not how much they knew about the subject, but how much they knew about how much they knew–how clearly they recognized the limits of their own training.”
Meteorologen wagen sich beim Thema Klimawandel auf ein Terrain, von dem sie glauben, etwas zu verstehen. Obwohl sie darin eigentlich eher selten geschult sind. Trotzdem haben sie offenbar immer wieder das Bedürfnis ihre Mitmenschen darüber aufzuklären. Auch dafür hat Homans eine – wie ich finde – plausible Erklärung. Die meisten Wissenschaftler verhielten sich zurückhaltend, wenn sie etwas außerhalb ihrer Disziplin erklären sollen. …
” (…) meteorologists, by virtue of typically being the only people with any science background at their stations, are under the opposite pressure–to be conversant in anything and everything scientific. This is a good thing if you see yourself as a science communicator, someone who sifts the good information from the bad–but it becomes a problem when you start to see scientific authority springing from your own haphazardly informed intuition, as many of the skeptic weathercasters do.”
Vielleicht ist das auch mit ausgelöst durch zahlreiche Fragen von Zuschauern, die Meteorologen eben für die richtigen Experten halten, wenn es ums Klima geht (die anderen sind ja schwerer verfügbar). Darauf weist zumindest eine US-Umfrage hin:
“When asked whom they trusted for information about global warming, 66 percent of the respondents named television weather reporters.”
Wie das wohl hier in Deuutschland ausfallen würde?
Sehr empfehlenswert ist auf jeden Fall Charles Homans Artikel “Hot Air“, aus dem ich hier so ausgiebig zitiert habe.
Stellt sich natürlich die Frage, wie übertragbar die Zahlen auf Deutschland sind. Kennt irgendjemand eine Untersuchung dazu?
Oder ist das nur ein Hirngespinst? Vielleicht können die Meteorologen ja selbst mal was dazu sagen? Wie sieht das aus im Kollegenkreis? Gibt’s da viele Klimawandelskeptiker oder sagen viele “Ich weiß es nicht wirklich“? Oder ist die Mehrheit überzeugt, dass es einen menschengemachten Klimawandel gibt? Hält man sich bei dem Thema eher zurück? Gibt es Ärger, wenn man sich dazu in den Medien skeptisch äußert?
Ist das ganze vielleicht einfach nur eine Sache von Gruppendynamik, dass es ein bisschen chic ist, gegen den Strom zu schwimmen, das skeptische raushängen zu lassen?
Meine Meinung: Meteorologen können privat glauben, was sie wollen: Nur wenn sie mit klimawandelskeptischen Äußerungen in den Medien hausieren gehen, sollten sie sich besser zurückhalten. Warum nicht mal einfach sagen: “Tut mir leid, ist nicht mein Fachgebiet.” Meteorologen machen Wettervorhersagen, keine Klimavorhersagen. Sie sind Wetterexperten, keine Klimaexperten.
Bitte schön …
Nachtrag 1.2.10:
Langsam scheinen ja die Meteorologen einzutrudeln. Danke erstmal für’s Kommentieren. Ich hatte ja ausdrücklich die Frage in den Raum gestellt, ob das, was Charles Homans für USA beschreibt, einfach so übertragbar ist auf Deutschland. Eine Untersuchung scheint es nicht wirklich zu geben. Damit sind wir auf Einschätzungen angewiesen, wie die von Elim Gaarak. Das ist doch mal eine Ansage:
Im Kollegenkreis sind sich wohl annährend 100% sicher, dass der Klimawandel zum Teil menschgemacht ist.
Aber er weist auch darauf hin, dass mit Wettervorhersage die allerwenigsten Meteorologen in Deutschland zu tun haben. In Homans Beitrag geht es aber vor allem um eben diese Gruppe. Bei den drei Beispielen, die ich oben aufführte, ist nur einer ein TV-Wettervorhersager.
Meteorologen einfach als die abzutun, die das Wetter vorhersagen, ist definitiv zu kurz gesprungen und hat mit der Realität wenig zu tun, sagt nicht nur Garak, sondern auch Leser Peter Schwarz:
“Ein verschwindend geringer Teil der Meteorologen beschäftigt sich mit der tagesaktuellen Wettervorhersage.”
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