Kurzer Lesetipp zu einem lesenswerten Artikel in der taz von Heike Haarhoff über den künftigen Chef des IQWiG Jürgen Windeler. Der Titel gibt die Richtung vor: Der Patientenfreund.

Zwei kurze Auszüge aus dem Beitrag: Windeler hatte ja angekündigt, dass er künftig auch den Nutzen von Medizinprodukten überprüfen lassen will. Das verspricht spannend zu werden:

“Anfang des Sommers ließ er in ersten Interviews durchklingen, er wolle die Nutzenbewertung von Medizinprodukten künftig stärker in den öffentlichen Fokus rücken. Denn im Bereich der künstlichen Gelenke, Implantate und Geräte gebe es, anders als bei den Arzneimitteln, bislang nicht einmal gesetzliche Zulassungsverfahren. Es war eine Frage von Stunden, bis er sich wahlweise auf Deutsch oder Englisch einen Vorgeschmack holen konnte auf die Wucht, mit der die Industrie solche scheinbar harmlosen Äußerungen pariert. Der “Falschaussage” wurde er geziehen, in Pressemitteilungen, in einem Leserbrief, gedruckt in knapper Millionenauflage. (…)

Die harsche Kritik der Industrieverbände? “Ich stelle fest, dass meine Äußerungen angekommen sind”, sagt er freundlich. “Dann kann man sich ansehen, was die Kritiker schreiben. Und dann muss man feststellen, dass sie Recht haben mit dem, was sie schreiben. Sie schreiben nämlich, dass es für Medizinprodukte doch selbstverständlich eine gesetzlich geregelte Überprüfung der Sicherheit gibt. Das war aber nicht meine Aussage. Meine Aussage war …”

Er duldet jetzt keine Unterbrechung, er hat hier etwas mitzuteilen, also: “Meine Aussage war, es gibt keine Zulassung, schon gar nicht wie bei Arzneimitteln. Und genauso richtig bleibt meine Aussage, dass es für Medizinprodukte eben auch nicht als Zugangsvoraussetzung einen Wirksamkeits-, geschweige denn einen Nutzennachweis gibt. Deswegen ist es erlaubt, darauf hinzuweisen, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird.”

Zum Thema Solidarität im Gesundheitssystem hat er eine angenehm klare Haltung:

Professor Windeler, was ist ein gerechtes Gesundheitssystem?

“Jeder im Gesundheitssystem muss eine gesundheitliche Versorgung nach seinem Bedarf bekommen, und zwar unabhängig davon, ob er für seine Erkrankung irgendeine sogenannte Schuld trägt oder nicht.”

Sogar die Raucher?
“Ich habe ein Herz für Raucher, weil sie natürlich die Freiheit haben, und ich meine die Freiheit haben müssen, sich zu schaden. Ich finde nicht, dass das Konsequenzen für eine gerechte, solidarisch finanzierte Versorgung haben sollte.”

Kommentare (12)

  1. #1 Heilender
    18. August 2010

    @alle raucher
    ich kann euch nur raten eure ec-karte nicht am automaten zu benutzen. heute heißt es zwar noch “zum schutz der jugend” aber irgendwann wird man euch zur rechenschafft ziehen.
    daten werden gespeichert und an versicherungen verkauft & dann heißt es “haben sie nicht dann & dann, dort & dort erst noch zigaretten gekauft??? tut uns leid aber für eigenes verschulden bezahlen wir nicht”. egal wie solidarisch-sympathisch der Professor Windeler jetzt auch klingt, in 10 bs 20 jahren wenn der krebs dann ausbricht wird er leider nichts zu sagen haben.
    aber sein vorhaben klingt für mich sonst ganz gut

  2. #2 Marcus Anhäuser
    18. August 2010

    @Heilender
    und welche Anhaltspunkte hast Du dafür, dass die Daten deiner EC-Karte gespeichert werden?

  3. #3 Heilender
    18. August 2010

    @Marcus Anhäuser
    …da muss ich dir recht geben. beweise habe ich dafür keine , alles reine spekulation.
    habe auch schon seit fast zwei dekaden kein automaten mehr aufgebrochen :)
    aber klingt das denn so unwägbar? gibt es nicht immer wieder neue daten skandale?
    warum sollten die versicherung sich dieses wissen entgehen lassen? ich könnte auch fragen welche anhaltspunkte es denn gibt das sie die daten nicht speichern? nichtsdestotrotz hast du recht & nichts liegt mir ferner als neue verschwörungstheorien zu verbreiten. war nur als tipp gemeint
    bleib gesund & rauch nicht so viel :)

  4. #4 Marcus Anhäuser
    18. August 2010

    na komm, das glaubst Du doch nicht wirklich…

  5. #5 Luis Cypher
    18. August 2010

    Natürlich hat jeder das Recht, sich selbst zu schaden. Aber habe ich die Pflicht, die durch völlig unnötige Selbstverstümmelung entstandenen Kosten anderer mitzufinanzieren? Wer gefährliche Sportarten macht, muss sich auch zusätzlich versichern.
    *100-Kommentare-Diskussion-anzettel*

  6. #6 Heilender
    18. August 2010

    kennt ihr die ihr den vorschlag das mann die raucher eigentlich ünterstützen sollte??
    schließlich bezahlen sie mehr steuern (zum allgemeinwohl aller) als alle anderen & holen sich nicht mal ihre rente ab!!!! also: bißchen mehr respekt vor den idioten.
    @Marcus Anhäuser
    ….doch!!!
    wer die geschichte nicht kennt ist dazu verdammt sie zu wiederholen :)

  7. #7 strappato
    19. August 2010

    Demnächst muss man seine eGK da rein schieben. Mit Asthma, COPD, Angina Pectoris oder Diabtes 2 mit Durchblutungsstörungen ist dann Schicht im Ausgabeschacht.

  8. #8 tom
    19. August 2010

    Liest dann der Kippenautomat auch meinen Führerschein oder Personalausweis aus? Mit denen kann man den Altersnachweis ja auch erbringen… Ganz schön aufwendige Technik wenn doch jeder Pulmologe in der Untersuchung meine Teerablagerungen finden kann…
    Wow, eine neue Verschwörungstheorie ist geboren und ich war Augenzeuge, YIPPIEEHHH!

  9. #9 Jonas
    19. August 2010

    @Tom

    Och, die gab es doch schon länger. Hört man immer wieder mal.

  10. #10 t
    19. August 2010

    Ach schaaadeeee….
    :(

  11. #11 MoritzT
    19. August 2010

    und noch mehr schade ist, dass sich die Versicherungen gar nicht so anstellen müssen, um an die Daten zu kommen: die schreiben einfach eine Selbstauskunft in den Vertrag rein, und wer falsche Angaben macht, verliert jetzt schon den Schutz.

  12. #12 Schnappi
    27. August 2010

    Es gilt das Prinzip der Datensparsamkeit: Daten, die nicht gebraucht werden, sollen auch nicht erhoben werden. Was erst einmal erhoben wurde, kann später immer noch missbraucht werden. Ihr habt vielfältige Möglichkeiten angegeben, wie man herausbekommen kann, ob jemand raucht. Dann wird es auch nicht lange dauern, bis das jemand missbraucht.

    Dass Extremsportler und Raucher die Krankenkassen mehr kosten, ist erst mal nur eine Behauptung, die alles andere als selbstverständlich ist. Die höchsten Gesundheitskosten entstehen in den letzten Lebensjahren, egal ob die letzten Lebensjahre um die 40 oder um 80 sind. Bei Extremsportlern und Rauchern sind die letzten Jahre eben früher als beim Rest der Bevölkerung.

    Die erhöhten Beiträge für Extremsportler und Kinderlose und das Rauchverbot sind nur die Pilotversuche zur weiteren Entsolidarisierung. Demnächst müssen vielleicht Homosexuelle Zusatzbeiträge bezahlen oder Linke (leben auf ihren Demos schließlich auch gefährlich) oder widdergeborene Handwerker.