Lieber Ernst Peter Fischer,

wir nehmen also den Fehdehandschuh auf, den Du (bei allem Respekt, als Blogkollegen erlauben wir uns einfach mal das Du) uns, den Wissenschaftsjournalisten, nebenan und auf der Konferenz in Bremen mit Verve vor die Füße geworfen hast. Stichwort: Reprogrammierung.

Deine Kritik: Wer über die Erfolge in den letzten beiden Wochen in der Stammzellforschung berichtete, bei denen aus Hautzellen Stammzellen gewonnen wurden, beging einen Fehler, wenn er das als “Reprogrammierung” bezeichnete.

Okay. Wir haben das auch getan. Wir wunderten uns zunächst über die Kritik. Doch sie brachte uns dazu, uns ein paar Gedanken dazu zu machen.

Warum haben auch wir das Rp-Wort benutzt?

1. Weil wir gar nicht auf die Idee gekommen sind, dass das falsch sein könnte.

2. Weil es alle Journalisten getan haben. Und damit meinen wir wirklich alle, auf deutsch, auf Englisch und wenn wir wüssten, was Reprogrammierung auf chinesisch bedeutet, würden wir den Link auch noch einbauen.

3. Weil es die Wissenschaftler selbst getan haben. Im Science-Paper verwenden Yu et.al. das Wort (oder die Verbform) 37 Mal, im Cell-Paper verwenden es Takahashi et.al. sechs Mal. In den Pressemitteilungen wurde der Begriff folglich auch verwendet.

4. Weil es praktisch ist. Und wie praktisch. Ein Wort beschreibt einen ganzen Methodenteil eines Forschungspapers und man bekommt zumindest den Hauch einer Ahnung davon, was die Forscher gemacht haben (wie wir glauben).

5. Weil es passt. Entgegen deiner Argumentation, finden wir schon, dass es nicht so schlecht ist. Wir glauben zwar auch nicht, dass das Leben genetisch programmiert ist. Doch in diesem Fall geht es ja auch nicht um das Leben, sondern lediglich um eine Zelle.

Und die Idee ist doch die: Eine Zelle erfüllt den Job einer Hautzelle (teilweise bestimmt durch einen Teil seiner Gene), ähnlich wie Microsoft Word, den Job eines Textprogrammes erfüllt. Dann schalten sich die Wissenschaftler ein, basteln ein wenig an der Zelle/dem Programm herum, und danach erfüllt die Zelle einen andern Job.

Ein wenig hat uns dein Gedanke überrascht, dass Du bei dem Wort Programm an ein Veranstaltungsprogramm dachtest. Wir denken eher an eine Softwareprogramm, also ein Computerprogramm, das der Hardware sagt, was es tun soll.

Also, Kritik ist angekommen, hat uns auch einen kurzen Moment ein schlechtes Gewissen bereitet (aber vor allem, weil wir das Buch, in dem die Computer-Metapher ausführlich kritisiert wird, mehrmals in Händen hatten, es aber nicht gekauft haben (verdammt, wie heißt es noch?).)

Und zum Schluss: Wir müssen die 80 Zeilen Beiträge schreiben: Wenn Du uns dieses Wort nimmst, gib uns bitte ein neues.

Sind gespannt.

Übrigens: Stör dich nicht an dem “Wir”. Wir (also ich) nutzen das schon eine Weile in unserem Blog im alten zu Hause. Kann man ein anderes Mal erklären. Wir fühlen uns damit einfach besser.

Kommentare (5)

  1. #1 Chris
    6. Dezember 2007

    Tach,
    stimme Dir/Euch vollkommen zu. Wenn eine Metapher, ein Vergleich etwas hinkt, dann muss man abwiegen, was wichtiger ist:
    Verstanden werden, oder sachlich korrekt bleiben. Letzteres ist auf Forschers Seite beliebt, fördert das Verständnis beim Gegenüber aber nur selten, meistens gar nicht.
    Also kläre ich erstmal Grundsätzliches mit (evtl. etwas krummen Vergleichen). DANN kann ich immer noch in die Tiefen gehen, wenn erstmal das Interesse geweckt ist!
    bis denn, muss noch Umzugskisten packen,
    Chris

  2. #2 Chris
    7. Dezember 2007
  3. #3 Stephan Huebner
    19. Dezember 2007

    Hallo,
    besuche eure Seite ganz gern (bisher aber nur “passiv”, d.h. ohne Kommentar). Aber diesmal kann ich mich nicht zurückhalten. Bitte, bitte, bitte verwendet nie wieder das Wort “Softwareprogramm”! Ich weiß, dass es in dem Fall der Illustration des Unterschieds zur Hardware dienen sollte und dass viele … es benutzen aber das macht’s auch nicht besser oder gar richtiger. Ein Computerprogramm ist per Definition immer Software und somit ist diese (vermutlich von ahnungslosten Hauptschul-Lehreren ausgebrütete) Wort-Missgeburt völliger Quatsch.

  4. #4 Stephan Huebner
    19. Dezember 2007

    PS: Warum fallen einem Rechtschreibfehler immer erst dann auf, wenn man die Nachricht schon abgeschickt hat? Darüber solltet ihr mal eine Untersuchung anstellen… :-)

  5. #5 Marcus
    20. Dezember 2007

    Hallo Stephan,

    danke für den Hinweis, da hast Du natürlich recht. Habs geändert. In der Eile gehen einem so Sachen schon mal durch. ;-)