Ludmilla von “Hinter’m Mond gleich links” war verwirrt und ein wenig verärgert. Eine Journalistin hatte gesagt: “Die wenigsten Tests bieten 100%ige Sicherheit.” Aus Sicht einer Wissenschaftlerin ist dieser Satz Unsinn. Nicht-Wissenschaftler verstehen aber gar nicht, warum sich Ludmilla so aufregt. Denn die gehen davon aus, dass es sowas gibt, 100 Prozent sichere Test. Hier ist der Beweis ...

Wir Journalisten verteidigen unssich bei Vorwürfen wie dem von Ludmilla gemeinhin mit der Aussage: “Ja, aber die Leute glauben ja daran, dass es das gibt, Tests die hundertprozentige Sicherheit bieten.

Im Fall der Kollegin stand Daher vielleicht folgende Überlegung dahinter: Weil die Leute das denken, könnte es sinnvoll sein, sie lediglich darauf hinzuweisen, dass es gerade dieser Test nicht ist (obwohl ich weiß: Kein Test ist das. Aber wenn ich jetzt das Fass aufmache: “Lieber Leser, kein Test bietet hundertprozentige Sicherheit.”, dann ist der nur verwirrt, weil gerade ein Weltbild zusammenbricht. Also versuchen wir es auf die schonende Weise und beziehen es nur auf diesen Test. Denn es gilt: Verwirre nicht den Leser.) (Was machen wir uns eigentlich Gedanken über die Gedanken anderer Kollegen, also weg mit dem Gedankenspiel).

Kollege Jürgen Schönstein von Geograffitico hatte unser Dilemma in den Kommentaren schön beschrieben:

“Aber selbst Journalisten, die sich Mühe geben, stehen oft vor dem Problem, dass sie einen Weg zwischen wissenschaftlicher “Exaktheit” (die meist eh’ nur eine Exaktheit der Terminologie ist, viel seltener eine Exaktheit der Informationen) und allgemeiner Verständlichkeit finden müssen.”

Dass die Leute an die hundertprozentig sicheren Tests glauben, das sagen wir dann, ohne es eigentlich zu belegen. Auch in den Kommentaren ging man einfach davon aus, dass das so ist.

Vielleicht haben wir ein völlig falsches Bild von den Leuten da draußen?

Nein, haben wir nicht.

Tatataaaaa!

Here is the evidence!

Wir haben in einem äußert interessanten Paper von Gerd Gigerenzer und Kollegen (frei zugänglich, lesen, lesen, lesen) zum Thema “mangelnde statistische Bildung” die passende Passage für unsere Behauptung gefunden. (Klassischer Fall von “Wir behaupten erst mal was, und liefern hinterher die Beweise …)

Hier ist sie, die Passage, im Kapitel The Illusion of Certainty(S. 61/62) weisen die Autoren auf das Problem hin:

In a nationwide survey in 2006, 1,000 German citizens over 18 were asked: ”Which of the following tests are absolutely certain?” (Fig. 6).

While only 4% believed an expert horoscope to give absolutely accurate results, a majority of citizens believed that HIV tests, fingerprints, and DNA tests were absolutely certain, even though none of these are (Gigerenzer, 2002, 2008).

In contrast to these tests, which tend to make relatively few errors, the much less reliable result of a mammography (positive or negative mammogram) was rated as ”absolutely certain” by 46% of the women and by 42% of the men. Yet its miss rate is about 10%, and the false-positive rate is almost as high.

Überraschend und vielleicht auch ein wenig besorgniserregend ist möglicherweise auch folgende Feststellung:

A university education is only a slight safeguard against the illusion of certainty: One out of three women with a university degree also believed that mammograms are absolutely certain.

Hier das ganze in Abbildung 6:

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Ihr seht womit wir arbeiten müssen. Wie man das dann in den Artikel einbaut, darüber kann man natürlich vorzüglich streiten.

Aber jetzt haben wir das endlich mal belegt.

Kommentare (24)

  1. #1 Arno
    6. Dezember 2008

    Wobei es natürlich ganz einfach ist, den Journalisten zumindest einen Teil der Schuld in die Schuhe zu schieben. Wenn ich schreibe “Dieser Test bietet keine absolute Sicherheit”, liegt die Schlussfolgerung ja nahe, dass es absolut sichere Tests gibt, man trägt damit also zur Misere bei, statt nicht nur nicht dagegen anzugehen.
    Die Sache an sich dürfte übrigens noch dadurch schlimmer werden, dass von denen, die wissen, dass Tests nicht absolut sicher sind, nur wenige interpretieren können, was ein positives oder negatives Testresultat jetzt genau aussagt.

  2. #2 Ulrich
    6. Dezember 2008

    Nun ja. Gigerenzer weiß aber insgeheim auch, dass das “framing” einer solchen Frage die Ergebnisse stark beeinflusst. Wer eine Liste mit 5 Test vorgelegt bekommt und gefragt wird, welche davon absolut sicher sind, der geht automatisch davon aus, dass dies auf mindestens einen der 5 Tests zutrifft. Die Fragestellung impliziert dies. Ich würde mal eine Kontrollgruppe fragen: “Ist einer dieser Tests wirklich 100%ig sicher?” Das Ergebnis würde wohl anders aussehen.

  3. #3 Marcus
    6. Dezember 2008

    boah, komm, jetzt sei doch mal auf unserer Seite ;-)

  4. #4 wolfgang
    6. Dezember 2008

    Journalisten fragen dann auch oft”Können Sie ausschließen, dass…..”
    So was ist eigentlich unfair. Einige kennen ja die Hohlwelttheorie wir auf der Innenseite etc pp – kann ich ja auch nicht ausschließen, ist aber äußerst unwahrscheinlich und philosophisch absurd, warum solte da die Erde singulär im Weltraum sein.

    So gesehen, kann man sich zurücklehnen, und aus eigener Lebenserfahrung feststellen “meine Lebenserfahrung sagt mir, dass ich unsterblich bin”
    PS: das sag ich immer den Homöopathen, wenn sie kommen “ihrer Erfahrung nach höchstwirksam” – ist als Argument aber recht hilfreich ;)

  5. #5 Marcus
    6. Dezember 2008

    @Wolfgang
    Neue in dem Job übersetzen dann auch gerne mal “evidence” als “Beweis” statt “Hinweis”, “Beleg” o.ä.

    Der Satz klingt für mich so eigenartig: “Wissenschaftler haben jetzt bewiesen, dass …”

  6. #6 Marcus Anhäuser
    6. Dezember 2008

    @Ulrich
    … Du hast natürlich Recht. Mark Crislip von SBM hat hat auch gerade wieder darauf hingewiesen: “Like all surveys, the nature of the question determines the answer.”
    https://www.sciencebasedmedicine.org/?p=305

  7. #7 Ludmila
    6. Dezember 2008

    Sorry Marcus,

    was ist denn jetzt das Argument? Weil “die Leute” Blödsinn glauben, lassen wir sie in dem Glauben bzw. verstärken den noch? Nach dem Motto: Die armen Leute, wir können die doch nicht mehr der Wahrheit verwirren?

    *Ja, ich weiß, ich bin jetzt polemisch, aber das muss jetzt sein. Sorry!*

    Ich hab mich ja selbst mit der 100%-perfekte-Lösung-Fehlschluss bei der LHC-Sache rumgeschlagen. Und da haben sich auch die Medien reihenweise nicht mit Ruhm bekleckert, weil die anscheind nicht in der Lage waren “es ist nicht auszuschließen, aber extrem unwaherscheinlich” richtig einzuordnen. Und damit kamen Leute auf die Idee Teilchenphysikern Morddrohungen zu schicken und sorry Marcus, da hört der Spaß einfach auf.

    In der Medizin wird es noch krimineller. Da brechen Frauen bei einem positiven Befund nach einer Mammograpfie zusammen, weil ihnen niemand erklärt hat, dass solche Tests auch sehr viele falsch-positive Resulate rausschmeissen und zwar paraxdoxerweise mehr als richtige positive. Falsch positiv bedeutet, dass sie zwar positiv getestet wurde, aber dass die Frau nicht wirklich Krebs hat.

    Das Problem wird übrigens immer akuter, je verfeinerter die Diagnosemöglichkeiten sind. Jetzt kriegt man die ganz frühen Krebsstadien, dummerweise steigen aber die falsch-positiven Befunde immens. Ganz abgesehen davon, dass nicht jede Vorstufe zum Krebs wird. Und nun steht der Arzt da und muss der Frau erst mal erklären, wie das richtig ist. Wenn sie denn in ihrer Angst das auch einordnen kann.

    Merkt Ihr denn nicht, was für ein moralisches Dilemma das z.B. in der Medizin gibt? Wollt Ihr damit sagen, dass Medizinjournalisten nicht darüber reden, weil sie sonst die Leute verwirren würden?

    Übrigens nutzen Impfgegner genau diesen 100%-Sicherheit-Trugschluss massiv aus. Sie bauschen möglich Risiken der Impfungen auf und provozieren so fahrlässig und oft bewusst, dass Eltern nicht impfen lassen. Sie vergessen aber den Eltern zu erzählen, dass die Risiken und Nebenwirkungen der Krankheiten, gegen die geimpft werden, um ein Vielfaches höher sind, als jede Nebenwirkung einer Impfung. Nicht umsonst gehen Impfgegner hin und spielen die Gefährlichkeit von Masern runter. Das heißt nicht, dass man natürlich nicht versuchen sollte, Impfungen so sicher wie möglich zu machen. Nur sollte man dann auch eine vernünftige Alternative zur Hand haben. Auf’s Impfen ganz zu verzichten, ist es in den meisten Fällen nicht. Und die Kinder nicht geimpft werden können, sind dummerweise gerade die schwächsten, die am allermeisten unter Masern und co leiden werden. Die sind auf unsere Solidarität angewiesen und nicht auf dumpfe Panikmache ala es ist nicht “100%-sicher”.

    Soll ich angesichts dieser Missinformation, bei denen die Gesundheit von Kindern auf dem Spiel steht, daneben stehen und sagen: Ah mei, ist halt so. Dann sterben die Kinder halt, wenn die Eltern nicht aufgeklärt genug sind.

    Ihr sagt, durchaus mit Berechtigung, dass Ihr die Leute nicht erziehen könnt. Aber andererseits, ist das nicht ein wenig zu einfach? Wenn Ihr doch genau wisst, dass der mündige Leser, der Eure Information richtig einzuordnen vermag, eine Illusion ist. Ist es da nicht sogar Euer verdammte Pflicht gegen zu steuern?

    Gerade Ihr, die Ihr erkannt habt, dass es da ein Problem gibt. Denn ich glaube nicht, dass jeder Journalist sich dessen bewusst ist. Steht es eigentlich nicht in Eurem Beufsethos drin, den Leuten keinen Blödsinn zu erzählen?

  8. #8 Marcus Anhäuser
    6. Dezember 2008

    Hallo Ludmilla :-),
    das schaff´ich heute Abend nicht mehr darauf zu antworten. Ich mag deinen Kampfgeist für die Sache, aber da ist jetzt schon wieder so viel drin an Aggression, Vorwürfen und Polemik, das es mich ein wenig umbläst (gar nicht mal negativ gemeint, wir sind hier schließlich in der Küche …. und wer die Hitze nicht verträgt usw.)

    Ich versuch morgen mal (wenn die Familie mich lässt) das ein bisschen zu sortieren und zu antworten.

    Schönen Abend

  9. #9 Florian
    6. Dezember 2008

    Also da kann ich mich nur Ludmilla anschließen.

    Du hast erklärt _warum_ Journalisten das tun, aber das ist noch lange keine Entschuldigung _dass_ sie es tun. Vielmehr eine Kapitulationserklärung.

  10. #10 sil
    6. Dezember 2008

    Mensch Ludmilla,

    sieh das ganze mal unter dem Aspekt “Lügen für Leser”.
    Die “Die Gelehrten der Scheibenwelt”-Art der Lüge meine ich.

  11. #11 Marcus Anhäuser
    6. Dezember 2008

    @Florian

    Muss ich wohl noch mal umformulieren, ist wohl etwas missverstädlich. Sollte gar keine Entschuldigung sein. Sollte eher verdeutlichen, wie die Denke der Kollegin gewesen sein könnte (wenn Sie es selbst besser gewusst hat).

    Es sollte eigentlich erstmal das Bewusstsein schaffen, da es da ein nicht zu unterschätzendes Problem gibt also den Ball afgreifen den Ludmila in den Ring geworfn hat.)

    (Blöd: Wieso muss ich meinen Kopf immer für die Fehler anderer hinhalten? )

    Nur soviel (auch an Ludmilla) wegen der falsch positiven usw. Eines der Grundprobleme ist eben die fehlende statistische Bildung in der Bevölkerung. Und Gigerenzer zeigt sehr schön an Beispielen zum Thema Gesundheit, das davon alle betroffen sind: Patienten, Journalisten und Mediziner.

    Das ist erstmal der status quo. Jetzt ist die Frage für mich als Journalist, wie geh ich damit um. So wie es die Kollegin gemach hat eben nicht.
    Sie hätte besser geschrieben:

    “Aber, daran sollte man immer denken, kein Test bietet hundertprozentige Sicherheit.” oder “Was man wissen muss: Bei jedem Test treten Fehler auf.” o.ä.

    Und gerade Mammographie ist eben so eines der Hammerbeispiele bei neun von zehn falsch positiven Resulaten.

    Jetzt aber wirklich genug für heute.

  12. #12 sil
    6. Dezember 2008

    Es gibt ja auch noch die Geschichte mit dem positiven AIDS-Test-Ergebnis.
    Der Test hat 99,99% Zuverlässigkeit und bei einer Erkrankungsrate von 1:10.000 bedeutet ein positives Testergebnis bei Leuten aus keiner Risikogruppe immer noch eine Chance von 50:50, dass man kein AIDS hat.
    Das geht sogar Fachleuten völlig gegen den gesunden Menschenverstand.
    Das wird bei allgemeingebildeten Lesern richtig schwer.
    Der Artikel hat die Zeit-Leser verwirrt:
    https://www.zeit.de/2002/33/Die_fremde_Welt_der_Zahlen?page=all

    Die haben dann noch einen nachgelegt:

    https://www.zeit.de/2002/35/Vertrackte_Statistik

    Wenigstens haben die es versucht.
    Es ist aber schwierig, solange Lotto noch so ein gutes Geschäft ist, sehe ich schwarz.

  13. #13 Florian
    6. Dezember 2008

    @Marcus
    Gut, “Entschuldigung” war wohl auch ungünstig gewählt, hab aber bewusst von Journalisten geschrieben, und nicht spezifisch von Dir – Ich denke du hättest kaum diesen Artikel geschrieben wenn du so wie beschrieben verfahren würdest.

    Wie man mit dem mangelhaften Durchschnittswissen umgeht ist tatsächlich eine gute Frage, spontan fällt mir dazu nur ein, es tatsächlich in jedem Fall/Artikel erneut unterzubringen. Denn letztlich hilft es wenig die Artikellänge vollständig dem eigentlichen Inhalt zu widmen, wenn dem Durchschnittsleser die Grundlagen dazu fehlen, die Information ordentlich einzuordnen.

  14. #14 Ulrich
    7. Dezember 2008

    @ sil:
    Diese Geschichte benutze ich immer, um meinen Studenten den Satz von Bayes zu illustrieren. Das Resultat: Manche trauen dem Satz von Bayes dann nicht mehr. Einer fragte mich mal, ob dieser angebliche Satz denn überhaupt empirisch überprüft worden sei…

  15. #15 Christian Reinboth
    8. Dezember 2008

    Mein Lieblingsbeispiel für den Satz von Bayes ist immer noch das Taxi-Problem:

    https://www.scienceblogs.de/frischer-wind/2008/12/das-taxiproblem.php

    Was übrigens die Sicherheit von DNA-Tests und Fingerabdrücken angeht – leider ist glaube ich auch so manchem Juristen nicht ganz klar, wie das mit der 100%igen Sicherheit bestellt ist…

  16. #16 knorke
    8. Dezember 2008

    @Marcus Anhäuser
    “Which of the following tests are absolutely certain?”
    Und durfte man auch antworten: “keiner”?
    Oder musste man sich einen aussuchen? Wenn ja hätte auch ich (trotz guter Vorbildung) zwangsläufig eine Entscheidung getroffen – im Sinne von dem Ansatz, der mir am exaktesten erscheint.
    Mich stört auch das Wörtchen “absolut”, dass im normalen Sprachgebrauch meiner Ansicht nach nicht zwangsläufig = 100% bedeutet, man also die Frage auch leicht falsch interpretieren kann.
    Ausserdem: Bei der Sache mit der Mammographie finde ich ja schonmal toll, dass mehr als 50% diese nicht als 100%ig sicher fanden. Erstens muss man das nicht unbedingt wissen (blödes Argument, zugegeben) und zweitens bezweifle ich, dass einem das jeder Arzt korrekt erklären kann.

    Kurz: Ich brauche mehr Details, sonst finde ich den Beleg wacklig. (Obwohl ich derselben Meinung bin)

  17. #17 Ludmila
    8. Dezember 2008

    Ach Marcus,

    das war doch nicht persönlich an Dich gerichtet. Es zeigt aber, dass diese Frage durchaus Sprengkraft hat. Es ist ja sogar noch schlimmer. Ich habe ein Studie im Kopf, wonach selbst die behandelnden Ärzte nicht richtig die Trefferquote der Mammographie einschätzen können. Viele haben sie massiv überschätzt.

    Meiner Meinung nach sollte so etwas von klein auf in der Schule gelehrt werden. Je früher desto besser. So schwer ist es auch nicht Statistik und Wahrscheinlichkeitsrechnung für Kinder aufzuarbeiten.

    Da fehlt es leider an der grundlegenden Basis, um überhaupt darüber diskutieren zu können.

    Es ist ein schwierige Gradwanderung für Journalisten. Das sehe ich natürlich. Viele Redakteure streichen Euch erklärende Sätze sowieso zusammen, weil sie seiner Meinung nach zu lang oder unverständlich sind, was natürlich völlig kontraproduktiv ist.

    Wo es unkritisch ist, mag es sinnvoll zu sein für Erwachsene zu lügen, wie Rincewind meinte. Aber bei medizinischen Themen würde ich da sehr, sehr vorsichtig sein. Es wird meiner Meinung nach zuviel Schindluder damit betrieben.

    @Ulrich: Das Ziegenproblem ist auch so ein Beispiel, wo viele, selbst gebildete Leute dann immer sagen, dass das gar nicht sein kann. Es hilft, dann das Problem auf 100 Türen zu erweitern und 99 Nieten davon öffnen zu lassen. Dann leuchtet es meist jedem ein, dass es natürlich besser ist, die Tür zu wechseln.

  18. #18 Marcus
    8. Dezember 2008

    Hallo Ludmilla (immer noch :-) ),

    hab mich wieder beruhigt. Mein Beitrag ist aber auch missverständlich geschrieben. Das Problem ist wie immer ein bisschen, dass man Kommentare auf die eigenen Artikel immer ein bisschen persönlich nimmt. Und da Du so oft von “Ihr” geschrieben hast (wobei ich natürlich auch die ganze Zeit von “wir” schreibe), fühlte ich mich schon ein bisschen angegriffen …

    Ich glaube, hinter meinem Artikel stand eine gute Absicht, nur lässt die Umsetzung deutlich zu wünschen übrig (und ich verdien mein Geld mit schreiben, mein Gott)

    Zum Thema noch: Wirf wirklich mal einen Blick in Gigerenzers Artike. Dort erklärt auch noch mal das Mammographie-Ding und die Unkenntnis der Ärzte. Und er und seine Kollegen fordern genau das, was Du vorschlägst: Statistik von klein auf, aber nicht nur Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit eine 6 zu würfeln”.

    Er dürfte bei dir offene Türen einrennen.

  19. #19 knorke
    8. Dezember 2008

    Ergänzend zum zitierten Artikel (1-2 Absätze später)
    “At the same time, given that the German women were asked for certainty of result and most mammography results are negative, their response may largely reflect the
    belief that if the test result is negative, one can be sure of not having cancer. In fact, many women say that they participate in screening to be sure that they do not have cancer.”
    Das würde ja bedeuten, dass den leuten die “Fehlalarm” Quote egal ist, da es ihnen nur um die Erkennung einer vorhandenen Erkrankung geht. Sie interpretieren die Frage also anders. Das macht’s noch etwas besser.

    Das ist dann meiner Ansicht nach ein guter Belege für das, was du eigentlich sagen willst: Den Leuten sind die stochastichen Besonderheiten nicht klar, daher blenden Sie die Fehlalarm Quote aus.

  20. #20 Christian Reinboth
    8. Dezember 2008

    @Ludmilla & sil: Ich kann nur noch mal auf den Post zum Taxi-Problem verweisen:

    https://www.scienceblogs.de/frischer-wind/2008/12/das-taxiproblem.php

    Meiner Meinung nach immer noch eines der besten Beispiele zum Thema “Rechnen mit bedingten Wahrscheinlichkeiten”. Taxi-Problem und Ziegen-Problem bzw. die Mathematik dahinter sollten für Mediziner, Juristen etc. pp. zur Grundausbildung gehören (bei Medizinern ist das, glaube ich, auch der Fall). Es ist erschreckend, wie viele Menschen (auch solche vom Fach) nicht richtig “in Wahrscheinlichkeiten denken” – die meisten deshalb nicht, weil sie es nie gelernt haben…

  21. #21 Rincewind
    8. Dezember 2008

    @Ludmilla, Du schriebst:
    “Wo es unkritisch ist, mag es sinnvoll zu sein für Erwachsene zu lügen, wie Rincewind meinte. Aber bei medizinischen Themen würde ich da sehr, sehr vorsichtig sein. Es wird meiner Meinung nach zuviel Schindluder damit betrieben.”

    Das war nicht ich, sondern Sil. Macht aber nix, ich hätte das gleiche geschrieben ;-)

    Der Ausdruck “Lügen für …” ist natürlich provokativ gemeint. Ich glaube tatsächlich, dass Vereinfachungen unumgänglich sind gerade im journalistischen Bereich. Zu einem Sender gehört immer ein Empfänger. Ist der Empfänger nicht da, ist der Sender überflüssig.

    Lügen in der angesprochenen Art sind z.B: Die Erde ist eine Kugel.
    Die Küste Norwegens hat eine Länge von 3000 km.

    Beide Sätze stimmen überhaupt nicht. Trotzdem sind sie richtig in einer Form, die keinen auf eine falsche Fährte leitet. Ich denke, Journalisten müssen genau damit ständig rumkämpfen, also wo eine “Lüge” zu einer wirklichen wird. Das ist nicht einfach.

  22. #22 Ludmila
    8. Dezember 2008

    Nur mal so zur Klarstellung:

    Ich schätze Markus Beiträge wirklich sehr. Ich würde auch nie auf die Idee kommen, ihn irgendwie persönlich anzugreifen. Und ja, Diplomatie ist sicherlich nicht mein Ding, aber das weiß auch so ziemlich jeder, der mich kennt. Nehmt also nicht alles ganz so ernst, was ich schreibe ;-)

    Ich weiß ja selbst, ich war da ziemlich polemisch in meinem ersten Kommentar zu dem Thema. Ich hab bewusst, auch einen “Disclaimer” vorneweg gesetzt

    *Ja, ich weiß, ich bin jetzt polemisch, aber das muss jetzt sein. Sorry!*

    Klar, der ging in dem Rant dahinter wahrscheinlich unter. Es ging mir wirklich nur darum mal aufzuzeigen, wozu dieser 100%-Sicherheit-Fehlschluss, der sehr verbreitet ist, im Extremfall führen kann und warum ich da wenig Spaß verstehe.

    Ich beneide gerade Markus als Freien nicht darum, solche Klippen umschiffen zu müssen, insbesondere angesichts der anderen Zwänge, denen er sich beugen muss.

    Und Marcus, Du tust Dich ja auch als jemand hervor, der das Problem als solches erkennt und versucht damit umzugehen. Sonst hättest Du das Thema ja auch kaum aufgegriffen. Mehr verlangt auch kein Mensch.

    P.S.: Tolle Studie, die Du da gefunden hast. Werde ich mir mal beizeiten in Ruhe zu Gemüt führen ;-)

  23. #23 Marcus
    8. Dezember 2008

    @Ludmila
    vergeben und vergessen.

    Weiter kämpfen. :-)

  24. #24 sil
    9. Dezember 2008

    @Christian:
    Die Beispiele sind alle sehr interessant und das Taxiproblem kenne ich auch. Ich habe nämlich vor ein paar Wochen das Buch “Der Schein der Weisen: Irrtümer und Fehlurteile im täglichen Denken” gelesen. Daher habe ich sie vor kurzer Zeit wieder aufgefrischt.
    Viel dazu schreiben kann ich nicht, da in meinem Berufsleben üblicherweise der Dreisatz und Prozentrechnung ausreichen. Mein Mathe ist etwas eingerostet.

    Wer sich richtig aufregen will, schaut ganz einfach mal beim Kamenin vorbei.
    Der hat den Spiegel beim Bullshitten erwischt:
    https://kamenin.wordpress.com/2008/12/06/entwissenschaftlichungsjournalismus/