Moderatoren von Wissenssendungen scheinen gerade beliebt bei Werbetreibenden zu sein. Zu Jörg Pilawa hatte ich hier schon was (übrigens, inzwischen gab es eine Rückmeldung des Wurstherstellers). Über Hendrik Hey habe ich mich nebenbei hier schon zumindest geärgert. Der Dritte im Werbebunde ist derzeit Aiman Abdallah. Er erklärt (natürlich) die Vorzüge eines bestimmten Joghurts. Dabei nutzt er genau den Trick, den man immer verwendet, wenn man die wahren Verhältnisse verschleiern will. Er nutzt relative Größen (Prozentzahlen o.ä.) anstatt absolute Werte (2; 10 o.ä.), um so zu verschleiern wie wenig Frucht eigentlich in einem Kirschjoghurt steckt (ist eben Werbung, was soll man machen).
Der Kollege Marcel Bülow, der derzeit an der TU Dortmund seinen Master in Wissenschaftsjournalismus macht, hat sich mal die Mühe gemacht, auszurechnen, wie viel Frucht tatsächlich in dem Joghurt steckt. Und damit den Job erledigt, den Abdallah eigentlich hätte machen müssen: Nämlich nicht verschleiern, sondern erhellen (na gut, so ist die Welt), (oder hat er es vielleicht mal in seiner Wissenssendung gemacht?)
(play drücken bringt nichts, ist nur ein Screenshot)
Hier Marcels Gastbeitrag. (Danke dafür.)
Ich hatte den Beitrag zu Jörg Pilawas “Werbespott” gelesen und mich köstlich amüsiert (“Danke für die Blumen”, die Red.). Gleichzeitig fiel mir ein anderer Wissensshow-Moderator ein, der derzeit ebenfalls fleißig die Werbetrommel rührt. Die Rede ist von Mystery-Chef Aiman Abdallah.
Ganz in Gallileomanier macht er in einem aktuellen Joghurt-Spot einen “Versuch” und klärt nach Angaben des Unternehmens:
“Was Sie schon immer wissen wollten, aber sich bis jetzt nicht zu fragen getraut haben. (…) Warum schmeckt Froop eigentlich so fruchtig und wie bekommt man soooo viele Früchte überhaupt in einen Becher?”
Abdallahs Ergebnis:
“Für Froop braucht man nicht nur viele sonnengereifte Früchte, sondern doppelt so viele – wie vorgeschrieben.”
Und obwohl das Schwingen von Baum zu Baum und das Sammeln von Kirschen in zwei Körben nach wissenschaftlichen Richtlinien einen zu diskutierender Versuch darstellen könnte, nehmen wir Abdallahs Resultat einmal hin. Als Gallileo-Versuchekönig weiß er schließlich was er tut …
Wenden wir uns nun aber seinem Ergebnis zu. Als kritischer Zuschauer stellt man sich natürlich die Frage: Wie viel genau ist drin, an Frucht?
Durch einen Blick auf die Inhaltsstoffe des Froops erfährt der Suchende, dass 33 Prozent des Inhalts aus einer “Fruchtzubereitung” besteht. 33 Prozent! Das hört sich gut an, ist ja immerhin ein Drittel. Doch zu dieser Zubereitung zählt nicht die Frucht allein, sondern auch Kirschsaft aus Kirschsaftkonzentrat, Wasser, Zucker, Kirschpüree, Zitronensaft aus Zitronensaftkonzentrat, Speisegelatine, färbende Frucht- und Pflanzenextrakte (schwarze Karotte, Holunderbeere), Aroma und Stickstoff. Also ein bunter Mix aus Zutaten, die in der Regel recht wenig mit der eigentlichen Frucht zu tun haben.
Mit den Informationen von Müller kommen wir also nicht weiter. Andere Überlegungen müssen her. “Doppelt so viel wie vorgeschrieben” sagt Abdallah in dem Spot. Hmmm… wie viel ist eigentlich vorgeschrieben?
Im Grunde kommt es darauf an wie die Molkerei Müller ihren Froop kennzeichnet. Denn: “Der Fruchtgehalt von Fruchtjoghurterzeugnissen soll bei ,Fruchtjoghurt’ und ,Joghurt mit Früchten’ mindestens 6 % Frucht betragen (…), für ,Joghurt mit Fruchtzubereitung’ reicht ein Mindestfruchtanteil von 3,5% aus. Für ,Joghurt mit Fruchtgeschmack’ genügt nach der BLLRichtlinie sogar ein Fruchtgehalt unter 3,5 %.”
Im Internet hält sich Müller mit einer genauen Bezeichnung des Froops jedoch bedeckt, ordnet ihn auf seiner Seite lediglich der Kategorie Joghurt zu. Da in den Packungsinformationen jedoch von einer “Fruchtzubereitung” die Rede ist, gehe ich einmal von einem Mindestfrucht von 3,5 Prozent aus. Verdoppelt macht das dann 7 Prozent und bei einem 150g Becher somit ganze 10,5g Frucht.
Fazit: Handelt es sich bei Froop tatsächlich um einen “Joghurt mit Fruchtzubereitung”, entspricht der Fruchtanteil in einem Becher (abhängig von ihrer Größe) zwei, drei Kirschen. Und auch wenn man hier noch diskutieren könnte, ob dies tatsächlich “soooo vielen Früchte” sind, ist es spätestens bei einem Froop Erdbeer vorbei: Hier wäre es lediglich eine Fucht.
Und wie passt dieser “Fruchtalarm” nun in einen einzigen Becher? “Erst feingemixt“, kombiniert Abdallah mit beeindruckender Logik und schreddert die Kirschen samt Steinen zu Mus.
Alles klar? Alles leer. Alles Müller. Oder was?
P.S: Sollte es sich tatsächlich um einen “Fruchtjoghurt” handeln, würde sich der Mindestanteil entsprechend auf 6 Prozent erhöhen. Doppelt so viel würde dann 18g Frucht je Becher entsprechen.
Bitte dazu Marcels Hinweis in den Kommentaren beachten.
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