Cellagon aurum ist ein Saft, in dem so ziemlich alles drin ist, was man sich an Früchten, Gemüsen und Vitalstoffen vorstellen kann. Muss ja auch, denn die Lebensmittel der modernen Welt enthalten immer weniger Nährstoffe, sagt der Hersteller. …
Cellagon aurum ist …
“(…) ein Bioaktivgrundstoff zur täglichen Rundum-Versorgung aus den Press-Säften und Extrakten von über 40 verschiedenen Obst-, Frucht-, Kräuter- und Gemüsesorten. (…)”
Übrigens trinkt man den Saft nicht direkt, sondern verdünnt ihn mit Wasser. Der halbe Liter dieser konzentrierten Frucht- und Gemüsebombe kostet fast 50 Euro. Sieht man sich die Liste der verwendeten Früchte an, kommt man kaum umhin anzunehmen, dass hier nach dem Ansatz “Viel hilft viel, noch mehr, hilft noch mehr” verfahren wird.
Hier ein Screenshot von der Produktseite, die die verwendeten Früchte, Gemüse und Kräuter aufzählt:
(Wem es aufgefallen ist: Es dürfen natürlich nicht die die unvermeidlichen Vitalstoff-Bestseller fehlen wie: Aloe Vera, Q10, Gelée Royale, Omega 3-Fettsäuren, L-Carnitin, Traubenkernextrakt mit OPC.)
Aber warum das alles? Den Hintergrund verdeutlicht einer der Titel
der Bücher, das der Chef der Firma, Herr Berner, vor Jahren schrieb:
Auf der Webseite wird der Interessierte darauf eingestimmt, wie schlecht es um unsere Lebensmittel stehe. Es ist die klassische “Unsere Lebensmittel enthalten immer weniger Nährstoffe und Vitamine“-Story. Hier ein Auszug:
“Unsere Tische biegen sich, und was wir essen, ist oft vom Feinsten: (…) Also müssten wir – vom Übergewicht mal abgesehen – kerngesund sein. Vitamine, Mineralien, Spurenelemente stehen reichlich zur Verfügung. Doch das ist ein Irrtum. In diesen Bereichen sind wir unterernährt. Wir leiden Mangel im Überfluss, denn in Obst und Gemüse ist nicht mehr drin, was mal drin war.
Wissenschaftler schlagen deshalb Alarm. “Wir müssen davon ausgehen, dass mehr als zwei Drittel aller Deutschen ab 50 Jahre zunehmend an subklinischen Mangelzuständen leiden. Die Menschen sind noch nicht krank, aber das Immunsystem ist geschwächt. Sie leiden an ständiger Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, Schlafstörungen. (…)”
(…) Bei 20- bis 35-Jährigen wurden ebenfalls eindeutige Mangel-Situationen festgestellt. Wir brauchen viel mehr Vitamine und Mineralien als früher. Die Gründe: Stress durch die gewachsene Arbeits-, Freizeit- und Umweltbelastung. (…)
Noch schlimmer trifft es ältere Menschen. So wurde der Ernährungszustand von 300 Achtzigjährigen untersucht. Das Ergebnis: Zwei Drittel von ihnen litten unter Vitaminmangel – vor allem A und C.”
(Spontaner Einwurf: Wie schafften es diese 80-jährigen Menschen nur, so alt zu werden? Das aber nur am Rande.)
Belege, wer das wo gesagt hat, bleibt die Marketingseite schuldig.
Einerseits verweist die Firma auf die “5 am Tag“-Empfehlung der DGE, unterschlägt aber zugleich deren Untersuchung zur angeblichen Nährstoffmangel in Obst und Gemüse. Die DGE war zuletzt 2006 zu dem Ergebnis gekommen: “Gemüse und Obst sind nicht nährstoffverarmt!”
Die Situation ist laut Berner trotzdem klar: Es gibt einen Mangel an Vitaminen und Nährstoffen in der Bevölkerung. Dieser Mangel kann aber nicht ausgeglichen werden, weil es Obst und Gemüse selbst daran mangelt. Also muss man nachhelfen.
Aber: Tabletten und Kapseln helfen da natürlich nicht weiter, denn der Mensch ist keine Maschine. Es hilft nur “Natur und Qualität”.
Deshalb dieser besondere Saft (natürlich ohne Gentechnik), der nach einem patentierten Verfahren den Menschen hilft, die Mangelzustände zu beseitigen. Aus dem Marketingtext:
“Die biologische Wirkung der hitze-, licht- und luftempfindlichen Bioaktivstoffe bleibt somit erhalten und bringt Sie jeden Tag in Bestform!”
(Wie gut oder schlecht dieses patentierte Verfahren wirklich ist, kann ich nicht sagen. Ist aber auch nicht mein Thema.)
Es ist dieses klassische “Natur ist gut, Chemie ist schlecht, die Moderne macht den Menschen krank“-Milieu, in dem der Saft gedeiht und an dessen Klientel er sich richtet. (Dass das Saftgemisch den “künstlichen” Süßstoff Sucralose enthält, den man ohne moderne Chemie gar nicht zustande brächte, das erfährt man nur, wenn man die Zutatenliste bis zum Ende liest. Der Stoff ist auch als Trichlorsaccharose (hört sich gleich noch chemischer an) oder E 955 bekannt).
Wie der toll der Saft ist, das untermauert eine wissenschaftlichen Studie, die zeigen soll, was der Saft alles kann. Diese Studie hatte ich mir in der ersten Staffel besorgt und zwei Medizinern unabhängig voneinander vorgelegt.
Was die davon halten, erzähle ich dann aber wirklich in der nächsten Folge.
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