Hier auf den Scienceblogs braucht man das Wort Homöopathie nur hauchen und schon bricht ein Sturm der Kommentatoren los und es beginnt wieder von vorne, die Diskussion über potenzierte Kügelchen, Similé-Betrachtungen und der Wahnsinn der dahinter steckt, wenn man nur mal anfängt darüber nachzudenken.
Was dem ganzen fehlt ist eine gewisse Leichtigkeit und eine Prise Humor. Und wenn es um das Thema Medizin geht, gibt es kaum einen besseren, der all das zusammenbringt, als Eckart von Hirschhausen.
Irgendwie führten die verschlungenen Wege des Internets den Comedian auf meinen Blog und es hat ihm hier gefallen. Als kleinen Dank überließ er mir folgende kleine Spitze, die viele kleine Wahrheiten enthält, nicht nur über die Homöopathie.
Freundlicherweise erlaubte er mir auch den Text mit meinen Bloglesern zu teilen. Einige werden ihn vielleicht kennen, aber es lohnt sich, ihn immer mal wieder zu lesen.
Viel Spaß also bei Eckart von Hischhausens Homöopathie-Text (bei dem es auch um Eigenurin geht).
HOMÖOPATHIE
Auf Partys sage ich nur sehr ungern, dass ich approbierter Arzt bin. Denn dann setzen zwei Reflexe bei allen Anwesenden ein. Ich höre mir eine halbe Stunde Schauergeschichten über das Versagen der Schulmedizin an, und dann soll ich mal kurz mitkommen und im Bad eine Hautverfärbung nach ihrer Malignität beurteilen.
Auf Partys redet man am besten über Homöopathie und Eigenurin. Damit haben alle immer nur gute Erfahrungen. Wer schlechte Erfahrungen gemacht hat, darf nicht mitreden. Stiftung Warentest hat gerade das Buch: Die Andere Medizin herausgegeben, und beiden Verfahren erneut die Wirksamkeit abgesprochen.
Ich mache mir aber keine grossen Illusionen darüber, dass die ständige wissenschaftliche Widerlegung vieler komplementärer Verfahren irgendetwas an ihrer Popularität ändert. Was Dieter Bohlen für die Unterhaltungsindustrie, sind die Globuli für den Gesundheitsmarkt – nicht wegzudiskutieren. Nichts ist erfolgreicher als der Erfolg.
Medizin ist in weiten Teilen bis heute keine Wissenschaft sondern Unterhaltungsindustrie. Kunst. Heilkunst. Die Kunst, dem Patienten die Zeit zu vertreiben, die der Körper braucht, um sich selbst zu helfen!
Das Wirksame an der Homöopathie ist die unverdünnte Sympathie. Jemand hört dir über Stunden aufmerksam zu, stellt Fragen, gibt dir wieder Hoffnung, Anweisungen und Struktur für dein Leben. Alles sehr wirksam, und das hört man heutzutage lieber vom Heilpraktiker als vom Therapeuten oder Pfarrer. Hochgiftiges wie Arsen, Bienengift oder Brechwurzeln wird solange verschüttelt bis nichts mehr davon im Wasser enthalten ist. Keine Chemie, kein Äba, keine Pharmaindustrie. Nichts was irgendwie Nebenwirkungen haben könnte. Das Wasser erinnert sich, womit es mal Kontakt hatte. Komisch – mein Kopf besteht zu über neunzig Prozent aus Wasser, und ich weiß oft schon am nächsten Tag nicht mehr, mit wem ich alles Kontakt hatte.
Zur Einnahme gibt es weitere selbsterfüllende Prophezeiungen: Werden die Beschwerden schlechter zeigt es, das Mittel schlägt an, wird es besser ist es auch das Mittel, und wenn sich über Wochen nichts tut – liegt es am Amalgam. Wer heilt hat recht, tut aber gut daran, das Rechtbehaltens vorher weitläufig auszulegen. Du bekommst etwas sehr Individuelles, DEIN Mittel, es ist nichts drin was schaden kann, denn dieses Millionstel ist alle Information, die dein Körper jetzt braucht.
Ich hab es tatsächlich für mich mal getestet. Es hat funktioniert. Und letzten Endes ist es mir egal, ob es an den Globuli lag oder an den hohen Dosen Mitgefühl. Als die Rechnung über zweihundert Euro kam, hab ich auch gleich bezahlt. Zwei Cent. Und dem Behandler erklärt. „Nach allem, was ich durch Sie gelernt habe, ist dies alle Information die Ihr Portemonaie gerade braucht!”
Und wenn ihr Arzt darüber lachen kann, dann bleiben sie bei dem. Wenn nicht – schnell verdünnisieren!
Anderer Fall: Eigenurin. Ich respektiere die Weisheit des Körpers. Wenn die Nieren etwas ausscheiden wollen, dann glaub ich ihnen das. Die filtern 180 Liter Blut jeden Tag, um alle Schadstoffe aus dem Körper zu entfernen. Und dann kommt jemand daher und sagt – booh. Was für ein besonderer Saft. Lass uns den oben wieder reinkippen. Anatomisch nicht korrekt – aber ich glaube, auch Nieren fühlen sich manchmal verarscht. Aber könnte man nicht das Verdünnen der Homöopathen UND den Eigenurin gleichzeitig anwenden? Ja, es geht. Im Schwimmbad! Kinder machen das intuitiv. Jetzt warte ich nur noch drauf, dass die Kasse das bezahlt.
Danke, Doc … :-)
Nachtrag (ich Schlunz):
“Aus: Eckart v. Hirschhausen. “Die Leber wächst mit ihren Aufgaben.” Rowohlt. Mit freundlicher Genehmigung des Autors”
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