– Als ich gestern diesen Post verfasste, war ich der festen Überzeugung, dass das Tier, dessen Brüllen ich aufgenommen hatte, ein Wildschwein war. Ich wurde schnell und einfach eines Besseren belehrt (siehe Nachtrag). –

Es gibt Geräusche im Wald, die sind furchteinflößend, vor allem im Grau der Morgendämmerung, wenn abseits des Weges hinter jedem Stamm ein Monster stecken könnte (es gibt ja nicht nur süße Rehe (Ha ha, siehe Nachtrag) und Eichhörnchen).

But it was not the sight of her body, nor yet was
it that of the body of Hugo Baskerviile lying near her, which raised the hair upon the heads of these three dare- devil roysterers, but it was that, standing over Hugo, and plucking at his throat, there stood a foul thing, a great, black beast, shaped like a hound, yet larger than any hound that ever mortal eye has rested upon. And even as they looked the thing tore the throat out of Hugo Baskerville, on which, as it turned its blazing eyes and dripping jaws upon them, the three shrieked with fear and rode for dear life, still screaming, across the moor.

Die Phantasie kann einem ganze schöne Streiche spielen, wenn man nur hört und nichts sieht (allerdings, siehe Nachtrag). Wie groß, grauslich und gewaltig mag wohl das Tier gewesen sein, dessen durchdringendes Brüllen ich da eingefangen habe. Wenn je jemand darüber nachgedacht haben sollte, wie er den Hund der Baskervilles akustisch darstellen will, dann sollte er sich meine Aufnahme anhören. Markerschütternde Schreie im Morgen des Waldes. Und ich bin froh, dass dieses Biest in ausreichender Entfernung brüllte.

Wer den vollen Gruseleffekt erleben will, sollte die Lautstärke ordentlich aufdrehen, sich aber nicht wundern, wenn jemand ins Zimmer kommt und fragt, ob noch alles in Ordnung ist. Erst bei angemessener Lautstärke entfaltet sich das Brüllen, Knurren und Bellen so richtig. Wenn man dann noch kurz ausblendet, um was für ein Tier es sich tatsächlich handelt (und das fällt nicht so schwer bei diesem Geräusch), noch ein wenig die Phantasie spielen lässt, wie dieses Monster vielleicht aussehen könnte, dann spürt man die Kälte des Grauens so richtig schön über den Rücken ziehen:

(Das folgende stimmt zwar noch irgendwie, aber siehe Nachtrag) Wildschweine sind die wohl am meisten unterschätzen Bewohner deutscher Wälder. Mir sind die Graukittel in letzter Zeit (seit ich noch früher als sonst durch den Wald ziehe) mehrmals über den Weg gelaufen. Und mehr als einmal gab eines der Tiere ein kräftiges Schnauben oder Knurren von sich, das erahnen lässt, welche Kraft in so einem ausgewachsenen Wildschwein steckt.

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Seitdem verlasse ich die Waldwege nicht mehr, solange der Morgen graut. Meinen Respekt haben die Schweine.

Nachtrag (21:55 Uhr):

Und hier der Beweis, wie sehr mir meine Phantasie einen Streich gespielt hat: Das Wildschwein war ein Rehbock (dank an Wurgl und Jürgen Schönsten):

Fotos: Wikipedia
Textauszug aus Conan Doyle: Sherlock Holmes in ‘The ‘Hound of the Baskervilles’ (pdf).

Kommentare (17)

  1. #1 Wurgl
    22. Juli 2012

    Hab mal einen Jäger gefragt, okay der geht seit ein paar Jahren nicht mehr in den Wald, aber trotzdem. Und der meinte <copy-paste>”ich würde eher auf rehe tippen wildschwein auf keinen fall</copy-paste>

  2. #2 Jürgen Schönstein
    22. Juli 2012

    Ich erinnere mich auch aus früheren (viiiel früheren) Waldwanderungen an das Bellen der Rekböcke. Und vielleicht spielt ja dieser Videoclip in Deutschland, da ist dieses “Bellen” nämlich auch deutlich zu hören.

  3. #3 znEp82
    22. Juli 2012

    Ja Wildschweine können einem Angst machen
    Ich hab mal nachts beinahe ein Frischling mit dem Fahrrad gestreift, hab es aber zum Glück noch rechtzeitig gesehen. Ich vermute mal das ich die Begegnung mit der Sau nicht unbeschadet überstanden hätte.

  4. #4 Jürgen Schönstein
    22. Juli 2012

    @Marcus
    Um unseren inoffiziellen “Das-kann-ich-toppen”-Wettbewerb fortzusetzen: Rate mal, wo mir das Herz hingerutscht war, als ich an meinem ersten Frühmorgen in Costa Rica, noch ehe die Sonne aufgegangen war, von so einem Geräusch geweckt wurde: Rrrruoahhh!

    Leider sind die eigenen Aufnahmen von Geschrei und Aussehen dieser insgesamt sehr possierlichen Tierchen nach einem Harddisc-Crash praktisch unauffindbar geworden (sind noch da, aber nicht mehr sortiert und suchbar), darum musste ich mich bei Wikimedia Commons bedienen.

  5. #5 Marcus Anhäuser
    22. Juli 2012

    äh, das finde ich jetzt eine überraschende Aussage. Wie komme ich auf Wildschwein? Weil ich zuvor zweimal zwei Wildschweinen begegnet bin, und das vom Tonfall ganz ähnlich klang, das waren zwar andere Lautäußerungen, aber Volumen, auch das Knurren, waren ähnlich.

    Ein Reh … da hätte mir meine Phantasie ja wirklich einen Streich gespielt.

  6. #6 Marcus Anhäuser
    22. Juli 2012

    Hammer, das Wildschwein war ein Rehbock, habe es schon geändert. Hammer.

  7. #7 Marcus Anhäuser
    22. Juli 2012

    oh, icy glaube ich habe Scienceblogs kaputt gemacht, auf der Homepage ist bei mir alles durchgestrichen, wirklich alles. Ich hatte in der Überschrift das ‘Schwein’ per < strike >-tag durchgestrichen, das hat sich wohl auf die ganze Seite übertragen. Jetzt habe ich es rausgenommen, aber auf der Homepage ist Immer noch alles durchgestrichen. Pardon.

  8. #8 Marcus Anhäuser
    22. Juli 2012

    puh, jetzt stimmt alles wieder. Glück gehabt. Poste ich morgen mal, sah witzig aus.

  9. #9 Wurgl
    22. Juli 2012

    Rätsel gelöst. Und nun das nächste :-)

    Aber im Ernst, auch so ein Rehlein klingt sehr seltsam und ich hätte das nicht erwartet. Aber für solche Fragen hab ich ja den IRC-Joker :-)

  10. #10 NukeJay
    23. Juli 2012

    Huch, das Bellen des Rehs hört sich ja fast genauso an, wie das meines Dackels. Verdächtig.. verdäächtig. O.o

  11. #11 Jochen
    23. Juli 2012

    Hihi – dann bin ich ja nicht der einzige:
    Vor einigen Jahren am frühen morgen im fast komplett dunklen Wald kam so ein Bellen auf mich zu und rannte begleitet von Knacke gefühlte 50cm an mir vorbei. Ich war auch von Wildschwein überzeugt bis mir mein Friseur (Hobbyjäger) glaubhaft machen konnte dass es wohl ein Reh gewesen war. Das kann einem durch Mark und Bein gehen! Huibuuuuh ;-)

  12. #12 Marc
    23. Juli 2012

    Hui, ein Rehbock? Hätte ich auch nicht gewußt.

    Erinnert mich an ein eigenes Erlebnis: mitten im australischen Eukalpytusdschungel hörten wir plötzlich ein dunkles, dröhnendes Geschrei. Irgendwas zwischen Knurren, Bellen und dem berühmten Metro-Goldwyn-Mayer-Löwen-Gebrüll. Ich dachte selbst intuitiv an ein Wildschwein (und sah schon einen 3-Zentner-Koloß auf uns zustürmen)… es war aber, und insofern irgendwie ganz ähnlich wie bei Dir, ein harmloser Koala. ;-)

    Leider hatte ich kein Aufnahmegerät dabei. Es ist aber definitiv ein heftiges Gebrüll. Man denkt an ein Tier, das mindestens 100kg auf die Waage bringt. Einen kleinen Eindruck des Koala-Gebrülls bekommt man in diesem Video

  13. #13 WolfgangK
    23. Juli 2012

    Bei dem Wildschwein war ich mir auch nicht sicher, denn beim letzten schon länger zurückliegenden Waldspaziergang konnte ich gleiches Bellen vernehmen und dachte eher an des Försters Dackel. Mein Begleiter sagte aber im typisch fränkischen Dialekt: “Koa Hund, des is a Bock” und ich dachte zuerst an Ziege (was macht denn die im Wald?), bis mir dann klar gemacht wurde, es bellt das Reh.
    Als ich mir dann vor ein paar Tagen das “Wildschwein” auf dieser Placeboalarmseite anhörte, welches genauso klang wie des Försters Hund, als Wildschwein klassifiziert wurde und doch eher im Hinterkopf ein Bock sein sollte und keine Ziege, war ich wieder verwirrt. Da ich aber in der Stimmerkennung – egal ob Vogel oder Vierbeiner – zu den absolut Ahnungslosen gehöre sagte ich zu mir “Schweig!” und schwieg. Nun ist es doch ein (Reh-)Bock, und mein chaotisches Wildschweinehundstimmenverwechslungsbild ist wieder gerade gerückt. Danke!

  14. #14 Marcus Anhäuser
    23. Juli 2012

    @WolfgangK

    ich war mir aber auch sowas von scher …

  15. #15 jitpleecheep
    23. Juli 2012

    Uah, ich wär ja sowas von gerannt wenn ich das gehört hätte…
    Aber es ist schon strange wie abgekoppelt man von all dem ist…

    Kurzer Schwank:
    Meine Eltern sind vor ca. 15 Jahren aufs Dorf gezogen, und ich später unabhängig davon an den Waldrand einer Kleinstadt (aber mit 400km Distanz).
    Ein paar Jahre war alles ganz normal, bis dann auf einmal an beiden Orten (relativ zeitgleich!) nachts gar schröcklichstes Gebrüll zu vernehmen war.
    Es hat dann ein wenig gedauert, bis mir das Internet (ausgerechnet) verraten hat, dass das Füchse sind…
    https://www.fuechse.info/sounds/fuchsruf.wav
    Das klingt jetzt auf der Aufnahme irgendwie so meh, aber als die das erste Mal bei meinen Eltern unter meinem Fenster hin und her rannten saß ich echt senkrecht im Bett und dachte “sie sind gekommen um dich zu holen”… O_o

    Ich versteh aber immer noch nicht, warum das echt plötzlich und quasi zeitgleich vor mehreren Jahren angefangen hat. Kann da mal jemand seine JägerfreundInnen befragen? Sind die kürzlich extreme Kulturfolger geworden, oder wie?

    Anyhows, man kommt sich irgendwie erbärmlich vor, wenn man mit mitte 20 das erste Mal Füchse wahrnimmt… Hm.

  16. #16 Marcus Anhäuser
    24. Juli 2012

    @ jitpleecheep

    Ich versteh aber immer noch nicht, warum das echt plötzlich und quasi zeitgleich vor mehreren Jahren angefangen hat. Kann da mal jemand seine JägerfreundInnen befragen? Sind die kürzlich extreme Kulturfolger geworden, oder wie?

    ich schätze mal, das kommt dir nur so vor. Füchse waren doch schon immer in der Nähe von Siedlungen zu finden, denk doch nur mal an all die Fuchs klaut Geflügel aus dem Hühnerstall-Geschichten/Märchen.

    man kommt sich irgendwie erbärmlich vor, wenn man mit mitte 20 das erste Mal Füchse wahrnimmt…

    Das mit dem akustischen wahrnehmen ist einfach Glücksache. Ich habe den Rehbock auch zum ersten Mal gehört (sonst hätte ich ihn wohl nicht als Wildschwein erkannt), und ich bin ein bisschen älter …

  17. #17 Skeptikskeptiker
    25. Juli 2012

    Also mal ehrlich, dazu fallen mir wieder die “lila” Kühe auf der Weide ein.
    Ein bisschen könnte man schon über Fauna und Flora der Heimat wissen.
    Anderseits kann ich mich erinnern, dass meine Eltern (vor Jahrzehnten) schon mal nachts im Garten fast vor einem quickenden und fauchenden Igel reißaus genommen hatten.
    Übrigens während meines GWD standen wir regelmäßig im Wald auf Wache mitten im Wildschweinrudel, mit Frischlingen, dringlichst dazu angehalten, die teuren Patronen im Magazin zu behalten, musste man halt mal einen Moment warten, bevor man weitergehen konnte.