Ganz allgemein bewegen sich genetische Erklärungen für Verhaltensunterschiede zwischen menschlichen Populationen auf dünnem Eis – zumal wenn sie so deutliche Unterschiede erklären sollen, wie die gegenwärtige Fertilitätskluft zwischen Europa und Teilen Afrikas. Aus der Populationsgenetik wissen wir, dass genetische Unterschiede innerhalb menschlicher Gruppen grösser sind, als die mittleren Unterschiede zwischen solchen Gruppen. Genetisch betrachtet können sich Peter und Kofi also durchaus stärker ähneln als Peter und Bernd. Außerdem gibt es keinen direkten Weg von Gen zu Phänotyp für menschliches Verhalten. Selbst stark erbliche Eigenschaften wie der IQ hängen massiv von den Umständen ab, in denen sie sich entfalten.
Ist Höckes Pseudobiologie wirklich Rassismus? Oder handelt es sich bei dieser Interpretation um eine ‚Fehldeutung‘, wie er und der AfD-Vorstand beteuern. Wikipedia weiß: ‘Rassismus, im strengen Sinne des Wortes, erklärt soziale Phänomene anhand pseudowissenschaftlicher Analogieschlüsse aus der Biologie’. Höcke liefert ein Paradebeispiel.
Benjamin de Haas ist Diplom-Psychologe und in “Neuroscience” promovierter. Der Neurowissenschaftler ist DFG-fellow am University College London (UK), wo er unter anderem zu inter-individuellen Unterschieden im menschlichen Gehirn forscht. Die hier geäußerten Ansichten sind seine eigenen und nicht notwendigerweise identisch mit denen seiner Arbeitgeber.
Hinweis: In der ersten Fassung hatte ich den Titel von Benjamins Artikel übernommen “Höckes Rassismus ist Blödsinn”. In Absprache mit ihm, habe ich ihn aber geändert, weil man ihn missverstehen könnte (als ob es einen auch irgendwie nachvollziehbaren Rassismus gäbe). Da das nicht in meinem Ansinnen als auch Benjamins Vorstellung entspricht, haben wir den Titel geändert.
Foto: Screenshots aus dem Video “The River of Myth” von Gapminder, Hans Rosling
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