Im aktuellen Bundesgesundheitsblatt gibt es eine Übersichtsarbeit (hier als pdf, jetzt nicht mehr) zur Lage der Krankenversicherten. Zwei Gesundheitsforscher haben sich Studien angesehen, in denen gesetzlich Versicherte mit privat Versicherten verglichen werden. Es geht um Fragen wie: Wer wird besser oder schlechter behandelt? Wer muss länger warten? Wer bekommt welche Medikamente? Kurz: Wer ist besser versorgt?

Journalistisch zugespitzt lautet die Frage: Gibt es in Deutschland eine Zwei-Klassen-Medizin, die dazu führt, das Menschen, die privat versichert sind, auch besser versorgt sind?

Die Antwort der Autoren dieser Arbeit erscheint erst einmal eindeutig, insofern, dass es offenbar klare Unterschiede gibt:

PKV-Versicherte erhalten häufiger innovative, patentgeschützte Medikamente und seltener Generika, sie müssen nicht so lange auf einen Arzttermin warten, sie gehen seltener zu einem praktischen Arzt (beziehungsweise Arzt für Allgemeinmedizin), sie werden bei Organtransplantationen offenbar bevorzugt, sie können Zuzahlungen finanziell besser verkraften, und sie fühlen sich vom Arzt besser verstanden.

Dass GKV-Versicherte schon irgendwie im Nachteil sind, darauf weisen auch Aussagen hin wie:

(…) weisen alle Studien übereinstimmend darauf hin, dass die GKV- Versicherten zumeist kränker sind als die PKV-Versicherten.(…)

(…) Eine Benachteiligung der GKV-Versicherten deutet sich zum Beispiel bei Organ-Transplantationen an, bei der finanziellen Belastung durch Zuzahlungen, bei den Wartezeiten und beim Eingehen des Arztes auf den Patienten. (…)

(…) Offenbar erhalten PKV-Versicherte in der ambulanten Versorgung (…) in der Regel häufiger einen kurzfristigen Termin beim Arzt als GKV-Versicherte. (…)

(…) Es ist daher kaum erstaunlich, dass PKV-Versicherte bevorzugt behandelt werden. (…)

Klingt irgendwie schon nach Zwei-Klassen-Medizin.

Nur, all die schönen Ergebnisse sind nur bedingt das Papier wert, auf dem sie veröffentlicht wurden (oder müsste man inzwischen ‘pdf’ statt ‘Papier’ schreiben?), denn:

“Streng genommen, handelt es sich hier zumeist um Hypothesen, die in weiteren Studien noch eingehender überprüft werden sollten. (…) Methodische Schwächen zeigen sich vor allem bei elf der insgesamt 18 Untersuchungen, da bei ihnen keine statistische Kontrolle weiterer Variablen wie Alter, Geschlecht und Einkommen vorgenommen wurde. Zwar liegen bei fünf dieser Arbeiten Daten zu möglichen „Störfaktoren” vor, dennoch wenden die Autoren kein multivariates Analyseverfahren an. Auch werden nur in einer der elf Studien statistische Tests zur Kontrolle von Zufallsfehlern angewendet.”

Auf Deutsch: Ein Großteil der Forscher hat Daten gesammelt, sie schön zusammengestellt und geschaut, ob sie irgendwelche Muster finden (“bei PKVlern ist das so”, “bei GKVlern ist das so”) und waren zufrieden.

Ob es sich dabei aber um echte Muster und Zusammenhänge handelt, haben sie in den meisten Fällen gar nicht überprüft.

Sind Menschen in der GKV meist kränker als Menschen in der PKV, weil sie in der GKV sind (und vielleicht schlechter versorgt?) oder liegt es daran, dass sie im Durchschnitt älter sind oder ein geringeres Einkommen haben und PKVler eine höhere Bildung haben und sich gesundheitsbewusster verhalten? (das sind sog. “Confounder” oder “Störfaktoren”, also Faktoren, die man berücksichtigen muss, wenn man ein Ergebnis bekommt, weil sie vielleicht die eigentliche Ursache für dieses Ergebnis sind).

So genau kann man das wohl nicht sagen, weil einige Forscher sich scheuen ihre aufgespürten Muster mit statistischen Verfahren gegen zu checken (und damit Gefahr laufen, dass sich das schöne Ergebnis in Luft auflöst).

Einschub: Ein paar Forscher haben das gemacht und es lösen sich nicht alle Unterschiede auf, was darauf hinweist, dass es tatsächlich Unterschiede gibt. Z.B. bestätigt sich die Beobachtung, dass GKVler länger beim Arzt warten müssen und häufiger Generika bekommen, während PKVler eher “innovative, patentgeschütze Medikamente” bekommen. Ob das mit den Generika letztlich ein so erheblicher Nachteil ist, der sich das auf ihre Gesundheit und letztlich ihre Sterblichkeit auswirkt, ist allerdings fraglich, weil wir ja wissen, das neu und innovativ nicht immer besser ist).

Ich finde das ärgerlich mit der fehlenden statistischen Analyse. Als ob ein beträchtlicher Teil der Forscher immer nur die Hälfte der Arbeit gemacht hätte.

Die Bayern sagen: g’schlampert.

Damit liefern sie Stoff für Phantomdebatten über Phantomergebnisse, weil die präsentierten Ergebnisse möglicherweise nur in der Datensammlung vorhanden sind und nicht in der Realität.

Aber warum ist das so? Unvermögen, mangelnde Ausbildung, Absicht? Keine Ahnung. Wahrscheinlich wie immer von jedem ein bisschen.

Wer kann’s mir erklären?

Wie soll man eine vernünftige Debatte führen, wenn die Ergebnisse auf so wackligen Füßen stehen?

Ich habe eine der Autorinnen angeschrieben, und sie gefragt, ob sie eine Erklärung dafür hat.

Disclaimer: Ich bin gesetzlich versichert und hege eine gewisse Sympathie für dieses System im Gegensatz zum privat versicherten System.

Kommentare (48)

  1. #1 toaster
    22. September 2010

    Disclaimer ;): Ich bin privat versichert und hege eine gewisse Sympathie für dieses System…

    Auf jeden Fall habe ich persönlich schon folgendes erlebt. Es ging um einen Termin bei einem speziellen Arzt, der eine teure Untersuchung durchführen sollte. Der behandelnde Spezialarzt sagte fast wörtlich: „Aber das dauert, bis Sie da einen Termin bekommen. – Ach, ich sehe gerade Sie sind ja privat versichert. Dann ist das ja kein Problem.“
    Der besagte Termin war dann am nächsten Tag.

    Andererseits habe ich bei den von mir bisher aufgesuchten Allgemeinärzten nicht das Gefühl, daß ich schneller behandelt werde als früher, als ich noch gesetzlich versichert war. Aber das ist natürlich hochgradig subjektiv.

    Auf jeden Fall sind die (Allgemein)Ärzte verschreibungsfreudiger. Schließlich bezahlt ja erstmal der privat Versicherte die Medikamente und ob er das Geld dann von seiner KV wiederbekommt ist sein Problem. Allerdings hatte ich diesbezüglich auch bei eher fragwürdigen Erkältungsmittelchen noch keine Probleme.

    Insgesamt bin ich der Meinung, daß es schon signifikante Leistungsunterschiede zwischen PKV und GKV gibt. Wie groß der Unterschied ist, hängt letztlich auch vom PKV-Tarif ab.

  2. #2 Marcus Anhäuser
    22. September 2010

    @toaster
    dieses “früher dran kommen” ist ja eines der Ergebnisse, dass recht fundiert ist, wie ich oben schrieb.

    Die Autoren haben auch eine Erklärung:

    Die Unterschiede zwischen dem GOÄ-System der PKV und dem EBM- System der GKV führen dazu, dass gleiche ärztliche Leistungen bei GKV-Versicherten erheblich geringer vergütet wer- den als bei PKV-Versicherten. Es ist daher kaum erstaunlich, dass PKV-Versicherte bevorzugt behandelt werden.

  3. #3 Marcus Anhäuser
    22. September 2010

    … eine andere Frage ist aber, ob das letztlich auch dazu führt, dass GKVler schlechter behandelt werden und am Ende länger krank sind, länger leiden oder früher sterben. Das geben die Daten wohl (noch) nicht her.

  4. #4 derari
    22. September 2010

    Die Debatte um die Zwei-Klassen-Medizin ist albern. Grade Generika und Praxis-Wartezeiten sind doch nun wirklich egal.
    Wer mehr Geld hinlegt bekommt den teuren Stoff und ist der beliebtere Kunde. Willkommen im Kapitalismus, den abschaffen will ja auch keiner. Bei dem was die gesetzlichen für eine Untersuchung zahlen möchte ich es keinem Arzt vorwerfen, wenn er die Zeit für Begrüßung und Smalltalk einsparen muss.
    Die wirkliche Ungerechtigkeit dieses Systems ist doch, dass die privat Versicherten sich aus dem Solidaritätsprinzip ausklinken, aber das schein irgendwie keinen zu stören…

  5. #5 Marcus Anhäuser
    22. September 2010

    @derari

    aber das schein irgendwie keinen zu stören…

    Doch, mich schon. Da sind wir schon zwei ;-)

  6. #6 AndreasM
    22. September 2010

    Mit mir definitiv schon drei. Das gleiche gilt aber auch für die Beitragsbemessungsgrenze, die auch das Solidaritätsprinzip durchbricht zu Lasten der Mittelschicht.

    Praxis-Wartezeiten können schon recht relevant sein, wenn es sich nicht nur um ein paar Stunden hin oder her handelt, da jede Verzögerung bei Diagnose und Therapie wohl auch die Leidenszeit verlängert.

    Momentan sieht es ja leider so aus, als würden die PKV weiter gefördert durch die Möglichkeit, die Zwangsrabatte der GKV zu übernehmen. Und gleichzeitig werden weitere Schritte unternommen hin zu einer weiteren Aushöhlung der Solidarität durch Zusatzbeiträge.

  7. #7 Gesetzlich versichert
    22. September 2010

    Sind GKVler kränker als PKVler? Vielleicht. Vielleicht auch deshalb, weil eine PKV nicht alle versichern muss, z.B. wenn Vorerkrankungen bekannt sind.
    So hat sich eine PKV geweigert, meinen Sohn als Versicherten aufzunehmen, weil eine Neurodermitis bei ihm (im Alter von 0 Jahren) diagnostiziert war.
    Kein Beinbruch: Er ist über die Familienversicherung in die GKV gekommen. Diese hat in diesem Fall 1 Kranken mehr.

  8. #8 beebeeo
    22. September 2010

    …die privat Versicherten sich aus dem Solidaritätsprinzip ausklinken…

    so einfach ist dass aber nicht. Der Grund dafür ist hier versteckt:

    gleiche ärztliche Leistungen bei GKV-Versicherten erheblich geringer vergütet wer- den als bei PKV-Versicherten.

    Wenn es keine Privat versicherten gäbe, würde es sich kaum lohnen eine Praxis zu haben. Die Tatsache das was Ärzte von den GKVs bekommen gerade genug ist um kosten zu decken bedeutet ja dass der Großteil des Gewinnes von den Privaten kommt. Man könnte das als eine Art Subventionierung ansehen. Das soll nicht heißen dass es das gerechteste Modell ist aber vollkommen aus dem Solidaritätsprinzip ausgeklinkt sind PKV Versicherte sicherlich nicht.

  9. #9 Jörg Zimmermann
    22. September 2010

    Es gibt zwei Arten der 2-Klassen-Medizin. Zum einen die Art wie der bei der Bahnfahrkarte. Wer 1. Klasse fährt, hat ein bißchen mehr Platz, und erhält ein paar überflüssige Dienstleistungen (Tageszeitung, vielleicht ein Stück Schokolade, eigener Warteraum…), aber er fährt im gleichen Zug und kommt zur gleichen Zeit an, wie der Reisende der 2. Klasse. Im allgemeinen ist das die Qualität des Unterschieds zwischen PKV und GKV. Und da PKVersicherte für etwas mehr Service auch bezahlen, ist es Unfug, daraus ein Thema zu machen, daß PKVersicherte oft (aber nicht immer) bei Terminvergaben bevorzugt werden und diverse Zuzahlungen bei ihnen bereits im Tarif integriert ist (bei GKVersicherten sind Zuzahlungen eigentlich nur Verlagerungen von der Versicherung in die private Verantwortung zur scheinbaren Tarifsenkung).

    Problematisch hingegen ist es, wenn die tatsächlichen Gesundheitsleistungen verschieden sind, wenn GKVersicherten sinnvolle Behandlungen vorenthalten werden, wenn also die Fahrkarte 2. Klasse nicht mehr den Ausstieg an allen Bahnhöfen und die Fahrt auf allen Strecken ermöglicht. Wenn dies aber geschieht, ist es der falsche Ansatz daraus eine Frage zu machen, ob PKVersicherte privilegiert sind, sondern die korrekte Frage ist dann, warum GKVersicherten ihnen zustehende Leistungen vorenthalten werden? Wo dies geschieht, würde ich unterstellen, daß die Ursache dafür ist, daß die Gesellschaft irgendwann implizit beschlossen hat, daß die Begrenzung des durchschnittlichen GKV-Beitrags ein wichtigeres Ziel ist, als die Leistungen der Gesundheitsversorgung immer dem sich verbessernden Stand der Forschung nachzuführen. Und dafür gesorgt haben lustigerweise ja auch Gesundheitsexperten, die sich zugleich über die 2-Klassen-Medizin aufregen.

    Untersuchungen zur Wartezeit auf Arzttermine, Originalpräparate statt Generika und ähnlichen sekundären Service halte ich daher für Unfug, da dies zu offensichtlichen Ergebnissen führt. Untersuchungen dazu, ob der Leistungskatalog der GKV verbessert werden muß, wären hingegen sinnvoll, aber vermutlich politisch unerwünscht, da man dann Maßnahmen folgen lassen müßte, die die Kosten der GKV weiter treiben würde. Ein gutes Gesundheitssystem hat seinen Preis. Wo der liegen müßte, sieht man an den Tarifen der PKV.

    Sind PKVersicherte unsolidarisch? Auch eine komische Frage. Sind Fahrer eines BMW Z3 unsolidarisch mit einem Fahrer eines alten VW Polo? Sollten sie verpflichtet werden, einen Teil ihres Budgets zum Autokauf an weniger Begünstigte abzugeben, damit jeder Bürger einen gleichwertigen fahrbaren Untersatz kaufen kann? Für Solidarität ist eigentlich der progressive Steuersatz und die sozialen Zuschüsse (Hartz4, Wohngeld, usw.) da. Wenn auch die Versicherungen die Umverteilung leisten sollen (was man der Krankenversicherung teilweise bereits auferlegt hat), wo will man eigentlich den Schnitt machen? Warum ist dann nicht auch der Preis von Bahntickets und Brötchen nach dem Einkommen gestaffelt? Wenn man alle in die GKV zwingt, ist das im Grunde nur eine verdeckte Steuererhöhung. Und wer es sich leisten kann, kauft sich eine Ergänzungspolice dazu und schon ist die 2-Klassenmedizin wieder da.

  10. #10 Marcus Anhäuser
    22. September 2010

    @alle
    bevor wir uns jetzt über PKV und GKV streiten, wäre es mir lieber, wenn wi mal auf`s Thema eingehen. Nämlich die schlechte Forschung, die zu dem Thema betrieben wird.

    Warum scheuen die Wissenschaftler die statistische Analyse?

  11. #11 Jörg Friedrich
    22. September 2010

    @Marcus Anhäuser: Ich glaube das liegt daran, dass die “statistische Fragestellung” gar nicht so einfach zu formulieren ist. Es gibt so viele Unterschiede zwischen den Vergleichsgruppen dass es kaum möglich sein dürfte, zwei Gruppen zu bilden, die sich nur hinsichtlich des einen Merkmals “GKV” oder “PKV” unterscheiden. Das Studien-Design ist einfach sehr schwer festzulegen.

    Außerdem meiden Wissenschaftler aus guten Gründen politisch brisante Forschungsthemen.

  12. #12 Marcus Anhäuser
    22. September 2010

    @Jörg Friedrich
    die beiden Autoren haben 18 Studien untersucht, das ist ja schon mal eine Menge. Also von ‘bestimmte Themen scheuen’ kann eigentlich keine Rede sein. Und was das Studiendesign angeht: Das geht schon, bei 7 von 18 Untersuchungen gab es sowas wie eine statistische Analyse.

  13. #13 Jörg Zimmermann
    22. September 2010

    Noch mal zu den Studien: ich denke, daß die Berücksichtigung der Gruppenzusammensetzung einen großen Einfluß hat, vor allem: Einkommensverteilung (wegen der Beamten sollte man verfügbare Nettoeinkommen betrachten), Bildungsstand, Berufe/Branchen, Alter (PKV-Versicherte dürften im Schnitt älter sein wegen der Zugangssperre und wegen der Beamten, in der GKV sollte der Anteil von Kindern und von Personen mit Migrationshintergrund größer sein), Migrationshintergrund, Anteil der Personen mit chronischen Erkrankungen (wobei PKVen behaupten, der Anteil chronisch Erkrankter sei bei ihnen nicht wesentlich geringer als bei GKV).

    Aber man sollte auch unterscheiden in Serviceleistungen (Wartezeiten, Arztwahl, Einbettzimmer usw.), die sich nicht auf die eigentliche Qualität der Gesundheitsversorgung auswirken und Unterschiede in der Versorgung (Zugang zu neuen Präparaten und Behandlungen, Wartezeiten auf Operationen und Transplantationen, Behandlungsdauer, Sterblichkeit…)

    Es dürfte aber ziemlich schwierig sein, hier statistisch gute Ergebnisse zu bekommen, weil schon die Psychologie bei GKV und PKV anders ist. PKVersicherte sind Selbstzahler. Sie gehen in Vorleistung und sehen die Rechnungen. Sie gehen daher vermutlich gezielter zum Arzt und achten viel stärker darauf, ob eine Behandlung sich lohnt. Aber auch die compliance, das Mitmachen und Durchhalten bei Behandlungen könnte besser sein. Da würde man dann als bessere Behandlung werten, was in Wahrheit Resultat einer anderen Einstellung der Patienten ist. Es scheint mir trickreich, das herauszuarbeiten.

  14. #14 rolak
    22. September 2010

    Zumindest in einem Punkt ließe sich meiner Erfahrung nach “länger krank” bzw genauer “länger in Behandlung” belegen: Für restaurative Arbeiten an den Zähnen stellen die Primärkassen ein kleineres Quartalsbudget zur Verfügung, wodurch meine Generalüberholung auf zwei Quartale ausgedehnt werden mußte.
    Nu, zumindest kann man daran sehen, daß es nicht gar zu schlimm war ;-)

  15. #15 Engywuck
    23. September 2010

    Um auf die Frage hinter dem Blogpost zurückzukommen: es gibt da eine nette Geschichte, dass der erste Stimmzählautomat für das (amerikanische?) Parlament abgelehnt wurde mit der Begründung “wenn wir exakt wissen, wieviele Stimmen das Gesetz bekam können wir hinterher weniger darüber streiten”.
    Evtl. *will* “die Politik” bei solchen Fragestellungen gar keine zu genauen Studien – sonst könnte man sich ja über weniger streiten — und man müsste evtl. auch ein Ergebnis akzeptieren, das der eigenen politischen Meinung entgegensteht. So kann derzeit jede Seite ihre Ansicht vertreten: “PKV wird extrem bevorzugt gegenüber GKV, das zeigen viele Studien” (also: PKV abschaffen) vs. “es gibt bisher keine Studie, in der sauber belegt wird, dass es einen Unterschied zwischen GKV und PKV gibt” (also beibehalten, evtl. ausbauen)
    Sogar bei (halbwegs) sauberen Untersuchungen im Bereich “Elektrosmog” und Co. werden ja hinterher feinste Details genutzt, um die eigene Meinung (egal wie sie aussieht) zu unterstützen. Warum also überhaupt sauber analysieren, wenn das Ergebnis ohnehin (erstmal) nur politische Bedeutung hat? Außerdem bekommt man so in derselben Zeit mehr publizierte Studien. Ist doch auch was, oder? ;-)

  16. #16 Andrea Thum
    23. September 2010

    Zum Thema “warum keine statistissche Analyse” – wurden denn ausreichend Daten über den Gesundheitszustand etc. gesammelt?
    Und natürlich – wer hat die Studie finanziert? :-) Der Bund. Das sind doch die, die jetzt das neue Krankenkassengesetz durchbringen wollen (das ich für sehr ungerecht halte), mit der Begründung, dass das System mehr Geld braucht. Nicht der Bund, sondern die Regierung, aber ich behaupte mal, dass die ihre Veröffentlichungen mit der Regierung abstimmen. Ausserdem unterstützt schwarz-gelb das Prinzip der privaten Krankenkassen, vielleicht wollen die die Leser davon überzeugen, dass es ganz gut ist, sich privat zu versichern? Mhm. Sorry, nur diffuse Gedanken, keine Erklärung parat.

  17. #17 Marcus Anhäuser
    23. September 2010

    @Andrea Thum
    das mit schwarz-gelb kann nicht ganz stimmen. Die meisten Studien stammen aus dem Veröffentlichungszeitraum 2004-2009, eine von 1996.

  18. #18 wolfgang
    23. September 2010

    In Österreich gibt es eine Pflichtversicherung, wer wil kann eine Zusatzversicherung nehmen, entspricht in etwa der Privatversicherung in DE.
    Bei der Zwei-Klassen Medizin (die es gibt) sollte man aber auch berücksichtigen, dass das auch mal nach hinten losgehen kann.
    Wer ordentlich zahlt, für den könnte zB die Indikation für eine Operation schon sehr großzügig gestellt werden, während für Normalos noch zugewartet wird.

  19. #19 Andrea Thum
    23. September 2010

    @Marcus: gut, rot-grün war auch nicht gerade gegen Privatisierungen. Und wie jetzt, alle Studien hatten die Daten, aber keine hat sich mit den Hintergründen und Confoundern beschäftigt, oder doch nur die letzte? Wenn letzteres, dann ist das schwarz-gelb schon relevant.

  20. #20 Marcus Anhäuser
    23. September 2010

    @Andrea Thum
    wie Du oben lesen kannst, wurden bei 11 von 18 Studien keine statistischen Analysen durchgeführt (z.B. Confunder):

    Methodische Schwächen zeigen sich vor allem bei elf der insgesamt 18 Untersuchungen, da bei ihnen keine statistische Kontrolle weiterer Variablen wie Alter, Geschlecht und Einkommen vorgenommen wurde. Zwar liegen bei fünf dieser Arbeiten Daten zu möglichen „Störfaktoren” vor, dennoch wenden die Autoren kein multivariates Analyseverfahren an. Auch werden nur in einer der elf Studien statistische Tests zur Kontrolle von Zufallsfehlern angewendet.”

    Aber: Teilweise waren die Auftraggeber wissenschaftliche Institute der GKVen oder PKVen. Das mag das teilweise erklären. Von 18 Studien haben die Autoren nur 4 bei PubMed gefunden.

  21. #21 Ulfi
    23. September 2010

    Ganz einfach: Weil das die Ergebnisse zerstören könnte. Natürlich machen die Leute das nicht absichtlich, aber ich würde vermuten, dass vor allem bei der Statistik gerne mal “Ausreißer” ignoriert werden, oder “unnütze” Tests nicht durchgeführt werden. Bei der Statistik steht sich der Mensch sehr gerne selbst im Weg. Ich halte es also vornehmlich für Schludrigkeit. Vielleicht ist es aber auch das fehlende Wissen?

    Das Problem geht ja noch weiter: eigentlich müssen bei Signifikanztests die Konfidenzintervalle vor Datenerhebung festgelegt werden. In der Praxis macht das doch fast niemand(wäre ja dumm, wenn man ein 99% Intervall angibt, und das Ergebnis dann bei der 98% Grenze hängt). Genauso, wenn eine Stichprobe das falsche Ergebnis liefert, das Ergebnis weggeworfen wird und dann erneut eine größere Stichprobe gezogen wird. Das ist Standard, aber die angegebenen Konfidenzintervalle sind dann alle falsch.

    Die viel schwerwiegendere Frage ist aber doch: wie kommt sowas durch ein Peer-Review? das Wissenschaftler gerne betriebsblind sind, ist bekannt und nur zu menschlich. Aber wie kann das einfach durchgewunken werden?

  22. #22 Wb
    23. September 2010

    Gibt es in Deutschland eine Zwei-Klassen-Medizin, die dazu führt, das Menschen, die privat versichert sind, auch besser versorgt sind?

    Sischer gibt es die, man lebt ja nicht im theoretischen Sozialismus.
    Iss ja auch nicht schlimm, oder?

    Der Wb wüsste auch gar nicht, was es da zu forschen gibt, LOL.

    MFG
    Wb

  23. #23 Bernd
    24. September 2010

    Das gesamte sogenannte Gesundheitssystem ist tief in seinen Wurzeln krank und gehört ausgemistet. Anfangen kann man bei der Pharmahörigkeit der Politiker und weiter machen bei unsinnigen Therapien bei Ärzten aller Art. Dringend eine Verbesserung benötigt auch die Anamnese und Diagnose, denen endlich der nötige Stellenwert eingeräumt werden muss.

    So wie es die derzeitige Regierung anzupacken versucht, wird das nichts. Wobei man fairerweise anfügen muss, die Vorgänger waren nicht besser.

  24. #24 Dr. E. Berndt
    24. September 2010

    @Bernd
    Der Inhalt ihres Statements setzt eine globale Verschwörung voraus. Ist ihnen bewußt, was dies bedeutet?
    Wann glaubven Sie wurde jemals Erkrankten besser geholfen, als es heute möglich ist?
    Kleines Beispiel: Wir wissen definitiv, daß es Rheumatische Erkrabnkungen immer schon gegeben hat. Wir können Rheuma nicht heilen, aber sicher können wir Rheuma besser behandeln als jemals zuvor in der Gechichte der Menscheheit. Und ich wette, daß Sie zu denen gehören, die mir etwas von den furchtbaren Nebenmwirkungen der Medikamente erzählen, als ob das nicht bekannt wäre. Nur was ist die Alternative?
    Nach dem ersten Rheumaschub den Rest des Lebens in Schieflage verbringen.
    Und ich gehen daoch davon aus, daß immer noch versucht wird Therapien und Medikente zu finden, die ursächlicher und nebenwirkungsfreier sind.
    Dabei hilft uns allerdings altes Wissen und alternative Medizin nicht weiter. Alles was wir heute über Leben, Biologie und Krankheit wissen wurde nicht durch alternative, komplentäre und ganzheitliche Sichtweisen gefunden.

  25. #25 michael
    25. September 2010

    > Sischer gibt es die, man lebt ja nicht im theoretischen Sozialismus. Iss ja auch nicht schlimm, oder?

    Ja, wenn man auf der richtigen Seite steht, ist alles nicht so schlimm. Und niemand hat ja die, die auf der anderen Seite stehen, gezwungen, dort zu stehen!

  26. #26 michael
    25. September 2010

    @ Dr.E.Bernd
    > Der Inhalt ihres Statements setzt eine globale Verschwörung voraus. Ist ihnen bewußt, was dies bedeutet?
    Wann glaubven Sie wurde jemals Erkrankten besser geholfen, als es heute möglich ist?

    Das ist kein Grund, um Verbesserungen ablehnend gegenüberzu stehen.

    DIe Macht der Pharma Industrie ist ein Problem und über die Unfähigkeit oder Unwilligkeit der Politiker, diese zu brechen, braucht man ja wohl nicht zu diskutieren.

  27. #27 AstralStitch
    26. September 2010

    An Dr.E.Berndt:
    dass Erkrankte heute besser behandelt werden können als jemals zuvor, bedeutet noch lange nicht, dass dies auch tatsächlich geschieht.
    Aus meinem Bekannten und Verwandtenkreis kenne ich einige Fälle in denen schwere Erkrankungen sehr spät diagnostiziert bzw. behandelt wurden (z.B. Lungenkrebs 3 Monate vor dem Tod). Speziell ältere Arbeitnehmer und Rentner werden wohl eher ent- als versorgt.
    Während die Reallöhne seit ca. 1980 kaum gestiegen sind, kursieren allein über die letzten fünf Jahre Zahlen von Einkommenssteigerung der Ärzte im Bereich von 15 bis 20 Prozent. “kaum mehr als kostendeckend” ist ein sehr dehnbarer Begriff. Das Facharztpaar, das ich gerade mitbekomme und neben dem Besitz zweier nicht gerade spärlicher Oberklassefahrzeugen zusätzlich eine Luxusvilla von beträchtlichen Dimensionen in bester Lage baut, ist womöglich nicht der Standardfall. Aber in Sozialeinrichtungen tauchen Mediziner wohl eher wegen Drogenproblemen als wegen Mittellosigkeit auf. Es gibt schon zwischen Ärzten mit eigener Praxis und Klinikärzten eigenartige Einkommensunterschiede. Vergleicht man Ärzte jedoch mit anderen akademischen Ausbildungen, insbesondere Ingenieuren und Naturwissenschaftlern, dann habe ich nicht den Eindruck, dass die Jammerei deutscher Ärzte in diesem Ausmaß, auch z.B. im Hinblick auf Überwachung des Erfolgs ihrer Arbeit (Stichwort “ärztliche Kunst”), berechtigt ist. Die Steuerstatistiken stützen meine Ansicht: im Schnitt landen Mediziner sehr weit oben in der Einkommensstatistik. Zusammen mit recht üppigen Abschreibungsmöglichkeiten und besser anwendbaren Steuersparkonstruktionen verschiebt sich das beim realen Nettoeinkommen noch um einiges zu ihren Gunsten. Könnte es sein, dass hier einige Masstäbe nicht mehr zueinanderpassen ?
    Die aktuelle Gesundheitsreform wird dies nur noch weiter zu Lasten der Arbeitnehmer, insbesondere derjenigen in der Privatwirtschaft, verstärken. Die Beitragszahler der gesetzlichen Krankenversicherung sind diejenigen, die in unserer freiheitlichen, rechtsstaatlichen Demokratie die schwächste Lobby, wenn man davon überhaupt reden kann, und die wenigsten Rechte haben. Parlamente, überwiegend von privatversicherten Beamten und Freiberuflern besetzt, bestimmen über die Regeln, denen die Arbeitnehmer unterworfen sind.
    So gesehen, hätte ich auch an einer statistisch seriöseren Studie meine Zweifel. Immerhin könnte das Ergebnis für mindestens drei der stärksten Lobbies unseres Landes, der Versicherungs- und Finanzwirtschaft, der Pharmaindustrie und den Ärzten, vergleichsweise peinlich ausfallen.

  28. #28 Armin
    27. September 2010

    Als lamgjährig Privatversicherter kann ich die ständigen Hinweise auf Bevorzugung in der Praxis kaum nachvollziehen. Meine Wartestunden machen inzwischen viele Kalendertage aus und an Medikamenten gibt es – ohne ausdrückliches Verlangen – auch nur das Nötigste.
    Nur einer Tatsache bin ich mir ziemlich sicher: Meine Beträge/Prämien liegen deutlich über dem Durchschnitt der gesetzlich Versicherten.

  29. #29 AstralStitch
    27. September 2010

    Armin, es gibt längst nicht nur ein 2-Klassen-Gesundheitssystem. Auch unter den Privatversicherten gibt es Unterschiede wegen der verschiedenen Tarifsysteme, die jede Kasse weitgehend frei selbst gestalten kann. Ein Vertreter erzählte mir kürzlich, dass die Zeiten, in denen man im Alter mit exorbitanten Kassenbeiträgen zu Privatkassen rechnen musste, vorüber seien. Dem scheint nicht so zu sein. Ich habe oben bewusst auf die Finanz- und Versicherungslobby hingewiesen, die hier eben auch immer mehr die Finger drin hat, obwohl diese Krämer- und Rafferseelen nun wirklich nicht den geringsten Schimmer von Medizin oder Pharmazie haben. Aber man muss sich nur das Personal unserer politischen Elite genauer ansehen, um begreifen zu können, was für ein leichtes Spiel es für Krämer mit Diplomen und Doktortiteln in Wirtschaftswissenschaften ist, diese Leute um den kleinen Finger zu wickeln. Um unsere Gesundheit geht es nur scheinbar und oberflächlich. Die Behauptung, es müsse alles teurer werden, weil die Menschen im Schnitt zu lange leben(sic!), lässt völlig ausser acht, dass es auch im Gesundheitswesen durch moderne Technik – allein schon in der Verwaltung – enorme Rationalisierungs- und Einsparmöglichkeiten gab und gibt, die auch z.T. schon realisiert werden. Aber die stärksten Lobbies unseres Landes achten schon darauf, dass die Gewinne daraus nicht den Versicherten zu gute kommen. Und welches Interesse sollten unsere Politiker, die ja mehrheitlich privat versichert sind, haben, das, was ohnehin zu ihren Gunsten funkioniert, zum Wohl der Allgemeinheit zu gestalten ? Welches Interesse sollten Parteien in unserer repräsentativen Demokratie an einer transparenten Meinungs- und Willensbildung haben, wenn sie sich dank der Alimentierung durch den Staat und großzügige Spendengesetze von den Lebenswelten der Mehrheit der Bürger immer mehr entkoppeln können und ihre Entscheidungsfindung im wesentlichen auf das Urteil von Experten etablierter Lobbies stützen und damit “rechtfertigen” können ?

  30. #30 AstralStitch
    27. September 2010

    Ich muss mich insoweit korrigieren, dass sich die Finanz- und Versicherungswirtschaft natürlich schon soweit mit medizinischen Dingen auseinandersetzt, als es für eine möglichst effektive Abschöpfung von Gewinnen aus dieser Branche sinnvoll ist. Das hat allerdings mit dem Ziel, die Versicherten gesund zu erhalten nur insofern zu tun, als deren Gesundheit für das Funktionieren anderer Witschaftsbereiche erforderlich ist und nicht zu Engpässen führen darf, die die Erschliessung von Marktpotentialen gefährden könnte. Allerdings ist die Gesundheit der Arbeitskräfte und damit verbundener Kosten dank zunehmender Mobilität von Kapital und Menschen kein unumgehbares Problem mehr.

  31. #31 AstralStitch
    27. September 2010

    Wie könnte eine solche statistisch auswertbare Studie durchgeführt werden ? Jeder Versicherte geht mit einem Frageboden zum Arzt und füllt diesen unmittelbar hinterher aus, hat die Zeiten gestoppt, Diagnose und Massnahme beigelegt und gibt den Fragenbogen nach Abschluss der Behandlung seines Leidens, d.h. nach mehreren Arzt- oder Klinikbesuchen, den Fragebogen ab, aus den Daten werden jeweils repräsentative Teilmengen privat und gesetzlich Versicherter ermittelt, die blind einer Untersuchung des Behandlungserfolgs nach Kriterien des Standes der Wissenschaft unterzogen werden.
    Das könnte ziemlich aufwendig werden. Welche Kassen, welche Tarife, nur eine Krankheit oder mehrere, welche Krankheiten ? Soll die Studie offen durchgeführt werden, d.h. die Ärzte und Kassen wissen, dass ihre Leistung einer gewissen Bewertung unterzogen wird ? Wer soll eine solche Studie durchführen ?
    Leider zeigen ja die aktuellen Beispiele um Atommülllager oder große Bauprojekte (Stuttgart 21), dass politisch brisante Gutachten- und Studienergebnisse gerne entweder geschönt werden oder erst einmal ganz in der Schublade verschwinden können. Statistische Auswertung nach Stand der Wissenschaft und Stand der Technik scheinen nicht möglich zu sein, da den Wissenschaftlern und Experten offenbar meist das Rückgrat fehlt, ihre Ergebnisse klar darzulegen und gegenüber mächtigen Lobbies zu verteidigen. Und wenn sie’s dann doch tun, legen die zunächst gekniffenen Interessenverbände ein wissenschaftliches Gegengutachten vor, weil sich wieder einmal ein Wissenschaftler dafür gefunden hat, das Gegenteil zu belegen oder zu beweisen. Im wesentlichen schön für den Medienzirkus. Und sonst ?
    Der Ärger in Stuttgart rührt daher, dass der Landes-CDU anfangs gar nicht auffiehl, mit welcher ostentativen Selbstverständlichkeit sie das Projekt im Glauben vorantrieb, die braven Schwaben und Badener werden ihre übliche Durchpeitscherei von Prestigeprojekten und Steuerverschwendung schon irgendwie schlucken, haben sie ja bisher auch immer gegen leises Murren getan. Dass es jetzt so massiv ausbricht, hat womöglich damit zu tun, dass inzwischen viel mehr Bürgern bei politischen Entscheidungen auffällt, wie miserabel und schäbig das Niveau unseres politischen Spitzenpersonals ist. Man wusste von den inzwischen bekannt gewordenen Risiken und hat sie verschwinden lassen. Man wusste, dass die ersten Kostenvoranschläge reine Fantasie waren, und hat sie inkrementell an die Wirklichkeit angepasst.
    Und sowas läuft nicht nur auf Länderebene. Und auch nicht nur im Bereich des üblichen bauwirtschaftlichen Filzes. Warum also nicht auch im Gesundheitswesen ?

  32. #32 roel
    28. September 2010

    @ Marcus Anhäuser “eine andere Frage ist aber, ob das letztlich auch dazu führt, dass GKVler schlechter behandelt werden und am Ende länger krank sind, länger leiden oder früher sterben. Das geben die Daten wohl (noch) nicht her.”

    Bei längeren Wartezeiten von GKV gegenüber PKV handelt es sich nicht um Stunden oder Tage sondern oftmals um Wochen und Monate. Wenn ich monatelang unbehandelt an meiner Krankheit leiden muß, dann bin ich auf jeden Fall länger krank und leide länger. Vorausgesetzt die Behandlung hilft. Wenn diese Voraussetzung (und das ist zu hoffen) zutrifft, dann ist eine Behandlung im frühen Stadium einer Krankheit einfacherund erfolgsversprechender als in einem späteren Stadium.

    Jeder der nicht an die unterschielichen Wartezeiten glaubt, kann den Selbsttest machen und versuchen einen Termin bei einem Arzt zu bekommen. Die 2. oder 3. Frage ist die nach der Krankenkasse. Wenn Sie also morgens anrufen und GKV sagen und nachmittags nochmals und PKV sagen, werden Sie den früheren Termin in den weitaus überwiegenden Fällen nachmittags erhalten.

  33. #33 Dr. Webbaer
    1. Oktober 2010

    Eine wie auch immer geartete Schlechtstimmung bzgl. der sogenannten Zweiklassenmedizin ist nur darauf zurückzuführen, dass es dem einen oder anderen missfällt, dass das Wedeln von Banknoten unter der Nase des Mediziners eine Andersbehandlung des Leidenden bewirkt.

    Lustigerweise wurde und wird gerade in real existierenden sozialistischen Systemen dementsprechend gewedelt.

    Man darf sich das mal bildlich vorstellen, wie der Wedelnde beim medizinischen Personal die eine oder andere Extra-Untersuchung bewirkt, ein Kern-Spin hier ein Ultraschall dort und zudem noch das Chemische…

    Die Lebenserwartung steigt heutzutage beim Reichen so leicht, vielleicht um 5 Jahre, die nicht immer glücklich verlaufen müssen, aber man sollte sich schon anschnallen und nicht dumm werden und eine “Zweiklassenmedizin” zu beklagen, die keinem schadet.

    Übrigens sind oft die am besten medizinisch versorgt, die nicht versichert sind.

    MFG
    Wb

  34. #34 Andrea N.D.
    4. Oktober 2010

    @little webbie (hier wb und Dr. webbie):

    Da Du Deine Namensgebung ja jetzt mit Dr. ergänzt hat, wirst Du sicherlich auch ein bisschen ernster genommen werden wollen. Um das zu erreichen würde ich versuchen sporadische Gedankenergüsse wie:

    “Übrigens sind oft die am besten medizinisch versorgt, die nicht versichert sind.”

    aussparen bzw. belegen. Ansonsten gilt das ganze als Wirtshausparole.

    Andernorts wurde bedauerlicheweise oftmals festgestellt, dass Du keine Ahnung hast – und davon viel (s. Ali, siehe “Rechtspfleger bei der Polizei” bei Zeittaucher etc.etc.etc.). Wie wäre es, wenn Du selbst etwas profundere Artikel verfasst anstatt blindlings zu trollen?

    @roel:
    Die Frage nach der Krankenkasse ist eine Notwendigkeit nicht wegen der Geldgier der Ärzte sondern wegen der Kassenzulassung. Leistungen, die aus dem Kassenrahmen fallen, weil keine Kassenzulassung besteht, können in den meisten Fällen privat ambulant angeboten werden. Wer jemals versucht hat, eine Kassenzulassung zu erhalten, weiß, was das heißt. Dass dies jedoch bereits an der Wurzel eine Zweiklassenmedizin bedeutet, soll damit nicht bestritten werden.

  35. #35 roel
    4. Oktober 2010

    @Andrea N.D. Machen Sie den Test. Rufen Sie bei einer Arzt-Praxis an und versuchen Sie einen Termin zu vereinbaren. Morgens als gesetzlich Versicherte und abends als privat Versicherte. Den früheren Termin erhalten Sie (in den weitaus meisten Fällen) abends. Auch wenn die Frage wegen der Kassenzulassung gestellt wird, so hat sie zumindest den 2. Sinn festzustellen, ob hier ein gesetzlich oder privat Versicherter anruft – denn der Termin fällt entsprechend aus.

  36. #36 Andrea N.D.
    4. Oktober 2010

    @roel:
    “so hat sie zumindest den 2. Sinn festzustellen, ob hier ein gesetzlich oder privat Versicherter anruft – denn der Termin fällt entsprechend aus.”

    Sag ich doch. Ich wollte nur betonen, dass das nicht immer nur an den Ärzten liegt. Dass das auch unter Zweiklassenmedizin fällt, habe ich ja auch explizit nicht bestritten.

  37. Ich kann nur sagen – Deine Seite ist gut & übersichtlich gestaltet und der Text ist richtig klasse geschrieben – sehr lesenswert und informativ ! Großes Lob ;o)

  38. #38 noch'n Flo
    14. Oktober 2010

    Ach ja, das alte Märchen von den reichen Ärzten.

    Lasst uns mal rechnen – nehmen wir dafür eine durchschnittliche Landarztpraxis. Da schauen im Quartal so ca. 1200 Patienten vorbei, eine Reihe davon mehrmals. Für diese Patienten bekommte der Arzt (je nach Bundesland) zwischen 25 und 35 Euro – pro Quartal! Egal wie oft der Patient kommt! Bei einem Schnitt von 30 Euro nimmt er also pro Quartal etwa 36.000 Euro brutto ein. Dazu eine Handvoll Privatpatienten (die auf dem Lande nur etwa 2-3% der Patienten ausmachen), bringt noch einmal etwa ein- bis zweitausend Euro.
    Macht pro Monat ca. 12.700 Euro Bruttoeinnahmen.

    Bei 1.200 Patienten im Quartal braucht der Arzt zwei Arzthelferinnen. Gemeinsames Gehalt einschliesslich Lohnnebenkosten pro Monat ca. 5.500 Euro (wenn die Helferinnen noch recht jung sind – ältere werden teurer). Bleiben noch 7.200 Euro.

    Dann kommen die Kosten für die Praxisunterhaltung, für Verbrauchsmaterialien, Wartung von Geräten und nicht zuletzt die Tilgung des Praxiskredits (sowie Zinsen) – das macht dann alles in allem noch mal gut 3.000 Euro. Bleiben also noch 4.200 Euro.

    Jetzt kommt die Steuer, der Arzt muss ausserdem ja noch etwas für die Rente beiseite legen und seine Krankenversicherung zahlen (ohne unterstützenden Arbeitgeberanteil). Da bleiben ihm dann netto so um die 2.000 Euro übrig.

    Und das für 60 Stunden Arbeit pro Woche und bei vollem unternehmerischen Risiko.

  39. #39 Dr. E. Berndt
    16. Oktober 2010

    Wenn ich sehe, wie die sogenannte “arme” Bevölkerung im Supermarkt einkauft, wie stangenweise die Zigaretten gekauft werden und wie die Beine das Übergewicht kaum tragen können, zweifle ich sehr an der einfachen, aber durchaus griffigen, Formel, daß Armut das Leben verkürzt und eine Zweiklassenmedizin das Leben verlängert. Es sind mir einfach zu viele Faktoren, die das Leben verkürzen und primär mit Geld und Armut nichts zu tun haben.

  40. #40 noch'n Flo
    16. Oktober 2010

    Tja, wenn ich die besagten 2000 Euro netto bei 60 Stunden Arbeit pro Woche auf die “normale” 40-Stunden-Woche herunterrechne, komme ich noch auf 1367 Euro pro Monat.
    Ein Verheirateter mit 2 Kindern bekommt genausoviel fürs Nichtstun – dank Hartz IV. Warum soll man da noch arbeiten?

  41. #41 roel
    18. Oktober 2010

    @Dr. E. Berendt und noch’n Flo Das sind nur billige Klischees, mehr nicht!

  42. #42 Angestellter
    22. Oktober 2010

    Es gibt sie, und das sagen sogar wir :-(

  43. #43 Gelenkgesund
    17. Juli 2011

    @ Dr. E. Berndt· 24.09.10 · 11:04 Uhr: “Wir können Rheuma nicht heilen” – dem möchte ich entschieden widersprechen, jedenfalls was meine 1994 als aggressiv verlaufende rheumatoide Arthritis angeht. Nachdem ich mich eine Weile mit der Standard-Medikation herumschlug und meinen Körper dennoch weiter verfallen sah und unter unterträglichen Schmerzen litt, habe ich sämtliche Medikamente abgesetzt und mich mit selbst entworfenen Übungen selbst geheilt. Dies nun seit schon über zehn Jahren. Woher wollen Sie wissen, daß Menschen in früheren Zeiten das also nicht auch schon konnten?

  44. #44 E. Berndt
    18. Juli 2011

    @Gelenkgesund
    Sie haben ein Anekdote zu Besten gegeben. Schön für Sie, ganz ehrlich, wenn Sie geheilt sind. Diese ihre Anekdote aber sagt höchstens aus, dass es auch spontane Heilungen, Fehldiagnosen, Erwartungshaltungen, Placebowirkungen und vieles mehr gibt.
    Fakt ist, dass “echtes” Rheuma in aller Regel ein unheilbare chronische Erkrankung ist. Es gibt innerhalb des rheumatischen Formenkreises Rheuma, das auch ausheilen kann. Aber das ist die Ausnahme von der Regel.
    Aber Fakt ist, dass man heute, dank moderner Medizin, mit oder trotz Rheuma durchwegs doch wesentlich besser lebt, als in medizinfinstrer Vergangenheit.

  45. #45 Gelenkgesund
    10. August 2011

    @E. Berndt: Das mit der Anekdote möchte ich zurückgeben :-) – “als in medizinfinstrer Vergangenheit” – als die ersten Löcher in ägyptischen Schädeln gefunden wurden, ging man von grausamen Ritualen aus. Bis man feststellte, daß diese Knochenränder später weiter zu wuchsen, d.h. diese Menschen längere Zeit weiterlebten. So ist man heute zu der Erkenntnis gelangt, daß im Alten Ägypten die Trepanation und die Entfernung von Hirntumoren bzw. Blutergüssen bereits geläufig waren. Hunderttausende Krankenhausinfektionen pro Jahr sind auch so ein Thema. Wenn eine als unheilbar erachtete Krankheit dennoch mit alternativen Mitteln geheilt wird, heißt es meist, wie oben, “anfängliche Fehldiagnose”. Ohne meine Krankenakte jetzt ins Internet stellen zu wollen, seien Sie versichert: das wurde mehrfach abgeklärt und mein Rheumatologe würde sehr eingeschnappt reagieren, wenn ein Fachkollege auch nur andeutete, er könne diagnostisch falsch gelegen haben. Daß ein Schulmediziner meine Aussagen als Scharlatanerie abtun wird, damit kann ich leben. Ich habe erst neulich an anderer Stelle erstaunt lesen müssen, daß es keine einzige Doppel-Blindstudie zur Peroralmedikation gibt, die den Placeboeffekt herausrechnen koennte und wissenschaftlichen Kriterien genügte. Lesen Sie gerne hier nach:
    Economic Fallacy VII: The Net Economic Gain through Pharmaceuticals
    https://crisismaven.wordpress.com/2010/04/12/economic-fallacy-vii-the-net-economic-gain-through-pharmaceuticals/

  46. #46 Marcus Anhäuser
    10. August 2011

    @gelenkgesund

    Bevor sie hier weiter erzählen, könnten wir kurz klären, wer sie sind? Sie verlinken auf eine Seite, auf der Gelenkgesund-Seminare usw. angeboten werden. Auf einer Seite, auf der ich auf den ersten und auf den zweiten Blick nicht erkennen kann, wer der “ich”-Erzähler ist. Sind Sie mit dem identisch? Verdienen Sie an den Seminaren? Sollte dies der Fall sein, können Sie ihre Geschichte für sich behalten. Das sind eindeutug zu viele Interessenkonflikte. Werbung könenn Sie woanders machen.

  47. #47 website templates
    17. Oktober 2011

    wie stangenweise die Zigaretten gekauft werden und wie die Beine das Übergewicht kaum tragen können, zweifle ich sehr an der einfachen, aber durchaus griffigen, Formel, daß Armut das Leben verkürzt und eine Zweiklassenmedizin das Leben verlängert.

  48. #48 Johne493
    puiewuyu
    6. September 2014

    Actually its referred to as Search engine optimization that when i search for this post I found this web page at the top of all web pages in search engine. kddbbfaecgad