Googles Online-Enzyklopädie gibt’s jetzt auch auf Deutsch. Die PR-Abteilungen spitzen bereits die Stifte, um den neuen Wissensraum zu erobern. Auch mit Mitteln, die Googles Prinzip der Autorennennung unterwandern.

Wir hatten bereits über das Problem berichtet. Knol, Googles Single-Autorenenzyklopädie-Antwort auf die anonyme Multiautoren-Wikipedia, kämpft von Anfang an mit PR-Problemen. Gerade Gesundheitstexte erwiesen sich in einer Stichprobe immer wieder als eher verkaufsfördernde Anheizer, denn als neutrale informative Patiententexte.

Das PR-Problem beschränkte sich bisher auf das englischsprachige Knol – es gab noch keine andere. Bis jetzt. Seit Donnerstag gibt es auch das deutschsprachige Knol, und die PR hat den neuen Wissensraum bereits als neues Spielfeld entdeckt.

Ein Beitrag der conosco-PR-Agentur mit dem Titel: “Knol als Mittel der Online-PR” lässt nichts gutes ahnen.

Dass Artikel mit Namen versehen werden (wobei gerade dieser Artikel nicht mit einer Person, sondern mit einer ganzen Firma verbunden ist), betrachten die Autoren als Vorteil:

“… oft stößt man im Internet auf Informationen ohne die Quelle genau zu kennen. Bei Knol steht dagegen eine Person mit Bild und Biographie für den Inhalt. Sogar einen Identitätscheck per Kreditkarte oder Telefon gibt es (zunächst nur in den USA).

Von daher scheint diese Wissensplattform geeignet, um im Rahmen von Online-PR Expertenbeiträge aus Unternehmen zu veröffentlichen oder bestimmte Produkte und Dienstleistungen vorzustellen.”

Weiterer Vorteil:

“Jeder Text kann von den LeserInnen kommentiert werden, was – ähnlich wie in einem Blog-Posting – ein unmittelbares Feed-back in der Kommunikation mit Kunden oder Interessenten ermöglicht.”

Einen ganz besonderen Vorteil sehen die Autoren verständlicherweise darin:

“Auch wenn Google eine Bevorzugung bestreitet: Die Einträge in Google Knol erscheinen mitunter bereits nach wenigen Tagen auf Spitzenpositionen in den Trefferlisten der allgemeinen Suche.”

Conosco scheint das ganze Potenzial von Knol bereits erkannt zu haben und nutzt am Ende des Beitrags auch gleich die Gelegenheit seine Dienste anzupreisen – und da wird das Thema Transparenz durch Autorennennung ad absurdum geführt (Fettung durch uns):

“Die Düsseldorfer PR-Agentur conosco zählt zu den Experten auf dem Gebiet der Online-PR und verfügt über umfassendes Knol-Know-how. Zu ihren Dienstleistungen gehört unter dem Titel “Make my Knol” auch das Knol-Ghostwriting. Dabei sind verschiedene Formen möglich. Etwa das Übertragen vorhandener Texte (z.B. Fachbeiträge, Anwenderberichte, Case Studies, Produktvorstellung, Firmenporträts) in ansprechende und leicht auffindbare Knols. Auch das Coaching von Autoren in Unternehmen oder Maßnahmen der Suchmaschinenoptimierung mit Hilfe von Google Knol.”

Wie hatte es Google-Projektmanager Cedric Dupont in einem Interview mit der “Zeit” gesagt:

“Wir arbeiten nicht redaktionell, wir wollen unsere Leser dazu erziehen, darauf zu schauen, wer Urheber eines Artikels ist. Dann werden sie sich vielleicht in Zukunft immer fragen: Wer schreibt das, was ich hier gerade lese?”

Kommentare (4)

  1. #1 Skuuzi
    2. November 2008

    Bin mal gespannt wie sich das alles entwickelt. Würde mich über eine gute Wikipedia Konkurrenz freuen, da man bei Wiki meist nur sehr allgemeine Informationen bekommt. Und als Autor kann man ja angbelich auch was verdienen, sofern man Seiten wie http://www.knol-info.de glaubt. Nur muss Google irgendwie an dem angesprochenen PR Problem arbeiten, aber so wie ich Google kenne, kriegen die das schon irgendwie in den Griff. Notfalls z.B. durch striktere Regeln beim verlinken von externen Seiten oder so…

  2. #2 strappato
    2. November 2008

    Knol kann man nicht mit wikipedia vergleichen. Während wikipedia ein Lexikon ist, soll Knol eine Wissenssammlung werden. Wenn wie ehrlich sind: Da draussen in der Welt gibt es Massen von sehr seltsamen Ansichten, was “Wissen” ist.

    Ich denke Knol wird eine Mischung aus XING, Open-Pr und” Suite101.com” – mit all den negativen Auswüchsen. Eine Sammlung von fragwürdigen Ansichten und Leuten, ein Abladeplatz für unveröffentlichte Texte, ein Feld für Weltverbesserer aller Fachrichtungen und ein Instrument im Cross-Media-PR-/Marketing.

  3. #3 Stefanie Berg
    4. November 2008

    Hallo Herr Schäfer, es ist schön, dass Sie unseren Knol schon entdeckt haben. Aber ehrlich gesagt, kann ich nicht verstehen, warum Sie es schlimm finden, wenn eine PR-Agentur ein neues Kommunikationsinstrument entdeckt? Das gehört zu unseren Aufgaben. Natürlich beraten wir unsere Kunden auch über neue Möglichkeiten der Online-Publikation. Und dass es Ghostwriting in dieser Welt gibt, ist doch wirklich nichts Neues. Ob Autorenbeiträge, Reden, Vorträge oder ganze Bücher – es ist doch legitim. sich als vielbeschäftigter Geschäftsführer z.B. Hilfestellung zu holen, um solche Aufgaben zu bewältigen. Deshalb ist der Knol doch nicht „lügenverdächtig“. Das Prinzip von Ghostwriting beruht ja darauf, dass der Autor sich natürlich mit dem Inhalt voll identifiziert. Es wird nichts ohne seine Zustimmung publiziert, denn er zahlt für diese Dienstleistung.

    Mit besten Grüßen aus Düsseldorf stefanie berg, Geschäftsführerin von Conosco

  4. #4 Marcus Anhäuser
    6. November 2008

    Hallo Frau Berg,

    och wissen Sie, das müssen Sie verstehen. Wir sind Journalisten und haben naturgemäß eine etwas einfache Sicht der Welt, um uns die Arbeit zu erleichtern: die Guten und die Bösen, “die da” und “wir hier”, schwarz und weiß und so weiter und wir vertreten die Auffassung, das PR erste einmal zur dunklen Seite der Macht zu zählen ist (auch wenn andere Kollegen das anders sehen mögen). Das hat ein bisschen damit zu tun, dass wir uns immer wieder auch für den Gesundheitsbereich interessieren und da unsere Erfahrungen gemacht haben. Nehmen Sie es nicht persönlich. Ist ‘ne Berufskrankheit.

    Wir haben natürlich auch schon mal Pressemitteilungen verfasst o.ä. (von irgendwas muss man ja leben) und wir nutzen sowas bei der Themensuche usw., aber grundsätzlich, fassen wir PR nur mit Fingerspitzen an (was in dem Fall auch wieder nicht heißt, dass wir nicht Freunde und Bekannte auf PR-Seite hätten. Aber man muss ja privat und beruflich trennen können.)

    Oder anders: Wir haben eine allgemeine Haltung gegen PR, die wir im begründeten Einzelfall auch gerne hinterfragen.

    Übrigens: Das Wort “Lüge” haben wir nicht in den Mund genommen.

    Und: Das “Ghostwriting” etwas Neues sei, haben wir auch nicht behauptet. Legitim ist es das. Deswegen müssen wir es im konkreten Fall trotzdem nicht gut finden.