Noch einen Nachklapp zum Thema AfD und Klimawandel. Im Leitantrag zum Gundsatzprogramm, das am 31.4./1.5. beraten und beschlossen wurde, gibt sich die Partei als lupenreine Klimawandelskeptikerin, die menschliche Einflüsse als Ursache für einen Klimawandel leugnet. Doch dies war nur der Leitantrag, nicht die endgültige Version. Es bestand noch ein wenig Hoffnung, dass es sich die Partei noch einmal überlegt.
Auf dem 5. Parteitag hatten Personen und Gruppierungen die Möglichkeit, solche Passagen zu ändern oder ganz streichen zu lassen. Man glaubt es kaum, aber auch in einer Crank-Partei (wie Joachim Schulz die AfD drüben bei den Scilogs gut begründet nennt) gibt es Leute, die wissen, was Wissenschaft und was Quatsch mit Soße ist.
Parteivorsitzender Meuthen hatte in einem Interview in der Tagesschau erklärt (siehe Nachtrag vom 2.5.16), dass das Thema Klimawandel und menschlicher Einfluss in der Partei tatsächlich umstritten sei und auch Alexander Gauland sah Gruppen von Befürwortern und Gegnern in der Partei (in einem ZEIT-Interview, siehe Nachtrag: 21.4.16).
Noch ist das endgültige Grundsatzprogramm nicht online verfügbar, doch wenn man dem Beitrag aus der Tagesschau glauben kann, wurde die Version zu Klimawandel und Kohlendioxid, der das Kapitel 12 zur Energiepolitik einleitet, durchgewunken und abgesegnet. (Nachtrag 5.6.16: Inzwischen ist das Grundsatzprogramm der AfD (pdf) fertig, es hat nur wenige Änderungen vor allem sprachlicher Art im Text gegeben.)
Kopf->Tisch. Ich sagte es bereits.
Die Änderungsversuche kann man im Dokument Änderungsanträge zum Leitantrag (pdf, 1425 Seiten) nachlesen. Sie zeigen, dass es in der AfD tatsächlich Leute gibt, die mit der Passage im Kapitel 12.1 KLIMASCHUTZPOLITIK: IRRWEG BEENDEN, UMWELT SCHÜTZEN teilweise oder vollständig nicht einverstanden sind. Sie machen in den Anträgen ganz klar, was sie davon halten oder warum sie es für notwendig erachten, Teile umzuformulieren oder den Absatz zum Klimawandel ganz zu streichen. Dabei stehen vor allem die Zeilen 4-18, (auch schon mal “die ersten vier Absätze” genannt) im Fokus der Kritik, in denen es etwa zu Beginn heißt:
“Die Klimaschutzpolitik beruht auf untauglichen Computer‐Modellen des IPCC („Weltklimarat“). Kohlendioxid (CO2) ist kein Schadstoff, sondern ein unverzichtbarer Bestandteil allen Lebens.”
Die Gründe für Streichungen oder Änderungen sind vielfältig: manche vernünftig, manche peinlich berührend, einige pragmatisch oder auch skuril, mache haben die Wahlkämpfer auf der Straße im Blick, andere die Außenwirkung der Partei. Manche sind gegen den Passus, obwohl sie ihn richtig finden, andere wollen ihn eliminieren, weil sie ihn tatsächlich für bullshit halten, selbst wissenschaftsmethodisch angehauchtes findet sich. Nur wie es aussieht, sind sie mit ihren Sorgen, ihren Bedenken, ihren Warnungen und Argumenten nicht durchgedrungen.
Im folgenden findet ihr fast alle Versuche, die Bullshit-Zeilen aus dem Programm zu tilgen oder anzupassen. Besonders bemerkenswerte Passagen habe ich gefettet, darunter auch einen Hinweis zur Rolle des klimawandelskeptischen EIKE (siehe vorherigen Artikel, Nachtrag: 9.4.16). Informationen zu den Antragstellern lasse ich aus Platzgründen weg. Der Aufbau ist immer gleich: Es gibt einen Antragstext, in dem steht, was der Antragsteller beantragt (also etwa Streichung einer Passage), darauf folgt die Antragsbegründung. Viel Spaß.
Der schönste Antrag gleich mal zu Beginn:
Antragstext:
Der Bundesparteitag möge beschließen, diese Zeilen komplett zu streichen.Antragsbegründung:
Wer das geschrieben hat, vertritt eine eindeutige Minderheitenmeinung. Es ist gesellschaftlich akzeptiert, dass CO2 deutlich schädliche Eigenschaften hat. Wenn man betont, dass CO2 vielleicht auch eine Düngefunktion hat, so ist es nicht zielführend.Die Medien werden uns diese Punkte um die Ohren hauen!
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Antragstext:
Der Bundesparteitag möge beschließen, die Zeilen 4-18 ersatzlos zu streichen.Antragsbegründung:
Im zu streichenden Bereich steckt zu viel “Verschwörungstheorie”; die für die Arbeit der AFD maßgeblichen Punkte werden ab Zeile 19 ausreichend dargelegt.
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Antragstext:
Der Bundesparteitag möge beschließen, die hier bezeichneten vier Absätze ersatzlos zu streichenAntragsbegründung:
Die hier gemachten Aussagen sind nicht haltbar (siehe unten)Unsere Kritik an der deutschen Klima- und Energiepolitik ist überzeugender, wenn auf zweifelhafte Behauptungen verzichtet wird.
Kritik an der deutschen Klimapolitik ist gerechtfertigt. Solche Kritik wird auch von vielen anerkannten Experten geteilt. Eine grundsätzliche Kritik an der Arbeit des IPCC ist es nicht. Die Ergebnisse dieser Arbeit werden weltweit von 195 Staaten als Grundlage für ihre Politik akzeptiert. Es gibt praktisch keinen Experten von Rang, der diese Kritik unterstützen würde.
Die Behauptung „der IPCC versucht nachzuweisen…“, ist nicht richtig. Das IPCC wurde 1988 gegründet, um die Ergebnisse der internationalen Klimaforschung auszuwerten, die Folgen des Klimawandels und zukünftige Risiken abzuschätzen und Möglichkeiten zur Anpassung und Minderung zu benennen. Zu seinen Aufgaben gehört NICHT, bestimmte Thesen nachzuweisen oder zu widerlegen.
Diese Behauptung es gäbe seit 18 Jahren keinen Temperaturanstieg basiert auf einer einseitigen Auswahl und unzulässigen Verallgemeinerung von Messergebnissen für die untere Schicht der Erdatmosphäre.
Die Behauptung, IPCC und deutsche Regierung unterschlagen die positive Wirkung des CO2 auf das Pflanzenwachstum, ist nicht richtig. Positive Wirkungen des CO2 werden keineswegs „unterschlagen“, sondern sie werden nach wissenschaftlichen Regeln in den Rechnungen berücksichtigt.
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