1. Lohn der Pracht

Das Prinzip der Evolution ist raffinierter, als man zunächst glaubt. Denn es ist keineswegs so, daß jede Eigenschaft, die eine Tier- oder Pflanzenart ausgebildet hat, einen direkten Überlebensvorteil bieten würde. Denn wozu sollen denn bitte all die verschwenderischen Farben und Formen, all die extravaganten Varianten des Lebens wirklich gut sein? Der Schlüssel zur Erklärung der oftmals verrückten Vielfalt liegt im Prinzip der “sexuellen Selektion”, wie Charles Darwin es nannte.

Sie erklärt, weshalb ein im Zweifel hinderliches Geweih eines Hirsches (wenn er nämlich auf der Flucht im Gebüsch hängenbleibt) dennoch ein evolutionärer Vorteil sein kann. Der eigene Überlebensvorteil tritt oftmals gegenüber dem Fortpflanzungserfolg zurück. Mehr Erklärungen und viele Beispiele liefert Christoph Schrader.


“Grotesker Schmuck und bizarre Vorlieben: Erst die sexuelle Selektion hat Farbe in die Evolution gebracht. Denn auffälliges Aussehen wirkt auf Weibchen anziehend – birgt aber auch Risiken.”

→ Weiterlesen: [Christoph Schrader | Süddeutsche Zeitung]

2. Down-Syndrom: Ganz anders

Noch vor wenigen Jahren galten Menschen mit Down-Syndrom, das als Folge einer Genommutation des 21. Chromosoms auftritt, als Beispiel für eine traurige, bemitleidenswerte Laune der Natur. Die Eltern von Kindern mit empfanden die Geburt eines Kindes mit Trisomie 21 fast immer als unbegreiflichen Schicksalsschlag und die Restgesellschaft erachtete Down-Kinder pauschal als schwer behinderte, kaum leistungsfähige Mitglieder der Gesellschaft.

Doch glücklicherweise wandelt sich dieses Bild. Erst allmählich wird bekannt, daß Down-Kinder in bemerkenswert vielen Fällen doch lesen und schreiben lernen können. Von ihren vielfältigen anderen (sozialen) Talenten ganz zu schweigen. Und: jeder Mensch mit Down-Syndrom weist ein ganz besonderes Profil auf – jeder ist für sich: ganz anders.

“Kinder mit Down-Syndrom sind intelligenter als vermutet. Mit geeigneter Förderung können viele lesen und rechnen lernen.”

→ Weiterlesen: [Theres Lüthi | NZZ]

3. Komplementärmedizin: Acht Minuten sind nicht genug

Die Mehrheit der Schweizer Bürger hat gestern dafür gestimmt, daß alternative Heilmethoden in der Verfassung erwähnt werden sollen. Man mag darüber den Kopf schütteln, daß Heilverfahren, die bislang den strengen Nachweis ihrer Wirksamkeit schuldig geblieben sind, nun in einer Verfassung berücksichtigt werden. Doch das Votum ist doch Indiz dafür, daß viele Menschen mit den Angeboten der “puren” Schulmedizin unzufrieden sind.

Doch woher rührt diese Unzufriedenheit? Die Effizienz von Bachblüten, Homöpathie und Co. kann es nicht sein – die Popularität dieser alternativmedizinischen Angebote liegt – so darf man vermuten – woanders begründet: in der anderen Art und Weise, wie solche Ärzte und Heilpraktiker mit den Patienten umgehen. Es sind nicht die Globuli, die heilen – es ist die Aufmerksamkeit und Herangehensweise. Hier können Schulmediziner vermutlich doch etwas lernen. Und wenn es nur darum geht, sich tatsächlich Zeit zu nehmen…

“In kaum einem anderen Land nehmen so viele Patienten alternative Methoden in Anspruch wie in Deutschland. Über 60 Prozent haben sich schon auf diese Weise behandeln lassen, in den Vereinigten Staaten sind es knapp über 40, in Großbritannien nur 20 Prozent. Und mehr als 90 Prozent der Anwender sind einer Erhebung der Techniker Krankenkasse zufolge mit dem Behandlungserfolg zufrieden.”

→ Weiterlesen: [Julia Gross | FAZ]

Bei 3vor10 gibt es jeden Tag, von montags bis freitags, drei ausgewählte Links zu Artikeln in wissenschaftlichen Blogs und Nachrichtenportalen.

Kommentare (8)

  1. #1 JörgR
    Mai 18, 2009

    . Man mag darüber den Kopf schütteln, daß Heilverfahren, die bislang den strengen Nachweis ihrer Wirksamkeit schuldig geblieben sind, nun in einer Verfassung berücksichtigt werden.

    Das ist eine suggestiv falsche Aussage.
    Diese Heilverfahren sind in hunderten Studien und großen Meta-Studien untersucht worden, und ihre weitgehende Unwirksamkeit ist nach strengen wissenschaftlichen Gesichtspunkten belegt worden.
    “bislang … schuldig geblieben” impliziert dass man
    a) noch keine wissenschaftlichen Studien durchgeführt hat
    oder dass es
    b) mögliche Mechanismen gibt die auf heilende Wirkung hindeuten können.
    Beides ist falsch. Außer Placebo nichts drin.

    (Im zweiten Absatz hast du es richtig geschrieben, ich weiß. Aber dieser Satz herausgepickt ist leider gefährlich falsch verstehbar.)

  2. #2 Tobias
    Mai 18, 2009

    Down Syndrom hat keine “Genommutation auf dem 21 Chromosom” als Ursache. Wie der Name Trisomie 21 schon sagt, haben Menschen mit Down-Syndrom drei Kopien des Chromosoms 21 pro Zelle, anstatt der üblichen zwei.

  3. #3 Marc
    Mai 18, 2009

    @Joerg:

    Also wenn ich schreibe, daß “Heilverfahren (…) bislang den Nachweis ihrer Wirksamkeit schuldig geblieben sind”, dann ist es in meinen Augen abwegig, zu glauben, daß damit die Behauptung aufgestellt sei, daß noch keine solche Studien unternommen wurden.

    Und die Lesart in b), die Du vorschlägst. Die ist nach meinem Verständnis zu stark auf die Homöopathie fokussiert. Aber auch hier muß ich von meiner Seite aus feststellen, daß der Satz – Heilverfahren sind den Nachweis ihrer Wirksamkeit schuldig geblieben – einfach eine zutreffende Tatsachenbeschreibung ist.

    @Tobias:

    Danke für den Hinweis. Da habe ich in der Eile geschlampt. Es muß (und da liege ich dann schon richtig, oder?) folgendermaßen heißen: “Eine Genommutation des 21. Chromosoms”. Ich werde es gleich oben korrigieren.

  4. #4 GeMa
    Mai 19, 2009

    “Hier können Schulmediziner vermutlich doch etwas lernen. Und wenn es nur darum geht, sich tatsächlich Zeit zu nehmen…”

    Keine Sorge, das haben die längst gelernt. Daher die aktuelle Forderung der als Schulmediziner Bezeichneten: bezahlt sie dafür. So wie den Heilpraktiker (oder den Anwalt, den Therapeuten oder …). Entweder Stundensatz/Honorar oder mit 300,- p.a. , die Kassen für Komplementärgespräche ausgeben. Mit 2,- € pro Quartal ist die Gesprächsflatrate wohl nicht mehr zu haben.

  5. #5 Marc
    Mai 19, 2009

    @GeMa:

    Ja, die Formulierung war sicher nicht so wörtlich gemeint. Es ist klar, daß viele, viele klassische Schulmediziner ihren Job ganz vorbildlich machen und sich eben (nach Möglichkeit) ganz bewußt auch Zeit für ihre Patienten nehmen. Aber hier ist sicher noch ein weiteres Umdenken erforderlich, das aber – da gebe ich Dir zu 100% recht – wohlfeil ist, wenn sich das nicht in den Gebührenordnungen niederschlägt. Hier ist eben doch ein Umdenken in der Gesundheitspolitik, bei den Kassen und Standesvertretern erforderlich.

  6. #6 Marcus Anhäuser
    Mai 19, 2009

    @Marc
    ich würde das Wort Genmutation weglassen. Es geht dabei nicht wirklich um eine Genmutation im Sinne der Geschichten, über die man sonst so liest (Genfehler verursacht …).

    Es geht erstmal nur darum, dass man das “Chromosom” 21 drei Mal besitzt anstatt zwei Mal, (aus bestimmten Gründen, da wird es sicher auch ein paar genetische geben).

    Wikipedia:Trisomy 21 (47,XX,+21) is caused by a meiotic nondisjunction event. With nondisjunction, a gamete (i.e., a sperm or egg cell) is produced with an extra copy of chromosome 21; the gamete thus has 24 chromosomes. When combined with a normal gamete from the other parent, the embryo now has 47 chromosomes, with three copies of chromosome 21. Trisomy 21 is the cause of approximately 95% of observed Down syndromes, with 88% coming from nondisjunction in the maternal gamete and 8% coming from nondisjunction in the paternal gamete.[8]

  7. #7 Marc
    Mai 20, 2009

    @Marcus:

    Ja, mißverständlich soll es natürlich nicht sein. Allerdings habe ich jetzt eben kurz in der dt. Wikipedia nachgesehen. Und da beginnt der Text zum Down-Syndrom folgendermaßen: “Als Down-Syndrom bezeichnet man eine spezielle Genommutation beim Menschen, …”

    Insofern lasse ich den Satz oben nun auch so stehen. Es ist ja kein Fachtext über Trisomie 21 und eine Mutation des Chromosoms 21 (i. S., daß es eben 3x vorkommt) liegt ja eben vor. So steht es auch oben. 🙂

  8. #8 Albert Wilfert
    Mai 23, 2009

    @ GeMa

    Homöopathen reden mit den Patienten nicht deshalb weil sie mehr Geld dafür bekommen, Sie verdienen fast alle weniger als ihre Kollegen von der anderen Seite, sondern weil sie einen höheren Ethos haben und sich nicht zu biliigen Provisionsempfängern der Pharmaindustrie degradieren lassen.
    In der Schulmedizin könnte man sicht ja fast schon vom Pharmareferenten behandeln lassen. Da kriegt man die Information wenigstens aus 1.Hand.